[N. N.]: Ausführliche Nachricht von dem, was alhier zu Halle mit denen Saltzburgischen Emigranten vorgegangen. [s. l.], 1732.gejaget worden wären, so, daß manche auch nicht einmal die höchste Nothdurft Den
gejaget worden waͤren, ſo, daß manche auch nicht einmal die hoͤchſte Nothdurft Den
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0004"/> gejaget worden waͤren, ſo, daß manche auch nicht einmal die hoͤchſte Nothdurft<lb/> mit ſich nehmen koͤnnen, wie denn einige gar ſchlecht bekleidet hieher gekommen,<lb/> und nicht einmal ein Hemde mehr auf dem Leibe gehabt. Einige haͤtten ihre<lb/> Kinder und andere von denen Jhrigen zuruͤck laſſen muͤſſen, theils aber von ihren<lb/> Verwandten waͤren noch in der Gefangenſchaft. Die Wuth ihrer Verfolger<lb/> waͤre auch ſo weit gegangen, daß ſelbige bey dem Auszuge unter ſie, wie unter das<lb/> Wild, geſchoſſen; wie denn einem Emigranten, den es mit betroffen, von einem<lb/><hi rendition="#aq">Chirurgo</hi> alhier añoch die zuruͤckgebliebenen Schrote ausgezogen worden. Daß<lb/> man uͤbrigens weder auf Krancke, noch auf ſchwangere Weiber reflectiret, erhel-<lb/> let daraus, daß von den erſtern etliche und 20 Perſonen unter Weges geſtorben,<lb/> und etliche Weiber mit Kindern niedergekommen. Wie ſich denn auch ſonſt<lb/> alte und gebrechliche Leute, Blinde und Taube unter ihnen befunden. Jndeſ-<lb/> ſen haben ſie ſich alleſamt froͤlich und vergnuͤgt bezeiget, daß ſie nur endlich ein-<lb/> mal aus ihrer Noth und ſchweren Drangſalen entkommen, und nunmehro<lb/> GOtt nach ihrem Gewiſſen dienen koͤnten. Dieſe arme Emigranten,<lb/> welche um des Evangelii willen ſo viel ausgeſtanden und das Jhrige verlaſſen<lb/> muͤſſen, hat man denn alhier, wie billig und Chriſtlich, mit aller Liebe und Mit-<lb/> leiden aufgenommen, und ſind dieſelben, auf gute Veranſtaltung der Koͤnigl.<lb/> Kriegs- und Domainen-Deputations-Cammer, auf den Neumarckt, in eine<lb/> Vorſtadt, die Krancken aber in die ſo genannte Moritz-Burg und ſonſten wohl<lb/> einlogiret, auch von E. Wohlloͤbl. Magiſtrat dieſer Stadt mit Speiſe und Tranck<lb/> erquicket worden. Nach geſchehenem Verhoͤr hat man ſelbige des andern Ta-<lb/> ges auf den Nachmittag auf die Koͤnigl. Reſidentz gefuͤhret, woſelbſt, unter groſ-<lb/> ſem Zulauff, von dem Koͤnigl. Conſiſtorial-Rath und <hi rendition="#aq">Inſpectore,</hi> auch <hi rendition="#aq">Paſto-<lb/> re Primario</hi> der Kirchen zur L. Frauen alhier, Herrn Francken, mit dem Gruß<lb/> Chriſti an ſeine Juͤnger: <hi rendition="#fr">Friede ſey mit euch,</hi> eine erbauliche Anrede an dieſel-<lb/> ben gehalten, und ihnen gezeiget worden, wie ihnen nunmehr das Evangeli-<lb/> um des Friedens reichlich verkuͤndiget werden wuͤrde. Nach Beſchluß deſſen<lb/> ſind dieſelben von dem Hrn. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi>rchi-Diacono</hi> Ockeln catechiſiret worden, da denn<lb/> einige gar verſtaͤndig und Schrift-maͤßig auf die ihnen vorgelegte Fragen zu ant-<lb/> worten gewuſt, daß man auch daher abnehmen muͤſſen, daß dieſe bedrengte Pro-<lb/> teſtanten unter aller Bedruͤckung die heil. Schrift unter ſich fleißig geleſen, und<lb/> daraus, wie ſie auch ſelbſt bezeuget, vor allem andern ihren Unterricht genommen,<lb/> und ſich in ihrem Leiden getroͤſtet und aufgerichtet haben. Nach Endigung die-<lb/> ſer Handlung iſt ihnen daſelbſt Lutheri Catechismus, auch einige Geſang- und<lb/> andere erbauliche Buͤcher ausgetheilet worden. Die, welche von Fremden und<lb/> Einheimiſchen dabey zugegen geweſen, haben ihnen ein reichliches Allmoſen mit-<lb/> getheilet, und endlich haben ſowol Vornehme, als andere Buͤrger dieſer Stadt<lb/> einige von ihnen zu ſich kommen laſſen, und dieſelben in ihren Haͤuſern zu Abend<lb/> ſehr liebreich bewirthet, dergleichen von andern auch des folgenden Tages zu<lb/> Mittage geſchehen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0004]
gejaget worden waͤren, ſo, daß manche auch nicht einmal die hoͤchſte Nothdurft
mit ſich nehmen koͤnnen, wie denn einige gar ſchlecht bekleidet hieher gekommen,
und nicht einmal ein Hemde mehr auf dem Leibe gehabt. Einige haͤtten ihre
Kinder und andere von denen Jhrigen zuruͤck laſſen muͤſſen, theils aber von ihren
Verwandten waͤren noch in der Gefangenſchaft. Die Wuth ihrer Verfolger
waͤre auch ſo weit gegangen, daß ſelbige bey dem Auszuge unter ſie, wie unter das
Wild, geſchoſſen; wie denn einem Emigranten, den es mit betroffen, von einem
Chirurgo alhier añoch die zuruͤckgebliebenen Schrote ausgezogen worden. Daß
man uͤbrigens weder auf Krancke, noch auf ſchwangere Weiber reflectiret, erhel-
let daraus, daß von den erſtern etliche und 20 Perſonen unter Weges geſtorben,
und etliche Weiber mit Kindern niedergekommen. Wie ſich denn auch ſonſt
alte und gebrechliche Leute, Blinde und Taube unter ihnen befunden. Jndeſ-
ſen haben ſie ſich alleſamt froͤlich und vergnuͤgt bezeiget, daß ſie nur endlich ein-
mal aus ihrer Noth und ſchweren Drangſalen entkommen, und nunmehro
GOtt nach ihrem Gewiſſen dienen koͤnten. Dieſe arme Emigranten,
welche um des Evangelii willen ſo viel ausgeſtanden und das Jhrige verlaſſen
muͤſſen, hat man denn alhier, wie billig und Chriſtlich, mit aller Liebe und Mit-
leiden aufgenommen, und ſind dieſelben, auf gute Veranſtaltung der Koͤnigl.
Kriegs- und Domainen-Deputations-Cammer, auf den Neumarckt, in eine
Vorſtadt, die Krancken aber in die ſo genannte Moritz-Burg und ſonſten wohl
einlogiret, auch von E. Wohlloͤbl. Magiſtrat dieſer Stadt mit Speiſe und Tranck
erquicket worden. Nach geſchehenem Verhoͤr hat man ſelbige des andern Ta-
ges auf den Nachmittag auf die Koͤnigl. Reſidentz gefuͤhret, woſelbſt, unter groſ-
ſem Zulauff, von dem Koͤnigl. Conſiſtorial-Rath und Inſpectore, auch Paſto-
re Primario der Kirchen zur L. Frauen alhier, Herrn Francken, mit dem Gruß
Chriſti an ſeine Juͤnger: Friede ſey mit euch, eine erbauliche Anrede an dieſel-
ben gehalten, und ihnen gezeiget worden, wie ihnen nunmehr das Evangeli-
um des Friedens reichlich verkuͤndiget werden wuͤrde. Nach Beſchluß deſſen
ſind dieſelben von dem Hrn. Archi-Diacono Ockeln catechiſiret worden, da denn
einige gar verſtaͤndig und Schrift-maͤßig auf die ihnen vorgelegte Fragen zu ant-
worten gewuſt, daß man auch daher abnehmen muͤſſen, daß dieſe bedrengte Pro-
teſtanten unter aller Bedruͤckung die heil. Schrift unter ſich fleißig geleſen, und
daraus, wie ſie auch ſelbſt bezeuget, vor allem andern ihren Unterricht genommen,
und ſich in ihrem Leiden getroͤſtet und aufgerichtet haben. Nach Endigung die-
ſer Handlung iſt ihnen daſelbſt Lutheri Catechismus, auch einige Geſang- und
andere erbauliche Buͤcher ausgetheilet worden. Die, welche von Fremden und
Einheimiſchen dabey zugegen geweſen, haben ihnen ein reichliches Allmoſen mit-
getheilet, und endlich haben ſowol Vornehme, als andere Buͤrger dieſer Stadt
einige von ihnen zu ſich kommen laſſen, und dieſelben in ihren Haͤuſern zu Abend
ſehr liebreich bewirthet, dergleichen von andern auch des folgenden Tages zu
Mittage geſchehen.
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