[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.sorgte nicht allein vor die Mittel zu meiner Genesung, auf das emsigste, son- nicht
ſorgte nicht allein vor die Mittel zu meiner Geneſung, auf das emſigſte, ſon- nicht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="7"/> ſorgte nicht allein vor die Mittel zu meiner Geneſung, auf das emſigſte, ſon-<lb/> dern ſaß auch faſt den gantzen Tag mit thraͤnenden Augen vor meinem Bet-<lb/> te. Dieſes war das erſtemahl, daß ich ſie, und zwar in meiner groſſen Un-<lb/> paͤßlichkeit zu ſprechen das Vergnuͤgen hatte. Jch unterließ keines weges,<lb/> ſo viel meine Mattigkeit zuließ, ihr die Leidenſchafft zu entdecken, welche ihre<lb/> Schoͤnheit in mir erreget, und die mich auch mein Leben geringe zu halten,<lb/> angetrieben. Sie bezeugte mir ihr Mitleyden auf die aufrichtigſte Art von<lb/> der Welt uud erklaͤrte ſich ſo guͤtig, daß ich nicht eher auf hoͤrte, ſie um ihre<lb/> Gewogenheit anzuflehen, biß ich die vollkommene Zuſage dazu erhielte. Wir<lb/> verſiegelten unſeres mit meinem Blut beſtaͤtigtes Buͤndniß durch unzehlige Kuͤſ-<lb/> ſe, und begaben uns nach voͤlliger Erlangung meiner Geſundheit nach mei-<lb/> nem Schloſſe. Wir hielten vor das ſicherſte, uns von der Wiſſenſchafft<lb/> der von der Graͤfin ausgeuͤbten Boßheit nichts mercken zu laſſen, und baten<lb/> dahero ſie und ihren Gemahl auf das inſtaͤndigſte, unſerm Vermaͤhlungs-<lb/> Feſt beyzuwohnen. Die Graͤfin trug dieſes zu thun ein billiges Bedencken,<lb/> und hatten wir alſo nur die Ehre, den Grafen von <hi rendition="#aq">Landhorſt,</hi> nebſt viel<lb/> andern <hi rendition="#aq">Lords</hi> dabey zu ſehen. So vollkommen ich nun meine Gluͤckſeelig-<lb/> keit durch den Beſitz meiner <hi rendition="#aq">Amariane</hi> ſchaͤtzte, ſo vollkommen wurde auch<lb/> kurtz darauf mein Ungluͤck, indem ich, wie ihr euch noch zu errinnern wiſ-<lb/> ſen werdet, kaum ein Jahr lang dieſer unſchaͤtzbaren Zufriedenheit genieſſen<lb/> koͤnnen, da ein hitziges Fieber, aller angewandten Mittel ungeachtet, mir<lb/> meine theuerſte Gemahlin aus den Armen riß. Er konte ohnmoͤglich ſeine<lb/> Erzehlung endigen, ohne hierbey einige Thraͤnen fallen zu laſſen, und der<lb/><hi rendition="#aq">Lord Childron</hi> hielt dieſes vor ſeines Freundes Beruhigung ſo wenig zu-<lb/> traͤglich, daß er ihm vielmehr in die Rede fiel, vor die bezeigte Guͤtigkeit ſo<lb/> er in Erzehlung ſeiner traurigen Begebenheiten erwieſen, verpflichteſten Danck<lb/> ſagte, und ihn auf andre Geſpraͤche zu bringen ſuchte. Er unterhielte ihn von<lb/> allerhand Begebenheiten der Welt, als ſie der Zuruf der Matrofen ſtoͤrte,<lb/> und ihnen das obwohl noch entlegene <hi rendition="#fr">Hollaͤndiſche</hi> Ufer zeigte. Sie er-<lb/> goͤtzten ſich im voraus an deſſen anmuthigen Anſchauen, und erwarteten die<lb/> Stunde mit keiner kleinen Ungedult, welche ſie an das verlangte Land brach-<lb/> te. Sie verweilten ſich hier nicht lange, ſondern ſetzten ihren Weg nach<lb/> der Haupt-Stadt dieſes Landes fort. Sie ſahen in kurtzem die praͤchtigen<lb/> Spitzen von <hi rendition="#fr">Amſterdam</hi> in die Luͤffte hervor ragen, und kamen endlich in<lb/> dieſer ſogenannten <hi rendition="#fr">Hollaͤndiſchen Perl</hi> gluͤcklich an. Sie ſahen ſich ſorg-<lb/> faͤltig nach einer anſtaͤndigen Wohnung um, da <hi rendition="#aq">Mylord Bingley</hi> unverſe-<lb/> hens einen anſehnlichen Mann an dem Fenſter eines koſtbaren Hauſes er-<lb/> blickte, welcher ihm ſo kentlich ſchiene, daß er ſo gar ſtehen zu bleiben ſich<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0017]
ſorgte nicht allein vor die Mittel zu meiner Geneſung, auf das emſigſte, ſon-
dern ſaß auch faſt den gantzen Tag mit thraͤnenden Augen vor meinem Bet-
te. Dieſes war das erſtemahl, daß ich ſie, und zwar in meiner groſſen Un-
paͤßlichkeit zu ſprechen das Vergnuͤgen hatte. Jch unterließ keines weges,
ſo viel meine Mattigkeit zuließ, ihr die Leidenſchafft zu entdecken, welche ihre
Schoͤnheit in mir erreget, und die mich auch mein Leben geringe zu halten,
angetrieben. Sie bezeugte mir ihr Mitleyden auf die aufrichtigſte Art von
der Welt uud erklaͤrte ſich ſo guͤtig, daß ich nicht eher auf hoͤrte, ſie um ihre
Gewogenheit anzuflehen, biß ich die vollkommene Zuſage dazu erhielte. Wir
verſiegelten unſeres mit meinem Blut beſtaͤtigtes Buͤndniß durch unzehlige Kuͤſ-
ſe, und begaben uns nach voͤlliger Erlangung meiner Geſundheit nach mei-
nem Schloſſe. Wir hielten vor das ſicherſte, uns von der Wiſſenſchafft
der von der Graͤfin ausgeuͤbten Boßheit nichts mercken zu laſſen, und baten
dahero ſie und ihren Gemahl auf das inſtaͤndigſte, unſerm Vermaͤhlungs-
Feſt beyzuwohnen. Die Graͤfin trug dieſes zu thun ein billiges Bedencken,
und hatten wir alſo nur die Ehre, den Grafen von Landhorſt, nebſt viel
andern Lords dabey zu ſehen. So vollkommen ich nun meine Gluͤckſeelig-
keit durch den Beſitz meiner Amariane ſchaͤtzte, ſo vollkommen wurde auch
kurtz darauf mein Ungluͤck, indem ich, wie ihr euch noch zu errinnern wiſ-
ſen werdet, kaum ein Jahr lang dieſer unſchaͤtzbaren Zufriedenheit genieſſen
koͤnnen, da ein hitziges Fieber, aller angewandten Mittel ungeachtet, mir
meine theuerſte Gemahlin aus den Armen riß. Er konte ohnmoͤglich ſeine
Erzehlung endigen, ohne hierbey einige Thraͤnen fallen zu laſſen, und der
Lord Childron hielt dieſes vor ſeines Freundes Beruhigung ſo wenig zu-
traͤglich, daß er ihm vielmehr in die Rede fiel, vor die bezeigte Guͤtigkeit ſo
er in Erzehlung ſeiner traurigen Begebenheiten erwieſen, verpflichteſten Danck
ſagte, und ihn auf andre Geſpraͤche zu bringen ſuchte. Er unterhielte ihn von
allerhand Begebenheiten der Welt, als ſie der Zuruf der Matrofen ſtoͤrte,
und ihnen das obwohl noch entlegene Hollaͤndiſche Ufer zeigte. Sie er-
goͤtzten ſich im voraus an deſſen anmuthigen Anſchauen, und erwarteten die
Stunde mit keiner kleinen Ungedult, welche ſie an das verlangte Land brach-
te. Sie verweilten ſich hier nicht lange, ſondern ſetzten ihren Weg nach
der Haupt-Stadt dieſes Landes fort. Sie ſahen in kurtzem die praͤchtigen
Spitzen von Amſterdam in die Luͤffte hervor ragen, und kamen endlich in
dieſer ſogenannten Hollaͤndiſchen Perl gluͤcklich an. Sie ſahen ſich ſorg-
faͤltig nach einer anſtaͤndigen Wohnung um, da Mylord Bingley unverſe-
hens einen anſehnlichen Mann an dem Fenſter eines koſtbaren Hauſes er-
blickte, welcher ihm ſo kentlich ſchiene, daß er ſo gar ſtehen zu bleiben ſich
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