Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

Darüber so sprechen die Canones selbs die jenigen los / die vberredt sind mit guten Worten / ehe sie zu jhrem rechten Alter kommen sind / oder welche die Freunde wieder jhren willen in ein Kloster verstossen haben. Aus dem allen erscheinet / daß viel Vrsachen sind / welche da anzeigen / daß die Kloster Gelübde / welche bißher geschehen sind / nicht recht Christlich bündige Gelübde sind / Darumb mag man Klosterleben mit gutem Gewissen verlassen / nach dem es voll Heucheley vnd allerley Grewel ist.

Hie werffen vns die Wiedersacher für / die Nazareer im Gesetz Mosi. Aber die theten jhre Gelübde nicht der meynung / dadurch Vergebung der Sünde zu erlangen / wie wir oben von den Mönchen Gelübden geklagt haben. Der Nazareer Orden war ein leibliche vbung mit Fasten / mit gewisser Speis / dadurch sie jhren Glauben bekenneten / nicht daß sie dadurch Vergebung der Sünde erlangeten / oder dadurch vom ewigen Tod erlöset würden / Denn das suchten sie anderswo / nemlich / in der Verheissung von dem gebenedeyten Samen. Item / wie die Beschneidung im Gesetz Mosi / oder das Opffer schlachten / jetzund nicht sol für ein Gottesdienst auffgericht werden / Also sol man das Fasten / oder Ceremonien der Nazareer nicht auffrichten oder anziehen / als ein Gottesdienst / sondern sol gehalten werden für ein Mittelding / vnd leibliche vbung. Derhalben können noch sollen sie jhren Mönchstand / welcher ohne Gottes Wort ertichtet ist / als ein Gottesdienst / dadurch Gott versönet werde / vergleichen mit der Nazareer Stand / welchen Gott befohlen hatte / vnd war nicht dazu erdacht / daß die Nazareer dadurch solten erlangen ein gnedigen Gott / Sondern daß es ein eusserliche Zucht / vnd vbung were des Leibs / wie andere Ceremonien im Gesetz Mosi. Item / gleich dasselbige ist auch von ander mancherley Gelübden / die im Gesetz Mosi gesetzt werden / zu antworten.

Auch so ziehen die Wiedersacher an das Exempel der Rechabiten / welche keine Güter hatten / auch keinen Wein truncken / wie Jeremias sagt Cap. 35. Ja warlich es reimet sich wol der Rechabiten Exempel zu vnsern Mönchen / so jhre Klöster prechtiger / denn der Könige Pallast gebawet sind / so sie in allem vberfluß leben. Auch so sind die Rechabiten bey jhrem Armut doch Eheleut gewesen / vnser Mönche / so sie allen Pracht / allen vberfluß haben / geben in jhrer Heucheley Keuscheit für.

Nun die Verstendigen vnd Gelehrten wissen wol / daß man alle Exempel nach der Regeln / das ist / nach der klaren Schrifft / vnd nicht wieder die Regel oder Schrifft sol außlegen / oder einführen. Dar-

Darüber so sprechen die Canones selbs die jenigen los / die vberredt sind mit guten Worten / ehe sie zu jhrem rechten Alter kommen sind / oder welche die Freunde wieder jhren willen in ein Kloster verstossen haben. Aus dem allen erscheinet / daß viel Vrsachen sind / welche da anzeigen / daß die Kloster Gelübde / welche bißher geschehen sind / nicht recht Christlich bündige Gelübde sind / Darumb mag man Klosterleben mit gutem Gewissen verlassen / nach dem es voll Heucheley vnd allerley Grewel ist.

Hie werffen vns die Wiedersacher für / die Nazareer im Gesetz Mosi. Aber die theten jhre Gelübde nicht der meynung / dadurch Vergebung der Sünde zu erlangen / wie wir oben von den Mönchen Gelübden geklagt haben. Der Nazareer Orden war ein leibliche vbung mit Fasten / mit gewisser Speis / dadurch sie jhren Glauben bekenneten / nicht daß sie dadurch Vergebung der Sünde erlangeten / oder dadurch vom ewigen Tod erlöset würden / Denn das suchten sie anderswo / nemlich / in der Verheissung von dem gebenedeyten Samen. Item / wie die Beschneidung im Gesetz Mosi / oder das Opffer schlachten / jetzund nicht sol für ein Gottesdienst auffgericht werden / Also sol man das Fasten / oder Ceremonien der Nazareer nicht auffrichten oder anziehen / als ein Gottesdienst / sondern sol gehalten werden für ein Mittelding / vnd leibliche vbung. Derhalben können noch sollen sie jhren Mönchstand / welcher ohne Gottes Wort ertichtet ist / als ein Gottesdienst / dadurch Gott versönet werde / vergleichen mit der Nazareer Stand / welchen Gott befohlen hatte / vnd war nicht dazu erdacht / daß die Nazareer dadurch solten erlangen ein gnedigen Gott / Sondern daß es ein eusserliche Zucht / vnd vbung were des Leibs / wie andere Ceremonien im Gesetz Mosi. Item / gleich dasselbige ist auch von ander mancherley Gelübden / die im Gesetz Mosi gesetzt werden / zu antworten.

Auch so ziehen die Wiedersacher an das Exempel der Rechabiten / welche keine Güter hatten / auch keinen Wein truncken / wie Jeremias sagt Cap. 35. Ja warlich es reimet sich wol der Rechabiten Exempel zu vnsern Mönchen / so jhre Klöster prechtiger / denn der Könige Pallast gebawet sind / so sie in allem vberfluß leben. Auch so sind die Rechabiten bey jhrem Armut doch Eheleut gewesen / vnser Mönche / so sie allen Pracht / allen vberfluß haben / geben in jhrer Heucheley Keuscheit für.

Nun die Verstendigen vnd Gelehrten wissen wol / daß man alle Exempel nach der Regeln / das ist / nach der klaren Schrifft / vnd nicht wieder die Regel oder Schrifft sol außlegen / oder einführen. Dar-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0595" n="284"/>
        <p>Darüber so sprechen die <hi rendition="#i">Canones</hi> selbs die jenigen los /                      die vberredt sind mit guten Worten / ehe sie zu jhrem rechten Alter kommen sind                      / oder welche die Freunde wieder jhren willen in ein Kloster verstossen haben.                      Aus dem allen erscheinet / daß viel Vrsachen sind / welche da anzeigen / daß die                      Kloster Gelübde / welche bißher geschehen sind / nicht recht Christlich bündige                      Gelübde sind / Darumb mag man Klosterleben mit gutem Gewissen verlassen / nach                      dem es voll Heucheley vnd allerley Grewel ist.</p>
        <p>Hie werffen vns die Wiedersacher für / die Nazareer im Gesetz Mosi. Aber die                      theten jhre Gelübde nicht der meynung / dadurch Vergebung der Sünde zu erlangen                      / wie wir oben von den Mönchen Gelübden geklagt haben. Der Nazareer Orden war                      ein leibliche vbung mit Fasten / mit gewisser Speis / dadurch sie jhren Glauben                      bekenneten / nicht daß sie dadurch Vergebung der Sünde erlangeten / oder dadurch                      vom ewigen Tod erlöset würden / Denn das suchten sie anderswo / nemlich / in der                      Verheissung von dem gebenedeyten Samen. Item / wie die Beschneidung im Gesetz                      Mosi / oder das Opffer schlachten / jetzund nicht sol für ein Gottesdienst                      auffgericht werden / Also sol man das Fasten / oder Ceremonien der Nazareer                      nicht auffrichten oder anziehen / als ein Gottesdienst / sondern sol gehalten                      werden für ein Mittelding / vnd leibliche vbung. Derhalben können noch sollen                      sie jhren Mönchstand / welcher ohne Gottes Wort ertichtet ist / als ein                      Gottesdienst / dadurch Gott versönet werde / vergleichen mit der Nazareer Stand                      / welchen Gott befohlen hatte / vnd war nicht dazu erdacht / daß die Nazareer                      dadurch solten erlangen ein gnedigen Gott / Sondern daß es ein eusserliche Zucht                      / vnd vbung were des Leibs / wie andere Ceremonien im Gesetz Mosi. Item / gleich                      dasselbige ist auch von ander mancherley Gelübden / die im Gesetz Mosi gesetzt                      werden / zu antworten.</p>
        <p>Auch so ziehen die Wiedersacher an das Exempel der Rechabiten / welche keine                      Güter hatten / auch keinen Wein truncken / wie Jeremias sagt Cap. 35. Ja warlich                      es reimet sich wol der Rechabiten Exempel zu vnsern Mönchen / so jhre Klöster                      prechtiger / denn der Könige Pallast gebawet sind / so sie in allem vberfluß                      leben. Auch so sind die Rechabiten bey jhrem Armut doch Eheleut gewesen / vnser                      Mönche / so sie allen Pracht / allen vberfluß haben / geben in jhrer Heucheley                      Keuscheit für.</p>
        <p>Nun die Verstendigen vnd Gelehrten wissen wol / daß man alle Exempel nach der                      Regeln / das ist / nach der klaren Schrifft / vnd nicht wieder die Regel oder                      Schrifft sol außlegen / oder einführen. Dar-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0595] Darüber so sprechen die Canones selbs die jenigen los / die vberredt sind mit guten Worten / ehe sie zu jhrem rechten Alter kommen sind / oder welche die Freunde wieder jhren willen in ein Kloster verstossen haben. Aus dem allen erscheinet / daß viel Vrsachen sind / welche da anzeigen / daß die Kloster Gelübde / welche bißher geschehen sind / nicht recht Christlich bündige Gelübde sind / Darumb mag man Klosterleben mit gutem Gewissen verlassen / nach dem es voll Heucheley vnd allerley Grewel ist. Hie werffen vns die Wiedersacher für / die Nazareer im Gesetz Mosi. Aber die theten jhre Gelübde nicht der meynung / dadurch Vergebung der Sünde zu erlangen / wie wir oben von den Mönchen Gelübden geklagt haben. Der Nazareer Orden war ein leibliche vbung mit Fasten / mit gewisser Speis / dadurch sie jhren Glauben bekenneten / nicht daß sie dadurch Vergebung der Sünde erlangeten / oder dadurch vom ewigen Tod erlöset würden / Denn das suchten sie anderswo / nemlich / in der Verheissung von dem gebenedeyten Samen. Item / wie die Beschneidung im Gesetz Mosi / oder das Opffer schlachten / jetzund nicht sol für ein Gottesdienst auffgericht werden / Also sol man das Fasten / oder Ceremonien der Nazareer nicht auffrichten oder anziehen / als ein Gottesdienst / sondern sol gehalten werden für ein Mittelding / vnd leibliche vbung. Derhalben können noch sollen sie jhren Mönchstand / welcher ohne Gottes Wort ertichtet ist / als ein Gottesdienst / dadurch Gott versönet werde / vergleichen mit der Nazareer Stand / welchen Gott befohlen hatte / vnd war nicht dazu erdacht / daß die Nazareer dadurch solten erlangen ein gnedigen Gott / Sondern daß es ein eusserliche Zucht / vnd vbung were des Leibs / wie andere Ceremonien im Gesetz Mosi. Item / gleich dasselbige ist auch von ander mancherley Gelübden / die im Gesetz Mosi gesetzt werden / zu antworten. Auch so ziehen die Wiedersacher an das Exempel der Rechabiten / welche keine Güter hatten / auch keinen Wein truncken / wie Jeremias sagt Cap. 35. Ja warlich es reimet sich wol der Rechabiten Exempel zu vnsern Mönchen / so jhre Klöster prechtiger / denn der Könige Pallast gebawet sind / so sie in allem vberfluß leben. Auch so sind die Rechabiten bey jhrem Armut doch Eheleut gewesen / vnser Mönche / so sie allen Pracht / allen vberfluß haben / geben in jhrer Heucheley Keuscheit für. Nun die Verstendigen vnd Gelehrten wissen wol / daß man alle Exempel nach der Regeln / das ist / nach der klaren Schrifft / vnd nicht wieder die Regel oder Schrifft sol außlegen / oder einführen. Dar-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/595
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/595>, abgerufen am 16.07.2024.