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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1723, Czernowitz, 12.10.1909.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Oktober 1909.

[Spaltenumbruch]

grauenhafte Zustände. Mitglieder der Duma, die dort Strafen
verbüßten, bezeugen, daß die gelieferten Kleider- und Wäsche-
stücke beim Anziehen in F[e]tzen fielen. Einmal nur im Jahr
werden die Strohk[i]ssen der Lagerstätten neu gefüllt. Matratzen
gibt es nicht; nicht einmal Filzstücke, auf die man sich hin-
strecken könnte. Deck[e]n auch nicht. Frische Wäsche wird nur
dann verteilt, wenn Inspektion durch ein Mitglied der
obersten Administrationsbehörde bevorsteht. In diesem Ge-
fängnis mit seinen 1300 zu schwerer Kerkerarbeit verurteilten
Sträflingen, von denen die Hälfte politische Verbrecher sind,
ist jede Zelle zwölf Schritte lang und fünf Schritte breit.
Jeder Raum ist mit 25 Gefangenen besetzt, die einmal im Tag
15 Minuten lang an die freie Luft geführt werden. Von
den Insaßen auf der Krankenliste leiden 65 Prozent an
Skorbut; die Kranken bleiben in den gemeinsamen Zellen,
in Ketten gefesselt, wie alle übrigen; sie werden von den
Aufsehern fortwährend geprügelt und geschlagen. Nach den
Mißhandlungen werden die Sträflinge in das schwarze Loch
geworfen. Dumadeputierte, die dort gefangen waren, haben
die Leiden eines Mannes namens Chertetsow beschrieben;
der Unglückliche wurde sieben Tage lang täglich mit Schlägen
gequält. Am achten Tage wurde er wahnsinnig und nach
weiteren drei Tagen starb er.

(Schluß folgt.)




Erdbeben.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Um 6 Uhr 40 Minuten früh wurde hier ein schwächeres und
um 7 Uhr ein stärkeres wellenförmiges Erdbeben verspürt.
Kein Schaden.




Luftschiffahrt.
KB. (Tel. der "Cz. Allg.

Bei den heutigen Flugversuchen legte Paulham 8 Runden in
21 Minuten 47 Sekunden zurück. Graf Lambert gewann
den Schnelligkeitspreis, indem er in 2 Minuten und 2 Se-
kunden die zwei besten Runden zurücklegte. Den Flügen wohnten
etwa 150.000 Zuschauer bei.

KB. (Tel. der
"Cz. Allg. Ztg.")

Der Parsevalballon trat um halb 1 Uhr
mittags von Gießen die Rückfahrt nach Frankfurt an, wo die
Landung um einviertel 2 Uhr nachmittags glatt erfolgte.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Es verlautet, daß nach Schluß der Flugversuche es auf dem
Bahnhofe Inoisy zu einem fürchterlichen Gedränge kam, wobei
mehrere Personen verletzt wurden.




Automobilunglück.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Als der Gouverneurgehilfe Utgow im Automobil eine Ausfahrt
machte, explodierte ein Benzinbehälter des Automobils. Utgow ist
leicht, sein Begleiter und der Chauffeur erheblich verletzt.
Außerdem wurde ein Passant getödtet und sechs Passanten ver-
wundet. Das Automobil verbrannte.




Todesurteile.

Dns hiesige Geschworenengericht
verurteilte einen gewissen Stanislowa Kaima aus Olszowce,
ferner dessen Mutter und Schwester, welche vereint die Frau
des Erstgenannten ermordeten, um deren Vermögen an sich zu
reißen, zum Tod durch den Strang.




Prozeß Ferrers.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Nach Beendigung des Zeugenverhörs wird der Beschluß des
Gerichtshofes verkündet, mit dem der Antrag Ferrers, sechs in
Rom, Paris und Brüssel wohnende Zeugen vorzuladen, ab-
gelehnt wurde. Hierauf hält der Staatsanwalt ein Plädoyer,
indem er nachzuweisen sucht, daß man nicht den Urheber der
einzelnen Tat, sondern den Anstifter einer revolutionären Be-
wegung verfolgt und beantragt die Todesstrafe. Der Verteidiger
Ferrers sucht nachzuweisen, daß Ferrer ein Opfer des Hauses
der Konservativen sei und führt weiters aus, man könne Ferrer
nicht wegen seiner Handlungen verurteilen, die Gegenstand eines
anderen Prozesses waren, in welchem die Angeklagten freige-
sprochen wurden. Hierauf erklärte Ferrer auf Befragen des
Präsidenten, man müsse über ihn wegen der letzten Ereignisse zu
Gericht sitzen, ohne das zu prüfen, was er zur Zeit, als er
Politiker war, getan habe. Er sei nur im Interesse der Ver-
breitung des Unterrichtes, der Erziehung und der Zivilisation
tätig gewesen.




Czernowitzer Angelegenheiten.


Gemeinderat.
(Sitzung vom 9. Oktober 1909.)
Vorsitzender: Bürgermeister Baron Fürth.
Schriftführer: Oberoffizial Blaukopf.

Das Protokoll der letzen S[i]tzung wird verlesen und
verifiziert. Hierauf liest der Bürgermeister eine Zuschrift der
Sparkassa vor, in der eingeladen wird, aus dem Gemeinderate
2 respektive 3 Mitglieder an Stelle der scheidenden GR. Balmosch,
[Spaltenumbruch] Tittinger und Rosenzweig zu wählen. Diese An[g]el[e]genheit
wird für die nächste Sitzung verschoben.

Das Renkontre zwischen GR. Zalodek und
GR. Kwiatkowski.

GR. Zalodek: In der letzten vertraulichen Sitzung
wurde ich von Dr. Kwiatkowski gelegentlich der Beratung
über die Vermietung der Geschäftslokale im Magistratsgebäude
angegriffen. Dr. Kwiatkowski hat sich zu einer sachlichen
Berichtigung zum Worte gemeldet. Er hat aber im Rahmen
einer sachlichen Berichtigung nicht gesprochen, und als ich auch
dasselbe tun wollte, wurde mir vom Bürgermeister das Wort
entzogen, obwohl ich ersuchte, weiter sprechen zu dürfen. Um
nun zur Sache überzugehen, will ich Ihnen den Brief, den
ich vom Sokolverein bekommen habe, vorlesen (liest): "Euer
Wohlgeboren! Der gefertigte Verein hat vom Obmanne des
gemeinschaftlichen Polenklubs in Erfahrung gebracht, daß Sie
in der vertraulichen Sitzung uns beschuldigt haben, 300 m 2
vom Gemeindegute anläßlich der U[e]bernahme des Turnplatzes
sich angeeignet, respektive gestohlen zu haben. Nach einstimmig
gefaßtem Beschlusse vom 7. Oktober d. J. weisen wir dieses
zurück und sprechen Ihnen schriftlich unser Mißtrauen aus."
(Bewegung -- Unruhe auf der Gallerie)

Der Bürgermeister fordert die Gallerie auf, sich ruhig
zu verhalten, da er sonst gezwungen sein werde, den Zuhörer-
raum räumen zu lassen.

Redner fährt fort: Meine Herren! Ich überlasse es Ihnen zu
urteilen, können zwei Personen, der Obmann und der
Schriftfüherer, einem Gemeinderat ein Mißtrauensvotum
aussprechen? Hat man dazu nicht eine Vollver-
sammlung nötig? In dieser hätte ich nicht ein Miß-
trauensvotum, sondern eine Belobung erhalten, denn ich bin
kein Feind der Polen. Alle Gewerbetreibenden wissen, daß
Zalodek jede Nation ehrt und schätzt und mit aller Hoch-
achtung einem jeden nationalfesten Manne begegnet. Jene
Herren wissen, daß ich hier gar nichts anderes tun will, als
der großen Korruptionsklique entgegentreten, die im Ge-
meinderate grassiert. Daß eine solche hier herrscht, haben
die Gemeinderäte selbst damit bestätigt, daß sie die in einem
Briefe des GR. Trompeteur vorgeworfene Korruption nicht
zurückwiesen, also -- einsahen, daß dieselbe vorherrsche. Ich
will Ihnen beweisen, daß eine solche Korruption geherrscht
hat und noch herrscht. Ich will Ihnen beweisen, daß im
Jahre 1907 Dr. Kwiatkowski durch den Kauf des
Turnplatzes die Stadt mit 15.000 K geschädigt hat. Im
Jahre 1907 hat GR. Dr. Kwiatkowski einen Dringlich-
keitsantrag gestellt auf Anlegung eines allgemeinen Turn-
platzes. Der Gemeinderat hat einen Platz im Ausmaße von
9700 m 2 bewilligt. Es war damals nur von einem all-
gemeinen Spielplatz die Rede. Am 19. Juni 1907 kam aber
ein Kauf mit dem polnisch[e]n Vereine zustande und zwar
wurden 9700 m2 a 2 K geschätzt. Das ist ein Spottpreis,
trotz der zugezogenen Schätzleut[e]. Die Kosten betrugen
19.000 K, welcher Betrag zinsenfrei auf 10 Jahresraten
ausgedehnt wurde. So ist die Gemeinde um 800 K verkürzt
worden.

Jetzt frage ich, verdiene ich Vorwürfe dafür, daß ich
über das Gemeindevermögen wache. Nur der Korruptions-
wirtschaft ist es zuzuschreiben, daß wir jetzt 8 Millionen
Schulden haben. Ich erlaube mir an den Herrn Bürgermeistrr
die Frage zu richten: Ob er geneigt ist, die Sokolen auf-
merksam zu machen, daß dieser Platz auch für andere
Nationen zugänglich ist? ferner dem GR. Dr. Kwiat-
kowski
klar zu legen, daß die Besprechungen der ver-
traulichen Sitzung geheim bleiben müssen. Schließlich verlange
ich, daß der Planken, mit welchem der Turnplatz umzäumt
ist, abgetragen werde. Der Bürgermeister erwidert folgendes:
Jeder Gemeinderat ist für das, was er tut, selbst verant-
wortlich. Ich kann ihm öffentlich keine Rüge erteilen. Die
Sokolen haben den Platz für einen Turnplatz bekommen. Es
hat bis heute noch keiner von den anderen Nationen darüber
Beschwerde geführt. Schließlich ist kein Grund für die Ab-
tragung des Plankens vorhanden.

GR. Dr. Kwiatkowski führt folgendes aus: Es
wurden hier verschiedene Fragen angeschnitten und indem
GR. Zalodek erklärt hat, daß er der Nachfolger des
Trompeteur ist und gegen die Korruption im Gemeinderate
anzukämpfen vorhat, so will ich ihm zu Hilfe kommen. Ich
will nun die Entstehungsgeschichte dieser Angelegenheit dar-
legen. Die Korruption besteht nach jener Behauptung darin,
daß ein Teil der Bürgerschaft an die Kommune herangetreten
und gesagt hat: Du[,] Kommune, hast die Aufgabe, die
kulturelle Entwicklung der einzelnen Nationalitäten, welche in
der Stadt wirken und zum Gedeihen der Stadt beitragen,
zu fördern. Du hast daher auch die Pflicht, auch uns Polen
zu unterstützen, verkaufe uns daher den Platz. Warum haben wir
nicht darauf hingewiesen, daß die Korruption dort begonnen
hat, als die Kommune den Deutschen vor 6 oder 8 Jahren
ein Grundstück unter den gleichen Bedingungen wie uns
verkauft hat. Die Deutschen haben aber das Grundstück
weiter verkauft. Das "Verschenken" hat also nicht bei uns
begonnen. In demselben Jahre haben die Ruthenen auch ein
Grundstück in der Nähe der Kaserne erhalten. Es ist aber
niemandem eingefallen, von Korruption zu sprechen. Meine
Herren! es ist nicht vorteilhaft, irgend eine Sache mit Ge-
hässigkeit zu behandeln. Man verliert das klare Urteil und
verfällt in Widersprüche.

Zur Aufklärung der Sache wiederhole ich: Es wurde
ein Beschluß gefaßt, den Sokolen den Platz zu überlassen und
eine Kommission vom Stadtmagistrate zur Uebernahme ent-
sendet. (GR. Zalodek: Nur die Akten.) Die Magistrats-
funktionäre ließen den Platz mit Pflöcken abstocken, die noch
heute zu finden sind. Der Planken befindet sich hinter den
Pflöckern und nicht auf dem Gemeindegute. Ein Geometer
hat den Platz gemessen und gefunden, daß ein 300 Meter
langer Streifen zuviel ist. Diese Konstatierung wurde dem
Magistrate gemeldet und wir waren bereit, diesen Streifen
zu kaufen, oder ihn sofort der Gemeinde abzutreten. Der
Magistrat antwortete in dieser Zuschrift, daß er die An-
gelegenheit in kurzem erledigen werde und wir haben darauf
[Spaltenumbruch] gewartet. Da nun diese Affäre 3 Gemeinderäten übertragen
wurde, so kann ich nur sagen, daß die Polen ganz ruhig
dem Ergebnis der Untersuchung entgegensehen.

GR. Zalodek bemerkt, daß er nicht im Namen seiner
Partei, sondern im eigenen Namen gesprochen habe.

GR. Kaindl meint, daß ein Angriff auf Doktor
Kwiatkowski nicht gleich auch auf die Polen im Lande
zu beziehen sei. Ja es sei den Deutschen sogar nie eingefallen,
jene in ihren kulturellen Fortschritten zu hindern.

GR. Leo schließt sich auch der Ansicht des Prof. Kaindl
an, indem er meint, daß er mit Polen sehr viel verkehrte
und noch verkehre und sie hochschätze.

GR. Kwiatkowski sagt, es sei gegen ihn die Bombe
geworfen worden, ohne daß er je eine persönliche Frage
vertreten hätte. Daß die Redner gegen seine Person aufs
schärfste vorgegangen sind, könne ihm nur schmeicheln. Er
müsse doch etwas bedeuten.

(GR. Zalodek: Nieder mit der Korruption.
Bravo und Pfui-Rufe auf der Gallerie; dieselbe wird über
Anordnung des Bürgermeisters geräumt).

Interpellationen.

Nach der Pause erhält GR. Skalat das Wort zu
einigen Interpellationen. Vor allem bittet er um Unter-
stützungen für die Bewohner von Rosch und Klokuczka, die
am 6. Juni durch das Hagelwetter geschädigt wurden. Ferner
bitten die Bewohner der Molitzergasse um die Errichtung
von Lampen.

GR. Norst bemerkt hiezu, daß man die Bewohner der
Vorstädte dringend aufmerksam machen muß, daß sie ihre
Grundbesitze versichern sollen, da der Magistrat nicht über
soviel Geldmittel verfügt, um jedem helfen zu können.

GR. Dr. Straucher protestiert dagegen, daß bei den
Prutharbeiten Soldaten und nicht Arbeiter verwendet werden.
Bei der heutigen Arbeitslosigkeit sei dies ein schreiendes
Unrecht.

Der Bürgermeister erwidert, daß zur Zeit der großen
Ueberschwemmungen keine Arbeiter aufzutreiben waren, da
sich niemand einer Gefahr aussetzen wollte. Da hat man
sich an das Militärkommando gewendet, welches geübte
Pionniere zur Verfügung stellte.




Ernennung.

Unser Landsmann Jakob Ritter von
Mikuli wurde zum Sektionschef bei der bosnischen
Landesregierung ernannt.

Bukowiner Lokalbahnen.

Der Präsident des
Verwaltungsrates Emanuel Ziffer und der Verwaltungsrat
Moritz Pflaum der Bukowiner Lokalbahnen sind aus Wien
in dienstlichen Angelegenheiten hier eingetroffen.

Die Landtagswahlreform.

Die Zentralregierung
hat die telegraphische Anfrage, ob sie eine Reduzierung
der zwei für die Handelskammer vorgesehenen Mandate auf
eines genehmigen würde, unbedingt ablehnend beantwortet, so
daß nach dieser Richtung hin die Beschlüsse des Permanenz-
ausschusses illusorisch geworden sind. Dennoch wurde der
Landtag für den 15. d. M. einberufen und ist eine zwei-
tägige Session (Freitag und Samstag) vorgesehen, die aus-
schließlich der Wahlreform gewidmet sein soll. Inzwischen wird
in jüdischen Nationalkreisen die Wahlreform in ihrer gegen-
wärtigen Gestalt bekämpft, weil alle Kreise, die den Kataster
haben wollten, auf dem jüdischen Kataster beharren. Das
Gezwungene und Unwahre in dem deutsch jüdischen Kataster
tritt aus jeder diesbezüglichen Bestimmung hervor, und auch
in deutschnationalen Kreisen ist man über die Beschlüsse des
Permanenzausschusses nichts weniger als erbaut. Die Jüdisch-
nationalen entsenden eine Deputation nach Wien, welche bei
Minister Härdtl vorsprechen und ihn nicht nur auf die
Zurücksetzung der Juden, sondern auch auf die zahllosen
technischen Ungereimtheiten und Unmöglichkeiten, die der Ent-
wurf aufweist, aufmerksam machen soll. Für alle Fälle herrscht
die Empfindung vor, daß dieser Wahlreformentwurf in seiner
Monstruosität unmöglich Gesetz werden kann und man wird
sich allgemach der Ueberzeugung derjenigen anschließen müssen,
welche einen 5, oder 4fachen Kataster, in welchem ganze
Wählergruppen demnach unberücksichtigt bleiben, für eine Un-
möglichkeit halten. Man werde -- das ist unsere unumstößliche
Meinung -- schließlich doch zur reinen territorialen Wahl-
kreiseinteilung zurückkehren müssen. -- Tagesordnung
für die am Freitag den 15. Oktober 1909 um 10 Uhr Vor-
mittag stattfindende Eröffnungssitzung des Bukowiner Land-
tages in der 5. Session der 10. Wahlperiode: 1. Entgegen-
nahme von Angelobungen, 2. Wahl der landtäglichen
Ausschüsse, 3. Bericht des landtäglichen Permanenzausschusses
zur Beratung der Wahlreform 1. über die Aenderung der
Land[e]sordnung, 2. über eine neue Landtagswahlordnung für
das Herzogtum Bukowina, sowie 3. über das Wahlpflichtgesetz.

Zahlreiche hohe Auszeichnungen

sind seit
langem den Maggi-Erzeugnissen zuerkannt. Auf den großen
Ausstellungen aller Länder erwarben sie sich nicht weniger
als 13 Staatsmedaillen, 9 Großpreise, 67 Goldene Medaillen,
21 Ehrenpreise u. s. w. An mehreren ersten Weltausstellungen
beteiligte sich die Firma außer Wettbewerb, da ihr Be-
gründer, Julius Maggi, als Preisrichter fungierte, so in
Paris 1889 und 1900. Auch bei unseren Hausfrauen
haben sich ja Magais Würze sowie neuerdings Maggis
Rindsuppe-Würfel a 6 Heller verdientes Vertrauen erworben
weil die Maggi-Produkte halten, was sie versprechen.

Die nicht standesgemäße Heirat des russischen
Großfürsten Michael Michaelowitsch,

die vor
einigen Jahren ungeheures Aufsehen erregte, bildet den
Gegenstand des Romanes "Standesgemäß", der von seiner
Kaiserlichen Hoheit dem Großfürsten selbst geschrieben ist und
in dem soeben beginnenden Jahrgange der "Oesterreichischen
Familien- und Moden-Zeitung" zum Abdrucke gebracht
wird. Dieselbe ist die vornehmste Familien- und
Frauen-Zeitung der Monarchie. Sie bringt allen
Fam[i]lienmitgliedern Belehrung und praktische Anregung,
und ist infolge ihrer einzig dastehenden Vielseitigkeit das

Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Oktober 1909.

[Spaltenumbruch]

grauenhafte Zuſtände. Mitglieder der Duma, die dort Strafen
verbüßten, bezeugen, daß die gelieferten Kleider- und Wäſche-
ſtücke beim Anziehen in F[e]tzen fielen. Einmal nur im Jahr
werden die Strohk[i]ſſen der Lagerſtätten neu gefüllt. Matratzen
gibt es nicht; nicht einmal Filzſtücke, auf die man ſich hin-
ſtrecken könnte. Deck[e]n auch nicht. Friſche Wäſche wird nur
dann verteilt, wenn Inſpektion durch ein Mitglied der
oberſten Adminiſtrationsbehörde bevorſteht. In dieſem Ge-
fängnis mit ſeinen 1300 zu ſchwerer Kerkerarbeit verurteilten
Sträflingen, von denen die Hälfte politiſche Verbrecher ſind,
iſt jede Zelle zwölf Schritte lang und fünf Schritte breit.
Jeder Raum iſt mit 25 Gefangenen beſetzt, die einmal im Tag
15 Minuten lang an die freie Luft geführt werden. Von
den Inſaßen auf der Krankenliſte leiden 65 Prozent an
Skorbut; die Kranken bleiben in den gemeinſamen Zellen,
in Ketten gefeſſelt, wie alle übrigen; ſie werden von den
Aufſehern fortwährend geprügelt und geſchlagen. Nach den
Mißhandlungen werden die Sträflinge in das ſchwarze Loch
geworfen. Dumadeputierte, die dort gefangen waren, haben
die Leiden eines Mannes namens Chertetſow beſchrieben;
der Unglückliche wurde ſieben Tage lang täglich mit Schlägen
gequält. Am achten Tage wurde er wahnſinnig und nach
weiteren drei Tagen ſtarb er.

(Schluß folgt.)




Erdbeben.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Um 6 Uhr 40 Minuten früh wurde hier ein ſchwächeres und
um 7 Uhr ein ſtärkeres wellenförmiges Erdbeben verſpürt.
Kein Schaden.




Luftſchiffahrt.
KB. (Tel. der „Cz. Allg.

Bei den heutigen Flugverſuchen legte Paulham 8 Runden in
21 Minuten 47 Sekunden zurück. Graf Lambert gewann
den Schnelligkeitspreis, indem er in 2 Minuten und 2 Se-
kunden die zwei beſten Runden zurücklegte. Den Flügen wohnten
etwa 150.000 Zuſchauer bei.

KB. (Tel. der
„Cz. Allg. Ztg.“)

Der Parſevalballon trat um halb 1 Uhr
mittags von Gießen die Rückfahrt nach Frankfurt an, wo die
Landung um einviertel 2 Uhr nachmittags glatt erfolgte.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Es verlautet, daß nach Schluß der Flugverſuche es auf dem
Bahnhofe Inoiſy zu einem fürchterlichen Gedränge kam, wobei
mehrere Perſonen verletzt wurden.




Automobilunglück.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Als der Gouverneurgehilfe Utgow im Automobil eine Ausfahrt
machte, explodierte ein Benzinbehälter des Automobils. Utgow iſt
leicht, ſein Begleiter und der Chauffeur erheblich verletzt.
Außerdem wurde ein Paſſant getödtet und ſechs Paſſanten ver-
wundet. Das Automobil verbrannte.




Todesurteile.

Dns hieſige Geſchworenengericht
verurteilte einen gewiſſen Stanislowa Kaima aus Olszowce,
ferner deſſen Mutter und Schweſter, welche vereint die Frau
des Erſtgenannten ermordeten, um deren Vermögen an ſich zu
reißen, zum Tod durch den Strang.




Prozeß Ferrers.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Nach Beendigung des Zeugenverhörs wird der Beſchluß des
Gerichtshofes verkündet, mit dem der Antrag Ferrers, ſechs in
Rom, Paris und Brüſſel wohnende Zeugen vorzuladen, ab-
gelehnt wurde. Hierauf hält der Staatsanwalt ein Plädoyer,
indem er nachzuweiſen ſucht, daß man nicht den Urheber der
einzelnen Tat, ſondern den Anſtifter einer revolutionären Be-
wegung verfolgt und beantragt die Todesſtrafe. Der Verteidiger
Ferrers ſucht nachzuweiſen, daß Ferrer ein Opfer des Hauſes
der Konſervativen ſei und führt weiters aus, man könne Ferrer
nicht wegen ſeiner Handlungen verurteilen, die Gegenſtand eines
anderen Prozeſſes waren, in welchem die Angeklagten freige-
ſprochen wurden. Hierauf erklärte Ferrer auf Befragen des
Präſidenten, man müſſe über ihn wegen der letzten Ereigniſſe zu
Gericht ſitzen, ohne das zu prüfen, was er zur Zeit, als er
Politiker war, getan habe. Er ſei nur im Intereſſe der Ver-
breitung des Unterrichtes, der Erziehung und der Ziviliſation
tätig geweſen.




Czernowitzer Angelegenheiten.


Gemeinderat.
(Sitzung vom 9. Oktober 1909.)
Vorſitzender: Bürgermeiſter Baron Fürth.
Schriftführer: Oberoffizial Blaukopf.

Das Protokoll der letzen S[i]tzung wird verleſen und
verifiziert. Hierauf lieſt der Bürgermeiſter eine Zuſchrift der
Sparkaſſa vor, in der eingeladen wird, aus dem Gemeinderate
2 reſpektive 3 Mitglieder an Stelle der ſcheidenden GR. Balmoſch,
[Spaltenumbruch] Tittinger und Roſenzweig zu wählen. Dieſe An[g]el[e]genheit
wird für die nächſte Sitzung verſchoben.

Das Renkontre zwiſchen GR. Zalodek und
GR. Kwiatkowski.

GR. Zalodek: In der letzten vertraulichen Sitzung
wurde ich von Dr. Kwiatkowski gelegentlich der Beratung
über die Vermietung der Geſchäftslokale im Magiſtratsgebäude
angegriffen. Dr. Kwiatkowski hat ſich zu einer ſachlichen
Berichtigung zum Worte gemeldet. Er hat aber im Rahmen
einer ſachlichen Berichtigung nicht geſprochen, und als ich auch
dasſelbe tun wollte, wurde mir vom Bürgermeiſter das Wort
entzogen, obwohl ich erſuchte, weiter ſprechen zu dürfen. Um
nun zur Sache überzugehen, will ich Ihnen den Brief, den
ich vom Sokolverein bekommen habe, vorleſen (lieſt): „Euer
Wohlgeboren! Der gefertigte Verein hat vom Obmanne des
gemeinſchaftlichen Polenklubs in Erfahrung gebracht, daß Sie
in der vertraulichen Sitzung uns beſchuldigt haben, 300 m 2
vom Gemeindegute anläßlich der U[e]bernahme des Turnplatzes
ſich angeeignet, reſpektive geſtohlen zu haben. Nach einſtimmig
gefaßtem Beſchluſſe vom 7. Oktober d. J. weiſen wir dieſes
zurück und ſprechen Ihnen ſchriftlich unſer Mißtrauen aus.“
(Bewegung — Unruhe auf der Gallerie)

Der Bürgermeiſter fordert die Gallerie auf, ſich ruhig
zu verhalten, da er ſonſt gezwungen ſein werde, den Zuhörer-
raum räumen zu laſſen.

Redner fährt fort: Meine Herren! Ich überlaſſe es Ihnen zu
urteilen, können zwei Perſonen, der Obmann und der
Schriftfüherer, einem Gemeinderat ein Mißtrauensvotum
ausſprechen? Hat man dazu nicht eine Vollver-
ſammlung nötig? In dieſer hätte ich nicht ein Miß-
trauensvotum, ſondern eine Belobung erhalten, denn ich bin
kein Feind der Polen. Alle Gewerbetreibenden wiſſen, daß
Zalodek jede Nation ehrt und ſchätzt und mit aller Hoch-
achtung einem jeden nationalfeſten Manne begegnet. Jene
Herren wiſſen, daß ich hier gar nichts anderes tun will, als
der großen Korruptionsklique entgegentreten, die im Ge-
meinderate graſſiert. Daß eine ſolche hier herrſcht, haben
die Gemeinderäte ſelbſt damit beſtätigt, daß ſie die in einem
Briefe des GR. Trompeteur vorgeworfene Korruption nicht
zurückwieſen, alſo — einſahen, daß dieſelbe vorherrſche. Ich
will Ihnen beweiſen, daß eine ſolche Korruption geherrſcht
hat und noch herrſcht. Ich will Ihnen beweiſen, daß im
Jahre 1907 Dr. Kwiatkowski durch den Kauf des
Turnplatzes die Stadt mit 15.000 K geſchädigt hat. Im
Jahre 1907 hat GR. Dr. Kwiatkowski einen Dringlich-
keitsantrag geſtellt auf Anlegung eines allgemeinen Turn-
platzes. Der Gemeinderat hat einen Platz im Ausmaße von
9700 m 2 bewilligt. Es war damals nur von einem all-
gemeinen Spielplatz die Rede. Am 19. Juni 1907 kam aber
ein Kauf mit dem polniſch[e]n Vereine zuſtande und zwar
wurden 9700 m2 à 2 K geſchätzt. Das iſt ein Spottpreis,
trotz der zugezogenen Schätzleut[e]. Die Koſten betrugen
19.000 K, welcher Betrag zinſenfrei auf 10 Jahresraten
ausgedehnt wurde. So iſt die Gemeinde um 800 K verkürzt
worden.

Jetzt frage ich, verdiene ich Vorwürfe dafür, daß ich
über das Gemeindevermögen wache. Nur der Korruptions-
wirtſchaft iſt es zuzuſchreiben, daß wir jetzt 8 Millionen
Schulden haben. Ich erlaube mir an den Herrn Bürgermeiſtrr
die Frage zu richten: Ob er geneigt iſt, die Sokolen auf-
merkſam zu machen, daß dieſer Platz auch für andere
Nationen zugänglich iſt? ferner dem GR. Dr. Kwiat-
kowski
klar zu legen, daß die Beſprechungen der ver-
traulichen Sitzung geheim bleiben müſſen. Schließlich verlange
ich, daß der Planken, mit welchem der Turnplatz umzäumt
iſt, abgetragen werde. Der Bürgermeiſter erwidert folgendes:
Jeder Gemeinderat iſt für das, was er tut, ſelbſt verant-
wortlich. Ich kann ihm öffentlich keine Rüge erteilen. Die
Sokolen haben den Platz für einen Turnplatz bekommen. Es
hat bis heute noch keiner von den anderen Nationen darüber
Beſchwerde geführt. Schließlich iſt kein Grund für die Ab-
tragung des Plankens vorhanden.

GR. Dr. Kwiatkowski führt folgendes aus: Es
wurden hier verſchiedene Fragen angeſchnitten und indem
GR. Zalodek erklärt hat, daß er der Nachfolger des
Trompeteur iſt und gegen die Korruption im Gemeinderate
anzukämpfen vorhat, ſo will ich ihm zu Hilfe kommen. Ich
will nun die Entſtehungsgeſchichte dieſer Angelegenheit dar-
legen. Die Korruption beſteht nach jener Behauptung darin,
daß ein Teil der Bürgerſchaft an die Kommune herangetreten
und geſagt hat: Du[,] Kommune, haſt die Aufgabe, die
kulturelle Entwicklung der einzelnen Nationalitäten, welche in
der Stadt wirken und zum Gedeihen der Stadt beitragen,
zu fördern. Du haſt daher auch die Pflicht, auch uns Polen
zu unterſtützen, verkaufe uns daher den Platz. Warum haben wir
nicht darauf hingewieſen, daß die Korruption dort begonnen
hat, als die Kommune den Deutſchen vor 6 oder 8 Jahren
ein Grundſtück unter den gleichen Bedingungen wie uns
verkauft hat. Die Deutſchen haben aber das Grundſtück
weiter verkauft. Das „Verſchenken“ hat alſo nicht bei uns
begonnen. In demſelben Jahre haben die Ruthenen auch ein
Grundſtück in der Nähe der Kaſerne erhalten. Es iſt aber
niemandem eingefallen, von Korruption zu ſprechen. Meine
Herren! es iſt nicht vorteilhaft, irgend eine Sache mit Ge-
häſſigkeit zu behandeln. Man verliert das klare Urteil und
verfällt in Widerſprüche.

Zur Aufklärung der Sache wiederhole ich: Es wurde
ein Beſchluß gefaßt, den Sokolen den Platz zu überlaſſen und
eine Kommiſſion vom Stadtmagiſtrate zur Uebernahme ent-
ſendet. (GR. Zalodek: Nur die Akten.) Die Magiſtrats-
funktionäre ließen den Platz mit Pflöcken abſtocken, die noch
heute zu finden ſind. Der Planken befindet ſich hinter den
Pflöckern und nicht auf dem Gemeindegute. Ein Geometer
hat den Platz gemeſſen und gefunden, daß ein 300 Meter
langer Streifen zuviel iſt. Dieſe Konſtatierung wurde dem
Magiſtrate gemeldet und wir waren bereit, dieſen Streifen
zu kaufen, oder ihn ſofort der Gemeinde abzutreten. Der
Magiſtrat antwortete in dieſer Zuſchrift, daß er die An-
gelegenheit in kurzem erledigen werde und wir haben darauf
[Spaltenumbruch] gewartet. Da nun dieſe Affäre 3 Gemeinderäten übertragen
wurde, ſo kann ich nur ſagen, daß die Polen ganz ruhig
dem Ergebnis der Unterſuchung entgegenſehen.

GR. Zalodek bemerkt, daß er nicht im Namen ſeiner
Partei, ſondern im eigenen Namen geſprochen habe.

GR. Kaindl meint, daß ein Angriff auf Doktor
Kwiatkowski nicht gleich auch auf die Polen im Lande
zu beziehen ſei. Ja es ſei den Deutſchen ſogar nie eingefallen,
jene in ihren kulturellen Fortſchritten zu hindern.

GR. Leo ſchließt ſich auch der Anſicht des Prof. Kaindl
an, indem er meint, daß er mit Polen ſehr viel verkehrte
und noch verkehre und ſie hochſchätze.

GR. Kwiatkowski ſagt, es ſei gegen ihn die Bombe
geworfen worden, ohne daß er je eine perſönliche Frage
vertreten hätte. Daß die Redner gegen ſeine Perſon aufs
ſchärfſte vorgegangen ſind, könne ihm nur ſchmeicheln. Er
müſſe doch etwas bedeuten.

(GR. Zalodek: Nieder mit der Korruption.
Bravo und Pfui-Rufe auf der Gallerie; dieſelbe wird über
Anordnung des Bürgermeiſters geräumt).

Interpellationen.

Nach der Pauſe erhält GR. Skalat das Wort zu
einigen Interpellationen. Vor allem bittet er um Unter-
ſtützungen für die Bewohner von Roſch und Klokuczka, die
am 6. Juni durch das Hagelwetter geſchädigt wurden. Ferner
bitten die Bewohner der Molitzergaſſe um die Errichtung
von Lampen.

GR. Norſt bemerkt hiezu, daß man die Bewohner der
Vorſtädte dringend aufmerkſam machen muß, daß ſie ihre
Grundbeſitze verſichern ſollen, da der Magiſtrat nicht über
ſoviel Geldmittel verfügt, um jedem helfen zu können.

GR. Dr. Straucher proteſtiert dagegen, daß bei den
Prutharbeiten Soldaten und nicht Arbeiter verwendet werden.
Bei der heutigen Arbeitsloſigkeit ſei dies ein ſchreiendes
Unrecht.

Der Bürgermeiſter erwidert, daß zur Zeit der großen
Ueberſchwemmungen keine Arbeiter aufzutreiben waren, da
ſich niemand einer Gefahr ausſetzen wollte. Da hat man
ſich an das Militärkommando gewendet, welches geübte
Pionniere zur Verfügung ſtellte.




Ernennung.

Unſer Landsmann Jakob Ritter von
Mikuli wurde zum Sektionschef bei der bosniſchen
Landesregierung ernannt.

Bukowiner Lokalbahnen.

Der Präſident des
Verwaltungsrates Emanuel Ziffer und der Verwaltungsrat
Moritz Pflaum der Bukowiner Lokalbahnen ſind aus Wien
in dienſtlichen Angelegenheiten hier eingetroffen.

Die Landtagswahlreform.

Die Zentralregierung
hat die telegraphiſche Anfrage, ob ſie eine Reduzierung
der zwei für die Handelskammer vorgeſehenen Mandate auf
eines genehmigen würde, unbedingt ablehnend beantwortet, ſo
daß nach dieſer Richtung hin die Beſchlüſſe des Permanenz-
ausſchuſſes illuſoriſch geworden ſind. Dennoch wurde der
Landtag für den 15. d. M. einberufen und iſt eine zwei-
tägige Seſſion (Freitag und Samstag) vorgeſehen, die aus-
ſchließlich der Wahlreform gewidmet ſein ſoll. Inzwiſchen wird
in jüdiſchen Nationalkreiſen die Wahlreform in ihrer gegen-
wärtigen Geſtalt bekämpft, weil alle Kreiſe, die den Kataſter
haben wollten, auf dem jüdiſchen Kataſter beharren. Das
Gezwungene und Unwahre in dem deutſch jüdiſchen Kataſter
tritt aus jeder diesbezüglichen Beſtimmung hervor, und auch
in deutſchnationalen Kreiſen iſt man über die Beſchlüſſe des
Permanenzausſchuſſes nichts weniger als erbaut. Die Jüdiſch-
nationalen entſenden eine Deputation nach Wien, welche bei
Miniſter Härdtl vorſprechen und ihn nicht nur auf die
Zurückſetzung der Juden, ſondern auch auf die zahlloſen
techniſchen Ungereimtheiten und Unmöglichkeiten, die der Ent-
wurf aufweiſt, aufmerkſam machen ſoll. Für alle Fälle herrſcht
die Empfindung vor, daß dieſer Wahlreformentwurf in ſeiner
Monſtruoſität unmöglich Geſetz werden kann und man wird
ſich allgemach der Ueberzeugung derjenigen anſchließen müſſen,
welche einen 5, oder 4fachen Kataſter, in welchem ganze
Wählergruppen demnach unberückſichtigt bleiben, für eine Un-
möglichkeit halten. Man werde — das iſt unſere unumſtößliche
Meinung — ſchließlich doch zur reinen territorialen Wahl-
kreiseinteilung zurückkehren müſſen. — Tagesordnung
für die am Freitag den 15. Oktober 1909 um 10 Uhr Vor-
mittag ſtattfindende Eröffnungsſitzung des Bukowiner Land-
tages in der 5. Seſſion der 10. Wahlperiode: 1. Entgegen-
nahme von Angelobungen, 2. Wahl der landtäglichen
Ausſchüſſe, 3. Bericht des landtäglichen Permanenzausſchuſſes
zur Beratung der Wahlreform 1. über die Aenderung der
Land[e]sordnung, 2. über eine neue Landtagswahlordnung für
das Herzogtum Bukowina, ſowie 3. über das Wahlpflichtgeſetz.

Zahlreiche hohe Auszeichnungen

ſind ſeit
langem den Maggi-Erzeugniſſen zuerkannt. Auf den großen
Ausſtellungen aller Länder erwarben ſie ſich nicht weniger
als 13 Staatsmedaillen, 9 Großpreiſe, 67 Goldene Medaillen,
21 Ehrenpreiſe u. ſ. w. An mehreren erſten Weltausſtellungen
beteiligte ſich die Firma außer Wettbewerb, da ihr Be-
gründer, Julius Maggi, als Preisrichter fungierte, ſo in
Paris 1889 und 1900. Auch bei unſeren Hausfrauen
haben ſich ja Magais Würze ſowie neuerdings Maggis
Rindſuppe-Würfel à 6 Heller verdientes Vertrauen erworben
weil die Maggi-Produkte halten, was ſie verſprechen.

Die nicht ſtandesgemäße Heirat des ruſſiſchen
Großfürſten Michael Michaelowitſch,

die vor
einigen Jahren ungeheures Aufſehen erregte, bildet den
Gegenſtand des Romanes „Standesgemäß“, der von ſeiner
Kaiſerlichen Hoheit dem Großfürſten ſelbſt geſchrieben iſt und
in dem ſoeben beginnenden Jahrgange der „Oeſterreichiſchen
Familien- und Moden-Zeitung“ zum Abdrucke gebracht
wird. Dieſelbe iſt die vornehmſte Familien- und
Frauen-Zeitung der Monarchie. Sie bringt allen
Fam[i]lienmitgliedern Belehrung und praktiſche Anregung,
und iſt infolge ihrer einzig daſtehenden Vielſeitigkeit das

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[4/0004] Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Oktober 1909. grauenhafte Zuſtände. Mitglieder der Duma, die dort Strafen verbüßten, bezeugen, daß die gelieferten Kleider- und Wäſche- ſtücke beim Anziehen in Fetzen fielen. Einmal nur im Jahr werden die Strohkiſſen der Lagerſtätten neu gefüllt. Matratzen gibt es nicht; nicht einmal Filzſtücke, auf die man ſich hin- ſtrecken könnte. Decken auch nicht. Friſche Wäſche wird nur dann verteilt, wenn Inſpektion durch ein Mitglied der oberſten Adminiſtrationsbehörde bevorſteht. In dieſem Ge- fängnis mit ſeinen 1300 zu ſchwerer Kerkerarbeit verurteilten Sträflingen, von denen die Hälfte politiſche Verbrecher ſind, iſt jede Zelle zwölf Schritte lang und fünf Schritte breit. Jeder Raum iſt mit 25 Gefangenen beſetzt, die einmal im Tag 15 Minuten lang an die freie Luft geführt werden. Von den Inſaßen auf der Krankenliſte leiden 65 Prozent an Skorbut; die Kranken bleiben in den gemeinſamen Zellen, in Ketten gefeſſelt, wie alle übrigen; ſie werden von den Aufſehern fortwährend geprügelt und geſchlagen. Nach den Mißhandlungen werden die Sträflinge in das ſchwarze Loch geworfen. Dumadeputierte, die dort gefangen waren, haben die Leiden eines Mannes namens Chertetſow beſchrieben; der Unglückliche wurde ſieben Tage lang täglich mit Schlägen gequält. Am achten Tage wurde er wahnſinnig und nach weiteren drei Tagen ſtarb er. (Schluß folgt.) Erdbeben. KB. Barcs, 11. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Um 6 Uhr 40 Minuten früh wurde hier ein ſchwächeres und um 7 Uhr ein ſtärkeres wellenförmiges Erdbeben verſpürt. Kein Schaden. Luftſchiffahrt. KB. Portdoiation, 11. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Bei den heutigen Flugverſuchen legte Paulham 8 Runden in 21 Minuten 47 Sekunden zurück. Graf Lambert gewann den Schnelligkeitspreis, indem er in 2 Minuten und 2 Se- kunden die zwei beſten Runden zurücklegte. Den Flügen wohnten etwa 150.000 Zuſchauer bei. KB. Frankfurt am Main, 11. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der Parſevalballon trat um halb 1 Uhr mittags von Gießen die Rückfahrt nach Frankfurt an, wo die Landung um einviertel 2 Uhr nachmittags glatt erfolgte. KB. Paris, 11. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Es verlautet, daß nach Schluß der Flugverſuche es auf dem Bahnhofe Inoiſy zu einem fürchterlichen Gedränge kam, wobei mehrere Perſonen verletzt wurden. Automobilunglück. KB. Warſchau, 11. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Als der Gouverneurgehilfe Utgow im Automobil eine Ausfahrt machte, explodierte ein Benzinbehälter des Automobils. Utgow iſt leicht, ſein Begleiter und der Chauffeur erheblich verletzt. Außerdem wurde ein Paſſant getödtet und ſechs Paſſanten ver- wundet. Das Automobil verbrannte. Todesurteile. Krakau, 10. Oktober. Dns hieſige Geſchworenengericht verurteilte einen gewiſſen Stanislowa Kaima aus Olszowce, ferner deſſen Mutter und Schweſter, welche vereint die Frau des Erſtgenannten ermordeten, um deren Vermögen an ſich zu reißen, zum Tod durch den Strang. Prozeß Ferrers. KB. Barcelona, 11. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Nach Beendigung des Zeugenverhörs wird der Beſchluß des Gerichtshofes verkündet, mit dem der Antrag Ferrers, ſechs in Rom, Paris und Brüſſel wohnende Zeugen vorzuladen, ab- gelehnt wurde. Hierauf hält der Staatsanwalt ein Plädoyer, indem er nachzuweiſen ſucht, daß man nicht den Urheber der einzelnen Tat, ſondern den Anſtifter einer revolutionären Be- wegung verfolgt und beantragt die Todesſtrafe. Der Verteidiger Ferrers ſucht nachzuweiſen, daß Ferrer ein Opfer des Hauſes der Konſervativen ſei und führt weiters aus, man könne Ferrer nicht wegen ſeiner Handlungen verurteilen, die Gegenſtand eines anderen Prozeſſes waren, in welchem die Angeklagten freige- ſprochen wurden. Hierauf erklärte Ferrer auf Befragen des Präſidenten, man müſſe über ihn wegen der letzten Ereigniſſe zu Gericht ſitzen, ohne das zu prüfen, was er zur Zeit, als er Politiker war, getan habe. Er ſei nur im Intereſſe der Ver- breitung des Unterrichtes, der Erziehung und der Ziviliſation tätig geweſen. Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 11. Oktober. Gemeinderat. (Sitzung vom 9. Oktober 1909.) Vorſitzender: Bürgermeiſter Baron Fürth. Schriftführer: Oberoffizial Blaukopf. Das Protokoll der letzen Sitzung wird verleſen und verifiziert. Hierauf lieſt der Bürgermeiſter eine Zuſchrift der Sparkaſſa vor, in der eingeladen wird, aus dem Gemeinderate 2 reſpektive 3 Mitglieder an Stelle der ſcheidenden GR. Balmoſch, Tittinger und Roſenzweig zu wählen. Dieſe Angelegenheit wird für die nächſte Sitzung verſchoben. Das Renkontre zwiſchen GR. Zalodek und GR. Kwiatkowski. GR. Zalodek: In der letzten vertraulichen Sitzung wurde ich von Dr. Kwiatkowski gelegentlich der Beratung über die Vermietung der Geſchäftslokale im Magiſtratsgebäude angegriffen. Dr. Kwiatkowski hat ſich zu einer ſachlichen Berichtigung zum Worte gemeldet. Er hat aber im Rahmen einer ſachlichen Berichtigung nicht geſprochen, und als ich auch dasſelbe tun wollte, wurde mir vom Bürgermeiſter das Wort entzogen, obwohl ich erſuchte, weiter ſprechen zu dürfen. Um nun zur Sache überzugehen, will ich Ihnen den Brief, den ich vom Sokolverein bekommen habe, vorleſen (lieſt): „Euer Wohlgeboren! Der gefertigte Verein hat vom Obmanne des gemeinſchaftlichen Polenklubs in Erfahrung gebracht, daß Sie in der vertraulichen Sitzung uns beſchuldigt haben, 300 m 2 vom Gemeindegute anläßlich der Uebernahme des Turnplatzes ſich angeeignet, reſpektive geſtohlen zu haben. Nach einſtimmig gefaßtem Beſchluſſe vom 7. Oktober d. J. weiſen wir dieſes zurück und ſprechen Ihnen ſchriftlich unſer Mißtrauen aus.“ (Bewegung — Unruhe auf der Gallerie) Der Bürgermeiſter fordert die Gallerie auf, ſich ruhig zu verhalten, da er ſonſt gezwungen ſein werde, den Zuhörer- raum räumen zu laſſen. Redner fährt fort: Meine Herren! Ich überlaſſe es Ihnen zu urteilen, können zwei Perſonen, der Obmann und der Schriftfüherer, einem Gemeinderat ein Mißtrauensvotum ausſprechen? Hat man dazu nicht eine Vollver- ſammlung nötig? In dieſer hätte ich nicht ein Miß- trauensvotum, ſondern eine Belobung erhalten, denn ich bin kein Feind der Polen. Alle Gewerbetreibenden wiſſen, daß Zalodek jede Nation ehrt und ſchätzt und mit aller Hoch- achtung einem jeden nationalfeſten Manne begegnet. Jene Herren wiſſen, daß ich hier gar nichts anderes tun will, als der großen Korruptionsklique entgegentreten, die im Ge- meinderate graſſiert. Daß eine ſolche hier herrſcht, haben die Gemeinderäte ſelbſt damit beſtätigt, daß ſie die in einem Briefe des GR. Trompeteur vorgeworfene Korruption nicht zurückwieſen, alſo — einſahen, daß dieſelbe vorherrſche. Ich will Ihnen beweiſen, daß eine ſolche Korruption geherrſcht hat und noch herrſcht. Ich will Ihnen beweiſen, daß im Jahre 1907 Dr. Kwiatkowski durch den Kauf des Turnplatzes die Stadt mit 15.000 K geſchädigt hat. Im Jahre 1907 hat GR. Dr. Kwiatkowski einen Dringlich- keitsantrag geſtellt auf Anlegung eines allgemeinen Turn- platzes. Der Gemeinderat hat einen Platz im Ausmaße von 9700 m 2 bewilligt. Es war damals nur von einem all- gemeinen Spielplatz die Rede. Am 19. Juni 1907 kam aber ein Kauf mit dem polniſchen Vereine zuſtande und zwar wurden 9700 m2 à 2 K geſchätzt. Das iſt ein Spottpreis, trotz der zugezogenen Schätzleute. Die Koſten betrugen 19.000 K, welcher Betrag zinſenfrei auf 10 Jahresraten ausgedehnt wurde. So iſt die Gemeinde um 800 K verkürzt worden. Jetzt frage ich, verdiene ich Vorwürfe dafür, daß ich über das Gemeindevermögen wache. Nur der Korruptions- wirtſchaft iſt es zuzuſchreiben, daß wir jetzt 8 Millionen Schulden haben. Ich erlaube mir an den Herrn Bürgermeiſtrr die Frage zu richten: Ob er geneigt iſt, die Sokolen auf- merkſam zu machen, daß dieſer Platz auch für andere Nationen zugänglich iſt? ferner dem GR. Dr. Kwiat- kowski klar zu legen, daß die Beſprechungen der ver- traulichen Sitzung geheim bleiben müſſen. Schließlich verlange ich, daß der Planken, mit welchem der Turnplatz umzäumt iſt, abgetragen werde. Der Bürgermeiſter erwidert folgendes: Jeder Gemeinderat iſt für das, was er tut, ſelbſt verant- wortlich. Ich kann ihm öffentlich keine Rüge erteilen. Die Sokolen haben den Platz für einen Turnplatz bekommen. Es hat bis heute noch keiner von den anderen Nationen darüber Beſchwerde geführt. Schließlich iſt kein Grund für die Ab- tragung des Plankens vorhanden. GR. Dr. Kwiatkowski führt folgendes aus: Es wurden hier verſchiedene Fragen angeſchnitten und indem GR. Zalodek erklärt hat, daß er der Nachfolger des Trompeteur iſt und gegen die Korruption im Gemeinderate anzukämpfen vorhat, ſo will ich ihm zu Hilfe kommen. Ich will nun die Entſtehungsgeſchichte dieſer Angelegenheit dar- legen. Die Korruption beſteht nach jener Behauptung darin, daß ein Teil der Bürgerſchaft an die Kommune herangetreten und geſagt hat: Du, Kommune, haſt die Aufgabe, die kulturelle Entwicklung der einzelnen Nationalitäten, welche in der Stadt wirken und zum Gedeihen der Stadt beitragen, zu fördern. Du haſt daher auch die Pflicht, auch uns Polen zu unterſtützen, verkaufe uns daher den Platz. Warum haben wir nicht darauf hingewieſen, daß die Korruption dort begonnen hat, als die Kommune den Deutſchen vor 6 oder 8 Jahren ein Grundſtück unter den gleichen Bedingungen wie uns verkauft hat. Die Deutſchen haben aber das Grundſtück weiter verkauft. Das „Verſchenken“ hat alſo nicht bei uns begonnen. In demſelben Jahre haben die Ruthenen auch ein Grundſtück in der Nähe der Kaſerne erhalten. Es iſt aber niemandem eingefallen, von Korruption zu ſprechen. Meine Herren! es iſt nicht vorteilhaft, irgend eine Sache mit Ge- häſſigkeit zu behandeln. Man verliert das klare Urteil und verfällt in Widerſprüche. Zur Aufklärung der Sache wiederhole ich: Es wurde ein Beſchluß gefaßt, den Sokolen den Platz zu überlaſſen und eine Kommiſſion vom Stadtmagiſtrate zur Uebernahme ent- ſendet. (GR. Zalodek: Nur die Akten.) Die Magiſtrats- funktionäre ließen den Platz mit Pflöcken abſtocken, die noch heute zu finden ſind. Der Planken befindet ſich hinter den Pflöckern und nicht auf dem Gemeindegute. Ein Geometer hat den Platz gemeſſen und gefunden, daß ein 300 Meter langer Streifen zuviel iſt. Dieſe Konſtatierung wurde dem Magiſtrate gemeldet und wir waren bereit, dieſen Streifen zu kaufen, oder ihn ſofort der Gemeinde abzutreten. Der Magiſtrat antwortete in dieſer Zuſchrift, daß er die An- gelegenheit in kurzem erledigen werde und wir haben darauf gewartet. Da nun dieſe Affäre 3 Gemeinderäten übertragen wurde, ſo kann ich nur ſagen, daß die Polen ganz ruhig dem Ergebnis der Unterſuchung entgegenſehen. GR. Zalodek bemerkt, daß er nicht im Namen ſeiner Partei, ſondern im eigenen Namen geſprochen habe. GR. Kaindl meint, daß ein Angriff auf Doktor Kwiatkowski nicht gleich auch auf die Polen im Lande zu beziehen ſei. Ja es ſei den Deutſchen ſogar nie eingefallen, jene in ihren kulturellen Fortſchritten zu hindern. GR. Leo ſchließt ſich auch der Anſicht des Prof. Kaindl an, indem er meint, daß er mit Polen ſehr viel verkehrte und noch verkehre und ſie hochſchätze. GR. Kwiatkowski ſagt, es ſei gegen ihn die Bombe geworfen worden, ohne daß er je eine perſönliche Frage vertreten hätte. Daß die Redner gegen ſeine Perſon aufs ſchärfſte vorgegangen ſind, könne ihm nur ſchmeicheln. Er müſſe doch etwas bedeuten. (GR. Zalodek: Nieder mit der Korruption. Bravo und Pfui-Rufe auf der Gallerie; dieſelbe wird über Anordnung des Bürgermeiſters geräumt). Interpellationen. Nach der Pauſe erhält GR. Skalat das Wort zu einigen Interpellationen. Vor allem bittet er um Unter- ſtützungen für die Bewohner von Roſch und Klokuczka, die am 6. Juni durch das Hagelwetter geſchädigt wurden. Ferner bitten die Bewohner der Molitzergaſſe um die Errichtung von Lampen. GR. Norſt bemerkt hiezu, daß man die Bewohner der Vorſtädte dringend aufmerkſam machen muß, daß ſie ihre Grundbeſitze verſichern ſollen, da der Magiſtrat nicht über ſoviel Geldmittel verfügt, um jedem helfen zu können. GR. Dr. Straucher proteſtiert dagegen, daß bei den Prutharbeiten Soldaten und nicht Arbeiter verwendet werden. Bei der heutigen Arbeitsloſigkeit ſei dies ein ſchreiendes Unrecht. Der Bürgermeiſter erwidert, daß zur Zeit der großen Ueberſchwemmungen keine Arbeiter aufzutreiben waren, da ſich niemand einer Gefahr ausſetzen wollte. Da hat man ſich an das Militärkommando gewendet, welches geübte Pionniere zur Verfügung ſtellte. Ernennung. Unſer Landsmann Jakob Ritter von Mikuli wurde zum Sektionschef bei der bosniſchen Landesregierung ernannt. Bukowiner Lokalbahnen. Der Präſident des Verwaltungsrates Emanuel Ziffer und der Verwaltungsrat Moritz Pflaum der Bukowiner Lokalbahnen ſind aus Wien in dienſtlichen Angelegenheiten hier eingetroffen. Die Landtagswahlreform. Die Zentralregierung hat die telegraphiſche Anfrage, ob ſie eine Reduzierung der zwei für die Handelskammer vorgeſehenen Mandate auf eines genehmigen würde, unbedingt ablehnend beantwortet, ſo daß nach dieſer Richtung hin die Beſchlüſſe des Permanenz- ausſchuſſes illuſoriſch geworden ſind. Dennoch wurde der Landtag für den 15. d. M. einberufen und iſt eine zwei- tägige Seſſion (Freitag und Samstag) vorgeſehen, die aus- ſchließlich der Wahlreform gewidmet ſein ſoll. Inzwiſchen wird in jüdiſchen Nationalkreiſen die Wahlreform in ihrer gegen- wärtigen Geſtalt bekämpft, weil alle Kreiſe, die den Kataſter haben wollten, auf dem jüdiſchen Kataſter beharren. Das Gezwungene und Unwahre in dem deutſch jüdiſchen Kataſter tritt aus jeder diesbezüglichen Beſtimmung hervor, und auch in deutſchnationalen Kreiſen iſt man über die Beſchlüſſe des Permanenzausſchuſſes nichts weniger als erbaut. Die Jüdiſch- nationalen entſenden eine Deputation nach Wien, welche bei Miniſter Härdtl vorſprechen und ihn nicht nur auf die Zurückſetzung der Juden, ſondern auch auf die zahlloſen techniſchen Ungereimtheiten und Unmöglichkeiten, die der Ent- wurf aufweiſt, aufmerkſam machen ſoll. Für alle Fälle herrſcht die Empfindung vor, daß dieſer Wahlreformentwurf in ſeiner Monſtruoſität unmöglich Geſetz werden kann und man wird ſich allgemach der Ueberzeugung derjenigen anſchließen müſſen, welche einen 5, oder 4fachen Kataſter, in welchem ganze Wählergruppen demnach unberückſichtigt bleiben, für eine Un- möglichkeit halten. Man werde — das iſt unſere unumſtößliche Meinung — ſchließlich doch zur reinen territorialen Wahl- kreiseinteilung zurückkehren müſſen. — Tagesordnung für die am Freitag den 15. Oktober 1909 um 10 Uhr Vor- mittag ſtattfindende Eröffnungsſitzung des Bukowiner Land- tages in der 5. Seſſion der 10. Wahlperiode: 1. Entgegen- nahme von Angelobungen, 2. Wahl der landtäglichen Ausſchüſſe, 3. Bericht des landtäglichen Permanenzausſchuſſes zur Beratung der Wahlreform 1. über die Aenderung der Landesordnung, 2. über eine neue Landtagswahlordnung für das Herzogtum Bukowina, ſowie 3. über das Wahlpflichtgeſetz. Zahlreiche hohe Auszeichnungen ſind ſeit langem den Maggi-Erzeugniſſen zuerkannt. Auf den großen Ausſtellungen aller Länder erwarben ſie ſich nicht weniger als 13 Staatsmedaillen, 9 Großpreiſe, 67 Goldene Medaillen, 21 Ehrenpreiſe u. ſ. w. An mehreren erſten Weltausſtellungen beteiligte ſich die Firma außer Wettbewerb, da ihr Be- gründer, Julius Maggi, als Preisrichter fungierte, ſo in Paris 1889 und 1900. Auch bei unſeren Hausfrauen haben ſich ja Magais Würze ſowie neuerdings Maggis Rindſuppe-Würfel à 6 Heller verdientes Vertrauen erworben weil die Maggi-Produkte halten, was ſie verſprechen. Die nicht ſtandesgemäße Heirat des ruſſiſchen Großfürſten Michael Michaelowitſch, die vor einigen Jahren ungeheures Aufſehen erregte, bildet den Gegenſtand des Romanes „Standesgemäß“, der von ſeiner Kaiſerlichen Hoheit dem Großfürſten ſelbſt geſchrieben iſt und in dem ſoeben beginnenden Jahrgange der „Oeſterreichiſchen Familien- und Moden-Zeitung“ zum Abdrucke gebracht wird. Dieſelbe iſt die vornehmſte Familien- und Frauen-Zeitung der Monarchie. Sie bringt allen Familienmitgliedern Belehrung und praktiſche Anregung, und iſt infolge ihrer einzig daſtehenden Vielſeitigkeit das

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1723, Czernowitz, 12.10.1909, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer1723_1909/4>, abgerufen am 23.11.2024.