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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 118, Czernowitz, 20.05.1904.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 20. Mai 1904.

[Spaltenumbruch]
Antirussische Gesinnung in China. (Priv.-Tel. d. "Cz. Allg.
Ztg.")

Die russische Militärbehörde in Liaojang
schreibt die antirussische Gesinnung der Chinesen
in der Mandschurei, die überall Schwierigkeiten bereiten,
geheimen Befehlen aus Peking zu. Man ist auch
davon unterrichtet, daß General Ma, der über 13.000 Mann
guter Truppen und vierzig Geschütze verfügt, der Befehle
wartet. Auch die chinesische Flotte wird in aller
Stille mobilisiert.

Ebenbürtige Gegner. (Priv.-Tel. der "Cz. Allg.
Ztg.")

Kuropatkin besuchte ein Feldlazarett, in welchem
verwundete Russen und Japaner lagen. Er trat auf einen
schwerverwundeten japanischen Gardesoldaten zu und sagte,
nachdem er sich teilnahmsvoll über dessen Befinden erkundigt
hatte, zu ihm: "Wir sind stolz auf solche Gegner
wie Ihr es seid".

Eine Reise über den Kriegsschauplatz.

Memirowitsch Dautschenko
telegraphierte aus Laojan am 13. Mai: Nachdem ich die in
Flammen stehende Station Bafandjan erreicht hatte, wollte
ich mich über Laojan zum Ostdetachement des Generals Sas-
sulitsch begeben. Die Nacht war hereingebrochen. Ueber den
Bergen wölbte sich ein vom Feuerschein geröteter Himmel. Ab
und zu hörte man Schüsse. Es erschienen Chinesen, die Klage
darüber führen, daß Difanguan noch acht russenfreundliche
Chinesen köpfen ließ. Die ganze Nacht übermittelte der Tele-
graph Meldungen an das Hauptquartier. Am Morgen traf
vom Norden her ein enormer Eisenbahnzug mit einigen Loko-
motiven ein. Er mußte um jeden Preis noch nach Port
Arthur gelangen. Das gemeldete Wiedererscheinen der Japaner
machte die Fahrt höchst gefahrvoll. Zwei Schwadronen der
Grenzwache rückten aus, um die Gegend auszukundschaften.
Durch zwei Reihen Eisenbahnschwellen gegen das feindliche
Feuer geschützte Plattformen nahmen eine Kompagnie des
Amureisenbahn-Bataillons auf. Als Vorhut wurde eine Loko-
motive mit Sekondeleutnant Sawadski und Leutnant v. Roop
und bewaffneten Eisenbahnarbeitern abgelassen. Auch ich befand
mich auf dieser Lokomotive. Die Aufgabe derselben war, eine
Gefahr rechtzeitig zu entdecken und den nachfolgenden Zug
durch Signale zu verständigen, dessen Rückzug decken durch
Herausforderung des Feindes gegen sich und, falls nötig, sich
durch eine vorbereitete Pyroxilingranate in die Luft zu sprengen.
"Mit Gott" erscholl das Kommando Spiridonows, dann setzte
sich die Lokomotive in Bewegung. Von Bafandjan waren nur
noch rauchende Trümmer übrig. Ringsum grünende Einöde
mit den blauen Silhouetten ferner Berge, dazwischen kleine
blühende Gärten chinesischer Dörfer. Ab und zu sieht man
seitwärts türkisfarbiges Meer. Der Taifun hat sich gelegt,
und nichts mehr hindert die Landung der Japaner. Spähend
betrachten wir Bergabgänge, Schluchten und tiefe Gräben, in
denen feindliche Kompagnien verborgen sein können. Ein gut
gezielter Schuß aus einem Feldgeschütz würde genügen, um
den uns folgenden langen Bahnzug zu vernichten. In Pu-
landjan ist alles ruhig. Die verbrannte Station gleicht einem
Grabe. Wir überholen unsere Kundschafter, die zu spät aus-
gezogen waren. Feinde hatten sie nicht entdeckt. Die von den
Japanern gesprengte, von Spiridonowitsch reparierte Brücke
wird von den Unsrigen bewacht. Auch dort hatte der Feind sich
nicht gezeigt. Santschilin war bereits von unseren Truppen




gigantischer Güterbahnhof macht mit seinen wüsten und
schmutzigen, zum Teil überschwemmten Straßen einen fürchter-
lich entmutigenden Eindruck. Und schon geht er über die East-
Brücke hinweg nach St. Louis hinüber. Unten eilen die
reißenden grauen Wasser des Vaters der Strome. Drüben
liegen ein paar jener ungeheuren, aus tausend Bildern be-
kannten Mississippidampfer. Mit einem Blick möchte der An-
kömmling den Aspekt der Stadt umfassen, möchte irgend einen
freundlichen Gruß erhaschen, den sie ihm entgegenwinkt. Nichts.
Alles ist in grauen Schmutz getaucht, die Dächer, die Straßen,
durch die der Zug führt, und nirgends eine Lücke mit dem
Ausblick auf ein Zeichen, daß man sich in der Feststadt be-
findet. Wie wunderbar grüßte der blaue Michigansee, in dessen
Fluten sich die goldenen Kuppeln spiegelten; Eiffelturm, Tro-
cadero und die herrliche Kirche Sacre-Coeur tauchen in der
Erinnerung auf; hier aber ist nichts, St. Louis kümmert sich
den Teufel um den Fremden, den er eingeladen hat, es bietet
eine Einfahrt, die alle Begeisterung totschlägt und den An-
kömmling mit banger Erwartung erfüllt.

"Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder ge-
kommen?
Sind's unmenschliche Räuber und sittenlose Barbaren;
Oder Diener der Götter und Freunde des heiligen
Gastrechts?"

In das Gewühl eines lärmenden, gigantischen, von
Staub und Schmutz erfüllten Bahnhofs ergießt der vornehme
Zug seine lebendige Fracht, die sich nach allen Windrichtungen
zerstreut. Und vom Bahnhof aus steigt der Fremde un-
mittelbar in ein Treiben hinab, aus dem ihm die höchste
Potenz des modernen, unfertigen Amerika entgegengrinst.
Zwischen den schmutzigen bemalten und beklebten, baufälligen
Holzhäusern und auf den entsetzlich gepflasterten, dreckigen
Straßen mit ihren rohen Telegraphenpfählen, Salons, Stiefel-
wichsern, heulenden Zeitungsjungen und wild darauflosjagenden
elektrischen Wagen wogt und wühlt es von Negern, Dreck und
Volk. Unabsehbar dehnen sich die Straßen, bald angebaut,
bald leer und riesigen Trümmerhausen gleichend. Neben dem
modernen Hotel sieht man staunend eine Bude mit Feuer-
fressern, Schlangenbeschwörern und Wahrsagern. Der erste
Eindruck von St. Louis ist der eines ungeheueren, von
wildem Leben erfüllten Dorfes. Aber -- appearances are
deceitful.
Was die Ausstellungsstadt wirklich ist und was
sie dem Fremden zu sagen hat, das wird sich bald genug
herausstellen.


[Spaltenumbruch]

besetzt. Wir hören die frohe Botschaft, daß die am Vorabend
vom Feinde eingeschlossenen 36 Soldaten, die von unserer
Kintschou-Abteilung gesucht wurden, sich glücklich durchgeschlagen
hatten. Fern am Meere verrär eine aufwirbelnde Staubwolke
Kavallerie. Wir machen Halt und erkennen durch das Binokle
unsere Reiter, die General Fock uns entgegengeschickt hat. Die
Soldaten schreien, uns entgegensprengend, Hurra. Auf der
Station Kintschou beglückwünschte uns der General mit seinem
Stabe zu dem Gelingen des gefährlichen Unternehmens. "Nun
habt ihr Port Arthur ganz gesättigt", sagte er, "wir können
nun ruhig sein." Der Zug setzt die Fahrt fort durch eine
gutbewachte Gegend. Aus Port Arthur traf ein begeistertes
Danktelegramm ein. Auf der Station hörte man wiederholt
in der Ferne Explosionen. Die Molen, Häuser, Docks und
Kai in Dalny werden zerstört. Die Stimmung in Laojan ist
vorzüglich. Neue Truppen treffen ununterbrochen ein. Der er-
wartete Vormarsch der Japaner ist nicht sehr energisch. Man
glaubt, der Feind habe bei Kwantung nur eine Demonstration
inßeniert und lasse seine Gesamtkräfte gegen Laojan vorrücken.




Vom Tage.


Oesterreichische Delegation. (Korr.-B.)

In der nachmit-
tägigen Verhandlung des Budgetausschusses der österreichi-
schen Delegation sprachen die meisten Redner ihr Befremden
und ihre ziemliche Ueberraschung nicht so sehr über die
Höhe der außerordentlichen Anforderungen der Kriegsver-
waltung, als insbesondere über deren plötzliches, unvor-
bereitetes Auftauchen, welches auf frühere Versäumnisse hin-
zudeuten scheine, aus. Wenn auch die heutigen offenen Er-
klärungen des Ministers geeignet seien, volle Beruhigung zu
erwecken, wäre es jedenfalls besser gewesen, die Bevölkerung
rechtzeitig über den Umfang und die Notwendigkeit der An-
schaffungen zu informieren. Fast sämtliche Redner sprechen
Bedenken gegen die Idee des Refundierungssystems aus,
wodurch doch wieder die Steuerträger die Kosten der neuen
Anschaffungen aufzubringen haben werden und behalten sich
die Besprechung der finanziellen Seite bis nach den Auf-
klärungen des Finanzministers vor. Kriegsminister Pit-
reich
wiederholte, daß es sich lediglich um die schnellere
Beschaffung der notwendigen Mittel für die vollständige
Sicherstellung der Schlagfertigkeit der Wehrmacht und der
Monarchie handle, was bei Inanspruchnahme der bisherigen
kleinen Raten nicht möglich wäre. Der Ausschuß nahm die
Voranschläge des gemeinsamen Finanzministeriums und des
Obersten Gerichtshofes an.




Zum Expose Goluchowski's.

Die "Italie" betont die große Be-
deutung des Exposes des Grafen Goluchowski und sagt,
aus dieser Erklärung gehe insbesondere die vollständige
Uebereinstimmung der Gedanken der österreichisch-ungarischen
und der italienischen Regierung hervor. Aus dieser Identität
der Ansichten könne man schließen, daß auf der Grundlage
gegenseitiger Zugeständnisse der Abschluß eines Handelsver-
trages gelingen werde. Die Erklärungen Goluchowskis seien
die sicherste Gewähr, daß nichts vorfallen werde, was die in
so glücklicher Weise bestehenden, von Tittoni gefestigten Be-
ziehungen zwischen den beiden befreundeten und verbündeten
Mächten trüben könnte.

In Besprechung des Exposes des
Ministers des Aeußern Grafen Goluchowski sagt "Daily
Graphic": "Mit Freude begrüßen wir in den Erklärungen
des Ministers die Ermunterung, die politische Weltlage
hoffnungsvoll, ja selbst mit einem gewissen Vertrauen an-
zusehen.




Eine neue Drohung an die Türkei. (Priv.-Tel. der "Cz.
Allg. Ztg.")

Viel bemerkt wird der Umstand, daß nach der
Abreise des österreichisch-ungarischen Botschafters Calice
nun auch der russische Botschafter Sinowjeff Konstanti-
nopel verlassen hat. In diplomatischen Kreisen wird behauptet:
Diese Abreisen bedeuten eine neue Drohung
gegen die Türkei, damit sie ihre renitente
Haltung gegen die Reformaktion aufgebe.




Das Wahlergebnis und die Zukunft des
Kabinetts.
(Priv.-Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Nachdem das endgiltige Wahlergebnis, das nun zu Gunsten
des Ministeriums Combes ausfiel, bekannt ist, beginnen die
Nationalisten und Klerikalen eine neue Kampagne, die sich
gegen das Ministerium wendet. Man weist von dieser Seite
darauf hin, daß die brennenden Fragen, die schon lange der
Erledigung harren, noch immer nicht auf der Tagesordnung
der allernächsten Kammerverhandlungen stehen. Da die
Kongregationsfrage aber schon so gut wie erledigt ist, wird
man wahrscheinlich, um diese Vorwürfe zu entkräften, gleich
nach den Pfingstferien die Arbeiterversorgungsfrage in An-
griff nehmen.




[Spaltenumbruch]
Bunte Chronik.


Verhaftung eines Pfarrers.

Unser Lem-
berger
Korrespondent schreibt uns: Wie hieher ge-
meldet wird, ist der Pfarrer Popiel in Dlugopole bei
Kuty durch den Untersuchungsrichter verhaftet und mit
Gendarmerie-Eskorte nach Kolomea abgeführt worden. Die
Gründe der Verhaftung werden vorläufig geheimgehalten.

Großer Brand in Galizien.

Aus Lemberg
wird uns unter dem Heutigen telegraphiert: Das Städt-
chen Delatyn bei Kolomea ist fast vollständig niederge-
brannt.
200 Häuser sind von den Flammen in Schutt ver-
wandelt worden, 500 Familien sind obdachlos. -- Damit ist
die Serie von Bränden, von denen unser armes Nachbarland
alljährlich heimgesucht wird, um eine neue traurige Nummer
bereichert worden.

Ein Tugendbund.

Anläßlich des Todes von Jenny
Groß wurde vom Vorstand des neuen Berliner Bühnen-
klubs, den Herren Rickelt, Georg Engels, Reicher, W. Kuhnert
beschlossen, der Dahingeschiedenen wegen des unmoralischen
Lebens, das sie geführt hatte, keine Kranzspende zu stiften.
Zehn Mitglieder haben infolgedessen ihren Austritt erklärt. --
So schreibt der "Welt am Montag" einer, der nach diesem
Vorkommnis auch aus dem Klub ausgetreten ist. Die seltsame
Kunde wird, so fügt das Blatt hinzu, allgemein Kopfschütteln
erregen. Hat es sich der neue Berliner Bühnenklub etwa zur
besonderen Aufgabe gemacht, die Sittenführung des Schau-
spielerstandes zu überwachen? In diesem Falle hätte er gut
getan, bei Lebzeiten der Groß auf ihren Lebenswandel einzu-
wirken. Ich glaube auch nicht, daß die Maßnahme die Leben-
den von gleicher Unmoral abschrecken wird. Die Sünde ist
ein zu süßes Ding, als daß man ihren Lockungen im Hin-
blick auf die drohende Versagung einer Kranzspende durch den
Bühnenklub widerstehen könnte. In dem Beschluß liegt eine
höchst überflüssige Prostituierung der Toten.

Ballonausstieg.

Aus Paris, 17. Mai wird be-
richtet: Der neue Aufstieg Santos Dumonts mit seinem
Ballon Nr. 7 fand gestern zur vollsten Zufriedenheit Dumonts
statt. Der Ballon ist für die Weltausstellung in St. Louis
bestimmt.

Eine mysteriöse Spionagegeschichte.

Der Pariser
"Matin" bringt, wie bereits telegraphiert, sensationelle
Enthüllungen über eine gescheiterte Spionage. Wichtige Pläne
über alle Kriegsvorbereitungen und Verteidigungseinrichtungen
sollten an Deutschland verkauft werden, aber es sei durch Ver-
mittlung eines Dalmatiners aus Spalato, Namens Fragola
Pietro, dem "Matin" gelungen, an Stelle Deutschlands zu
treten und die Dokumente zurückzukaufen. Fragola Pietro hat
in London mit dem Vertreter des "Matin" über die Sache
verhandelt. In seiner Unterredung mit dem Korrespondenten,
welcher den Fragola fragte: "Welche Sprache sprechen Sie?",
antwortete Fragola: "Dalmatinisch und italienisch". Das kann
ein Dalmatiner nicht gesagt haben. War es am Ende ein
falscher Dalmatiner? Fragola hätte die Pläne, teils im
Original, teils in der Abschrift, von Brest, Cherburg
und Toulon dem "Matin" übergeben. Unter den Plänen
befand sich ein französisch abgefaßter, mit den Buch-
staben I. S. E. unterzeichneter Brief, in welchem Jemand zu
einem Rendezvous im "Thüringer Hof" in Berlin aufgefordert
wird. Neben dem Brief lag eine Visitkarte mit dem Namen
Felix Friedrich Scholz, und darauf mit Bleistift folgende
Adresse: "Hedemannstraße 8, Berlin, SW." Der Vertreter
des "Matin" nahm alle Pläne, fuhr damit zu der französi-
schen Botschaft in London und übergab die Pläne dem Marine-
attachee Kapitän Mercier de Lostende, welcher die Pläne für
authentisch und echt erklärte und hinzufügte, sie hätten die
größte Wichtigkeit. Das ist die neueste Bombe, welche ange-
sichts der Kammereröffnung gegen die Regierung geschleudert
wird. -- Ferner wird aus Berlin gemeldet: Die Spionage-
geschichte des "Matin" begegnet hier begreiflichem Zweifel.
Allerdings ergaben Erkundigungen im "Hotel Thüringerhof",
daß dort vor einigen Wochen vorübergehend ein Friedrich
Scholtz gewohnt habe. Die "Vossische Zeitung" bemerkt, daß
vieles in dieser Geschichte windig erscheint. Das zufällige Zu-
sammentreffen eines abgestraften Spions mit zwei aktiven
Spionen würde, obwohl es romantisch klingt, noch angehen.
Allein nur für ganz naive Leute ist es glaubhaft, daß Spione,
wenn sie verreisen, wichtiges Material zurücklassen, so daß
andere Personen sich dessen bemächtigen können. Ferner würde
ein so durchtriebener Spion, wie es der genannte Fragola
sein soll, von solch wertvollen Schriftstücken anderen Gebrauch
machen, als sie einem Zeitungsberichterstatter zu überlassen.

Schrecklicher Selbstmord.

Aus Bakau wird uns
geschrieben: Der Bauer Vasile Jorga aus Olt (Distrikt
Bakau) litt seit langer Zeit an Podagra, jener schrecklichen
Krankheit, die unter den Bauern des ganzen Landes wütet,
weshalb er beschloß, seinem traurigen, gequälten Leben ein
Ende zu machen. Am 11. d. M. ging er in der Nacht
heimlich auf das hinter seinem Hause sich erstreckende Feld,
erklomm einen riesigen Strohhaufen, wühlte sich tief hinein,
so daß er von allen Seiten eingeschlossen war, und zündete
das Stroh an. Erst nach einer halben Stunde, und nach-
dem das Feuer schon fast ganz niedergebrannt war, stürzten
die Bauern zu Hilfe herbei. Sie kamen zu spät. Vor ihren
Augen lag inmitten glimmender Funken und Flammen eine
gänzlich verkohlte Leiche.

Ein elektrisch beleuchtetes Dorf.

Aus Bukarest
wird uns geschrieben: Wenn irgend jemand behaupten sollte,
daß Rumänien arm an Sehenswürdigkeiten ist, so hat er
entschieden Unrecht. Zum Beweise hiefür wird aus Prahova
geschrieben, daß das Dorf Pojana Zapulei -- elektrisch be-
leuchtet ist, eine Einrichtung, die man dem braven Ge-
meindevorsteher Aron Inga zu verdanken hat. Er hatte
nämlich mit der Direktion der in der Nähe befindlichen,
elektrisch beleuchteten Papierfabrik Schiel & Komp.

Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 20. Mai 1904.

[Spaltenumbruch]
Antiruſſiſche Geſinnung in China. (Priv.-Tel. d. „Cz. Allg.
Ztg.“)

Die ruſſiſche Militärbehörde in Liaojang
ſchreibt die antiruſſiſche Geſinnung der Chineſen
in der Mandſchurei, die überall Schwierigkeiten bereiten,
geheimen Befehlen aus Peking zu. Man iſt auch
davon unterrichtet, daß General Ma, der über 13.000 Mann
guter Truppen und vierzig Geſchütze verfügt, der Befehle
wartet. Auch die chineſiſche Flotte wird in aller
Stille mobiliſiert.

Ebenbürtige Gegner. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg.
Ztg.“)

Kuropatkin beſuchte ein Feldlazarett, in welchem
verwundete Ruſſen und Japaner lagen. Er trat auf einen
ſchwerverwundeten japaniſchen Gardeſoldaten zu und ſagte,
nachdem er ſich teilnahmsvoll über deſſen Befinden erkundigt
hatte, zu ihm: „Wir ſind ſtolz auf ſolche Gegner
wie Ihr es ſeid“.

Eine Reiſe über den Kriegsſchauplatz.

Memirowitſch Dautſchenko
telegraphierte aus Laojan am 13. Mai: Nachdem ich die in
Flammen ſtehende Station Bafandjan erreicht hatte, wollte
ich mich über Laojan zum Oſtdetachement des Generals Saſ-
ſulitſch begeben. Die Nacht war hereingebrochen. Ueber den
Bergen wölbte ſich ein vom Feuerſchein geröteter Himmel. Ab
und zu hörte man Schüſſe. Es erſchienen Chineſen, die Klage
darüber führen, daß Difanguan noch acht ruſſenfreundliche
Chineſen köpfen ließ. Die ganze Nacht übermittelte der Tele-
graph Meldungen an das Hauptquartier. Am Morgen traf
vom Norden her ein enormer Eiſenbahnzug mit einigen Loko-
motiven ein. Er mußte um jeden Preis noch nach Port
Arthur gelangen. Das gemeldete Wiedererſcheinen der Japaner
machte die Fahrt höchſt gefahrvoll. Zwei Schwadronen der
Grenzwache rückten aus, um die Gegend auszukundſchaften.
Durch zwei Reihen Eiſenbahnſchwellen gegen das feindliche
Feuer geſchützte Plattformen nahmen eine Kompagnie des
Amureiſenbahn-Bataillons auf. Als Vorhut wurde eine Loko-
motive mit Sekondeleutnant Sawadski und Leutnant v. Roop
und bewaffneten Eiſenbahnarbeitern abgelaſſen. Auch ich befand
mich auf dieſer Lokomotive. Die Aufgabe derſelben war, eine
Gefahr rechtzeitig zu entdecken und den nachfolgenden Zug
durch Signale zu verſtändigen, deſſen Rückzug decken durch
Herausforderung des Feindes gegen ſich und, falls nötig, ſich
durch eine vorbereitete Pyroxilingranate in die Luft zu ſprengen.
„Mit Gott“ erſcholl das Kommando Spiridonows, dann ſetzte
ſich die Lokomotive in Bewegung. Von Bafandjan waren nur
noch rauchende Trümmer übrig. Ringsum grünende Einöde
mit den blauen Silhouetten ferner Berge, dazwiſchen kleine
blühende Gärten chineſiſcher Dörfer. Ab und zu ſieht man
ſeitwärts türkisfarbiges Meer. Der Taifun hat ſich gelegt,
und nichts mehr hindert die Landung der Japaner. Spähend
betrachten wir Bergabgänge, Schluchten und tiefe Gräben, in
denen feindliche Kompagnien verborgen ſein können. Ein gut
gezielter Schuß aus einem Feldgeſchütz würde genügen, um
den uns folgenden langen Bahnzug zu vernichten. In Pu-
landjan iſt alles ruhig. Die verbrannte Station gleicht einem
Grabe. Wir überholen unſere Kundſchafter, die zu ſpät aus-
gezogen waren. Feinde hatten ſie nicht entdeckt. Die von den
Japanern geſprengte, von Spiridonowitſch reparierte Brücke
wird von den Unſrigen bewacht. Auch dort hatte der Feind ſich
nicht gezeigt. Santſchilin war bereits von unſeren Truppen




gigantiſcher Güterbahnhof macht mit ſeinen wüſten und
ſchmutzigen, zum Teil überſchwemmten Straßen einen fürchter-
lich entmutigenden Eindruck. Und ſchon geht er über die Eaſt-
Brücke hinweg nach St. Louis hinüber. Unten eilen die
reißenden grauen Waſſer des Vaters der Strome. Drüben
liegen ein paar jener ungeheuren, aus tauſend Bildern be-
kannten Miſſiſſippidampfer. Mit einem Blick möchte der An-
kömmling den Aſpekt der Stadt umfaſſen, möchte irgend einen
freundlichen Gruß erhaſchen, den ſie ihm entgegenwinkt. Nichts.
Alles iſt in grauen Schmutz getaucht, die Dächer, die Straßen,
durch die der Zug führt, und nirgends eine Lücke mit dem
Ausblick auf ein Zeichen, daß man ſich in der Feſtſtadt be-
findet. Wie wunderbar grüßte der blaue Michiganſee, in deſſen
Fluten ſich die goldenen Kuppeln ſpiegelten; Eiffelturm, Tro-
cadero und die herrliche Kirche Sacré-Coeur tauchen in der
Erinnerung auf; hier aber iſt nichts, St. Louis kümmert ſich
den Teufel um den Fremden, den er eingeladen hat, es bietet
eine Einfahrt, die alle Begeiſterung totſchlägt und den An-
kömmling mit banger Erwartung erfüllt.

„Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder ge-
kommen?
Sind’s unmenſchliche Räuber und ſittenloſe Barbaren;
Oder Diener der Götter und Freunde des heiligen
Gaſtrechts?“

In das Gewühl eines lärmenden, gigantiſchen, von
Staub und Schmutz erfüllten Bahnhofs ergießt der vornehme
Zug ſeine lebendige Fracht, die ſich nach allen Windrichtungen
zerſtreut. Und vom Bahnhof aus ſteigt der Fremde un-
mittelbar in ein Treiben hinab, aus dem ihm die höchſte
Potenz des modernen, unfertigen Amerika entgegengrinſt.
Zwiſchen den ſchmutzigen bemalten und beklebten, baufälligen
Holzhäuſern und auf den entſetzlich gepflaſterten, dreckigen
Straßen mit ihren rohen Telegraphenpfählen, Salons, Stiefel-
wichſern, heulenden Zeitungsjungen und wild darauflosjagenden
elektriſchen Wagen wogt und wühlt es von Negern, Dreck und
Volk. Unabſehbar dehnen ſich die Straßen, bald angebaut,
bald leer und rieſigen Trümmerhauſen gleichend. Neben dem
modernen Hotel ſieht man ſtaunend eine Bude mit Feuer-
freſſern, Schlangenbeſchwörern und Wahrſagern. Der erſte
Eindruck von St. Louis iſt der eines ungeheueren, von
wildem Leben erfüllten Dorfes. Aber — appearances are
deceitful.
Was die Ausſtellungsſtadt wirklich iſt und was
ſie dem Fremden zu ſagen hat, das wird ſich bald genug
herausſtellen.


[Spaltenumbruch]

beſetzt. Wir hören die frohe Botſchaft, daß die am Vorabend
vom Feinde eingeſchloſſenen 36 Soldaten, die von unſerer
Kintſchou-Abteilung geſucht wurden, ſich glücklich durchgeſchlagen
hatten. Fern am Meere verrär eine aufwirbelnde Staubwolke
Kavallerie. Wir machen Halt und erkennen durch das Binokle
unſere Reiter, die General Fock uns entgegengeſchickt hat. Die
Soldaten ſchreien, uns entgegenſprengend, Hurra. Auf der
Station Kintſchou beglückwünſchte uns der General mit ſeinem
Stabe zu dem Gelingen des gefährlichen Unternehmens. „Nun
habt ihr Port Arthur ganz geſättigt“, ſagte er, „wir können
nun ruhig ſein.“ Der Zug ſetzt die Fahrt fort durch eine
gutbewachte Gegend. Aus Port Arthur traf ein begeiſtertes
Danktelegramm ein. Auf der Station hörte man wiederholt
in der Ferne Exploſionen. Die Molen, Häuſer, Docks und
Kai in Dalny werden zerſtört. Die Stimmung in Laojan iſt
vorzüglich. Neue Truppen treffen ununterbrochen ein. Der er-
wartete Vormarſch der Japaner iſt nicht ſehr energiſch. Man
glaubt, der Feind habe bei Kwantung nur eine Demonſtration
inſzeniert und laſſe ſeine Geſamtkräfte gegen Laojan vorrücken.




Vom Tage.


Oeſterreichiſche Delegation. (Korr.-B.)

In der nachmit-
tägigen Verhandlung des Budgetausſchuſſes der öſterreichi-
ſchen Delegation ſprachen die meiſten Redner ihr Befremden
und ihre ziemliche Ueberraſchung nicht ſo ſehr über die
Höhe der außerordentlichen Anforderungen der Kriegsver-
waltung, als insbeſondere über deren plötzliches, unvor-
bereitetes Auftauchen, welches auf frühere Verſäumniſſe hin-
zudeuten ſcheine, aus. Wenn auch die heutigen offenen Er-
klärungen des Miniſters geeignet ſeien, volle Beruhigung zu
erwecken, wäre es jedenfalls beſſer geweſen, die Bevölkerung
rechtzeitig über den Umfang und die Notwendigkeit der An-
ſchaffungen zu informieren. Faſt ſämtliche Redner ſprechen
Bedenken gegen die Idee des Refundierungsſyſtems aus,
wodurch doch wieder die Steuerträger die Koſten der neuen
Anſchaffungen aufzubringen haben werden und behalten ſich
die Beſprechung der finanziellen Seite bis nach den Auf-
klärungen des Finanzminiſters vor. Kriegsminiſter Pit-
reich
wiederholte, daß es ſich lediglich um die ſchnellere
Beſchaffung der notwendigen Mittel für die vollſtändige
Sicherſtellung der Schlagfertigkeit der Wehrmacht und der
Monarchie handle, was bei Inanſpruchnahme der bisherigen
kleinen Raten nicht möglich wäre. Der Ausſchuß nahm die
Voranſchläge des gemeinſamen Finanzminiſteriums und des
Oberſten Gerichtshofes an.




Zum Expoſé Goluchowski’s.

Die „Italie“ betont die große Be-
deutung des Expoſés des Grafen Goluchowski und ſagt,
aus dieſer Erklärung gehe insbeſondere die vollſtändige
Uebereinſtimmung der Gedanken der öſterreichiſch-ungariſchen
und der italieniſchen Regierung hervor. Aus dieſer Identität
der Anſichten könne man ſchließen, daß auf der Grundlage
gegenſeitiger Zugeſtändniſſe der Abſchluß eines Handelsver-
trages gelingen werde. Die Erklärungen Goluchowskis ſeien
die ſicherſte Gewähr, daß nichts vorfallen werde, was die in
ſo glücklicher Weiſe beſtehenden, von Tittoni gefeſtigten Be-
ziehungen zwiſchen den beiden befreundeten und verbündeten
Mächten trüben könnte.

In Beſprechung des Expoſés des
Miniſters des Aeußern Grafen Goluchowski ſagt „Daily
Graphic“: „Mit Freude begrüßen wir in den Erklärungen
des Miniſters die Ermunterung, die politiſche Weltlage
hoffnungsvoll, ja ſelbſt mit einem gewiſſen Vertrauen an-
zuſehen.




Eine neue Drohung an die Türkei. (Priv.-Tel. der „Cz.
Allg. Ztg.“)

Viel bemerkt wird der Umſtand, daß nach der
Abreiſe des öſterreichiſch-ungariſchen Botſchafters Calice
nun auch der ruſſiſche Botſchafter Sinowjeff Konſtanti-
nopel verlaſſen hat. In diplomatiſchen Kreiſen wird behauptet:
Dieſe Abreiſen bedeuten eine neue Drohung
gegen die Türkei, damit ſie ihre renitente
Haltung gegen die Reformaktion aufgebe.




Das Wahlergebnis und die Zukunft des
Kabinetts.
(Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Nachdem das endgiltige Wahlergebnis, das nun zu Gunſten
des Miniſteriums Combes ausfiel, bekannt iſt, beginnen die
Nationaliſten und Klerikalen eine neue Kampagne, die ſich
gegen das Miniſterium wendet. Man weiſt von dieſer Seite
darauf hin, daß die brennenden Fragen, die ſchon lange der
Erledigung harren, noch immer nicht auf der Tagesordnung
der allernächſten Kammerverhandlungen ſtehen. Da die
Kongregationsfrage aber ſchon ſo gut wie erledigt iſt, wird
man wahrſcheinlich, um dieſe Vorwürfe zu entkräften, gleich
nach den Pfingſtferien die Arbeiterverſorgungsfrage in An-
griff nehmen.




[Spaltenumbruch]
Bunte Chronik.


Verhaftung eines Pfarrers.

Unſer Lem-
berger
Korreſpondent ſchreibt uns: Wie hieher ge-
meldet wird, iſt der Pfarrer Popiel in Dlugopole bei
Kuty durch den Unterſuchungsrichter verhaftet und mit
Gendarmerie-Eskorte nach Kolomea abgeführt worden. Die
Gründe der Verhaftung werden vorläufig geheimgehalten.

Großer Brand in Galizien.

Aus Lemberg
wird uns unter dem Heutigen telegraphiert: Das Städt-
chen Delatyn bei Kolomea iſt faſt vollſtändig niederge-
brannt.
200 Häuſer ſind von den Flammen in Schutt ver-
wandelt worden, 500 Familien ſind obdachlos. — Damit iſt
die Serie von Bränden, von denen unſer armes Nachbarland
alljährlich heimgeſucht wird, um eine neue traurige Nummer
bereichert worden.

Ein Tugendbund.

Anläßlich des Todes von Jenny
Groß wurde vom Vorſtand des neuen Berliner Bühnen-
klubs, den Herren Rickelt, Georg Engels, Reicher, W. Kuhnert
beſchloſſen, der Dahingeſchiedenen wegen des unmoraliſchen
Lebens, das ſie geführt hatte, keine Kranzſpende zu ſtiften.
Zehn Mitglieder haben infolgedeſſen ihren Austritt erklärt. —
So ſchreibt der „Welt am Montag“ einer, der nach dieſem
Vorkommnis auch aus dem Klub ausgetreten iſt. Die ſeltſame
Kunde wird, ſo fügt das Blatt hinzu, allgemein Kopfſchütteln
erregen. Hat es ſich der neue Berliner Bühnenklub etwa zur
beſonderen Aufgabe gemacht, die Sittenführung des Schau-
ſpielerſtandes zu überwachen? In dieſem Falle hätte er gut
getan, bei Lebzeiten der Groß auf ihren Lebenswandel einzu-
wirken. Ich glaube auch nicht, daß die Maßnahme die Leben-
den von gleicher Unmoral abſchrecken wird. Die Sünde iſt
ein zu ſüßes Ding, als daß man ihren Lockungen im Hin-
blick auf die drohende Verſagung einer Kranzſpende durch den
Bühnenklub widerſtehen könnte. In dem Beſchluß liegt eine
höchſt überflüſſige Proſtituierung der Toten.

Ballonauſſtieg.

Aus Paris, 17. Mai wird be-
richtet: Der neue Aufſtieg Santos Dumonts mit ſeinem
Ballon Nr. 7 fand geſtern zur vollſten Zufriedenheit Dumonts
ſtatt. Der Ballon iſt für die Weltausſtellung in St. Louis
beſtimmt.

Eine myſteriöſe Spionagegeſchichte.

Der Pariſer
„Matin“ bringt, wie bereits telegraphiert, ſenſationelle
Enthüllungen über eine geſcheiterte Spionage. Wichtige Pläne
über alle Kriegsvorbereitungen und Verteidigungseinrichtungen
ſollten an Deutſchland verkauft werden, aber es ſei durch Ver-
mittlung eines Dalmatiners aus Spalato, Namens Fragola
Pietro, dem „Matin“ gelungen, an Stelle Deutſchlands zu
treten und die Dokumente zurückzukaufen. Fragola Pietro hat
in London mit dem Vertreter des „Matin“ über die Sache
verhandelt. In ſeiner Unterredung mit dem Korreſpondenten,
welcher den Fragola fragte: „Welche Sprache ſprechen Sie?“,
antwortete Fragola: „Dalmatiniſch und italieniſch“. Das kann
ein Dalmatiner nicht geſagt haben. War es am Ende ein
falſcher Dalmatiner? Fragola hätte die Pläne, teils im
Original, teils in der Abſchrift, von Breſt, Cherburg
und Toulon dem „Matin“ übergeben. Unter den Plänen
befand ſich ein franzöſiſch abgefaßter, mit den Buch-
ſtaben I. S. E. unterzeichneter Brief, in welchem Jemand zu
einem Rendezvous im „Thüringer Hof“ in Berlin aufgefordert
wird. Neben dem Brief lag eine Viſitkarte mit dem Namen
Felix Friedrich Scholz, und darauf mit Bleiſtift folgende
Adreſſe: „Hedemannſtraße 8, Berlin, SW.“ Der Vertreter
des „Matin“ nahm alle Pläne, fuhr damit zu der franzöſi-
ſchen Botſchaft in London und übergab die Pläne dem Marine-
attachee Kapitän Mercier de Loſtende, welcher die Pläne für
authentiſch und echt erklärte und hinzufügte, ſie hätten die
größte Wichtigkeit. Das iſt die neueſte Bombe, welche ange-
ſichts der Kammereröffnung gegen die Regierung geſchleudert
wird. — Ferner wird aus Berlin gemeldet: Die Spionage-
geſchichte des „Matin“ begegnet hier begreiflichem Zweifel.
Allerdings ergaben Erkundigungen im „Hotel Thüringerhof“,
daß dort vor einigen Wochen vorübergehend ein Friedrich
Scholtz gewohnt habe. Die „Voſſiſche Zeitung“ bemerkt, daß
vieles in dieſer Geſchichte windig erſcheint. Das zufällige Zu-
ſammentreffen eines abgeſtraften Spions mit zwei aktiven
Spionen würde, obwohl es romantiſch klingt, noch angehen.
Allein nur für ganz naive Leute iſt es glaubhaft, daß Spione,
wenn ſie verreiſen, wichtiges Material zurücklaſſen, ſo daß
andere Perſonen ſich deſſen bemächtigen können. Ferner würde
ein ſo durchtriebener Spion, wie es der genannte Fragola
ſein ſoll, von ſolch wertvollen Schriftſtücken anderen Gebrauch
machen, als ſie einem Zeitungsberichterſtatter zu überlaſſen.

Schrecklicher Selbſtmord.

Aus Bakau wird uns
geſchrieben: Der Bauer Vaſile Jorga aus Olt (Diſtrikt
Bakau) litt ſeit langer Zeit an Podagra, jener ſchrecklichen
Krankheit, die unter den Bauern des ganzen Landes wütet,
weshalb er beſchloß, ſeinem traurigen, gequälten Leben ein
Ende zu machen. Am 11. d. M. ging er in der Nacht
heimlich auf das hinter ſeinem Hauſe ſich erſtreckende Feld,
erklomm einen rieſigen Strohhaufen, wühlte ſich tief hinein,
ſo daß er von allen Seiten eingeſchloſſen war, und zündete
das Stroh an. Erſt nach einer halben Stunde, und nach-
dem das Feuer ſchon faſt ganz niedergebrannt war, ſtürzten
die Bauern zu Hilfe herbei. Sie kamen zu ſpät. Vor ihren
Augen lag inmitten glimmender Funken und Flammen eine
gänzlich verkohlte Leiche.

Ein elektriſch beleuchtetes Dorf.

Aus Bukareſt
wird uns geſchrieben: Wenn irgend jemand behaupten ſollte,
daß Rumänien arm an Sehenswürdigkeiten iſt, ſo hat er
entſchieden Unrecht. Zum Beweiſe hiefür wird aus Prahova
geſchrieben, daß das Dorf Pojana Zapulei — elektriſch be-
leuchtet iſt, eine Einrichtung, die man dem braven Ge-
meindevorſteher Aron Inga zu verdanken hat. Er hatte
nämlich mit der Direktion der in der Nähe befindlichen,
elektriſch beleuchteten Papierfabrik Schiel & Komp.

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[2/0002] Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 20. Mai 1904. Antiruſſiſche Geſinnung in China. Petersburg, 19. Mai. (Priv.-Tel. d. „Cz. Allg. Ztg.“) Die ruſſiſche Militärbehörde in Liaojang ſchreibt die antiruſſiſche Geſinnung der Chineſen in der Mandſchurei, die überall Schwierigkeiten bereiten, geheimen Befehlen aus Peking zu. Man iſt auch davon unterrichtet, daß General Ma, der über 13.000 Mann guter Truppen und vierzig Geſchütze verfügt, der Befehle wartet. Auch die chineſiſche Flotte wird in aller Stille mobiliſiert. Ebenbürtige Gegner. Petersburg, 19. Mai. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Kuropatkin beſuchte ein Feldlazarett, in welchem verwundete Ruſſen und Japaner lagen. Er trat auf einen ſchwerverwundeten japaniſchen Gardeſoldaten zu und ſagte, nachdem er ſich teilnahmsvoll über deſſen Befinden erkundigt hatte, zu ihm: „Wir ſind ſtolz auf ſolche Gegner wie Ihr es ſeid“. Eine Reiſe über den Kriegsſchauplatz. Petersburg, 17. Mai. Memirowitſch Dautſchenko telegraphierte aus Laojan am 13. Mai: Nachdem ich die in Flammen ſtehende Station Bafandjan erreicht hatte, wollte ich mich über Laojan zum Oſtdetachement des Generals Saſ- ſulitſch begeben. Die Nacht war hereingebrochen. Ueber den Bergen wölbte ſich ein vom Feuerſchein geröteter Himmel. Ab und zu hörte man Schüſſe. Es erſchienen Chineſen, die Klage darüber führen, daß Difanguan noch acht ruſſenfreundliche Chineſen köpfen ließ. Die ganze Nacht übermittelte der Tele- graph Meldungen an das Hauptquartier. Am Morgen traf vom Norden her ein enormer Eiſenbahnzug mit einigen Loko- motiven ein. Er mußte um jeden Preis noch nach Port Arthur gelangen. Das gemeldete Wiedererſcheinen der Japaner machte die Fahrt höchſt gefahrvoll. Zwei Schwadronen der Grenzwache rückten aus, um die Gegend auszukundſchaften. Durch zwei Reihen Eiſenbahnſchwellen gegen das feindliche Feuer geſchützte Plattformen nahmen eine Kompagnie des Amureiſenbahn-Bataillons auf. Als Vorhut wurde eine Loko- motive mit Sekondeleutnant Sawadski und Leutnant v. Roop und bewaffneten Eiſenbahnarbeitern abgelaſſen. Auch ich befand mich auf dieſer Lokomotive. Die Aufgabe derſelben war, eine Gefahr rechtzeitig zu entdecken und den nachfolgenden Zug durch Signale zu verſtändigen, deſſen Rückzug decken durch Herausforderung des Feindes gegen ſich und, falls nötig, ſich durch eine vorbereitete Pyroxilingranate in die Luft zu ſprengen. „Mit Gott“ erſcholl das Kommando Spiridonows, dann ſetzte ſich die Lokomotive in Bewegung. Von Bafandjan waren nur noch rauchende Trümmer übrig. Ringsum grünende Einöde mit den blauen Silhouetten ferner Berge, dazwiſchen kleine blühende Gärten chineſiſcher Dörfer. Ab und zu ſieht man ſeitwärts türkisfarbiges Meer. Der Taifun hat ſich gelegt, und nichts mehr hindert die Landung der Japaner. Spähend betrachten wir Bergabgänge, Schluchten und tiefe Gräben, in denen feindliche Kompagnien verborgen ſein können. Ein gut gezielter Schuß aus einem Feldgeſchütz würde genügen, um den uns folgenden langen Bahnzug zu vernichten. In Pu- landjan iſt alles ruhig. Die verbrannte Station gleicht einem Grabe. Wir überholen unſere Kundſchafter, die zu ſpät aus- gezogen waren. Feinde hatten ſie nicht entdeckt. Die von den Japanern geſprengte, von Spiridonowitſch reparierte Brücke wird von den Unſrigen bewacht. Auch dort hatte der Feind ſich nicht gezeigt. Santſchilin war bereits von unſeren Truppen gigantiſcher Güterbahnhof macht mit ſeinen wüſten und ſchmutzigen, zum Teil überſchwemmten Straßen einen fürchter- lich entmutigenden Eindruck. Und ſchon geht er über die Eaſt- Brücke hinweg nach St. Louis hinüber. Unten eilen die reißenden grauen Waſſer des Vaters der Strome. Drüben liegen ein paar jener ungeheuren, aus tauſend Bildern be- kannten Miſſiſſippidampfer. Mit einem Blick möchte der An- kömmling den Aſpekt der Stadt umfaſſen, möchte irgend einen freundlichen Gruß erhaſchen, den ſie ihm entgegenwinkt. Nichts. Alles iſt in grauen Schmutz getaucht, die Dächer, die Straßen, durch die der Zug führt, und nirgends eine Lücke mit dem Ausblick auf ein Zeichen, daß man ſich in der Feſtſtadt be- findet. Wie wunderbar grüßte der blaue Michiganſee, in deſſen Fluten ſich die goldenen Kuppeln ſpiegelten; Eiffelturm, Tro- cadero und die herrliche Kirche Sacré-Coeur tauchen in der Erinnerung auf; hier aber iſt nichts, St. Louis kümmert ſich den Teufel um den Fremden, den er eingeladen hat, es bietet eine Einfahrt, die alle Begeiſterung totſchlägt und den An- kömmling mit banger Erwartung erfüllt. „Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder ge- kommen? Sind’s unmenſchliche Räuber und ſittenloſe Barbaren; Oder Diener der Götter und Freunde des heiligen Gaſtrechts?“ In das Gewühl eines lärmenden, gigantiſchen, von Staub und Schmutz erfüllten Bahnhofs ergießt der vornehme Zug ſeine lebendige Fracht, die ſich nach allen Windrichtungen zerſtreut. Und vom Bahnhof aus ſteigt der Fremde un- mittelbar in ein Treiben hinab, aus dem ihm die höchſte Potenz des modernen, unfertigen Amerika entgegengrinſt. Zwiſchen den ſchmutzigen bemalten und beklebten, baufälligen Holzhäuſern und auf den entſetzlich gepflaſterten, dreckigen Straßen mit ihren rohen Telegraphenpfählen, Salons, Stiefel- wichſern, heulenden Zeitungsjungen und wild darauflosjagenden elektriſchen Wagen wogt und wühlt es von Negern, Dreck und Volk. Unabſehbar dehnen ſich die Straßen, bald angebaut, bald leer und rieſigen Trümmerhauſen gleichend. Neben dem modernen Hotel ſieht man ſtaunend eine Bude mit Feuer- freſſern, Schlangenbeſchwörern und Wahrſagern. Der erſte Eindruck von St. Louis iſt der eines ungeheueren, von wildem Leben erfüllten Dorfes. Aber — appearances are deceitful. Was die Ausſtellungsſtadt wirklich iſt und was ſie dem Fremden zu ſagen hat, das wird ſich bald genug herausſtellen. beſetzt. Wir hören die frohe Botſchaft, daß die am Vorabend vom Feinde eingeſchloſſenen 36 Soldaten, die von unſerer Kintſchou-Abteilung geſucht wurden, ſich glücklich durchgeſchlagen hatten. Fern am Meere verrär eine aufwirbelnde Staubwolke Kavallerie. Wir machen Halt und erkennen durch das Binokle unſere Reiter, die General Fock uns entgegengeſchickt hat. Die Soldaten ſchreien, uns entgegenſprengend, Hurra. Auf der Station Kintſchou beglückwünſchte uns der General mit ſeinem Stabe zu dem Gelingen des gefährlichen Unternehmens. „Nun habt ihr Port Arthur ganz geſättigt“, ſagte er, „wir können nun ruhig ſein.“ Der Zug ſetzt die Fahrt fort durch eine gutbewachte Gegend. Aus Port Arthur traf ein begeiſtertes Danktelegramm ein. Auf der Station hörte man wiederholt in der Ferne Exploſionen. Die Molen, Häuſer, Docks und Kai in Dalny werden zerſtört. Die Stimmung in Laojan iſt vorzüglich. Neue Truppen treffen ununterbrochen ein. Der er- wartete Vormarſch der Japaner iſt nicht ſehr energiſch. Man glaubt, der Feind habe bei Kwantung nur eine Demonſtration inſzeniert und laſſe ſeine Geſamtkräfte gegen Laojan vorrücken. Vom Tage. Czernowitz, 19. Mai 1904. Oeſterreichiſche Delegation. Budapeſt, 18. Mai. (Korr.-B.) In der nachmit- tägigen Verhandlung des Budgetausſchuſſes der öſterreichi- ſchen Delegation ſprachen die meiſten Redner ihr Befremden und ihre ziemliche Ueberraſchung nicht ſo ſehr über die Höhe der außerordentlichen Anforderungen der Kriegsver- waltung, als insbeſondere über deren plötzliches, unvor- bereitetes Auftauchen, welches auf frühere Verſäumniſſe hin- zudeuten ſcheine, aus. Wenn auch die heutigen offenen Er- klärungen des Miniſters geeignet ſeien, volle Beruhigung zu erwecken, wäre es jedenfalls beſſer geweſen, die Bevölkerung rechtzeitig über den Umfang und die Notwendigkeit der An- ſchaffungen zu informieren. Faſt ſämtliche Redner ſprechen Bedenken gegen die Idee des Refundierungsſyſtems aus, wodurch doch wieder die Steuerträger die Koſten der neuen Anſchaffungen aufzubringen haben werden und behalten ſich die Beſprechung der finanziellen Seite bis nach den Auf- klärungen des Finanzminiſters vor. Kriegsminiſter Pit- reich wiederholte, daß es ſich lediglich um die ſchnellere Beſchaffung der notwendigen Mittel für die vollſtändige Sicherſtellung der Schlagfertigkeit der Wehrmacht und der Monarchie handle, was bei Inanſpruchnahme der bisherigen kleinen Raten nicht möglich wäre. Der Ausſchuß nahm die Voranſchläge des gemeinſamen Finanzminiſteriums und des Oberſten Gerichtshofes an. Zum Expoſé Goluchowski’s. Rom, 18. Mai. Die „Italie“ betont die große Be- deutung des Expoſés des Grafen Goluchowski und ſagt, aus dieſer Erklärung gehe insbeſondere die vollſtändige Uebereinſtimmung der Gedanken der öſterreichiſch-ungariſchen und der italieniſchen Regierung hervor. Aus dieſer Identität der Anſichten könne man ſchließen, daß auf der Grundlage gegenſeitiger Zugeſtändniſſe der Abſchluß eines Handelsver- trages gelingen werde. Die Erklärungen Goluchowskis ſeien die ſicherſte Gewähr, daß nichts vorfallen werde, was die in ſo glücklicher Weiſe beſtehenden, von Tittoni gefeſtigten Be- ziehungen zwiſchen den beiden befreundeten und verbündeten Mächten trüben könnte. London, 18. Mai. In Beſprechung des Expoſés des Miniſters des Aeußern Grafen Goluchowski ſagt „Daily Graphic“: „Mit Freude begrüßen wir in den Erklärungen des Miniſters die Ermunterung, die politiſche Weltlage hoffnungsvoll, ja ſelbſt mit einem gewiſſen Vertrauen an- zuſehen. Eine neue Drohung an die Türkei. Konſtantinopel, 19. Mai. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Viel bemerkt wird der Umſtand, daß nach der Abreiſe des öſterreichiſch-ungariſchen Botſchafters Calice nun auch der ruſſiſche Botſchafter Sinowjeff Konſtanti- nopel verlaſſen hat. In diplomatiſchen Kreiſen wird behauptet: Dieſe Abreiſen bedeuten eine neue Drohung gegen die Türkei, damit ſie ihre renitente Haltung gegen die Reformaktion aufgebe. Das Wahlergebnis und die Zukunft des Kabinetts. Paris, 19. Mai. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Nachdem das endgiltige Wahlergebnis, das nun zu Gunſten des Miniſteriums Combes ausfiel, bekannt iſt, beginnen die Nationaliſten und Klerikalen eine neue Kampagne, die ſich gegen das Miniſterium wendet. Man weiſt von dieſer Seite darauf hin, daß die brennenden Fragen, die ſchon lange der Erledigung harren, noch immer nicht auf der Tagesordnung der allernächſten Kammerverhandlungen ſtehen. Da die Kongregationsfrage aber ſchon ſo gut wie erledigt iſt, wird man wahrſcheinlich, um dieſe Vorwürfe zu entkräften, gleich nach den Pfingſtferien die Arbeiterverſorgungsfrage in An- griff nehmen. Bunte Chronik. Czernowitz, 19. Mai 1904. Verhaftung eines Pfarrers. Unſer Lem- berger Korreſpondent ſchreibt uns: Wie hieher ge- meldet wird, iſt der Pfarrer Popiel in Dlugopole bei Kuty durch den Unterſuchungsrichter verhaftet und mit Gendarmerie-Eskorte nach Kolomea abgeführt worden. Die Gründe der Verhaftung werden vorläufig geheimgehalten. Großer Brand in Galizien. Aus Lemberg wird uns unter dem Heutigen telegraphiert: Das Städt- chen Delatyn bei Kolomea iſt faſt vollſtändig niederge- brannt. 200 Häuſer ſind von den Flammen in Schutt ver- wandelt worden, 500 Familien ſind obdachlos. — Damit iſt die Serie von Bränden, von denen unſer armes Nachbarland alljährlich heimgeſucht wird, um eine neue traurige Nummer bereichert worden. Ein Tugendbund. Anläßlich des Todes von Jenny Groß wurde vom Vorſtand des neuen Berliner Bühnen- klubs, den Herren Rickelt, Georg Engels, Reicher, W. Kuhnert beſchloſſen, der Dahingeſchiedenen wegen des unmoraliſchen Lebens, das ſie geführt hatte, keine Kranzſpende zu ſtiften. Zehn Mitglieder haben infolgedeſſen ihren Austritt erklärt. — So ſchreibt der „Welt am Montag“ einer, der nach dieſem Vorkommnis auch aus dem Klub ausgetreten iſt. Die ſeltſame Kunde wird, ſo fügt das Blatt hinzu, allgemein Kopfſchütteln erregen. Hat es ſich der neue Berliner Bühnenklub etwa zur beſonderen Aufgabe gemacht, die Sittenführung des Schau- ſpielerſtandes zu überwachen? In dieſem Falle hätte er gut getan, bei Lebzeiten der Groß auf ihren Lebenswandel einzu- wirken. Ich glaube auch nicht, daß die Maßnahme die Leben- den von gleicher Unmoral abſchrecken wird. Die Sünde iſt ein zu ſüßes Ding, als daß man ihren Lockungen im Hin- blick auf die drohende Verſagung einer Kranzſpende durch den Bühnenklub widerſtehen könnte. In dem Beſchluß liegt eine höchſt überflüſſige Proſtituierung der Toten. Ballonauſſtieg. Aus Paris, 17. Mai wird be- richtet: Der neue Aufſtieg Santos Dumonts mit ſeinem Ballon Nr. 7 fand geſtern zur vollſten Zufriedenheit Dumonts ſtatt. Der Ballon iſt für die Weltausſtellung in St. Louis beſtimmt. Eine myſteriöſe Spionagegeſchichte. Der Pariſer „Matin“ bringt, wie bereits telegraphiert, ſenſationelle Enthüllungen über eine geſcheiterte Spionage. Wichtige Pläne über alle Kriegsvorbereitungen und Verteidigungseinrichtungen ſollten an Deutſchland verkauft werden, aber es ſei durch Ver- mittlung eines Dalmatiners aus Spalato, Namens Fragola Pietro, dem „Matin“ gelungen, an Stelle Deutſchlands zu treten und die Dokumente zurückzukaufen. Fragola Pietro hat in London mit dem Vertreter des „Matin“ über die Sache verhandelt. In ſeiner Unterredung mit dem Korreſpondenten, welcher den Fragola fragte: „Welche Sprache ſprechen Sie?“, antwortete Fragola: „Dalmatiniſch und italieniſch“. Das kann ein Dalmatiner nicht geſagt haben. War es am Ende ein falſcher Dalmatiner? Fragola hätte die Pläne, teils im Original, teils in der Abſchrift, von Breſt, Cherburg und Toulon dem „Matin“ übergeben. Unter den Plänen befand ſich ein franzöſiſch abgefaßter, mit den Buch- ſtaben I. S. E. unterzeichneter Brief, in welchem Jemand zu einem Rendezvous im „Thüringer Hof“ in Berlin aufgefordert wird. Neben dem Brief lag eine Viſitkarte mit dem Namen Felix Friedrich Scholz, und darauf mit Bleiſtift folgende Adreſſe: „Hedemannſtraße 8, Berlin, SW.“ Der Vertreter des „Matin“ nahm alle Pläne, fuhr damit zu der franzöſi- ſchen Botſchaft in London und übergab die Pläne dem Marine- attachee Kapitän Mercier de Loſtende, welcher die Pläne für authentiſch und echt erklärte und hinzufügte, ſie hätten die größte Wichtigkeit. Das iſt die neueſte Bombe, welche ange- ſichts der Kammereröffnung gegen die Regierung geſchleudert wird. — Ferner wird aus Berlin gemeldet: Die Spionage- geſchichte des „Matin“ begegnet hier begreiflichem Zweifel. Allerdings ergaben Erkundigungen im „Hotel Thüringerhof“, daß dort vor einigen Wochen vorübergehend ein Friedrich Scholtz gewohnt habe. Die „Voſſiſche Zeitung“ bemerkt, daß vieles in dieſer Geſchichte windig erſcheint. Das zufällige Zu- ſammentreffen eines abgeſtraften Spions mit zwei aktiven Spionen würde, obwohl es romantiſch klingt, noch angehen. Allein nur für ganz naive Leute iſt es glaubhaft, daß Spione, wenn ſie verreiſen, wichtiges Material zurücklaſſen, ſo daß andere Perſonen ſich deſſen bemächtigen können. Ferner würde ein ſo durchtriebener Spion, wie es der genannte Fragola ſein ſoll, von ſolch wertvollen Schriftſtücken anderen Gebrauch machen, als ſie einem Zeitungsberichterſtatter zu überlaſſen. Schrecklicher Selbſtmord. Aus Bakau wird uns geſchrieben: Der Bauer Vaſile Jorga aus Olt (Diſtrikt Bakau) litt ſeit langer Zeit an Podagra, jener ſchrecklichen Krankheit, die unter den Bauern des ganzen Landes wütet, weshalb er beſchloß, ſeinem traurigen, gequälten Leben ein Ende zu machen. Am 11. d. M. ging er in der Nacht heimlich auf das hinter ſeinem Hauſe ſich erſtreckende Feld, erklomm einen rieſigen Strohhaufen, wühlte ſich tief hinein, ſo daß er von allen Seiten eingeſchloſſen war, und zündete das Stroh an. Erſt nach einer halben Stunde, und nach- dem das Feuer ſchon faſt ganz niedergebrannt war, ſtürzten die Bauern zu Hilfe herbei. Sie kamen zu ſpät. Vor ihren Augen lag inmitten glimmender Funken und Flammen eine gänzlich verkohlte Leiche. Ein elektriſch beleuchtetes Dorf. Aus Bukareſt wird uns geſchrieben: Wenn irgend jemand behaupten ſollte, daß Rumänien arm an Sehenswürdigkeiten iſt, ſo hat er entſchieden Unrecht. Zum Beweiſe hiefür wird aus Prahova geſchrieben, daß das Dorf Pojana Zapulei — elektriſch be- leuchtet iſt, eine Einrichtung, die man dem braven Ge- meindevorſteher Aron Inga zu verdanken hat. Er hatte nämlich mit der Direktion der in der Nähe befindlichen, elektriſch beleuchteten Papierfabrik Schiel & Komp.

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 118, Czernowitz, 20.05.1904, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer118_1904/2>, abgerufen am 25.11.2024.