Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

Bild:
<< vorherige Seite
halten muß. Dieses Bezeigen Jacobs II. brachte die Holländer dahin,
daß sie dem Printzen Wilhelm mit einer mächtigen Flotte beystunden,
den Schwieger-Vater nach Franckreich fliehen lernten, und durch ei-
nen biß zum Ryßwickischen Frieden 1697. daurenden Krieg den König
Wilhelm und seine Gemahlin auf dem Englischen Throne bestätig-
ten. Dieser König bezeigte währendem Krieg in vielen Schlachten eine
wunderwürdige Tapferkeit, und regierte die Groß-Brittanischen Königrei-
che als ein weiser Monarche, und die vereinigten Niederländer als ein un-
vergleichlicher Stadthalter, biß er 1702. zu Anfang des Succession-Krie-
ges nach einem unglücklichen Fall vom Pferde sein kostbares Leben ein-
büste. Die Holländer setzten darauf den Krieg fort, und haben biß hieher
einen Stadthalter zuerwehlen sich geweigert. Ob nun wohl Frießland
und Gröningen den Fürsten von Nassau-Dietz zu ihrem Erb-Stadt-
halter
hatten, so ist doch diese Würde von dem Posten eines General-
Stadthalters der vereinigten Niederlande,
wie leicht zu erachten
weit unterschieden. Erstermeldeter Fürst hieß Wilhelm Friso und ver-
lohr sein Leben im Wasser 1711. Seine Gemahlin, eine Hessen-Cas-
selische Printzeßin
brachte nach dessen Todte den letztlebenden Printzen
von Oranien zur Welt, welcher durch die Verbindung mit der Englischen
Prinzeßin seinem hohen Hause ein neues Lustre zugebracht, hierdurch aber
auch bey den General-Staaten ein grosses Aufsehen erwecket hat. Ob
er nun mit der Zeit die Stelle seiner Durchlauchtigsten Vorfahren erlan-
gen werde, muß man dem Glück, und dem weisen Entschluß der General-
Staaten anheim stellen.

Die Lords waren mit dieser ziemlich weitläuftigen Nachricht
vollkommen zufrieden, und danckten dem unvergleichlichen Tulsching auf
eine so verbindliche Weise, welche ihre Hochachtung gegen ihn dentlich be-
wieß. Sie nahmen zugleich von diesem grossen Lehrer der Rechte ver-
pflichtesten Abschied, und beyderseits versicherten einander einer unzertrenn-
lichen Freundschafft. Sie bewunderten hierauf unter sich die angenehme
Art, womit dieser Gelehrte ihnen die verlangten Nachrichten gegeben, und
sahen sich in der Stadt Nachmittags nach den vornehmsten Merckwür-
digkeiten um. Sie giengen in die dasige Peters-Kirche, und liessen sich
das zu Stein gewordene Brodt zeigen, welches bey der Gelegenheit gesche-
hen, da eine Schwester die andere so sie um Brodt angesprochen, mit die-
sen Worten abgewiesen: Sie wolte, daß das Brod, wo sie dessen
hätte, zu Steine würde,
welches auch geschehen seyn soll. Mylord
Childron
sagte hierbey, er errinnere sich, daß ein Dieb neulichst einem
Brodt-
E
halten muß. Dieſes Bezeigen Jacobs II. brachte die Hollaͤnder dahin,
daß ſie dem Printzen Wilhelm mit einer maͤchtigen Flotte beyſtunden,
den Schwieger-Vater nach Franckreich fliehen lernten, und durch ei-
nen biß zum Ryßwickiſchen Frieden 1697. daurenden Krieg den Koͤnig
Wilhelm und ſeine Gemahlin auf dem Engliſchen Throne beſtaͤtig-
ten. Dieſer Koͤnig bezeigte waͤhrendem Krieg in vielen Schlachten eine
wunderwuͤrdige Tapferkeit, und regierte die Groß-Brittaniſchen Koͤnigrei-
che als ein weiſer Monarche, und die vereinigten Niederlaͤnder als ein un-
vergleichlicher Stadthalter, biß er 1702. zu Anfang des Succeſſion-Krie-
ges nach einem ungluͤcklichen Fall vom Pferde ſein koſtbares Leben ein-
buͤſte. Die Hollaͤnder ſetzten darauf den Krieg fort, und haben biß hieher
einen Stadthalter zuerwehlen ſich geweigert. Ob nun wohl Frießland
und Groͤningen den Fuͤrſten von Naſſau-Dietz zu ihrem Erb-Stadt-
halter
hatten, ſo iſt doch dieſe Wuͤrde von dem Poſten eines General-
Stadthalters der vereinigten Niederlande,
wie leicht zu erachten
weit unterſchieden. Erſtermeldeter Fuͤrſt hieß Wilhelm Friſo und ver-
lohr ſein Leben im Waſſer 1711. Seine Gemahlin, eine Heſſen-Caſ-
ſeliſche Printzeßin
brachte nach deſſen Todte den letztlebenden Printzen
von Oranien zur Welt, welcher durch die Verbindung mit der Engliſchen
Prinzeßin ſeinem hohen Hauſe ein neues Luſtre zugebracht, hierdurch aber
auch bey den General-Staaten ein groſſes Aufſehen erwecket hat. Ob
er nun mit der Zeit die Stelle ſeiner Durchlauchtigſten Vorfahren erlan-
gen werde, muß man dem Gluͤck, und dem weiſen Entſchluß der General-
Staaten anheim ſtellen.

Die Lords waren mit dieſer ziemlich weitlaͤuftigen Nachricht
vollkommen zufrieden, und danckten dem unvergleichlichen Tulſching auf
eine ſo verbindliche Weiſe, welche ihre Hochachtung gegen ihn dentlich be-
wieß. Sie nahmen zugleich von dieſem groſſen Lehrer der Rechte ver-
pflichteſten Abſchied, und beyderſeits verſicherten einander einer unzertrenn-
lichen Freundſchafft. Sie bewunderten hierauf unter ſich die angenehme
Art, womit dieſer Gelehrte ihnen die verlangten Nachrichten gegeben, und
ſahen ſich in der Stadt Nachmittags nach den vornehmſten Merckwuͤr-
digkeiten um. Sie giengen in die daſige Peters-Kirche, und lieſſen ſich
das zu Stein gewordene Brodt zeigen, welches bey der Gelegenheit geſche-
hen, da eine Schweſter die andere ſo ſie um Brodt angeſprochen, mit die-
ſen Worten abgewieſen: Sie wolte, daß das Brod, wo ſie deſſen
haͤtte, zu Steine wuͤrde,
welches auch geſchehen ſeyn ſoll. Mylord
Childron
ſagte hierbey, er errinnere ſich, daß ein Dieb neulichſt einem
Brodt-
E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0043" n="33"/>
halten muß. Die&#x017F;es Bezeigen Jacobs <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">II.</hi></hi> brachte die Holla&#x0364;nder dahin,<lb/>
daß &#x017F;ie dem Printzen <hi rendition="#fr">Wilhelm</hi> mit einer <hi rendition="#fr">ma&#x0364;chtigen Flotte</hi> bey&#x017F;tunden,<lb/>
den <hi rendition="#fr">Schwieger-Vater</hi> nach <hi rendition="#fr">Franckreich</hi> fliehen lernten, und durch ei-<lb/>
nen biß zum <hi rendition="#fr">Ryßwicki&#x017F;chen Frieden</hi> 1697. daurenden Krieg den Ko&#x0364;nig<lb/><hi rendition="#fr">Wilhelm</hi> und &#x017F;eine Gemahlin auf dem <hi rendition="#fr">Engli&#x017F;chen Throne</hi> be&#x017F;ta&#x0364;tig-<lb/>
ten. Die&#x017F;er Ko&#x0364;nig bezeigte wa&#x0364;hrendem Krieg in vielen Schlachten eine<lb/>
wunderwu&#x0364;rdige Tapferkeit, und regierte die Groß-Brittani&#x017F;chen Ko&#x0364;nigrei-<lb/>
che als ein wei&#x017F;er Monarche, und die vereinigten Niederla&#x0364;nder als ein un-<lb/>
vergleichlicher Stadthalter, biß er 1702. zu Anfang des <hi rendition="#aq">Succe&#x017F;&#x017F;ion-</hi>Krie-<lb/>
ges nach einem unglu&#x0364;cklichen <hi rendition="#fr">Fall vom Pferde</hi> &#x017F;ein ko&#x017F;tbares Leben ein-<lb/>
bu&#x0364;&#x017F;te. Die Holla&#x0364;nder &#x017F;etzten darauf den Krieg fort, und haben biß hieher<lb/>
einen Stadthalter zuerwehlen &#x017F;ich geweigert. Ob nun wohl <hi rendition="#fr">Frießland</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Gro&#x0364;ningen</hi> den Fu&#x0364;r&#x017F;ten von <hi rendition="#fr">Na&#x017F;&#x017F;au-Dietz</hi> zu ihrem <hi rendition="#fr">Erb-Stadt-<lb/>
halter</hi> hatten, &#x017F;o i&#x017F;t doch die&#x017F;e Wu&#x0364;rde von dem Po&#x017F;ten eines <hi rendition="#fr">General-<lb/>
Stadthalters der vereinigten Niederlande,</hi> wie leicht zu erachten<lb/>
weit unter&#x017F;chieden. Er&#x017F;termeldeter Fu&#x0364;r&#x017F;t hieß <hi rendition="#fr">Wilhelm Fri&#x017F;o</hi> und ver-<lb/>
lohr &#x017F;ein Leben im <hi rendition="#fr">Wa&#x017F;&#x017F;er</hi> 1711. Seine Gemahlin, eine <hi rendition="#fr">He&#x017F;&#x017F;en-Ca&#x017F;-<lb/>
&#x017F;eli&#x017F;che Printzeßin</hi> brachte nach de&#x017F;&#x017F;en Todte den letztlebenden Printzen<lb/>
von <hi rendition="#fr">Oranien</hi> zur Welt, welcher durch die Verbindung mit der Engli&#x017F;chen<lb/>
Prinzeßin &#x017F;einem hohen Hau&#x017F;e ein neues <hi rendition="#aq">Lu&#x017F;tre</hi> zugebracht, hierdurch aber<lb/>
auch bey den <hi rendition="#fr">General-Staaten</hi> ein gro&#x017F;&#x017F;es Auf&#x017F;ehen erwecket hat. Ob<lb/>
er nun mit der Zeit die Stelle &#x017F;einer Durchlauchtig&#x017F;ten Vorfahren erlan-<lb/>
gen werde, muß man dem Glu&#x0364;ck, und dem wei&#x017F;en Ent&#x017F;chluß der General-<lb/>
Staaten anheim &#x017F;tellen.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#aq">Lords</hi> waren mit die&#x017F;er ziemlich weitla&#x0364;uftigen Nachricht<lb/>
vollkommen zufrieden, und danckten dem unvergleichlichen <hi rendition="#aq">Tul&#x017F;ching</hi> auf<lb/>
eine &#x017F;o verbindliche Wei&#x017F;e, welche ihre Hochachtung gegen ihn dentlich be-<lb/>
wieß. Sie nahmen zugleich von die&#x017F;em gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Lehrer der Rechte</hi> ver-<lb/>
pflichte&#x017F;ten Ab&#x017F;chied, und beyder&#x017F;eits ver&#x017F;icherten einander einer unzertrenn-<lb/>
lichen Freund&#x017F;chafft. Sie bewunderten hierauf unter &#x017F;ich die angenehme<lb/>
Art, womit die&#x017F;er <hi rendition="#fr">Gelehrte</hi> ihnen die verlangten Nachrichten gegeben, und<lb/>
&#x017F;ahen &#x017F;ich in der Stadt Nachmittags nach den vornehm&#x017F;ten Merckwu&#x0364;r-<lb/>
digkeiten um. Sie giengen in die da&#x017F;ige <hi rendition="#fr">Peters-Kirche,</hi> und lie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
das zu <hi rendition="#fr">Stein</hi> gewordene <hi rendition="#fr">Brodt</hi> zeigen, welches bey der Gelegenheit ge&#x017F;che-<lb/>
hen, da eine <hi rendition="#fr">Schwe&#x017F;ter</hi> die andere &#x017F;o &#x017F;ie um Brodt ange&#x017F;prochen, mit die-<lb/>
&#x017F;en Worten abgewie&#x017F;en: <hi rendition="#fr">Sie wolte, daß das Brod, wo &#x017F;ie de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ha&#x0364;tte, zu Steine wu&#x0364;rde,</hi> welches auch ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn &#x017F;oll. <hi rendition="#aq">Mylord<lb/>
Childron</hi> &#x017F;agte hierbey, er errinnere &#x017F;ich, daß ein <hi rendition="#fr">Dieb</hi> neulich&#x017F;t einem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Brodt-</hi></fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0043] halten muß. Dieſes Bezeigen Jacobs II. brachte die Hollaͤnder dahin, daß ſie dem Printzen Wilhelm mit einer maͤchtigen Flotte beyſtunden, den Schwieger-Vater nach Franckreich fliehen lernten, und durch ei- nen biß zum Ryßwickiſchen Frieden 1697. daurenden Krieg den Koͤnig Wilhelm und ſeine Gemahlin auf dem Engliſchen Throne beſtaͤtig- ten. Dieſer Koͤnig bezeigte waͤhrendem Krieg in vielen Schlachten eine wunderwuͤrdige Tapferkeit, und regierte die Groß-Brittaniſchen Koͤnigrei- che als ein weiſer Monarche, und die vereinigten Niederlaͤnder als ein un- vergleichlicher Stadthalter, biß er 1702. zu Anfang des Succeſſion-Krie- ges nach einem ungluͤcklichen Fall vom Pferde ſein koſtbares Leben ein- buͤſte. Die Hollaͤnder ſetzten darauf den Krieg fort, und haben biß hieher einen Stadthalter zuerwehlen ſich geweigert. Ob nun wohl Frießland und Groͤningen den Fuͤrſten von Naſſau-Dietz zu ihrem Erb-Stadt- halter hatten, ſo iſt doch dieſe Wuͤrde von dem Poſten eines General- Stadthalters der vereinigten Niederlande, wie leicht zu erachten weit unterſchieden. Erſtermeldeter Fuͤrſt hieß Wilhelm Friſo und ver- lohr ſein Leben im Waſſer 1711. Seine Gemahlin, eine Heſſen-Caſ- ſeliſche Printzeßin brachte nach deſſen Todte den letztlebenden Printzen von Oranien zur Welt, welcher durch die Verbindung mit der Engliſchen Prinzeßin ſeinem hohen Hauſe ein neues Luſtre zugebracht, hierdurch aber auch bey den General-Staaten ein groſſes Aufſehen erwecket hat. Ob er nun mit der Zeit die Stelle ſeiner Durchlauchtigſten Vorfahren erlan- gen werde, muß man dem Gluͤck, und dem weiſen Entſchluß der General- Staaten anheim ſtellen. Die Lords waren mit dieſer ziemlich weitlaͤuftigen Nachricht vollkommen zufrieden, und danckten dem unvergleichlichen Tulſching auf eine ſo verbindliche Weiſe, welche ihre Hochachtung gegen ihn dentlich be- wieß. Sie nahmen zugleich von dieſem groſſen Lehrer der Rechte ver- pflichteſten Abſchied, und beyderſeits verſicherten einander einer unzertrenn- lichen Freundſchafft. Sie bewunderten hierauf unter ſich die angenehme Art, womit dieſer Gelehrte ihnen die verlangten Nachrichten gegeben, und ſahen ſich in der Stadt Nachmittags nach den vornehmſten Merckwuͤr- digkeiten um. Sie giengen in die daſige Peters-Kirche, und lieſſen ſich das zu Stein gewordene Brodt zeigen, welches bey der Gelegenheit geſche- hen, da eine Schweſter die andere ſo ſie um Brodt angeſprochen, mit die- ſen Worten abgewieſen: Sie wolte, daß das Brod, wo ſie deſſen haͤtte, zu Steine wuͤrde, welches auch geſchehen ſeyn ſoll. Mylord Childron ſagte hierbey, er errinnere ſich, daß ein Dieb neulichſt einem Brodt- E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/43
Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/43>, abgerufen am 23.11.2024.