Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2277, Czernowitz, 22.08.1911.Czernowitzer Allgemeine Zeitung 22. August 1911. [Spaltenumbruch] können, an welche die maßgebenden Stellen sich als an Keine weitere Einfuhr argentinischen Fleisches. Wien, 19. August. Wie das k. k. Telegraphen-Kor- 50perzentige Tarifermäßigung für Horn-, Stechvieh und Fleisch auf allen Linien der Staatsbahn. Wien, 20. August. Die "Rathauskorrespondenz" Rumänische Fleischsendungen nach Wien. Bukarest, 20 August. Den Abendblättern zufolge Vom Tage. Czernowitz, 21. August. Das deutsch-russische Abkommen perfekt. Petersburg, 19. August. Das Abkommen zwischen Im Abkommen sind eingehende Bestimmungen bezüglich des Der Stillstand in den Marokko- verhandlungen. Berliner Zeitungsstimmen. Berlin, 20. August. Das "Berliner Tage- "Die einzige und nicht gerade tröstliche Meldung be- Die "Kreuzzeitung" mißt dem Umstande, daß Weiter sagt die "Kreuzzeitung": "Durch das Vor- Säbelgerassel in der Pariser Presse. Paris, 20. August. "Matin" und "Echo de Paris" [Spaltenumbruch] fand in ihr dieselbe amüsante Partnerin bei der Unter- Sie war noch schöner geworden. Ein Kunstwerk frei- Griepenow nahm sein Skizzenbuch vor und versuchte, "Wir müssen wenden", sagte er. "Der Wind hat sich Eva ging auf die gegenüberliegende Seite, und der Die beiden Schiffer arbeiteten an den Segeln, gegen Einzelne dicke Regentropfen fielen. "Wir sind doch noch vor Ausbruch des Gewitters zu "Drei Menschenleben fordert das Wasser heute", -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- Als Eva aus dem Boot gehoben wurde, sah sie aus, Mit Hilfe des Pikkolo hatte der Professor sich umge- Griepenow verbiß den Schmerz. "Teufel! Und ge- "Ein paar Wochen", gab sie zur Antwort. "Die Hand Griepenow war nun täglich in Gesellschaft der jungen Er saß auf seinem Balkon, blätterte in der Zeitung, Da drüben kam sie über die Straße. Schon ihren "Herein!" rief er freudig, als sie anklopfte. Milli trug ein helles Waschkleid mit weißem Ma- "Teufel!" brummte er. "Wie zeig' ich Ihnen denn Und während er ihre Hände hielt, wurde es ihm zur Aber flimmerten nicht ihre Augen ganz merkwürdig "Was denn? Was wollen Sie denn noch?" Das "Sie selber will ich, Fräulein Glückspilz, und wenn "Aber ich sage ja .. ja ... ja ...", lachte sie "Bitt' Sie, kommt ja gerade so an, als ob --" "Jawohl ... ganz richtig ... sind wir auch!" Czernowitzer Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1911. [Spaltenumbruch] können, an welche die maßgebenden Stellen ſich als an Keine weitere Einfuhr argentiniſchen Fleiſches. Wien, 19. Auguſt. Wie das k. k. Telegraphen-Kor- 50perzentige Tarifermäßigung für Horn-, Stechvieh und Fleiſch auf allen Linien der Staatsbahn. Wien, 20. Auguſt. Die „Rathauskorreſpondenz“ Rumäniſche Fleiſchſendungen nach Wien. Bukareſt, 20 Auguſt. Den Abendblättern zufolge Vom Tage. Czernowitz, 21. Auguſt. Das deutſch-ruſſiſche Abkommen perfekt. Petersburg, 19. Auguſt. Das Abkommen zwiſchen Im Abkommen ſind eingehende Beſtimmungen bezüglich des Der Stillſtand in den Marokko- verhandlungen. Berliner Zeitungsſtimmen. Berlin, 20. Auguſt. Das „Berliner Tage- „Die einzige und nicht gerade tröſtliche Meldung be- Die „Kreuzzeitung“ mißt dem Umſtande, daß Weiter ſagt die „Kreuzzeitung“: „Durch das Vor- Säbelgeraſſel in der Pariſer Preſſe. Paris, 20. Auguſt. „Matin“ und „Echo de Paris“ [Spaltenumbruch] fand in ihr dieſelbe amüſante Partnerin bei der Unter- Sie war noch ſchöner geworden. Ein Kunſtwerk frei- Griepenow nahm ſein Skizzenbuch vor und verſuchte, „Wir müſſen wenden“, ſagte er. „Der Wind hat ſich Eva ging auf die gegenüberliegende Seite, und der Die beiden Schiffer arbeiteten an den Segeln, gegen Einzelne dicke Regentropfen fielen. „Wir ſind doch noch vor Ausbruch des Gewitters zu „Drei Menſchenleben fordert das Waſſer heute“, — — — — — — — — — — — — Als Eva aus dem Boot gehoben wurde, ſah ſie aus, Mit Hilfe des Pikkolo hatte der Profeſſor ſich umge- Griepenow verbiß den Schmerz. „Teufel! Und ge- „Ein paar Wochen“, gab ſie zur Antwort. „Die Hand Griepenow war nun täglich in Geſellſchaft der jungen Er ſaß auf ſeinem Balkon, blätterte in der Zeitung, Da drüben kam ſie über die Straße. Schon ihren „Herein!“ rief er freudig, als ſie anklopfte. Milli trug ein helles Waſchkleid mit weißem Ma- „Teufel!“ brummte er. „Wie zeig’ ich Ihnen denn Und während er ihre Hände hielt, wurde es ihm zur Aber flimmerten nicht ihre Augen ganz merkwürdig „Was denn? Was wollen Sie denn noch?“ Das „Sie ſelber will ich, Fräulein Glückspilz, und wenn „Aber ich ſage ja .. ja ... ja ...“, lachte ſie „Bitt’ Sie, kommt ja gerade ſo an, als ob —“ „Jawohl ... ganz richtig ... ſind wir auch!“ <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Czernowitzer Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1911.</hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="fleischnot2" prev="#fleischnot1" type="jArticle" n="2"> <p>können, an welche die maßgebenden Stellen ſich als an<lb/> einen zutreffenden Ratſchlag halten dürfen, ohne befürch-<lb/> ten zu müſſen, daß ihnen das Volk die Abſolution für die<lb/> angekündigte Aktion zur Förderung der Rindviehzucht<lb/> verweigern wird, falls ihr nicht die unvermeidlichen En-<lb/> queten vorangehen. Der Viehbeſtand muß aufgebeſſert<lb/> und erhöht werden. Das iſt, wenn die Fleiſchteuerung<lb/> nicht zu einer ſtändigen Miſere werden ſoll, nur durch ein<lb/> Schutzgeſetz, welches die Tötung der weiblichen Kälber re-<lb/> guliert und durch eine ausgiebige Aneiferung der Zucht<lb/> vermittelſt Ausſetzung reichlicher Prämien möglich. Hand<lb/> in Hand damit hat ſebſtverſtändlich die Förderung des<lb/> Futterbaues zu gehen, da billiges Fleiſch bei teueren<lb/> Futterpreiſen nicht geliefert werden kann. Andere Mittel<lb/> zur Hebung der Inlandsproduktion und Erzielung eines<lb/> entſprechenden Marktkontingents exiſtieren wohl kaum,<lb/> es wäre denn, daß der Staat ſelbſt in großem Maßſtabe<lb/> zu produzieren verſuchte. Selbſt bei ſofortigem Inkraft-<lb/> treten von Maßregeln im Sinne vorgedachter Ausführun-<lb/> gen kann ſich das angeſtrebte Reſultat, die Ermäßigung<lb/> der Fleiſchpreiſe, natürlich nicht vor Ablauf von einigen<lb/> Jahren einſtellen und die Frage, wie dem gegenwärtigen<lb/> Fleiſchmangel geſteuert werden ſoll, ob im Wege der Ein-<lb/> fuhr lebenden oder geſchlachteten Viehes aus Serbien, aus<lb/> Rumänien oder aus überſeeiſchen Ländern, wird durch<lb/> die Förderung der inländiſchen Viehzucht vorläufig gar<lb/> nicht tangiert. Aber gerade die Tatſache, daß wir mehr<lb/> Geld über die Grenzen ſchicken, als nötig wäre, wenn die<lb/> vorhandenen natürlichen Bedingungen ausgenützt wür-<lb/> den, die merkwürdige Erſcheinung, daß wir für<lb/> nicht einmal gutes Geld ſoviel bekommen <hi rendition="#g">können</hi> als<lb/> wir brauchen, weil es dem lieben Nachbar jenſeits der<lb/> Leittha gefällt, den Hunger Oeſterreichs zum Gegenſtand<lb/> ſeines Profitchens zu machen, illuſtrieren die ganze Son-<lb/> derlichkeit der Situation, in welcher der Staat ſich be-<lb/> findet und erweiſen auf das Allerſchärfſte die Notwendig-<lb/> keit, wirklich ſogleich mit „Maßnahmen“ zu beginnen,<lb/> ſtatt erſt mit Abſichten herumzutändeln. Das ſerbiſche<lb/> Einfuhrskontingent iſt erſchöpft, argentiniſches Fleiſch<lb/> darf nicht herein, Rumänien hat zwar ein Exportſchlacht-<lb/> haus, aber wie es ſcheint, kein Vieh, und wir ſelbſt haben<lb/> erſt recht keins. Bleibt nur der Import aus dem durch<lb/> den ſtarken Erwerbsſinn ſeiner Agrarier ausgezeichneten<lb/> Ungarn, das uns alſo die unerſchwinglichſten Preiſe dik-<lb/> tieren kann, ohne daß wir muckſen dürfen, denn — Ver-<lb/> tragstreue über alles, ſelbſt bis zum Verhungern. Das<lb/> gewöhnliche Recht erklärt Verträge unmoraliſcher Natur<lb/> als unverbindlich. Aus dem unmoraliſchen Weſen eines<lb/> zwiſchen Staaten geſchloſſenen Vertrages, der ſich der Be-<lb/> urteilung na landläufigen Rechtsanſchauungen natür-<lb/> lich entzieht, ſollte wenigſtens <hi rendition="#g">die</hi> Moral gezogen werden,<lb/> daß es empfehlenswerter iſt, ſich auf die eigenen Kräfte<lb/> zu verlaſſen, als auf den intereſſenbeeinflußten, immer<lb/> etwas eigennützigen „guten“ Willen des Anderen. Die<lb/> Lehren, die Oeſterreich ſchon erhalten hat, ſollten hin-<lb/> reichend empfindlich geweſen ſein, es aus dem ewig<lb/> rottierenden Kreiſe ſeiner Abſichten hinauszutreiben auf<lb/> das Feld energiſcher Taten.</p><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Keine weitere Einfuhr argentiniſchen Fleiſches.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 19. Auguſt.</dateline> <p>Wie das k. k. Telegraphen-Kor-<lb/> reſpondenz-Bureau vernimmt, hat die öſterreichiſche Re-<lb/> gierung auf Grund des von den Reſſortvertretern am<lb/> 17. Auguſt erſtatteten Berichtes über die am Vortage in<lb/> Budapeſt gepflogenen Verhandlungen in der Fleiſchfrage<lb/> bereits im Laufe desſelben Tages in einer Depeſche die<lb/><cb/> ungariſcherſeits als Hauptpunkte bezeichneten <hi rendition="#g">Gegen-<lb/> konzeſſionen abgelehnt.</hi> Nachdem auch für die<lb/> Einfuhr eines in Trieſt lagernden Quantums von etwa<lb/> 700 Tonnen die Zuſtimmung der königlich ungariſchen<lb/> Regierung nicht zu erlangen war, ſo müſſen nach der be-<lb/> ſtehenden Rechtslage alle der Regierung vorliegenden An-<lb/> ſuchen um <hi rendition="#g">Einfuhrbewilligung argentini-<lb/> ſchen Fleiſches abgewieſen</hi> werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">50perzentige Tarifermäßigung für Horn-, Stechvieh und<lb/> Fleiſch auf allen Linien der Staatsbahn.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 20. Auguſt.</dateline> <p>Die „Rathauskorreſpondenz“<lb/> meldet: Vertreter des Magiſtrats haben an einer unter<lb/> Vorſitz des Sektionschefs Sonnenſchein im Eiſenbahn-<lb/> miniſterium abgehaltenen Beſprechung der Vertreter der<lb/> verſchiedenen Reſſortminiſterien in Angelegenheit der<lb/> Fleiſchfrage teilgenommen. Nach der Mitteilung des Vor-<lb/> ſitzenden iſt die Regierung bereit, eine <hi rendition="#g">50 perzenitge<lb/> Tarifermäßigung</hi> für Horn- und Stechvieh und<lb/> für Fleiſch auf <hi rendition="#g">ſämtlichen Linien der öſter-<lb/> reichiſchen Staatsbahnen</hi> bei einer Entfernung<lb/> von mehr als hundert Kilometern zuzugeſtehen. Hinſicht-<lb/> lich der Linien Marchegg—Wien und Bruck—Wien wird<lb/> dieſe Ermäßigung ohne Beſchränkung auf die Kilometer-<lb/> entfernung zugeſtanden. Dieſe Ermäßigung gilt nicht<lb/> bloß für Sammel-, ſondern auch für Stückſendungen ſo-<lb/> wie für das am Marxer Viehmarkte einlangende Vieh,<lb/> wenn auch dasſelbe in den Wiener Schlachthäuſern nicht<lb/> zur Schlachtung kommt. Bezüglich der in den Wiener<lb/> Schlachthäuſern geſchlachteten Tiere wird jedoch bedungen,<lb/> daß das Fleiſch aus dieſen Schlachthäuſern nur per Achſe<lb/> verführt werden darf. Dieſe Begünſtigung ſoll nicht bloß<lb/> für <hi rendition="#g">Wien</hi> und <hi rendition="#g">Prag</hi> erteilt, ſondern auch auf andere<lb/> Städte ausgedehnt werden und ſoll ſchon Dienſtag, den<lb/> 22. d. M., und zwar bis auf Widerruf, längſtens für die<lb/> Dauer bis <hi rendition="#g">Ende November</hi> d. J., in Kraft treten.<lb/> Hingegen ſoll die Gemeinde Wien die Herabſetzung der<lb/> Schlacht- und der Marktgebühr in dem gleichen Umfange<lb/> wie im Vorjahre und auf dieſelbe obenangeführte Zeit<lb/> zugeſtehen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Rumäniſche Fleiſchſendungen nach Wien.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Bukareſt,</hi> 20 Auguſt.</dateline> <p>Den Abendblättern zufolge<lb/> wird Montag, den 21. d. M. vom neuerrichteten Schlacht-<lb/> haus in Turn-Severin eine Sendung rumäniſchen Flei-<lb/> ſches direkt nach Wien abgehen. Dieſer Fleiſchſendung am<lb/> Montag — man ſpricht von einer Waggonladung — ſoll<lb/> gleich in der darauffolgenden Woche eine weitere Sen-<lb/> dung folgen.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Vom Tage.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline>Czernowitz, 21. Auguſt.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das deutſch-ruſſiſche Abkommen perfekt.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Petersburg,</hi> 19. Auguſt.</dateline> <p>Das <hi rendition="#g">Abkommen</hi> zwiſchen<lb/><hi rendition="#g">Deutſchland</hi> und <hi rendition="#g">Rußland</hi> bezüglich Perſiens und<lb/> der Bagdadbahn iſt heute hier vom deutſchen Botſchafter und<lb/> vom ruſſiſchen Stellvertreter des Miniſters des Aeußern unter<lb/> zeichnet worden.</p><lb/> <p>Im Abkommen ſind eingehende Beſtimmungen bezüglich des<lb/> Auſchluſſes der Bagdadbahn an das künftige Eiſenbahnnetz.<lb/> Damit iſt deutſchen Handel ein wertvoller Zugang an das<lb/> nördliche Perſien gewährleiſtet. Gleich in der Einlei<supplied>t</supplied>ung ſpricht<lb/><cb/> das Abkommen den Grundſatz aus, daß der Handel aller<lb/> Nationen in Perſien gleichberechtigt iſt. Die Bewegungsfreiheit<lb/> des deutſchen Handels auf perſiſchem Boden hat hiedurch eine<lb/> neue vertragsmäßige Feſtſtellungg erfahren. Die Unterzeichnung<lb/> der Noten im gegenwärtigen Zeitpunkt beweiſt, daß die Be-<lb/> ziehungen Deutſchlands zu Rußland durch die <hi rendition="#g">marokkaniſchen<lb/> Schwierigkeiten</hi> nicht berührt worden ſind.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Stillſtand in den Marokko-<lb/> verhandlungen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Berliner Zeitungsſtimmen.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 20. Auguſt.</dateline> <p>Das <hi rendition="#g">„Berliner Tage-<lb/> blatt“</hi> ſchreibt in ſeiner Sonntags-Wochenſchau über den<lb/> gegenwärtigen Stand der Marokkoverhandlungen:</p><lb/> <p>„Die einzige und nicht gerade tröſtliche Meldung be-<lb/> ſagt, daß die Unterhaltung zwiſchen Herrn v. Kiderlen-<lb/> Waechter und Herrn Cambon eine Unterbrechung erfahren<lb/> habe. Wie lange dieſe Pauſe dauern ſoll, darüber weiß<lb/> man nichts. Daß eine ſolche Verzögerung gerade in dieſem<lb/> Augenblicke <hi rendition="#g">nicht eben einen verheißungsvol-<lb/> len Eindruck</hi> machen kann, liegt auf der Hand. Es<lb/> konnte deshalb auch nicht überraſchen, daß ſich die Nervoſi-<lb/> tät nicht bloß im deutſchen Volke, ſondern noch mehr in<lb/> Frankreich wieder verſtärkte.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">„Kreuzzeitung“</hi> mißt dem Umſtande, daß<lb/> die deutſch-franzöſiſchen Verhandlungen unterbrochen wur-<lb/> den, eine <hi rendition="#g">beſondere Bedeutung</hi> bei und ſagt, daß<lb/> die Unterbrechung entweder der Vorläufer einer raſchen<lb/> Beſſerung oder einer Verſchlimmerung der Lage ſein wird.<lb/> „Die Verhandlungen ſind offenbar an einem Punkte an-<lb/> gelangt, an dem es gilt, <hi rendition="#g">wichtige Entſchließun-<lb/> gen</hi> zu faſſen, und die franzöſiſche Regierung iſt bereits<lb/> in Erwägungen darüber eingetreten, ob ſich dieſe Ent-<lb/> ſchlüſſe in einem dem deutſchen Standpunkte entgegen-<lb/> kommenden Sinne bewegen ſollen oder nicht.“</p><lb/> <p>Weiter ſagt die „Kreuzzeitung“: „Durch das Vor-<lb/> gehen Frankreichs werden wir genötigt, zur Zeit unſere<lb/> wirtſchaftlichen Intereſſen in Marokko ſelbſt zu ſchützen.<lb/> Verſchmäht es Frankreich nun, ſich mit uns freundſchaft-<lb/> lich zu verſtändigen, ſo werden wir dieſen Schutz unſerer<lb/> wirtſchaftlichen Intereſſen in Marokko auch in Zukunft<lb/><hi rendition="#g">ſelbſt ausüben müſſen,</hi> und andere Mächte dürf-<lb/> ten ſich dann in die gleiche Lage verſetzt ſehen. Das gewalt-<lb/> ſam zu verhindern, würde aber für Frankreich ein ſehr be-<lb/> denkliches Unterfangen darſtellen, und deshalb ſind wir<lb/> der feſten Hoffnung, daß nach der Pauſe die Verhandlun-<lb/> gen fortgeführt werden und man zu einer endlichen Ver-<lb/> ſtändigung gelangen wird. Je mehr man während deſſen<lb/> in Frankreich mit dem Säbel raſſelt, deſto feſter wird man<lb/> in Berlin auf allen Forderungen verharren müſſen, denn<lb/> es würde der <hi rendition="#g">Ehre</hi> eines großen und ſtarken Volkes<lb/> nicht entſprechen, auf die <hi rendition="#g">Androhung gewalt-<lb/> ſamer Mittel hin auch nur einen Schritt<lb/> zurückzuweichen.</hi>“</p> </div><lb/> <div xml:id="säbelgerassel1" next="#säbelgerassel2" type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Säbelgeraſſel in der Pariſer Preſſe.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 20. Auguſt.</dateline> <p>„Matin“ und „Echo de Paris“<lb/> ergehen ſich in ihren geſtrigen Ausgaben anläßlich der Un-<lb/> terbrechungen der deutſch-franzöſiſchen Marokkoverhand-<lb/> lungen in wüſten <hi rendition="#g">Kriegshetzereien gegen<lb/> Deutſchlands.</hi> So führt der „Matin“ in ſeinem Leit-<lb/> artikel eine Sprache gegen Deutſchland, die an Schärfe<lb/> nichts zu wünſchen übrig läßt. Er vergleicht Deutſchland<lb/> und Frankreich in ihrer Haltung bei den Verhandlungen</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="glückspilz2" prev="#glückspilz1" type="jArticle" n="2"> <p>fand in ihr dieſelbe amüſante Partnerin bei der Unter-<lb/> haltung, die ihn früher ſo gefeſſelt hatte.</p><lb/> <p>Sie war noch ſchöner geworden. Ein Kunſtwerk frei-<lb/> lich ... aber ein gut zurecht gemachtes, geſchmackvoll zu-<lb/> ſammengeſtelltes Kunſtwerk, das man gern anſchaute.<lb/> Unter dem Panama, der an einer Seite hochgeſchlagen<lb/> war, ſchimmerten Haare in den hellſten Goldtönen. Die<lb/> dunkeln Augenbrauen, denen der Stift ein wenig nach-<lb/> geholfen hatte, ließen die blauen Augen ausdrucksvoller<lb/> erſcheinen. Vielleicht war die Naſe etwas zu lang für die<lb/> kindlichen Züge und den ſüßen Mund, deſſen rote Lippen<lb/> unberührt ſchienen und ſtets liebenswürdig lächelten, daß<lb/> die kleinen regelmäßigen Zähne zum Vorſchein kamen.</p><lb/> <p>Griepenow nahm ſein Skizzenbuch vor und verſuchte,<lb/> Evas Bild mit ein paar Strichen feſtzuhalten. Die junge<lb/> Frau ſaß ſtill, die ſchönen Hände auf ihrem Schoß, und<lb/> blickte ſiegesbewußt zu dem Maler hin ... Wie lange<lb/> ſie ſchon auf dem Waſſer waren, wußten beide nicht. Plötz-<lb/> lich hörten ſie die Stimme des Schiffers.</p><lb/> <p>„Wir müſſen wenden“, ſagte er. „Der Wind hat ſich<lb/> gedreht. Wechſeln Sie die Plätze! Raſch!“</p><lb/> <p>Eva ging auf die gegenüberliegende Seite, und der<lb/> Profeſſor wollte ihr folgen, als der ausbrechende Sturm<lb/> den Maſt vom Segel herumwarf. Griepenow zuckte zu-<lb/> ſammen und faßte mit der Linken an ſeinen rechten<lb/> Mittelfinger. Aber die anderen achteten nicht darauf.</p><lb/> <p>Die beiden Schiffer arbeiteten an den Segeln, gegen<lb/> die der Wind mit aller Gewalt blies. Eva ſchlang einen<lb/> goldgelben Schal über ihren Kopf, um den Hut feſtzu-<lb/> halten. Sie wußte, daß dieſe Farbe gut zu ihrem Haar<lb/> ſtand, und erwartete ein paar galante Worte des Künſt-<lb/> lers. Aber Griepenow ſchien ſie gar nicht mehr zu be-<lb/> merken.</p><lb/> <p>Einzelne dicke Regentropfen fielen.</p><lb/> <p>„Wir ſind doch noch vor Ausbruch des Gewitters zu<lb/> Hauſe?“ fragte die junge Frau ängſtlich und ſah be-<lb/> klommen, wie das eben noch ſo klare Waſſer eine ſchmutzig<lb/> graue Farbe annahm, und Rieſenwellen ſich türmten, die<lb/> hoch aufſpritzten, wenn das Boot ſie durchſchnitt. Einer<lb/> der Schiffer nahm unter dem Sitz eine Oeldecke vor und<lb/> wickelte Eva darin ein. Sie ſchmollte mit dem Profeſſor,<lb/> der ganz ſtill geworden und mit zuſammengebiſſenen<lb/><cb/> Zähnen neben ihr ſaß. Sein Finger ſchmerzte furchtbar.</p><lb/> <p>„Drei Menſchenleben fordert das Waſſer heute“,<lb/> ging’s Eva durch den Kopf. Ihr wurde ſchwindelig. Sie<lb/> fühlte, wie das Boot hin- und herſchwankte. Trotz der<lb/> Decke durchdrang die Näſſe ſie. Sie ſchüttelte ſich vor Kälte<lb/> und dachte doch immer nur das eine: wenn ſie doch die<lb/> Fahrt überlebte, ... ſollten die anderen drei auch unter-<lb/> gehen, nur ſie nicht ... nur ſie nicht!“</p><lb/> <p>— — — — — — — — — — — —</p><lb/> <p>Als Eva aus dem Boot gehoben wurde, ſah ſie aus,<lb/> wie ein graugelbes Kücken, das man auf den Oſterkarten<lb/> ſieht. Nur die Naſe guckte ſpitz und ſcharf wie ein Schnabel<lb/> aus der gelben naſſen Hülle vor. Milli brachte ſie gleich zu<lb/> Bett und gab ihr Glühwein zu trinken. Nachdem Eva<lb/> eingeſchlafen war, ging die Aerztin zu dem anderen Pa-<lb/> tienten.</p><lb/> <p>Mit Hilfe des Pikkolo hatte der Profeſſor ſich umge-<lb/> zogen und ſaß mit ſchmerzhaft verzogenem Geſicht am<lb/> Fenſter, als Milli ſich bei ihm anmelden ließ. Sie ſah bei<lb/> der Unterſuchung ſofort, daß der Mittelfinger der rechten<lb/> Hand gebrochen war.</p><lb/> <p>Griepenow verbiß den Schmerz. „Teufel! Und ge-<lb/> rade den rechten mußte der Maſt ſich ausſuchen, um da-<lb/> rauf zu fallen! Da hat meine Kunſt auf einige Zeit ein<lb/> Ende, und Ihre Kunſt fängt an ... langwierige Sache?“<lb/> fragte er, während ſie verband.</p><lb/> <p>„Ein paar Wochen“, gab ſie zur Antwort. „Die Hand<lb/> iſt möglichſt ruhig zu halten, Herr Profeſſor. Bei den<lb/> Mahlzeiten werden Eva und ich Ihnen ſchon helfen.“<lb/> Dann ſchüttelte ſie ihm die Linke und ging.</p><lb/> <p>Griepenow war nun täglich in Geſellſchaft der jungen<lb/> Frau Bornemann und ihrer Kouſine am Strande zu<lb/> ſehen. Je länger er mit Eva zuſammen war, deſto ruhiger<lb/> und unbefangener wurde er ihr gegenüber. Luſtig, kokett<lb/> und amüſant war ſie, die ſchöne Frau ... aber wie<lb/> dankbar mußte er ihr doch ſein, daß ſie damals ſeine Hand<lb/> ausgeſchlagen hatte. Denn, wenn er überhaupt noch hei-<lb/> ratete, dann wollte er einen ganzen Kerl haben zur Le-<lb/> bensgefährtin — kein Kunſtwerk, das der erſte beſte Ge-<lb/> witterregen ruinierte ...</p><lb/> <p>Er ſaß auf ſeinem Balkon, blätterte in der Zeitung,<lb/> ohne ſie zu leſen, und dachte dabei an Milli Krüger, —<lb/><cb/> an das Fräulein Glückspilz, wie er ſie nannte, — denn<lb/> der Titel „Fräulein Doktor“ mißfiel ihm. Heute ſollte<lb/> ſie ihm den letzten Verband abnehmen und ſehen, ob der<lb/> Finger ordentlich geheilt war.</p><lb/> <p>Da drüben kam ſie über die Straße. Schon ihren<lb/> Gang anzuſehen, war für einen Künſtler eine Wohltat!<lb/> Sie trippelte nicht weibiſch: ſie ging wie ein forſcher Kerl,<lb/> der ſie ja auch war.</p><lb/> <p>„Herein!“ rief er freudig, als ſie anklopfte.</p><lb/> <p>Milli trug ein helles Waſchkleid mit weißem Ma-<lb/> troſenkragen. Sie ſah heute jünger aus als ſie war. „Mein<lb/> letzter Beſuch!“ begrüßte ſie luſtig den Profeſſor. „Freuen<lb/> Sie ſich!“ Dann löſte ſie den Verband und unterſuchte<lb/> ſorgfältig den Finger. „Er iſt glatt geheilt. Gratuliere!<lb/> Heute dürfen Sie mir ſogar die Rechte geben und ſachte<lb/> ſchütteln.“</p><lb/> <p>„Teufel!“ brummte er. „Wie zeig’ ich Ihnen denn<lb/> nun meine Dankbarkeit!“ Dabei hielt er ihre Hand feſt<lb/> und griff mit der Linken nach ihrer anderen.</p><lb/> <p>Und während er ihre Hände hielt, wurde es ihm zur<lb/> Gewißheit: ſo ein Mädel, das wär’ die rechte für ihn!<lb/> Wenn ſie bloß nicht immer ſo verwünſcht ſicher und ſelbſt-<lb/> bewußt ausgeſehen hätte, während ſie zu ihm ſprach. Na-<lb/> türlich würde ſie ihn einfach auslachen, ſobald er ...</p><lb/> <p>Aber flimmerten nicht ihre Augen ganz merkwürdig<lb/> heute? Zitterten ihree Hände nicht doch ein wenig, wie ſie<lb/> in den ſeinen lagen?</p><lb/> <p>„Was denn? Was wollen Sie denn noch?“ Das<lb/> klang wie leiſe Glockentöne.</p><lb/> <p>„Sie ſelber will ich, Fräulein Glückspilz, und wenn<lb/> Sie nicht ſofort Ja ſagen ...“</p><lb/> <p>„Aber ich ſage ja .. ja ... ja ...“, lachte ſie<lb/> glücklich. Und dann zog ſie ihn an der Hand die Treppen<lb/> hinunter, und ſie gingen Arm in Arm nach dem Strande,<lb/> wo Eva ſaß und ſie erſtaunt anſah.</p><lb/> <p>„Bitt’ Sie, kommt ja gerade ſo an, als ob —“</p><lb/> <p>„Jawohl ... ganz richtig ... ſind wir auch!“<lb/> unterbrach ſie der Profeſſor. „Schöne Frauen ſind<lb/> ahnungsvolle Engel. Sie können der Familie Glückspilz<lb/> gratulieren.“</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Czernowitzer Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1911.
können, an welche die maßgebenden Stellen ſich als an
einen zutreffenden Ratſchlag halten dürfen, ohne befürch-
ten zu müſſen, daß ihnen das Volk die Abſolution für die
angekündigte Aktion zur Förderung der Rindviehzucht
verweigern wird, falls ihr nicht die unvermeidlichen En-
queten vorangehen. Der Viehbeſtand muß aufgebeſſert
und erhöht werden. Das iſt, wenn die Fleiſchteuerung
nicht zu einer ſtändigen Miſere werden ſoll, nur durch ein
Schutzgeſetz, welches die Tötung der weiblichen Kälber re-
guliert und durch eine ausgiebige Aneiferung der Zucht
vermittelſt Ausſetzung reichlicher Prämien möglich. Hand
in Hand damit hat ſebſtverſtändlich die Förderung des
Futterbaues zu gehen, da billiges Fleiſch bei teueren
Futterpreiſen nicht geliefert werden kann. Andere Mittel
zur Hebung der Inlandsproduktion und Erzielung eines
entſprechenden Marktkontingents exiſtieren wohl kaum,
es wäre denn, daß der Staat ſelbſt in großem Maßſtabe
zu produzieren verſuchte. Selbſt bei ſofortigem Inkraft-
treten von Maßregeln im Sinne vorgedachter Ausführun-
gen kann ſich das angeſtrebte Reſultat, die Ermäßigung
der Fleiſchpreiſe, natürlich nicht vor Ablauf von einigen
Jahren einſtellen und die Frage, wie dem gegenwärtigen
Fleiſchmangel geſteuert werden ſoll, ob im Wege der Ein-
fuhr lebenden oder geſchlachteten Viehes aus Serbien, aus
Rumänien oder aus überſeeiſchen Ländern, wird durch
die Förderung der inländiſchen Viehzucht vorläufig gar
nicht tangiert. Aber gerade die Tatſache, daß wir mehr
Geld über die Grenzen ſchicken, als nötig wäre, wenn die
vorhandenen natürlichen Bedingungen ausgenützt wür-
den, die merkwürdige Erſcheinung, daß wir für
nicht einmal gutes Geld ſoviel bekommen können als
wir brauchen, weil es dem lieben Nachbar jenſeits der
Leittha gefällt, den Hunger Oeſterreichs zum Gegenſtand
ſeines Profitchens zu machen, illuſtrieren die ganze Son-
derlichkeit der Situation, in welcher der Staat ſich be-
findet und erweiſen auf das Allerſchärfſte die Notwendig-
keit, wirklich ſogleich mit „Maßnahmen“ zu beginnen,
ſtatt erſt mit Abſichten herumzutändeln. Das ſerbiſche
Einfuhrskontingent iſt erſchöpft, argentiniſches Fleiſch
darf nicht herein, Rumänien hat zwar ein Exportſchlacht-
haus, aber wie es ſcheint, kein Vieh, und wir ſelbſt haben
erſt recht keins. Bleibt nur der Import aus dem durch
den ſtarken Erwerbsſinn ſeiner Agrarier ausgezeichneten
Ungarn, das uns alſo die unerſchwinglichſten Preiſe dik-
tieren kann, ohne daß wir muckſen dürfen, denn — Ver-
tragstreue über alles, ſelbſt bis zum Verhungern. Das
gewöhnliche Recht erklärt Verträge unmoraliſcher Natur
als unverbindlich. Aus dem unmoraliſchen Weſen eines
zwiſchen Staaten geſchloſſenen Vertrages, der ſich der Be-
urteilung na landläufigen Rechtsanſchauungen natür-
lich entzieht, ſollte wenigſtens die Moral gezogen werden,
daß es empfehlenswerter iſt, ſich auf die eigenen Kräfte
zu verlaſſen, als auf den intereſſenbeeinflußten, immer
etwas eigennützigen „guten“ Willen des Anderen. Die
Lehren, die Oeſterreich ſchon erhalten hat, ſollten hin-
reichend empfindlich geweſen ſein, es aus dem ewig
rottierenden Kreiſe ſeiner Abſichten hinauszutreiben auf
das Feld energiſcher Taten.
Keine weitere Einfuhr argentiniſchen Fleiſches.
Wien, 19. Auguſt. Wie das k. k. Telegraphen-Kor-
reſpondenz-Bureau vernimmt, hat die öſterreichiſche Re-
gierung auf Grund des von den Reſſortvertretern am
17. Auguſt erſtatteten Berichtes über die am Vortage in
Budapeſt gepflogenen Verhandlungen in der Fleiſchfrage
bereits im Laufe desſelben Tages in einer Depeſche die
ungariſcherſeits als Hauptpunkte bezeichneten Gegen-
konzeſſionen abgelehnt. Nachdem auch für die
Einfuhr eines in Trieſt lagernden Quantums von etwa
700 Tonnen die Zuſtimmung der königlich ungariſchen
Regierung nicht zu erlangen war, ſo müſſen nach der be-
ſtehenden Rechtslage alle der Regierung vorliegenden An-
ſuchen um Einfuhrbewilligung argentini-
ſchen Fleiſches abgewieſen werden.
50perzentige Tarifermäßigung für Horn-, Stechvieh und
Fleiſch auf allen Linien der Staatsbahn.
Wien, 20. Auguſt. Die „Rathauskorreſpondenz“
meldet: Vertreter des Magiſtrats haben an einer unter
Vorſitz des Sektionschefs Sonnenſchein im Eiſenbahn-
miniſterium abgehaltenen Beſprechung der Vertreter der
verſchiedenen Reſſortminiſterien in Angelegenheit der
Fleiſchfrage teilgenommen. Nach der Mitteilung des Vor-
ſitzenden iſt die Regierung bereit, eine 50 perzenitge
Tarifermäßigung für Horn- und Stechvieh und
für Fleiſch auf ſämtlichen Linien der öſter-
reichiſchen Staatsbahnen bei einer Entfernung
von mehr als hundert Kilometern zuzugeſtehen. Hinſicht-
lich der Linien Marchegg—Wien und Bruck—Wien wird
dieſe Ermäßigung ohne Beſchränkung auf die Kilometer-
entfernung zugeſtanden. Dieſe Ermäßigung gilt nicht
bloß für Sammel-, ſondern auch für Stückſendungen ſo-
wie für das am Marxer Viehmarkte einlangende Vieh,
wenn auch dasſelbe in den Wiener Schlachthäuſern nicht
zur Schlachtung kommt. Bezüglich der in den Wiener
Schlachthäuſern geſchlachteten Tiere wird jedoch bedungen,
daß das Fleiſch aus dieſen Schlachthäuſern nur per Achſe
verführt werden darf. Dieſe Begünſtigung ſoll nicht bloß
für Wien und Prag erteilt, ſondern auch auf andere
Städte ausgedehnt werden und ſoll ſchon Dienſtag, den
22. d. M., und zwar bis auf Widerruf, längſtens für die
Dauer bis Ende November d. J., in Kraft treten.
Hingegen ſoll die Gemeinde Wien die Herabſetzung der
Schlacht- und der Marktgebühr in dem gleichen Umfange
wie im Vorjahre und auf dieſelbe obenangeführte Zeit
zugeſtehen.
Rumäniſche Fleiſchſendungen nach Wien.
Bukareſt, 20 Auguſt. Den Abendblättern zufolge
wird Montag, den 21. d. M. vom neuerrichteten Schlacht-
haus in Turn-Severin eine Sendung rumäniſchen Flei-
ſches direkt nach Wien abgehen. Dieſer Fleiſchſendung am
Montag — man ſpricht von einer Waggonladung — ſoll
gleich in der darauffolgenden Woche eine weitere Sen-
dung folgen.
Vom Tage.
Czernowitz, 21. Auguſt.
Das deutſch-ruſſiſche Abkommen perfekt.
Petersburg, 19. Auguſt. Das Abkommen zwiſchen
Deutſchland und Rußland bezüglich Perſiens und
der Bagdadbahn iſt heute hier vom deutſchen Botſchafter und
vom ruſſiſchen Stellvertreter des Miniſters des Aeußern unter
zeichnet worden.
Im Abkommen ſind eingehende Beſtimmungen bezüglich des
Auſchluſſes der Bagdadbahn an das künftige Eiſenbahnnetz.
Damit iſt deutſchen Handel ein wertvoller Zugang an das
nördliche Perſien gewährleiſtet. Gleich in der Einleitung ſpricht
das Abkommen den Grundſatz aus, daß der Handel aller
Nationen in Perſien gleichberechtigt iſt. Die Bewegungsfreiheit
des deutſchen Handels auf perſiſchem Boden hat hiedurch eine
neue vertragsmäßige Feſtſtellungg erfahren. Die Unterzeichnung
der Noten im gegenwärtigen Zeitpunkt beweiſt, daß die Be-
ziehungen Deutſchlands zu Rußland durch die marokkaniſchen
Schwierigkeiten nicht berührt worden ſind.
Der Stillſtand in den Marokko-
verhandlungen.
Berliner Zeitungsſtimmen.
Berlin, 20. Auguſt. Das „Berliner Tage-
blatt“ ſchreibt in ſeiner Sonntags-Wochenſchau über den
gegenwärtigen Stand der Marokkoverhandlungen:
„Die einzige und nicht gerade tröſtliche Meldung be-
ſagt, daß die Unterhaltung zwiſchen Herrn v. Kiderlen-
Waechter und Herrn Cambon eine Unterbrechung erfahren
habe. Wie lange dieſe Pauſe dauern ſoll, darüber weiß
man nichts. Daß eine ſolche Verzögerung gerade in dieſem
Augenblicke nicht eben einen verheißungsvol-
len Eindruck machen kann, liegt auf der Hand. Es
konnte deshalb auch nicht überraſchen, daß ſich die Nervoſi-
tät nicht bloß im deutſchen Volke, ſondern noch mehr in
Frankreich wieder verſtärkte.
Die „Kreuzzeitung“ mißt dem Umſtande, daß
die deutſch-franzöſiſchen Verhandlungen unterbrochen wur-
den, eine beſondere Bedeutung bei und ſagt, daß
die Unterbrechung entweder der Vorläufer einer raſchen
Beſſerung oder einer Verſchlimmerung der Lage ſein wird.
„Die Verhandlungen ſind offenbar an einem Punkte an-
gelangt, an dem es gilt, wichtige Entſchließun-
gen zu faſſen, und die franzöſiſche Regierung iſt bereits
in Erwägungen darüber eingetreten, ob ſich dieſe Ent-
ſchlüſſe in einem dem deutſchen Standpunkte entgegen-
kommenden Sinne bewegen ſollen oder nicht.“
Weiter ſagt die „Kreuzzeitung“: „Durch das Vor-
gehen Frankreichs werden wir genötigt, zur Zeit unſere
wirtſchaftlichen Intereſſen in Marokko ſelbſt zu ſchützen.
Verſchmäht es Frankreich nun, ſich mit uns freundſchaft-
lich zu verſtändigen, ſo werden wir dieſen Schutz unſerer
wirtſchaftlichen Intereſſen in Marokko auch in Zukunft
ſelbſt ausüben müſſen, und andere Mächte dürf-
ten ſich dann in die gleiche Lage verſetzt ſehen. Das gewalt-
ſam zu verhindern, würde aber für Frankreich ein ſehr be-
denkliches Unterfangen darſtellen, und deshalb ſind wir
der feſten Hoffnung, daß nach der Pauſe die Verhandlun-
gen fortgeführt werden und man zu einer endlichen Ver-
ſtändigung gelangen wird. Je mehr man während deſſen
in Frankreich mit dem Säbel raſſelt, deſto feſter wird man
in Berlin auf allen Forderungen verharren müſſen, denn
es würde der Ehre eines großen und ſtarken Volkes
nicht entſprechen, auf die Androhung gewalt-
ſamer Mittel hin auch nur einen Schritt
zurückzuweichen.“
Säbelgeraſſel in der Pariſer Preſſe.
Paris, 20. Auguſt. „Matin“ und „Echo de Paris“
ergehen ſich in ihren geſtrigen Ausgaben anläßlich der Un-
terbrechungen der deutſch-franzöſiſchen Marokkoverhand-
lungen in wüſten Kriegshetzereien gegen
Deutſchlands. So führt der „Matin“ in ſeinem Leit-
artikel eine Sprache gegen Deutſchland, die an Schärfe
nichts zu wünſchen übrig läßt. Er vergleicht Deutſchland
und Frankreich in ihrer Haltung bei den Verhandlungen
fand in ihr dieſelbe amüſante Partnerin bei der Unter-
haltung, die ihn früher ſo gefeſſelt hatte.
Sie war noch ſchöner geworden. Ein Kunſtwerk frei-
lich ... aber ein gut zurecht gemachtes, geſchmackvoll zu-
ſammengeſtelltes Kunſtwerk, das man gern anſchaute.
Unter dem Panama, der an einer Seite hochgeſchlagen
war, ſchimmerten Haare in den hellſten Goldtönen. Die
dunkeln Augenbrauen, denen der Stift ein wenig nach-
geholfen hatte, ließen die blauen Augen ausdrucksvoller
erſcheinen. Vielleicht war die Naſe etwas zu lang für die
kindlichen Züge und den ſüßen Mund, deſſen rote Lippen
unberührt ſchienen und ſtets liebenswürdig lächelten, daß
die kleinen regelmäßigen Zähne zum Vorſchein kamen.
Griepenow nahm ſein Skizzenbuch vor und verſuchte,
Evas Bild mit ein paar Strichen feſtzuhalten. Die junge
Frau ſaß ſtill, die ſchönen Hände auf ihrem Schoß, und
blickte ſiegesbewußt zu dem Maler hin ... Wie lange
ſie ſchon auf dem Waſſer waren, wußten beide nicht. Plötz-
lich hörten ſie die Stimme des Schiffers.
„Wir müſſen wenden“, ſagte er. „Der Wind hat ſich
gedreht. Wechſeln Sie die Plätze! Raſch!“
Eva ging auf die gegenüberliegende Seite, und der
Profeſſor wollte ihr folgen, als der ausbrechende Sturm
den Maſt vom Segel herumwarf. Griepenow zuckte zu-
ſammen und faßte mit der Linken an ſeinen rechten
Mittelfinger. Aber die anderen achteten nicht darauf.
Die beiden Schiffer arbeiteten an den Segeln, gegen
die der Wind mit aller Gewalt blies. Eva ſchlang einen
goldgelben Schal über ihren Kopf, um den Hut feſtzu-
halten. Sie wußte, daß dieſe Farbe gut zu ihrem Haar
ſtand, und erwartete ein paar galante Worte des Künſt-
lers. Aber Griepenow ſchien ſie gar nicht mehr zu be-
merken.
Einzelne dicke Regentropfen fielen.
„Wir ſind doch noch vor Ausbruch des Gewitters zu
Hauſe?“ fragte die junge Frau ängſtlich und ſah be-
klommen, wie das eben noch ſo klare Waſſer eine ſchmutzig
graue Farbe annahm, und Rieſenwellen ſich türmten, die
hoch aufſpritzten, wenn das Boot ſie durchſchnitt. Einer
der Schiffer nahm unter dem Sitz eine Oeldecke vor und
wickelte Eva darin ein. Sie ſchmollte mit dem Profeſſor,
der ganz ſtill geworden und mit zuſammengebiſſenen
Zähnen neben ihr ſaß. Sein Finger ſchmerzte furchtbar.
„Drei Menſchenleben fordert das Waſſer heute“,
ging’s Eva durch den Kopf. Ihr wurde ſchwindelig. Sie
fühlte, wie das Boot hin- und herſchwankte. Trotz der
Decke durchdrang die Näſſe ſie. Sie ſchüttelte ſich vor Kälte
und dachte doch immer nur das eine: wenn ſie doch die
Fahrt überlebte, ... ſollten die anderen drei auch unter-
gehen, nur ſie nicht ... nur ſie nicht!“
— — — — — — — — — — — —
Als Eva aus dem Boot gehoben wurde, ſah ſie aus,
wie ein graugelbes Kücken, das man auf den Oſterkarten
ſieht. Nur die Naſe guckte ſpitz und ſcharf wie ein Schnabel
aus der gelben naſſen Hülle vor. Milli brachte ſie gleich zu
Bett und gab ihr Glühwein zu trinken. Nachdem Eva
eingeſchlafen war, ging die Aerztin zu dem anderen Pa-
tienten.
Mit Hilfe des Pikkolo hatte der Profeſſor ſich umge-
zogen und ſaß mit ſchmerzhaft verzogenem Geſicht am
Fenſter, als Milli ſich bei ihm anmelden ließ. Sie ſah bei
der Unterſuchung ſofort, daß der Mittelfinger der rechten
Hand gebrochen war.
Griepenow verbiß den Schmerz. „Teufel! Und ge-
rade den rechten mußte der Maſt ſich ausſuchen, um da-
rauf zu fallen! Da hat meine Kunſt auf einige Zeit ein
Ende, und Ihre Kunſt fängt an ... langwierige Sache?“
fragte er, während ſie verband.
„Ein paar Wochen“, gab ſie zur Antwort. „Die Hand
iſt möglichſt ruhig zu halten, Herr Profeſſor. Bei den
Mahlzeiten werden Eva und ich Ihnen ſchon helfen.“
Dann ſchüttelte ſie ihm die Linke und ging.
Griepenow war nun täglich in Geſellſchaft der jungen
Frau Bornemann und ihrer Kouſine am Strande zu
ſehen. Je länger er mit Eva zuſammen war, deſto ruhiger
und unbefangener wurde er ihr gegenüber. Luſtig, kokett
und amüſant war ſie, die ſchöne Frau ... aber wie
dankbar mußte er ihr doch ſein, daß ſie damals ſeine Hand
ausgeſchlagen hatte. Denn, wenn er überhaupt noch hei-
ratete, dann wollte er einen ganzen Kerl haben zur Le-
bensgefährtin — kein Kunſtwerk, das der erſte beſte Ge-
witterregen ruinierte ...
Er ſaß auf ſeinem Balkon, blätterte in der Zeitung,
ohne ſie zu leſen, und dachte dabei an Milli Krüger, —
an das Fräulein Glückspilz, wie er ſie nannte, — denn
der Titel „Fräulein Doktor“ mißfiel ihm. Heute ſollte
ſie ihm den letzten Verband abnehmen und ſehen, ob der
Finger ordentlich geheilt war.
Da drüben kam ſie über die Straße. Schon ihren
Gang anzuſehen, war für einen Künſtler eine Wohltat!
Sie trippelte nicht weibiſch: ſie ging wie ein forſcher Kerl,
der ſie ja auch war.
„Herein!“ rief er freudig, als ſie anklopfte.
Milli trug ein helles Waſchkleid mit weißem Ma-
troſenkragen. Sie ſah heute jünger aus als ſie war. „Mein
letzter Beſuch!“ begrüßte ſie luſtig den Profeſſor. „Freuen
Sie ſich!“ Dann löſte ſie den Verband und unterſuchte
ſorgfältig den Finger. „Er iſt glatt geheilt. Gratuliere!
Heute dürfen Sie mir ſogar die Rechte geben und ſachte
ſchütteln.“
„Teufel!“ brummte er. „Wie zeig’ ich Ihnen denn
nun meine Dankbarkeit!“ Dabei hielt er ihre Hand feſt
und griff mit der Linken nach ihrer anderen.
Und während er ihre Hände hielt, wurde es ihm zur
Gewißheit: ſo ein Mädel, das wär’ die rechte für ihn!
Wenn ſie bloß nicht immer ſo verwünſcht ſicher und ſelbſt-
bewußt ausgeſehen hätte, während ſie zu ihm ſprach. Na-
türlich würde ſie ihn einfach auslachen, ſobald er ...
Aber flimmerten nicht ihre Augen ganz merkwürdig
heute? Zitterten ihree Hände nicht doch ein wenig, wie ſie
in den ſeinen lagen?
„Was denn? Was wollen Sie denn noch?“ Das
klang wie leiſe Glockentöne.
„Sie ſelber will ich, Fräulein Glückspilz, und wenn
Sie nicht ſofort Ja ſagen ...“
„Aber ich ſage ja .. ja ... ja ...“, lachte ſie
glücklich. Und dann zog ſie ihn an der Hand die Treppen
hinunter, und ſie gingen Arm in Arm nach dem Strande,
wo Eva ſaß und ſie erſtaunt anſah.
„Bitt’ Sie, kommt ja gerade ſo an, als ob —“
„Jawohl ... ganz richtig ... ſind wir auch!“
unterbrach ſie der Profeſſor. „Schöne Frauen ſind
ahnungsvolle Engel. Sie können der Familie Glückspilz
gratulieren.“
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(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
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Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
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