[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.dem Gesetze recht troffen / oder von dem Teuffel vergeblich sind mit trawrigem Geist geplaget gewest / sonst ist gewiß solche Rew lauter Heuchley gewest / vnd hat der Sünden Lust nicht getödtet. Denn sie musten rewen / hetten lieber mehr gesündiget / wenn es frey were. Mit der Beicht stundt es also: Ein jeglicher muste alle seine Sünde erzehlen (welchs ein vnmüglich ding ist) das war eine grosse Marter. Welche er aber vergessen hatte / wurden jhm so fern vergeben / wenn sie jhm würden einfallen / daß er sie noch must beichten. Damit kundte er nimmer wissen / wenn er rein gnug gebeicht / oder wenn das beichten ein mal ein ende haben solt. Ward gleichwol auff sein Werck geweiset / vnd so getröstet / Je reiner einer beichtet / vnd je mehr er sich schemet / vnd sich selbs also für dem Priester schendet / je ehe vnd besser er gnug thet für die Sünde / denn solche Demuth erwürbe gewißlich Gnade bey Gott. Hie war auch kein Glaube / noch Christus / vnd die Krafft der Absolution ward jhm nicht gesagt / sondern auff Sünde zehlen / vnd schemen / stunde sein Trost. Es ist aber nicht zu erzehlen / was Marter / Büberey vnd Abgötterey solch beichten angerichtet hat. Die Gnugthuung ist noch das allerweitleufftigst. Denn kein Mensch kund wissen / wie viel er thun solt für ein einige Sünde / schweige denn für alle. Hie funden sie nu einen Raht / Nemlich / daß sie wenig gnugthuns auffsetzen / die man wol halten kündte / als fünff Pater noster, einen Tag fasten / etc. Mit der vbrigen Busse weiset man sie ins Fegfewer. Hie war nu auch ein eytel Jammer vnd Noth / Etliche meyneten / sie würden nimmer aus dem Fegfewer kommen / dieweil nach den alten Canonen / Sieben Jahr Busse auff eine Todsünde gehöret. Noch stund die Zuuersicht auch auff vnserm werck der Gnugthuung. Vnd wo die Gnugthuung hette mögen vollkommen seyn / so hette die Zuuersicht gar darauff gestanden / vnd were weder Glaube noch Christus nütz gewest / aber sie war vnmüglich. Wenn nu einer Hundert Jahr also gebüsset hette / so hette er doch nicht gewust / wenn er außgebüsset hette / Das hies jmmerdar gebüsset / vnd nimmermehr zur Busse kommen. Hie kam nu der heilige Stuel zu Rom / der armen Kirchen zu hülffe / vnd erfand das Ablaß / damit vergab vnd hub er auff die Gnugthuung. Erstlich eintzeln / Sieben Jahr / Hundert Jahr / etc. vnd theilet es aus vnter die Cardinäl vnd Bischoffe / daß dem Gesetze recht troffen / oder von dem Teuffel vergeblich sind mit trawrigem Geist geplaget gewest / sonst ist gewiß solche Rew lauter Heuchley gewest / vnd hat der Sünden Lust nicht getödtet. Denn sie musten rewen / hetten lieber mehr gesündiget / wenn es frey were. Mit der Beicht stundt es also: Ein jeglicher muste alle seine Sünde erzehlen (welchs ein vnmüglich ding ist) das war eine grosse Marter. Welche er aber vergessen hatte / wurden jhm so fern vergeben / wenn sie jhm würden einfallen / daß er sie noch must beichten. Damit kundte er nim̃er wissen / wenn er rein gnug gebeicht / oder wenn das beichten ein mal ein ende haben solt. Ward gleichwol auff sein Werck geweiset / vnd so getröstet / Je reiner einer beichtet / vnd je mehr er sich schemet / vnd sich selbs also für dem Priester schendet / je ehe vnd besser er gnug thet für die Sünde / denn solche Demuth erwürbe gewißlich Gnade bey Gott. Hie war auch kein Glaube / noch Christus / vnd die Krafft der Absolution ward jhm nicht gesagt / sondern auff Sünde zehlen / vnd schemen / stunde sein Trost. Es ist aber nicht zu erzehlen / was Marter / Büberey vnd Abgötterey solch beichten angerichtet hat. Die Gnugthuung ist noch das allerweitleufftigst. Denn kein Mensch kund wissen / wie viel er thun solt für ein einige Sünde / schweige denn für alle. Hie funden sie nu einen Raht / Nemlich / daß sie wenig gnugthuns auffsetzen / die man wol halten kündte / als fünff Pater noster, einen Tag fasten / etc. Mit der vbrigen Busse weiset man sie ins Fegfewer. Hie war nu auch ein eytel Jammer vnd Noth / Etliche meyneten / sie würden nimmer aus dem Fegfewer kommen / dieweil nach den alten Canonen / Sieben Jahr Busse auff eine Todsünde gehöret. Noch stund die Zuuersicht auch auff vnserm werck der Gnugthuung. Vnd wo die Gnugthuung hette mögen vollkommen seyn / so hette die Zuuersicht gar darauff gestanden / vnd were weder Glaube noch Christus nütz gewest / aber sie war vnmüglich. Wenn nu einer Hundert Jahr also gebüsset hette / so hette er doch nicht gewust / wenn er außgebüsset hette / Das hies jmmerdar gebüsset / vnd nimmermehr zur Busse kommen. Hie kam nu der heilige Stuel zu Rom / der armen Kirchen zu hülffe / vnd erfand das Ablaß / damit vergab vnd hub er auff die Gnugthuung. Erstlich eintzeln / Sieben Jahr / Hundert Jahr / etc. vnd theilet es aus vnter die Cardinäl vnd Bischoffe / daß <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0630"/> dem Gesetze recht troffen / oder von dem Teuffel vergeblich sind mit trawrigem Geist geplaget gewest / sonst ist gewiß solche Rew lauter Heuchley gewest / vnd hat der Sünden Lust nicht getödtet. Denn sie musten rewen / hetten lieber mehr gesündiget / wenn es frey were.</p> <p>Mit der Beicht stundt es also: Ein jeglicher muste alle seine Sünde erzehlen (welchs ein vnmüglich ding ist) das war eine grosse Marter. Welche er aber vergessen hatte / wurden jhm so fern vergeben / wenn sie jhm würden einfallen / daß er sie noch must beichten. Damit kundte er nim̃er wissen / wenn er rein gnug gebeicht / oder wenn das beichten ein mal ein ende haben solt. Ward gleichwol auff sein Werck geweiset / vnd so getröstet / Je reiner einer beichtet / vnd je mehr er sich schemet / vnd sich selbs also für dem Priester schendet / je ehe vnd besser er gnug thet für die Sünde / denn solche Demuth erwürbe gewißlich Gnade bey Gott.</p> <p>Hie war auch kein Glaube / noch Christus / vnd die Krafft der Absolution ward jhm nicht gesagt / sondern auff Sünde zehlen / vnd schemen / stunde sein Trost. Es ist aber nicht zu erzehlen / was Marter / Büberey vnd Abgötterey solch beichten angerichtet hat.</p> <p>Die Gnugthuung ist noch das allerweitleufftigst. Denn kein Mensch kund wissen / wie viel er thun solt für ein einige Sünde / schweige denn für alle. Hie funden sie nu einen Raht / Nemlich / daß sie wenig gnugthuns auffsetzen / die man wol halten kündte / als fünff <hi rendition="#i">Pater noster,</hi> einen Tag fasten / etc. Mit der vbrigen Busse weiset man sie ins Fegfewer.</p> <p>Hie war nu auch ein eytel Jammer vnd Noth / Etliche meyneten / sie würden nimmer aus dem Fegfewer kommen / dieweil nach den alten Canonen / Sieben Jahr Busse auff eine Todsünde gehöret. Noch stund die Zuuersicht auch auff vnserm werck der Gnugthuung. Vnd wo die Gnugthuung hette mögen vollkommen seyn / so hette die Zuuersicht gar darauff gestanden / vnd were weder Glaube noch Christus nütz gewest / aber sie war vnmüglich. Wenn nu einer Hundert Jahr also gebüsset hette / so hette er doch nicht gewust / wenn er außgebüsset hette / Das hies jmmerdar gebüsset / vnd nimmermehr zur Busse kommen.</p> <p>Hie kam nu der heilige Stuel zu Rom / der armen Kirchen zu hülffe / vnd erfand das Ablaß / damit vergab vnd hub er auff die Gnugthuung. 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dem Gesetze recht troffen / oder von dem Teuffel vergeblich sind mit trawrigem Geist geplaget gewest / sonst ist gewiß solche Rew lauter Heuchley gewest / vnd hat der Sünden Lust nicht getödtet. Denn sie musten rewen / hetten lieber mehr gesündiget / wenn es frey were.
Mit der Beicht stundt es also: Ein jeglicher muste alle seine Sünde erzehlen (welchs ein vnmüglich ding ist) das war eine grosse Marter. Welche er aber vergessen hatte / wurden jhm so fern vergeben / wenn sie jhm würden einfallen / daß er sie noch must beichten. Damit kundte er nim̃er wissen / wenn er rein gnug gebeicht / oder wenn das beichten ein mal ein ende haben solt. Ward gleichwol auff sein Werck geweiset / vnd so getröstet / Je reiner einer beichtet / vnd je mehr er sich schemet / vnd sich selbs also für dem Priester schendet / je ehe vnd besser er gnug thet für die Sünde / denn solche Demuth erwürbe gewißlich Gnade bey Gott.
Hie war auch kein Glaube / noch Christus / vnd die Krafft der Absolution ward jhm nicht gesagt / sondern auff Sünde zehlen / vnd schemen / stunde sein Trost. Es ist aber nicht zu erzehlen / was Marter / Büberey vnd Abgötterey solch beichten angerichtet hat.
Die Gnugthuung ist noch das allerweitleufftigst. Denn kein Mensch kund wissen / wie viel er thun solt für ein einige Sünde / schweige denn für alle. Hie funden sie nu einen Raht / Nemlich / daß sie wenig gnugthuns auffsetzen / die man wol halten kündte / als fünff Pater noster, einen Tag fasten / etc. Mit der vbrigen Busse weiset man sie ins Fegfewer.
Hie war nu auch ein eytel Jammer vnd Noth / Etliche meyneten / sie würden nimmer aus dem Fegfewer kommen / dieweil nach den alten Canonen / Sieben Jahr Busse auff eine Todsünde gehöret. Noch stund die Zuuersicht auch auff vnserm werck der Gnugthuung. Vnd wo die Gnugthuung hette mögen vollkommen seyn / so hette die Zuuersicht gar darauff gestanden / vnd were weder Glaube noch Christus nütz gewest / aber sie war vnmüglich. Wenn nu einer Hundert Jahr also gebüsset hette / so hette er doch nicht gewust / wenn er außgebüsset hette / Das hies jmmerdar gebüsset / vnd nimmermehr zur Busse kommen.
Hie kam nu der heilige Stuel zu Rom / der armen Kirchen zu hülffe / vnd erfand das Ablaß / damit vergab vnd hub er auff die Gnugthuung. Erstlich eintzeln / Sieben Jahr / Hundert Jahr / etc. vnd theilet es aus vnter die Cardinäl vnd Bischoffe / daß
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Zitationshilfe: | [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/630>, abgerufen am 16.02.2025. |