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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 728, Czernowitz, 12.06.1906.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juni 1906

[Spaltenumbruch]

Anleihe abzuschließen, sind vollkommen unbegründet. Ebenso
beruhen die von dem Blatte "Das Zwanzigste Jahrhundert"
gebrachten Meldungen, worin von einem angeblichen vertrau-
lichen Auftrag des Grafen Witte die Rede ist, mit Hilfe des
ehemaligen Ministers Durnowo eine auswärtige Anleihe ab-
zuschließen, auf freier Erfindung. Auch die in den Journalen
"Das Zwanzigste Jahrhundert" und "Nascha Schisn" ent-
haltene Nachricht, das Finanzministerium habe ein Tele-
gramm des Grafen Witte erhalten, worin Bemerkungen ge-
macht seien, über Berichte fremder Bankiers bezüglich der
weiteren Realisierung der letzten fünfprozentigen russischen
Anleihe vom Jahre 1906, entbehrt der Begründung. Weder
das Finanzministerium noch der Finanzminister erhielten
irgend ein Telegramm des Grafen Witte.




Vom Tage.


Der Empfang der Delegationen.
(Die Thronrede.) (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Beim
heutigen feierlichen Empfange in der Hofburg erwiderte der
Kaiser auf die Huldigungsansprachen beider Präsidenten
der Delegationen mit der Thronrede, welche besagt:
"Unsere Beziehungen zu allen auswärtigen
Staaten
bewahrten während des längeren Zeitraumes, der
seit der letzten Tagung der Delegationen verflossen ist, ihren
durchaus freundschaftlichen Charakter. Mit
tiefer Entrüstung erfüllte Mich der ruchlose Anschlag auf
den König und die Königin von Spanien,
und
ich danke der gütigen Vorsehung, die die ernste Gefahr von
dem erlauchten jungen Paare abwendete. Das vor mehr als
einem Vierteljahrhunderte abgeschlossene Bündnis mit dem
deutschen Reiche bewährte sich vermöge seines defensiven,
konservativen Gepräges heute wie zuvor als wertvolle
Friedenserrungenschaft, deren Erhaltung und Pflege sich un-
serer besonderen Sorgfalt erfreute. In dem jüngsten Besuche
des deutschen Kaisers trat neuerdings unser inniges Freund-
schaftsverhältnis zutage. Ebenso vertrauensvoll sind die Be-
ziehungen zu unserem andern Verbündeten Italien, mit
dem wir uns bezüglich der uns gemeinsam berührenden An-
gelegenheiten in erfreulicher Uebereinstimmung befinden. Das
zum Zwecke der Herstellung geordneter Verhältnisse auf
der Balkan-Halbinsel mit dem uns engbefreundeten
Russenreiche getroffene Uebereinkommen besteht auch weiterhin
in voller Kraft. Die dortige Lage, obzwar sie noch viele
Mängel aufweist, besserte sich doch unleugbar. Vor allem ist
es gelungen, andere Komplikationen hintanzuhalten. Die
Thronrede verweist auf den für beide Teile ehrenhaften
Frieden im russisch-japanischen Kriege, sowie auf
die glückliche Lösung der Marokkofrage, wozu nicht
zum geringsten Teile unsere vermittelnde Tätigkeit beitrug.
Die Erhaltung des Friedens für Europa und vor allem für
die Monarche wird auch weiterhin ein leitender Gedanke




der heilbringenden Wirkungen der alten Dornaer Quellen
und als k. k. Brunnen- und Badearzt mit der Leitung des
Betriebes in beiden dem Bukowiner gr.-or. Religionsfonde
gehörigen Badeanstalten zum Wohle der kranken Menschheit
erfolgreich beschäftigt. Aus einer Uebersichtskarte entnehmen
wir, daß die Frequenz von Dorna heute Tausende Personen
beträgt, noch immer aber ansteigt und daß aus dem König-
reiche Rumänien ein bedeutender Bruchteil der Gäste und,
wie uns mitgeteilt wird, aus den angesehensten Kreisen stammt.
Auch einen köstlichen Säuerling, die Ludwigsquelle sowie
auch deren modern eingerichtete Füllantage lernen wir auf
dieser Ausstellung kennen.

Neben Dornawatra liegt die Ausstellung der Montan-
werke des Bukowiner gr.-or. Religionsfondes, welche unter
Leitung der k. k. Bergverwaltung in Jakobeny gerade jetzt einer
neuen Epoche entgegengeführt werden.

Vollendete technische Einrichtungen, Einführung des
elektrischen Betriebs auf der Grube und Erzbahn, Schaffung
einer großen Aufbereitungsanlage haben den alten Mangan-
bergbau in Jakobeny zu einem derart leistungsfähigen gemacht,
daß er mit seinen Produkten gegen die kaukasische und spanische
Konkurrenz aufzukommen vermag. Nun tritt zu diesem Berg-
bau auch noch der Kiesbergbau in Aouisental. Nach Vollendung
der in den letzten Jahren von Bergrat Faustin Ritter von
Krasuski durchgeführten Aufschlußarbeiten, welche das Anstehen
von Millionen Meterzentnern kupferhältiger Schwefelkieserze
feststellte, wurde an den Ausbau der erforderlichen Kraft-,
Schacht- und Aufbereitungsanlagen in Louisental geschritten,
so daß mit dem Abbau und der Förderung der Erze in diesem
Jahre begonnen werden konnte. Gewaltige Schaustücke von
Manganerzen und Schwefelkies, ausgestellte Aufbereitungs- und
Fabrikationsprodukte, wie auch zahlreiche Lichtbilder führen
uns die beiden Bergbaue des bukowiner gr.-or. Religions-
fondes in geschmackvoller Weise vor.

Wir können von dieser ernsten und belehrenden Aus-
stellung nicht Abschied nehmen, ohne des geschmackvollen
Arrangements zu gedenken, welches ein Werk des k. k. Ober-
forstrates Arthur Krahl ist, dem es mit geradezu künstlerischem
Geschmack gelungen ist, diese Abteilung einheitlich und doch
zugleich lebendig anregend anzuordnen.

(Fortsetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

unserer auswärtigen Politik sein. Die Thronrede verweist
schließlich auf die nicht mehr aufschiebbare beschleunigte Be-
schaffung des Kriegsmaterials für das Heer und die
Marine, betont schließlich den stetigen Fortschritt im Okku-
pationsgebiete und kündigt die Eröffnung der Eisenbahnlinie,
welche Sarajewo mit der serbischen und türkischen Grenze ver-
bündet, für den 1. Juli an.

(Die Bukowina im Budgetausschuß.)

Bei der Wahl des Budgetausschusses, die am Samstag
vorgenommen wurde, weist Dr. Straucher darauf hin,
daß nach den Bestimmungen der Verfassung die Mitglieder
der Delegation von den Abgeordneten der im Reichsrat ver-
tretenen Königreiche und Länder gewählt werden. Durch diese
gewissermaßen autonomistisch-söderalistische Art der Zusammen-
setzung der Delegation sei die Tendenz ausgesprochen, daß in
der Delegation alle Kronländer vertreten sein sollen, nament-
lich aber auch, daß in den Ausschüssen die Ansichten und
Forderungen jedes einzelnen Kronlandes zum Ausdruck ge-
langen können. Da sich die Haupttätigkeit der Delegation
bekanntermaßen in den Ausschüssen abwickle, erscheine es nur
gerecht und notwendig, daß jedes Kronland, namentlich in
den vornehmsten Ausschüssen, seine Vertretung finde. Es sei
daher nur eine Forderung der Gerechtigkeit, daß jedes Kron-
land, dessen Menschenmaterial und Steuerkräfte für die Ge-
samtbedürfnisse in Anspruch genommen werden, in diesen
Ausschüssen vertreten sei. Nach der bestehenden Gepflogenheit
werden die Ausschüsse nach einem sogenannten Schlüssel zu-
sammengesetzt. Da sich jeder Schlüssel im Laufe der Zeit ab-
nütze, sei auch der gegenwärtige Wahlschlüssel nicht mehr
zeitgemäß. Nach dem Vorschlag bezüglich der Wahl des
Budgetausschusses würde die Bukowina keinen Vertreter in
diesen Ausschuß entsenden. In der Ueberzeugung, daß wenig-
stens in der Delegation Gerechtigkeit geübt werde, stelle er
deshalb den Antrag, daß die Zahl der Mitglieder des
Budgetausschusses auf 24 erhöht werde, denn es sei eine
starke Zumutung an die Mitglieder der Delegation, daß sie
in Unkenntnis der im Ausschuß gemachten Mitteilungen
der Regierung in der Delegation ihr Votum abgeben sollen.
Freiherr v. Chlumecky bemerkt, daß er auf seinem Antrag,
in den Budgetausschuß 21 Mitglieder zu entsenden, beharre.

Dr. Straucher erwidert, daß die Leistung von
Steuern und die Beistellung von Rekruten keine partei-
politische Frage sei. Es müsse jedem Kronland die Mög-
lichkeit gegeben werden, in den Ausschüssen seine Meinung
vertreten zu finden. Die Zahl von 21 Mitgliedern sei nicht
unverrückbar, und es könnte ganz gut eine Vermehrung ein-
treten. Er erwarte von der Gerechtigkeit der Delegation, daß
sie nicht mit einem Akt von Ungerechtigkeit ihre Verhand-
lungen beginne.

Bei der Abstimmung wird der Antrag des Delegierten
Freiherrn v. Chlumecky, einen einundzwanziggliedrigen Budget-
ausschuß zu wählen, angenommen.

Dr. Straucher: Ich bitte zu protokollieren, daß ich
mich an der Wahl des Ausschusses nicht beteilige! (Lachen).
Ich werde sehen, wer später lachen wird!

Die Eröffnungssitzung der ungarischen
Delegation begann mit einer Ueberaschung, die die radikale
Tendenz der ungarischen Politik aufs deutlichste markiert. Ent-
gegen den in Budapest getroffenen Vereinbarungen wurde statt
des Fürsten Esterhazy Graf Theodor Zichy zum Präfi-
denten gewählt, während auf die Vizepräsidentenstelle
der Delegierte Bela Barabas berufen wurde.




Antimagyarische Demonstrationen in Wien.
(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Nach-
mittags fand in der Volkshalle des Rathauses eine von der
christlichsozialen Parteileitung einberufene Volksversammlung
mit der Tagesordnung "die ungarische Frage" statt. Es
fanden sich zirka 1000 Personen ein. Nachdem mehrere
christlichsoziale Abgeordnete gesprochen, wurde eine gegen
Ungarn gerichtete Resolution angenommen. Eine große An-
zahl von Teilnehmern zog hierauf trotz Einschreitens der
Wache in die Bankgasse und brachte vor dem ungarischen
Ministerium, wo gerade die ungarische Delegation tagte,
Pfuirufe aus. Vier Fenster des Ministertums wurden durch
Steinwürfe eingeschlagen. Die Wache sperrte die Bankgasse
ab und zerstreute die Demonstranten. Unmittelbar nach den
Vorfällen vor dem ungarischen Ministerium fanden sich der
Minister des Innern Bienerth und gleich darauf Minister-
präsident Beck im ungarischen Ministerium ein und sprachen
dem ungarischen Ministerpräsidenten Wekerle ihr leb-
haftes Bedauern
aus, daß ein derartiger nicht streng
genug zu verurteilender Vorfall sich ungeachtet der getroffenen
Maßnahmen ereignen konnte. Sie gaben die Versicherung,
daß geeignete Vorkehrungen eingeleitet seien, um eine Wieder-
holung derartiger Vorkommnisse hintanzuhalten.

(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Während
der Plenarsitzung der ungarischen Delegation demonstrierten
die Teilnehmer der im Rathaus abgehaltenen christlichsozialen
[Spaltenumbruch] Volksversammlung vor dem ungarischen Ministerpalais, wo
die Delegation tagte, weshalb die Sitzung suspendiert wurde.
Nach der Wiederaufnahme der Sitzung beschuldigte Ba-
kowski
die österreichische Regierung mit im Spiele zu sein.
Barabas erklärte, die Demonstration sei höheren Ortes in
Szene gesetzt. Wekerle sei überzeugt, daß die österreichische
Regierung und die österreichischen Politiker der Demonstration
vollkommen fernstehen. Er lege der Angelegenheit keine be-
sondere Bedeutung bei. Die Delegation nahm einstimmig einen
Antrag an, wonach während der Delegationstagung auf dem
Gebäude des ungarischen Ministeriums die ungarische und
kroatische Fahne gehißt werde. Graf Goluchowski hält
morgen im Aeußeren Ausschuß der ungarischen Delegation
sein Expose.




Der ungarische Ausgleich.

Handelsminister Kossuth ist mit
den Mitgliedern der ungarischen Delegation und den
Ministern, die nach Wien gefahren sind, eingetroffen und
wird einige Tage hier bleiben. Die Reise Kossuths wird mit
den Verhandlungen zwischen beiden Regierungen bezüglich
der Frage des Ausgleichs in Zusammenhang gebracht; vor-
läufig liegt aber für diese Annahme keine Bestätigung vor.
Vielmehr haben es manche Symptome, die in der jüngsten
Zeit zutage getreten waren, wünschenswert erscheinen lassen,
daß der Handelsminister, der die Führung der Unabhängig-
keitspartei bekanntlich beibehalten hat, wenigstens am Beginn
der Delegationsverhandlungen anwesend sei. Von der Eröff-
nung von Ausgleichsverhandlungen zwischen den beiden Re-
gierungen ist an gut unterrichteter Stelle bisher absolut
nichts bekannt.

In hiesigen unterrichteten Kreisen
wird die Situation sehr ernst aufgefaßt. Wie es heißt, soll
die ungarische Regierung entschlossen sein, in keine Ver-
handlungen mit der österreichischen Regierung über den ge-
samten Komplex des Ausgleiches einzugehen. Die ungarische
Regierung nimmt in dieser Beziehung einen der österreichi-
schen Regierung ganz entgegengesetzten Standpunkt ein. Viel
besprochen wird die Tatsache, daß Dr. Wekerle bei seiner
letzten Anwesenheit in Wien dem österreichischen Minister-
präsidenten Baron Beck keinen Besuch abgestattet hat.




Italien und der Dreibund.

Trotz den offiziösen herzlichen Kommen-
taren der Kaiserreise nach Schönbrunn herrscht in
gewissen politischen Kreisen eine skeptische Kühle über
den Austausch der Telegramme der Monarchen. Die Skepsis
wird durch die gestrige Enthüllung des "Courrier des Balcans"
über ein österreichisch-griechisches Balkan-Einverständnis ge-
steigert, obschon Kenner mutmaßen, daß diese Enthüllung von
der Seite komme, um die Reise nach Schönbrunn in ihrer
Bedeutung abzuschwächen. Wohl nur zufällig ist, daß der
heutige "Mattino" der Kammer gegenüber die Ernennung
Tittonis dadurch zu rechtfertigen sucht, daß er ihn als einen
Mann hinstellt, der 1903 nach der Periode Zanardellis Italien
vor einem Kriege mit Oesterreich rettete und nachher mit Hilfe
Englands einem österreichisch-russischen Zusammengehen auf
dem Balkan erfolgreich entgegenarbeitete.




Bunte Chronik.


Das Jubiläum des FZM. Freiherrn v. Beck.

Heute feiert FZM. Freiherr von Beck den Jahrestag seiner
vor einem Vierteljahrhundert erfolgten Ernennung zum Chef
des Generalstabskorps. Im Jahre 1846 trat Beck, der am
21. März 1830 zu Freiburg in Baden geboren ist, als Pionier-
kadett in die Armee ein. Nach seinen Studien in der Pionier-
korpsschule zu Tulln wurde er Lieutenant im Infanterie-
Regiment Nr. 59 und machte als Achtzehnjähriger die Feld-
züge in Ungarn, dann in Italien und, als Oberlieutenant
beim Generalstab zugeteilt, die Belagerung von Venedig mit.
Er kam also zum Generalstab am 16. Juli 1849. Nach Ab-
solvierung der Kriegsschule zum Hauptmann befördert, war er
dem Chef des Generalstabschefs zugeteilt, machte bei der
Division Reischach als Generalstabschef den italienischen Feld-
zug 1859 mit und zeichnete sich, wie bekannt, bei Terrasa,
Candia und Magenta aus. Bei Pontenuovo war er mit dem
Divisionär an der Spitze der stürmenden Truppen und wurde
durch einen Schuß schwer verletzt. Nachdem Beck als Protokoll-
führer der Frankfurter Bundes-Militärkommission fungiert
hatte, wurde er als Major Flügeladjutant des Marschalls
Heß, dann der Generaladjutantur des Kaisers zugeteilt, als
Oberst im Feldzuge 1866 gegen Preußen mit schwierigen
Missionen an das Kommando der Nordarmee betraut und das
Jahr darauf zum Vorstand der Militärkanzlei des Kaisers
ernannt. Von 1874 bis zu seiner am 11. Juni 1881 ver-
fügten Ernennung zum Chef des Generalstabes war Beck
Generaladjutant des Kaisers. Im Jahre 1861 verlieh ihm
der Kaiser den Ritterstand, im Jahre 1878 zur Eisernen Krone
erster Klasse die Baronie. Beck vermählte sich in Frankfurt im
Jahre 1861 mit Anna Freiin Rzikowski v. Dobrzicz. Sein
einziger Sohn, Friedrich Freiherr v. Beck, ist Hauptmann im

Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juni 1906

[Spaltenumbruch]

Anleihe abzuſchließen, ſind vollkommen unbegründet. Ebenſo
beruhen die von dem Blatte „Das Zwanzigſte Jahrhundert“
gebrachten Meldungen, worin von einem angeblichen vertrau-
lichen Auftrag des Grafen Witte die Rede iſt, mit Hilfe des
ehemaligen Miniſters Durnowo eine auswärtige Anleihe ab-
zuſchließen, auf freier Erfindung. Auch die in den Journalen
„Das Zwanzigſte Jahrhundert“ und „Naſcha Schisn“ ent-
haltene Nachricht, das Finanzminiſterium habe ein Tele-
gramm des Grafen Witte erhalten, worin Bemerkungen ge-
macht ſeien, über Berichte fremder Bankiers bezüglich der
weiteren Realiſierung der letzten fünfprozentigen ruſſiſchen
Anleihe vom Jahre 1906, entbehrt der Begründung. Weder
das Finanzminiſterium noch der Finanzminiſter erhielten
irgend ein Telegramm des Grafen Witte.




Vom Tage.


Der Empfang der Delegationen.
(Die Thronrede.) (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Beim
heutigen feierlichen Empfange in der Hofburg erwiderte der
Kaiſer auf die Huldigungsanſprachen beider Präſidenten
der Delegationen mit der Thronrede, welche beſagt:
„Unſere Beziehungen zu allen auswärtigen
Staaten
bewahrten während des längeren Zeitraumes, der
ſeit der letzten Tagung der Delegationen verfloſſen iſt, ihren
durchaus freundſchaftlichen Charakter. Mit
tiefer Entrüſtung erfüllte Mich der ruchloſe Anſchlag auf
den König und die Königin von Spanien,
und
ich danke der gütigen Vorſehung, die die ernſte Gefahr von
dem erlauchten jungen Paare abwendete. Das vor mehr als
einem Vierteljahrhunderte abgeſchloſſene Bündnis mit dem
deutſchen Reiche bewährte ſich vermöge ſeines defenſiven,
konſervativen Gepräges heute wie zuvor als wertvolle
Friedenserrungenſchaft, deren Erhaltung und Pflege ſich un-
ſerer beſonderen Sorgfalt erfreute. In dem jüngſten Beſuche
des deutſchen Kaiſers trat neuerdings unſer inniges Freund-
ſchaftsverhältnis zutage. Ebenſo vertrauensvoll ſind die Be-
ziehungen zu unſerem andern Verbündeten Italien, mit
dem wir uns bezüglich der uns gemeinſam berührenden An-
gelegenheiten in erfreulicher Uebereinſtimmung befinden. Das
zum Zwecke der Herſtellung geordneter Verhältniſſe auf
der Balkan-Halbinſel mit dem uns engbefreundeten
Ruſſenreiche getroffene Uebereinkommen beſteht auch weiterhin
in voller Kraft. Die dortige Lage, obzwar ſie noch viele
Mängel aufweiſt, beſſerte ſich doch unleugbar. Vor allem iſt
es gelungen, andere Komplikationen hintanzuhalten. Die
Thronrede verweiſt auf den für beide Teile ehrenhaften
Frieden im ruſſiſch-japaniſchen Kriege, ſowie auf
die glückliche Löſung der Marokkofrage, wozu nicht
zum geringſten Teile unſere vermittelnde Tätigkeit beitrug.
Die Erhaltung des Friedens für Europa und vor allem für
die Monarche wird auch weiterhin ein leitender Gedanke




der heilbringenden Wirkungen der alten Dornaer Quellen
und als k. k. Brunnen- und Badearzt mit der Leitung des
Betriebes in beiden dem Bukowiner gr.-or. Religionsfonde
gehörigen Badeanſtalten zum Wohle der kranken Menſchheit
erfolgreich beſchäftigt. Aus einer Ueberſichtskarte entnehmen
wir, daß die Frequenz von Dorna heute Tauſende Perſonen
beträgt, noch immer aber anſteigt und daß aus dem König-
reiche Rumänien ein bedeutender Bruchteil der Gäſte und,
wie uns mitgeteilt wird, aus den angeſehenſten Kreiſen ſtammt.
Auch einen köſtlichen Säuerling, die Ludwigsquelle ſowie
auch deren modern eingerichtete Füllantage lernen wir auf
dieſer Ausſtellung kennen.

Neben Dornawatra liegt die Ausſtellung der Montan-
werke des Bukowiner gr.-or. Religionsfondes, welche unter
Leitung der k. k. Bergverwaltung in Jakobeny gerade jetzt einer
neuen Epoche entgegengeführt werden.

Vollendete techniſche Einrichtungen, Einführung des
elektriſchen Betriebs auf der Grube und Erzbahn, Schaffung
einer großen Aufbereitungsanlage haben den alten Mangan-
bergbau in Jakobeny zu einem derart leiſtungsfähigen gemacht,
daß er mit ſeinen Produkten gegen die kaukaſiſche und ſpaniſche
Konkurrenz aufzukommen vermag. Nun tritt zu dieſem Berg-
bau auch noch der Kiesbergbau in Aouiſental. Nach Vollendung
der in den letzten Jahren von Bergrat Fauſtin Ritter von
Kraſuski durchgeführten Aufſchlußarbeiten, welche das Anſtehen
von Millionen Meterzentnern kupferhältiger Schwefelkieserze
feſtſtellte, wurde an den Ausbau der erforderlichen Kraft-,
Schacht- und Aufbereitungsanlagen in Louiſental geſchritten,
ſo daß mit dem Abbau und der Förderung der Erze in dieſem
Jahre begonnen werden konnte. Gewaltige Schauſtücke von
Manganerzen und Schwefelkies, ausgeſtellte Aufbereitungs- und
Fabrikationsprodukte, wie auch zahlreiche Lichtbilder führen
uns die beiden Bergbaue des bukowiner gr.-or. Religions-
fondes in geſchmackvoller Weiſe vor.

Wir können von dieſer ernſten und belehrenden Aus-
ſtellung nicht Abſchied nehmen, ohne des geſchmackvollen
Arrangements zu gedenken, welches ein Werk des k. k. Ober-
forſtrates Arthur Krahl iſt, dem es mit geradezu künſtleriſchem
Geſchmack gelungen iſt, dieſe Abteilung einheitlich und doch
zugleich lebendig anregend anzuordnen.

(Fortſetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

unſerer auswärtigen Politik ſein. Die Thronrede verweiſt
ſchließlich auf die nicht mehr aufſchiebbare beſchleunigte Be-
ſchaffung des Kriegsmaterials für das Heer und die
Marine, betont ſchließlich den ſtetigen Fortſchritt im Okku-
pationsgebiete und kündigt die Eröffnung der Eiſenbahnlinie,
welche Sarajewo mit der ſerbiſchen und türkiſchen Grenze ver-
bündet, für den 1. Juli an.

(Die Bukowina im Budgetausſchuß.)

Bei der Wahl des Budgetausſchuſſes, die am Samſtag
vorgenommen wurde, weiſt Dr. Straucher darauf hin,
daß nach den Beſtimmungen der Verfaſſung die Mitglieder
der Delegation von den Abgeordneten der im Reichsrat ver-
tretenen Königreiche und Länder gewählt werden. Durch dieſe
gewiſſermaßen autonomiſtiſch-ſöderaliſtiſche Art der Zuſammen-
ſetzung der Delegation ſei die Tendenz ausgeſprochen, daß in
der Delegation alle Kronländer vertreten ſein ſollen, nament-
lich aber auch, daß in den Ausſchüſſen die Anſichten und
Forderungen jedes einzelnen Kronlandes zum Ausdruck ge-
langen können. Da ſich die Haupttätigkeit der Delegation
bekanntermaßen in den Ausſchüſſen abwickle, erſcheine es nur
gerecht und notwendig, daß jedes Kronland, namentlich in
den vornehmſten Ausſchüſſen, ſeine Vertretung finde. Es ſei
daher nur eine Forderung der Gerechtigkeit, daß jedes Kron-
land, deſſen Menſchenmaterial und Steuerkräfte für die Ge-
ſamtbedürfniſſe in Anſpruch genommen werden, in dieſen
Ausſchüſſen vertreten ſei. Nach der beſtehenden Gepflogenheit
werden die Ausſchüſſe nach einem ſogenannten Schlüſſel zu-
ſammengeſetzt. Da ſich jeder Schlüſſel im Laufe der Zeit ab-
nütze, ſei auch der gegenwärtige Wahlſchlüſſel nicht mehr
zeitgemäß. Nach dem Vorſchlag bezüglich der Wahl des
Budgetausſchuſſes würde die Bukowina keinen Vertreter in
dieſen Ausſchuß entſenden. In der Ueberzeugung, daß wenig-
ſtens in der Delegation Gerechtigkeit geübt werde, ſtelle er
deshalb den Antrag, daß die Zahl der Mitglieder des
Budgetausſchuſſes auf 24 erhöht werde, denn es ſei eine
ſtarke Zumutung an die Mitglieder der Delegation, daß ſie
in Unkenntnis der im Ausſchuß gemachten Mitteilungen
der Regierung in der Delegation ihr Votum abgeben ſollen.
Freiherr v. Chlumecky bemerkt, daß er auf ſeinem Antrag,
in den Budgetausſchuß 21 Mitglieder zu entſenden, beharre.

Dr. Straucher erwidert, daß die Leiſtung von
Steuern und die Beiſtellung von Rekruten keine partei-
politiſche Frage ſei. Es müſſe jedem Kronland die Mög-
lichkeit gegeben werden, in den Ausſchüſſen ſeine Meinung
vertreten zu finden. Die Zahl von 21 Mitgliedern ſei nicht
unverrückbar, und es könnte ganz gut eine Vermehrung ein-
treten. Er erwarte von der Gerechtigkeit der Delegation, daß
ſie nicht mit einem Akt von Ungerechtigkeit ihre Verhand-
lungen beginne.

Bei der Abſtimmung wird der Antrag des Delegierten
Freiherrn v. Chlumecky, einen einundzwanziggliedrigen Budget-
ausſchuß zu wählen, angenommen.

Dr. Straucher: Ich bitte zu protokollieren, daß ich
mich an der Wahl des Ausſchuſſes nicht beteilige! (Lachen).
Ich werde ſehen, wer ſpäter lachen wird!

Die Eröffnungsſitzung der ungariſchen
Delegation begann mit einer Ueberaſchung, die die radikale
Tendenz der ungariſchen Politik aufs deutlichſte markiert. Ent-
gegen den in Budapeſt getroffenen Vereinbarungen wurde ſtatt
des Fürſten Eſterhazy Graf Theodor Zichy zum Präfi-
denten gewählt, während auf die Vizepräſidentenſtelle
der Delegierte Bela Barabas berufen wurde.




Antimagyariſche Demonſtrationen in Wien.
(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Nach-
mittags fand in der Volkshalle des Rathauſes eine von der
chriſtlichſozialen Parteileitung einberufene Volksverſammlung
mit der Tagesordnung „die ungariſche Frage“ ſtatt. Es
fanden ſich zirka 1000 Perſonen ein. Nachdem mehrere
chriſtlichſoziale Abgeordnete geſprochen, wurde eine gegen
Ungarn gerichtete Reſolution angenommen. Eine große An-
zahl von Teilnehmern zog hierauf trotz Einſchreitens der
Wache in die Bankgaſſe und brachte vor dem ungariſchen
Miniſterium, wo gerade die ungariſche Delegation tagte,
Pfuirufe aus. Vier Fenſter des Miniſtertums wurden durch
Steinwürfe eingeſchlagen. Die Wache ſperrte die Bankgaſſe
ab und zerſtreute die Demonſtranten. Unmittelbar nach den
Vorfällen vor dem ungariſchen Miniſterium fanden ſich der
Miniſter des Innern Bienerth und gleich darauf Miniſter-
präſident Beck im ungariſchen Miniſterium ein und ſprachen
dem ungariſchen Miniſterpräſidenten Wekerle ihr leb-
haftes Bedauern
aus, daß ein derartiger nicht ſtreng
genug zu verurteilender Vorfall ſich ungeachtet der getroffenen
Maßnahmen ereignen konnte. Sie gaben die Verſicherung,
daß geeignete Vorkehrungen eingeleitet ſeien, um eine Wieder-
holung derartiger Vorkommniſſe hintanzuhalten.

(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Während
der Plenarſitzung der ungariſchen Delegation demonſtrierten
die Teilnehmer der im Rathaus abgehaltenen chriſtlichſozialen
[Spaltenumbruch] Volksverſammlung vor dem ungariſchen Miniſterpalais, wo
die Delegation tagte, weshalb die Sitzung ſuſpendiert wurde.
Nach der Wiederaufnahme der Sitzung beſchuldigte Ba-
kowski
die öſterreichiſche Regierung mit im Spiele zu ſein.
Barabas erklärte, die Demonſtration ſei höheren Ortes in
Szene geſetzt. Wekerle ſei überzeugt, daß die öſterreichiſche
Regierung und die öſterreichiſchen Politiker der Demonſtration
vollkommen fernſtehen. Er lege der Angelegenheit keine be-
ſondere Bedeutung bei. Die Delegation nahm einſtimmig einen
Antrag an, wonach während der Delegationstagung auf dem
Gebäude des ungariſchen Miniſteriums die ungariſche und
kroatiſche Fahne gehißt werde. Graf Goluchowski hält
morgen im Aeußeren Ausſchuß der ungariſchen Delegation
ſein Expoſe.




Der ungariſche Ausgleich.

Handelsminiſter Koſſuth iſt mit
den Mitgliedern der ungariſchen Delegation und den
Miniſtern, die nach Wien gefahren ſind, eingetroffen und
wird einige Tage hier bleiben. Die Reiſe Koſſuths wird mit
den Verhandlungen zwiſchen beiden Regierungen bezüglich
der Frage des Ausgleichs in Zuſammenhang gebracht; vor-
läufig liegt aber für dieſe Annahme keine Beſtätigung vor.
Vielmehr haben es manche Symptome, die in der jüngſten
Zeit zutage getreten waren, wünſchenswert erſcheinen laſſen,
daß der Handelsminiſter, der die Führung der Unabhängig-
keitspartei bekanntlich beibehalten hat, wenigſtens am Beginn
der Delegationsverhandlungen anweſend ſei. Von der Eröff-
nung von Ausgleichsverhandlungen zwiſchen den beiden Re-
gierungen iſt an gut unterrichteter Stelle bisher abſolut
nichts bekannt.

In hieſigen unterrichteten Kreiſen
wird die Situation ſehr ernſt aufgefaßt. Wie es heißt, ſoll
die ungariſche Regierung entſchloſſen ſein, in keine Ver-
handlungen mit der öſterreichiſchen Regierung über den ge-
ſamten Komplex des Ausgleiches einzugehen. Die ungariſche
Regierung nimmt in dieſer Beziehung einen der öſterreichi-
ſchen Regierung ganz entgegengeſetzten Standpunkt ein. Viel
beſprochen wird die Tatſache, daß Dr. Wekerle bei ſeiner
letzten Anweſenheit in Wien dem öſterreichiſchen Miniſter-
präſidenten Baron Beck keinen Beſuch abgeſtattet hat.




Italien und der Dreibund.

Trotz den offiziöſen herzlichen Kommen-
taren der Kaiſerreiſe nach Schönbrunn herrſcht in
gewiſſen politiſchen Kreiſen eine ſkeptiſche Kühle über
den Austauſch der Telegramme der Monarchen. Die Skepſis
wird durch die geſtrige Enthüllung des „Courrier des Balcans“
über ein öſterreichiſch-griechiſches Balkan-Einverſtändnis ge-
ſteigert, obſchon Kenner mutmaßen, daß dieſe Enthüllung von
der Seite komme, um die Reiſe nach Schönbrunn in ihrer
Bedeutung abzuſchwächen. Wohl nur zufällig iſt, daß der
heutige „Mattino“ der Kammer gegenüber die Ernennung
Tittonis dadurch zu rechtfertigen ſucht, daß er ihn als einen
Mann hinſtellt, der 1903 nach der Periode Zanardellis Italien
vor einem Kriege mit Oeſterreich rettete und nachher mit Hilfe
Englands einem öſterreichiſch-ruſſiſchen Zuſammengehen auf
dem Balkan erfolgreich entgegenarbeitete.




Bunte Chronik.


Das Jubiläum des FZM. Freiherrn v. Beck.

Heute feiert FZM. Freiherr von Beck den Jahrestag ſeiner
vor einem Vierteljahrhundert erfolgten Ernennung zum Chef
des Generalſtabskorps. Im Jahre 1846 trat Beck, der am
21. März 1830 zu Freiburg in Baden geboren iſt, als Pionier-
kadett in die Armee ein. Nach ſeinen Studien in der Pionier-
korpsſchule zu Tulln wurde er Lieutenant im Infanterie-
Regiment Nr. 59 und machte als Achtzehnjähriger die Feld-
züge in Ungarn, dann in Italien und, als Oberlieutenant
beim Generalſtab zugeteilt, die Belagerung von Venedig mit.
Er kam alſo zum Generalſtab am 16. Juli 1849. Nach Ab-
ſolvierung der Kriegsſchule zum Hauptmann befördert, war er
dem Chef des Generalſtabschefs zugeteilt, machte bei der
Diviſion Reiſchach als Generalſtabschef den italieniſchen Feld-
zug 1859 mit und zeichnete ſich, wie bekannt, bei Terraſa,
Candia und Magenta aus. Bei Pontenuovo war er mit dem
Diviſionär an der Spitze der ſtürmenden Truppen und wurde
durch einen Schuß ſchwer verletzt. Nachdem Beck als Protokoll-
führer der Frankfurter Bundes-Militärkommiſſion fungiert
hatte, wurde er als Major Flügeladjutant des Marſchalls
Heß, dann der Generaladjutantur des Kaiſers zugeteilt, als
Oberſt im Feldzuge 1866 gegen Preußen mit ſchwierigen
Miſſionen an das Kommando der Nordarmee betraut und das
Jahr darauf zum Vorſtand der Militärkanzlei des Kaiſers
ernannt. Von 1874 bis zu ſeiner am 11. Juni 1881 ver-
fügten Ernennung zum Chef des Generalſtabes war Beck
Generaladjutant des Kaiſers. Im Jahre 1861 verlieh ihm
der Kaiſer den Ritterſtand, im Jahre 1878 zur Eiſernen Krone
erſter Klaſſe die Baronie. Beck vermählte ſich in Frankfurt im
Jahre 1861 mit Anna Freiin Rzikowski v. Dobrzicz. Sein
einziger Sohn, Friedrich Freiherr v. Beck, iſt Hauptmann im

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[2/0002] Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juni 1906 Anleihe abzuſchließen, ſind vollkommen unbegründet. Ebenſo beruhen die von dem Blatte „Das Zwanzigſte Jahrhundert“ gebrachten Meldungen, worin von einem angeblichen vertrau- lichen Auftrag des Grafen Witte die Rede iſt, mit Hilfe des ehemaligen Miniſters Durnowo eine auswärtige Anleihe ab- zuſchließen, auf freier Erfindung. Auch die in den Journalen „Das Zwanzigſte Jahrhundert“ und „Naſcha Schisn“ ent- haltene Nachricht, das Finanzminiſterium habe ein Tele- gramm des Grafen Witte erhalten, worin Bemerkungen ge- macht ſeien, über Berichte fremder Bankiers bezüglich der weiteren Realiſierung der letzten fünfprozentigen ruſſiſchen Anleihe vom Jahre 1906, entbehrt der Begründung. Weder das Finanzminiſterium noch der Finanzminiſter erhielten irgend ein Telegramm des Grafen Witte. Vom Tage. Czernowitz, 11. Juni. Der Empfang der Delegationen. (Die Thronrede.) Wien, 10. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Beim heutigen feierlichen Empfange in der Hofburg erwiderte der Kaiſer auf die Huldigungsanſprachen beider Präſidenten der Delegationen mit der Thronrede, welche beſagt: „Unſere Beziehungen zu allen auswärtigen Staaten bewahrten während des längeren Zeitraumes, der ſeit der letzten Tagung der Delegationen verfloſſen iſt, ihren durchaus freundſchaftlichen Charakter. Mit tiefer Entrüſtung erfüllte Mich der ruchloſe Anſchlag auf den König und die Königin von Spanien, und ich danke der gütigen Vorſehung, die die ernſte Gefahr von dem erlauchten jungen Paare abwendete. Das vor mehr als einem Vierteljahrhunderte abgeſchloſſene Bündnis mit dem deutſchen Reiche bewährte ſich vermöge ſeines defenſiven, konſervativen Gepräges heute wie zuvor als wertvolle Friedenserrungenſchaft, deren Erhaltung und Pflege ſich un- ſerer beſonderen Sorgfalt erfreute. In dem jüngſten Beſuche des deutſchen Kaiſers trat neuerdings unſer inniges Freund- ſchaftsverhältnis zutage. Ebenſo vertrauensvoll ſind die Be- ziehungen zu unſerem andern Verbündeten Italien, mit dem wir uns bezüglich der uns gemeinſam berührenden An- gelegenheiten in erfreulicher Uebereinſtimmung befinden. Das zum Zwecke der Herſtellung geordneter Verhältniſſe auf der Balkan-Halbinſel mit dem uns engbefreundeten Ruſſenreiche getroffene Uebereinkommen beſteht auch weiterhin in voller Kraft. Die dortige Lage, obzwar ſie noch viele Mängel aufweiſt, beſſerte ſich doch unleugbar. Vor allem iſt es gelungen, andere Komplikationen hintanzuhalten. Die Thronrede verweiſt auf den für beide Teile ehrenhaften Frieden im ruſſiſch-japaniſchen Kriege, ſowie auf die glückliche Löſung der Marokkofrage, wozu nicht zum geringſten Teile unſere vermittelnde Tätigkeit beitrug. Die Erhaltung des Friedens für Europa und vor allem für die Monarche wird auch weiterhin ein leitender Gedanke der heilbringenden Wirkungen der alten Dornaer Quellen und als k. k. Brunnen- und Badearzt mit der Leitung des Betriebes in beiden dem Bukowiner gr.-or. Religionsfonde gehörigen Badeanſtalten zum Wohle der kranken Menſchheit erfolgreich beſchäftigt. Aus einer Ueberſichtskarte entnehmen wir, daß die Frequenz von Dorna heute Tauſende Perſonen beträgt, noch immer aber anſteigt und daß aus dem König- reiche Rumänien ein bedeutender Bruchteil der Gäſte und, wie uns mitgeteilt wird, aus den angeſehenſten Kreiſen ſtammt. Auch einen köſtlichen Säuerling, die Ludwigsquelle ſowie auch deren modern eingerichtete Füllantage lernen wir auf dieſer Ausſtellung kennen. Neben Dornawatra liegt die Ausſtellung der Montan- werke des Bukowiner gr.-or. Religionsfondes, welche unter Leitung der k. k. Bergverwaltung in Jakobeny gerade jetzt einer neuen Epoche entgegengeführt werden. Vollendete techniſche Einrichtungen, Einführung des elektriſchen Betriebs auf der Grube und Erzbahn, Schaffung einer großen Aufbereitungsanlage haben den alten Mangan- bergbau in Jakobeny zu einem derart leiſtungsfähigen gemacht, daß er mit ſeinen Produkten gegen die kaukaſiſche und ſpaniſche Konkurrenz aufzukommen vermag. Nun tritt zu dieſem Berg- bau auch noch der Kiesbergbau in Aouiſental. Nach Vollendung der in den letzten Jahren von Bergrat Fauſtin Ritter von Kraſuski durchgeführten Aufſchlußarbeiten, welche das Anſtehen von Millionen Meterzentnern kupferhältiger Schwefelkieserze feſtſtellte, wurde an den Ausbau der erforderlichen Kraft-, Schacht- und Aufbereitungsanlagen in Louiſental geſchritten, ſo daß mit dem Abbau und der Förderung der Erze in dieſem Jahre begonnen werden konnte. Gewaltige Schauſtücke von Manganerzen und Schwefelkies, ausgeſtellte Aufbereitungs- und Fabrikationsprodukte, wie auch zahlreiche Lichtbilder führen uns die beiden Bergbaue des bukowiner gr.-or. Religions- fondes in geſchmackvoller Weiſe vor. Wir können von dieſer ernſten und belehrenden Aus- ſtellung nicht Abſchied nehmen, ohne des geſchmackvollen Arrangements zu gedenken, welches ein Werk des k. k. Ober- forſtrates Arthur Krahl iſt, dem es mit geradezu künſtleriſchem Geſchmack gelungen iſt, dieſe Abteilung einheitlich und doch zugleich lebendig anregend anzuordnen. (Fortſetzung folgt.) unſerer auswärtigen Politik ſein. Die Thronrede verweiſt ſchließlich auf die nicht mehr aufſchiebbare beſchleunigte Be- ſchaffung des Kriegsmaterials für das Heer und die Marine, betont ſchließlich den ſtetigen Fortſchritt im Okku- pationsgebiete und kündigt die Eröffnung der Eiſenbahnlinie, welche Sarajewo mit der ſerbiſchen und türkiſchen Grenze ver- bündet, für den 1. Juli an. (Die Bukowina im Budgetausſchuß.) Bei der Wahl des Budgetausſchuſſes, die am Samſtag vorgenommen wurde, weiſt Dr. Straucher darauf hin, daß nach den Beſtimmungen der Verfaſſung die Mitglieder der Delegation von den Abgeordneten der im Reichsrat ver- tretenen Königreiche und Länder gewählt werden. Durch dieſe gewiſſermaßen autonomiſtiſch-ſöderaliſtiſche Art der Zuſammen- ſetzung der Delegation ſei die Tendenz ausgeſprochen, daß in der Delegation alle Kronländer vertreten ſein ſollen, nament- lich aber auch, daß in den Ausſchüſſen die Anſichten und Forderungen jedes einzelnen Kronlandes zum Ausdruck ge- langen können. Da ſich die Haupttätigkeit der Delegation bekanntermaßen in den Ausſchüſſen abwickle, erſcheine es nur gerecht und notwendig, daß jedes Kronland, namentlich in den vornehmſten Ausſchüſſen, ſeine Vertretung finde. Es ſei daher nur eine Forderung der Gerechtigkeit, daß jedes Kron- land, deſſen Menſchenmaterial und Steuerkräfte für die Ge- ſamtbedürfniſſe in Anſpruch genommen werden, in dieſen Ausſchüſſen vertreten ſei. Nach der beſtehenden Gepflogenheit werden die Ausſchüſſe nach einem ſogenannten Schlüſſel zu- ſammengeſetzt. Da ſich jeder Schlüſſel im Laufe der Zeit ab- nütze, ſei auch der gegenwärtige Wahlſchlüſſel nicht mehr zeitgemäß. Nach dem Vorſchlag bezüglich der Wahl des Budgetausſchuſſes würde die Bukowina keinen Vertreter in dieſen Ausſchuß entſenden. In der Ueberzeugung, daß wenig- ſtens in der Delegation Gerechtigkeit geübt werde, ſtelle er deshalb den Antrag, daß die Zahl der Mitglieder des Budgetausſchuſſes auf 24 erhöht werde, denn es ſei eine ſtarke Zumutung an die Mitglieder der Delegation, daß ſie in Unkenntnis der im Ausſchuß gemachten Mitteilungen der Regierung in der Delegation ihr Votum abgeben ſollen. Freiherr v. Chlumecky bemerkt, daß er auf ſeinem Antrag, in den Budgetausſchuß 21 Mitglieder zu entſenden, beharre. Dr. Straucher erwidert, daß die Leiſtung von Steuern und die Beiſtellung von Rekruten keine partei- politiſche Frage ſei. Es müſſe jedem Kronland die Mög- lichkeit gegeben werden, in den Ausſchüſſen ſeine Meinung vertreten zu finden. Die Zahl von 21 Mitgliedern ſei nicht unverrückbar, und es könnte ganz gut eine Vermehrung ein- treten. Er erwarte von der Gerechtigkeit der Delegation, daß ſie nicht mit einem Akt von Ungerechtigkeit ihre Verhand- lungen beginne. Bei der Abſtimmung wird der Antrag des Delegierten Freiherrn v. Chlumecky, einen einundzwanziggliedrigen Budget- ausſchuß zu wählen, angenommen. Dr. Straucher: Ich bitte zu protokollieren, daß ich mich an der Wahl des Ausſchuſſes nicht beteilige! (Lachen). Ich werde ſehen, wer ſpäter lachen wird! Wien, 10. Juni. Die Eröffnungsſitzung der ungariſchen Delegation begann mit einer Ueberaſchung, die die radikale Tendenz der ungariſchen Politik aufs deutlichſte markiert. Ent- gegen den in Budapeſt getroffenen Vereinbarungen wurde ſtatt des Fürſten Eſterhazy Graf Theodor Zichy zum Präfi- denten gewählt, während auf die Vizepräſidentenſtelle der Delegierte Bela Barabas berufen wurde. Antimagyariſche Demonſtrationen in Wien. Wien, 11. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Nach- mittags fand in der Volkshalle des Rathauſes eine von der chriſtlichſozialen Parteileitung einberufene Volksverſammlung mit der Tagesordnung „die ungariſche Frage“ ſtatt. Es fanden ſich zirka 1000 Perſonen ein. Nachdem mehrere chriſtlichſoziale Abgeordnete geſprochen, wurde eine gegen Ungarn gerichtete Reſolution angenommen. Eine große An- zahl von Teilnehmern zog hierauf trotz Einſchreitens der Wache in die Bankgaſſe und brachte vor dem ungariſchen Miniſterium, wo gerade die ungariſche Delegation tagte, Pfuirufe aus. Vier Fenſter des Miniſtertums wurden durch Steinwürfe eingeſchlagen. Die Wache ſperrte die Bankgaſſe ab und zerſtreute die Demonſtranten. Unmittelbar nach den Vorfällen vor dem ungariſchen Miniſterium fanden ſich der Miniſter des Innern Bienerth und gleich darauf Miniſter- präſident Beck im ungariſchen Miniſterium ein und ſprachen dem ungariſchen Miniſterpräſidenten Wekerle ihr leb- haftes Bedauern aus, daß ein derartiger nicht ſtreng genug zu verurteilender Vorfall ſich ungeachtet der getroffenen Maßnahmen ereignen konnte. Sie gaben die Verſicherung, daß geeignete Vorkehrungen eingeleitet ſeien, um eine Wieder- holung derartiger Vorkommniſſe hintanzuhalten. Wien, 11. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Während der Plenarſitzung der ungariſchen Delegation demonſtrierten die Teilnehmer der im Rathaus abgehaltenen chriſtlichſozialen Volksverſammlung vor dem ungariſchen Miniſterpalais, wo die Delegation tagte, weshalb die Sitzung ſuſpendiert wurde. Nach der Wiederaufnahme der Sitzung beſchuldigte Ba- kowski die öſterreichiſche Regierung mit im Spiele zu ſein. Barabas erklärte, die Demonſtration ſei höheren Ortes in Szene geſetzt. Wekerle ſei überzeugt, daß die öſterreichiſche Regierung und die öſterreichiſchen Politiker der Demonſtration vollkommen fernſtehen. Er lege der Angelegenheit keine be- ſondere Bedeutung bei. Die Delegation nahm einſtimmig einen Antrag an, wonach während der Delegationstagung auf dem Gebäude des ungariſchen Miniſteriums die ungariſche und kroatiſche Fahne gehißt werde. Graf Goluchowski hält morgen im Aeußeren Ausſchuß der ungariſchen Delegation ſein Expoſe. Der ungariſche Ausgleich. Wien, 10. Juni. Handelsminiſter Koſſuth iſt mit den Mitgliedern der ungariſchen Delegation und den Miniſtern, die nach Wien gefahren ſind, eingetroffen und wird einige Tage hier bleiben. Die Reiſe Koſſuths wird mit den Verhandlungen zwiſchen beiden Regierungen bezüglich der Frage des Ausgleichs in Zuſammenhang gebracht; vor- läufig liegt aber für dieſe Annahme keine Beſtätigung vor. Vielmehr haben es manche Symptome, die in der jüngſten Zeit zutage getreten waren, wünſchenswert erſcheinen laſſen, daß der Handelsminiſter, der die Führung der Unabhängig- keitspartei bekanntlich beibehalten hat, wenigſtens am Beginn der Delegationsverhandlungen anweſend ſei. Von der Eröff- nung von Ausgleichsverhandlungen zwiſchen den beiden Re- gierungen iſt an gut unterrichteter Stelle bisher abſolut nichts bekannt. Budapeſt, 10. Juni. In hieſigen unterrichteten Kreiſen wird die Situation ſehr ernſt aufgefaßt. Wie es heißt, ſoll die ungariſche Regierung entſchloſſen ſein, in keine Ver- handlungen mit der öſterreichiſchen Regierung über den ge- ſamten Komplex des Ausgleiches einzugehen. Die ungariſche Regierung nimmt in dieſer Beziehung einen der öſterreichi- ſchen Regierung ganz entgegengeſetzten Standpunkt ein. Viel beſprochen wird die Tatſache, daß Dr. Wekerle bei ſeiner letzten Anweſenheit in Wien dem öſterreichiſchen Miniſter- präſidenten Baron Beck keinen Beſuch abgeſtattet hat. Italien und der Dreibund. Rom, 10. Juni. Trotz den offiziöſen herzlichen Kommen- taren der Kaiſerreiſe nach Schönbrunn herrſcht in gewiſſen politiſchen Kreiſen eine ſkeptiſche Kühle über den Austauſch der Telegramme der Monarchen. Die Skepſis wird durch die geſtrige Enthüllung des „Courrier des Balcans“ über ein öſterreichiſch-griechiſches Balkan-Einverſtändnis ge- ſteigert, obſchon Kenner mutmaßen, daß dieſe Enthüllung von der Seite komme, um die Reiſe nach Schönbrunn in ihrer Bedeutung abzuſchwächen. Wohl nur zufällig iſt, daß der heutige „Mattino“ der Kammer gegenüber die Ernennung Tittonis dadurch zu rechtfertigen ſucht, daß er ihn als einen Mann hinſtellt, der 1903 nach der Periode Zanardellis Italien vor einem Kriege mit Oeſterreich rettete und nachher mit Hilfe Englands einem öſterreichiſch-ruſſiſchen Zuſammengehen auf dem Balkan erfolgreich entgegenarbeitete. Bunte Chronik. Czernowitz,, 11. Juni. Das Jubiläum des FZM. Freiherrn v. Beck. Heute feiert FZM. Freiherr von Beck den Jahrestag ſeiner vor einem Vierteljahrhundert erfolgten Ernennung zum Chef des Generalſtabskorps. Im Jahre 1846 trat Beck, der am 21. März 1830 zu Freiburg in Baden geboren iſt, als Pionier- kadett in die Armee ein. Nach ſeinen Studien in der Pionier- korpsſchule zu Tulln wurde er Lieutenant im Infanterie- Regiment Nr. 59 und machte als Achtzehnjähriger die Feld- züge in Ungarn, dann in Italien und, als Oberlieutenant beim Generalſtab zugeteilt, die Belagerung von Venedig mit. Er kam alſo zum Generalſtab am 16. Juli 1849. Nach Ab- ſolvierung der Kriegsſchule zum Hauptmann befördert, war er dem Chef des Generalſtabschefs zugeteilt, machte bei der Diviſion Reiſchach als Generalſtabschef den italieniſchen Feld- zug 1859 mit und zeichnete ſich, wie bekannt, bei Terraſa, Candia und Magenta aus. Bei Pontenuovo war er mit dem Diviſionär an der Spitze der ſtürmenden Truppen und wurde durch einen Schuß ſchwer verletzt. Nachdem Beck als Protokoll- führer der Frankfurter Bundes-Militärkommiſſion fungiert hatte, wurde er als Major Flügeladjutant des Marſchalls Heß, dann der Generaladjutantur des Kaiſers zugeteilt, als Oberſt im Feldzuge 1866 gegen Preußen mit ſchwierigen Miſſionen an das Kommando der Nordarmee betraut und das Jahr darauf zum Vorſtand der Militärkanzlei des Kaiſers ernannt. Von 1874 bis zu ſeiner am 11. Juni 1881 ver- fügten Ernennung zum Chef des Generalſtabes war Beck Generaladjutant des Kaiſers. Im Jahre 1861 verlieh ihm der Kaiſer den Ritterſtand, im Jahre 1878 zur Eiſernen Krone erſter Klaſſe die Baronie. Beck vermählte ſich in Frankfurt im Jahre 1861 mit Anna Freiin Rzikowski v. Dobrzicz. Sein einziger Sohn, Friedrich Freiherr v. Beck, iſt Hauptmann im

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 728, Czernowitz, 12.06.1906, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer728_1906/2>, abgerufen am 21.11.2024.