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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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von Gold und gleichfals mit Diamanten garnirt war. Auf der andern
Stufe des Throns saß der General-Lieutenant, und Scharf-Rich-
ter, Knipperdolling,
und auf der untersten die vier Geheimde
Räthe.
Childron.
Wo hatte denn dieser Münsterische Monarche diese Kostbarkeiten
alle hergenommen, und wie schicken sich die zwey Chargen des Knipper-
dollings
zusammen?
Bingley.
Jhr thut 2. Fragen an mich, die sich auf einmahl nicht beantworten
lassen. Die erste anbelangend, so war dieses in einer so reichen und mäch-
tigen Stadt als Münster war, gar wohl möglich. Denn er ließ bey Leib-
und Lebens-Strafe ausruffen, daß ein jeder, was er von Gold, Silber,
Edelgestein
und andern Kostbarkeiten besaß, auf sein Königliches
Schloß
liefern muste, welches hernach zu seinem, seiner Weiber, und Be-
dienten, auch der Zimmer Ausschmückung angewendet wurde. Die ande-
re Frage anbetreffend, so war das Scharf-Richter-Amt bey diesen
Ketzern vor keine geringe Würde gehalten, und ihr König schämte sich
selbst nicht es zu weilen mit eigner Hand zu verrichten. Alleine seine Ge-
walt war wie der Mertzen-Schnee, welcher so bald vergehet, als er
kömt. Die Stadt war in äusersten Nöthen, und Schmalhans regierte
mit diesem Könige in gleicher Würde. Sein Regiment nahm an eben dem
Tage
nemlich den 24. Junii, 1535. ein so schreckliches Ende, als es vor
dem Jahre einen prächtigen Anfang gewonnen hatte. Hänsel von der
langen Strasse,
ein übergelaufener Bischöflicher Soldat war die Haupt-
Ursach
dieser plötzlichen Veränderung. Diesem gereute es, daß er seinem
Fürsten untreu worden, und suchte sich durch eine kühne That bey demsel-
ben wieder in Gnade zu bringen. Er untersuchte demnach unvermerckt die
Stadt-Graben, und fand einen Ort, alwo das Wasser nicht über ei-
ne Elle
tief war. Er that den Versuch zu erst, indem er dadurch zurück
in das Lager seinen Weg nahm, und daselbst eröfnete, daß man die Stadt
auf diese Art leichtlich überrumpeln könte. Man folgte ihm ungesäumet
nach, und die Bischöflichen kamen in die Stadt, ehe sichs jemand ver-
muthete. Der König und seine geheime Räthe hatten das Unglück,
lebendig in der Feinde Hände zu fallen, und der Bischoff hielt mit 1500.
Pferden seinen Einzug. Mehr als achthundert Anabaptisten
wurden aus ihren Schlupfwinckeln hervorgezogen, und der Scharf-
richter
bekam volle Arbeit, indem keinem einigem das Leben geschencket
wurde
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von Gold und gleichfals mit Diamanten garnirt war. Auf der andern
Stufe des Throns ſaß der General-Lieutenant, und Scharf-Rich-
ter, Knipperdolling,
und auf der unterſten die vier Geheimde
Raͤthe.
Childron.
Wo hatte denn dieſer Muͤnſteriſche Monarche dieſe Koſtbarkeiten
alle hergenommen, und wie ſchicken ſich die zwey Chargen des Knipper-
dollings
zuſammen?
Bingley.
Jhr thut 2. Fragen an mich, die ſich auf einmahl nicht beantworten
laſſen. Die erſte anbelangend, ſo war dieſes in einer ſo reichen und maͤch-
tigen Stadt als Muͤnſter war, gar wohl moͤglich. Denn er ließ bey Leib-
und Lebens-Strafe ausruffen, daß ein jeder, was er von Gold, Silber,
Edelgeſtein
und andern Koſtbarkeiten beſaß, auf ſein Koͤnigliches
Schloß
liefern muſte, welches hernach zu ſeinem, ſeiner Weiber, und Be-
dienten, auch der Zimmer Ausſchmuͤckung angewendet wurde. Die ande-
re Frage anbetreffend, ſo war das Scharf-Richter-Amt bey dieſen
Ketzern vor keine geringe Wuͤrde gehalten, und ihr Koͤnig ſchaͤmte ſich
ſelbſt nicht es zu weilen mit eigner Hand zu verrichten. Alleine ſeine Ge-
walt war wie der Mertzen-Schnee, welcher ſo bald vergehet, als er
koͤmt. Die Stadt war in aͤuſerſten Noͤthen, und Schmalhans regierte
mit dieſem Koͤnige in gleicher Wuͤrde. Sein Regiment nahm an eben dem
Tage
nemlich den 24. Junii, 1535. ein ſo ſchreckliches Ende, als es vor
dem Jahre einen praͤchtigen Anfang gewonnen hatte. Haͤnſel von der
langen Straſſe,
ein uͤbergelaufener Biſchoͤflicher Soldat war die Haupt-
Urſach
dieſer ploͤtzlichen Veraͤnderung. Dieſem gereute es, daß er ſeinem
Fuͤrſten untreu worden, und ſuchte ſich durch eine kuͤhne That bey demſel-
ben wieder in Gnade zu bringen. Er unterſuchte demnach unvermerckt die
Stadt-Graben, und fand einen Ort, alwo das Waſſer nicht uͤber ei-
ne Elle
tief war. Er that den Verſuch zu erſt, indem er dadurch zuruͤck
in das Lager ſeinen Weg nahm, und daſelbſt eroͤfnete, daß man die Stadt
auf dieſe Art leichtlich uͤberrumpeln koͤnte. Man folgte ihm ungeſaͤumet
nach, und die Biſchoͤflichen kamen in die Stadt, ehe ſichs jemand ver-
muthete. Der Koͤnig und ſeine geheime Raͤthe hatten das Ungluͤck,
lebendig in der Feinde Haͤnde zu fallen, und der Biſchoff hielt mit 1500.
Pferden ſeinen Einzug. Mehr als achthundert Anabaptiſten
wurden aus ihren Schlupfwinckeln hervorgezogen, und der Scharf-
richter
bekam volle Arbeit, indem keinem einigem das Leben geſchencket
wurde
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[37/0047] von Gold und gleichfals mit Diamanten garnirt war. Auf der andern Stufe des Throns ſaß der General-Lieutenant, und Scharf-Rich- ter, Knipperdolling, und auf der unterſten die vier Geheimde Raͤthe. Childron. Wo hatte denn dieſer Muͤnſteriſche Monarche dieſe Koſtbarkeiten alle hergenommen, und wie ſchicken ſich die zwey Chargen des Knipper- dollings zuſammen? Bingley. Jhr thut 2. Fragen an mich, die ſich auf einmahl nicht beantworten laſſen. Die erſte anbelangend, ſo war dieſes in einer ſo reichen und maͤch- tigen Stadt als Muͤnſter war, gar wohl moͤglich. Denn er ließ bey Leib- und Lebens-Strafe ausruffen, daß ein jeder, was er von Gold, Silber, Edelgeſtein und andern Koſtbarkeiten beſaß, auf ſein Koͤnigliches Schloß liefern muſte, welches hernach zu ſeinem, ſeiner Weiber, und Be- dienten, auch der Zimmer Ausſchmuͤckung angewendet wurde. Die ande- re Frage anbetreffend, ſo war das Scharf-Richter-Amt bey dieſen Ketzern vor keine geringe Wuͤrde gehalten, und ihr Koͤnig ſchaͤmte ſich ſelbſt nicht es zu weilen mit eigner Hand zu verrichten. Alleine ſeine Ge- walt war wie der Mertzen-Schnee, welcher ſo bald vergehet, als er koͤmt. Die Stadt war in aͤuſerſten Noͤthen, und Schmalhans regierte mit dieſem Koͤnige in gleicher Wuͤrde. Sein Regiment nahm an eben dem Tage nemlich den 24. Junii, 1535. ein ſo ſchreckliches Ende, als es vor dem Jahre einen praͤchtigen Anfang gewonnen hatte. Haͤnſel von der langen Straſſe, ein uͤbergelaufener Biſchoͤflicher Soldat war die Haupt- Urſach dieſer ploͤtzlichen Veraͤnderung. Dieſem gereute es, daß er ſeinem Fuͤrſten untreu worden, und ſuchte ſich durch eine kuͤhne That bey demſel- ben wieder in Gnade zu bringen. Er unterſuchte demnach unvermerckt die Stadt-Graben, und fand einen Ort, alwo das Waſſer nicht uͤber ei- ne Elle tief war. Er that den Verſuch zu erſt, indem er dadurch zuruͤck in das Lager ſeinen Weg nahm, und daſelbſt eroͤfnete, daß man die Stadt auf dieſe Art leichtlich uͤberrumpeln koͤnte. Man folgte ihm ungeſaͤumet nach, und die Biſchoͤflichen kamen in die Stadt, ehe ſichs jemand ver- muthete. Der Koͤnig und ſeine geheime Raͤthe hatten das Ungluͤck, lebendig in der Feinde Haͤnde zu fallen, und der Biſchoff hielt mit 1500. Pferden ſeinen Einzug. Mehr als achthundert Anabaptiſten wurden aus ihren Schlupfwinckeln hervorgezogen, und der Scharf- richter bekam volle Arbeit, indem keinem einigem das Leben geſchencket wurde E 3

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/47>, abgerufen am 24.11.2024.