[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.so ist des Mittlers Christi nicht von nöthen. Paulus aber der lehret an allen örten / daß wir darumb GOTT angenehm seyn / vmb Christus willen / nicht vmb vnser Liebe / oder vnser Werck / oder Gesetzes willen / Denn auch kein Heilige / (wie oben gesagt) erfüllet das Gesetz volkömlich. Darumb / so er an allen andern örten schreibt vnd lehret / daß in diesem Leben / an vnsern Wercken kein Volkommenheit ist / so ist nicht zu gedencken / daß er zu den Colossern von Volkommenheit der Person rede / sondern er redet von Einigkeit der Kirchen / Vnd das Wort / so sie Volkommenheit deuten / heisset nicht anders / denn vnzerrissen seyn / das ist / einig seyn. Daß er nun sagt / Die Liebe ist ein Band der Volkommenheit / das ist / Sie bindet / füget / vnd helt zusammen die vielen Gliedmaß der Kirchen vnter sich selbst. Denn gleich wie in einer Stadt / oder in einem Hause / die Einigkeit dadurch erhalten wird / daß einer dem andern zu gut halte / vnd kan nicht Friede noch Ruhe bleiben / wo nicht einer dem andern viel versiehet / wo wir nicht einander tragen / Also wil Paulus da vermahnen zu der Christlichen Liebe / daß einer des andern Fehle / Gebrechen / dulden vnd tragen sol / daß sie einander vergeben sollen / damit Einigkeit erhalten werde in der Kirchen / damit der Christen Hauff nicht zurissen / zutrennet werde / vnd sich in allerley Rotten vnd Secten theilen / daraus denn grosser Vnrath / Haß vnd Neid / allerley Bitterkeit vnd böse Gifft / endlich öffentlich Ketzerey erfolgen möchten. Denn die Einigkeit kan nicht bleiben / wenn die Bischoffe ohn alle Vrsach zu schweere Bürden aufflegen dem Volck. Auch werden daraus leichtlich Rotten / wenn das Volck auffs geschwindest alles wil meistern vnd außecken an der Bischoffe oder Prediger Wandel vnd Leben / oder wenn sie alßbald der Prediger müde werden / etwa vmb eins kleinen Gebrechens willen / da folget viel grosses Vnraths / alßdenn bald suchet man aus derselbig Verbitterung / andere Lehrer vnd andere Prediger. Wiederumb wird erhalten Volkommenheit vnd Einigkeit / das ist / die Kirche bleibt vnzutrennet vnd gantz / wenn die Starcken die Schwachen dulden vnd tragen / wenn das Volck mit seinen Predigern auch gedult hat / wenn die Bischoffe vnd Prediger wiederumb allerley Schwacheit / Gebrechen / dem Volck nach gelegenheit wissen zu gut zu halten. Von dem wege vnd der weis Einigkeit zu halten / ist auch viel allenthalben geschrieben in den Büchern der Philosophi vnd Weltweisen. Denn wir müssen einander viel vergeben / vnd für gut haben vmb Einigkeit willen. Vnd dauon redet Paulus mehr dann an einem ort. Darumb schliessen die Wiedersacher nicht recht / daß so ist des Mittlers Christi nicht von nöthen. Paulus aber der lehret an allen örten / daß wir darumb GOTT angenehm seyn / vmb Christus willen / nicht vmb vnser Liebe / oder vnser Werck / oder Gesetzes willen / Denn auch kein Heilige / (wie oben gesagt) erfüllet das Gesetz volkömlich. Darumb / so er an allen andern örten schreibt vnd lehret / daß in diesem Leben / an vnsern Wercken kein Volkom̃enheit ist / so ist nicht zu gedencken / daß er zu den Colossern von Volkommenheit der Person rede / sondern er redet von Einigkeit der Kirchen / Vnd das Wort / so sie Volkommenheit deuten / heisset nicht anders / denn vnzerrissen seyn / das ist / einig seyn. Daß er nun sagt / Die Liebe ist ein Band der Volkommenheit / das ist / Sie bindet / füget / vnd helt zusammen die vielen Gliedmaß der Kirchen vnter sich selbst. Denn gleich wie in einer Stadt / oder in einem Hause / die Einigkeit dadurch erhalten wird / daß einer dem andern zu gut halte / vnd kan nicht Friede noch Ruhe bleiben / wo nicht einer dem andern viel versiehet / wo wir nicht einander tragen / Also wil Paulus da vermahnen zu der Christlichen Liebe / daß einer des andern Fehle / Gebrechen / dulden vnd tragen sol / daß sie einander vergeben sollen / damit Einigkeit erhalten werde in der Kirchen / damit der Christen Hauff nicht zurissen / zutrennet werde / vnd sich in allerley Rotten vnd Secten theilen / daraus denn grosser Vnrath / Haß vnd Neid / allerley Bitterkeit vnd böse Gifft / endlich öffentlich Ketzerey erfolgen möchten. Denn die Einigkeit kan nicht bleiben / wenn die Bischoffe ohn alle Vrsach zu schweere Bürden aufflegen dem Volck. Auch werden daraus leichtlich Rotten / wenn das Volck auffs geschwindest alles wil meistern vnd außecken an der Bischoffe oder Prediger Wandel vnd Leben / oder wenn sie alßbald der Prediger müde werden / etwa vmb eins kleinen Gebrechens willen / da folget viel grosses Vnraths / alßdenn bald suchet man aus derselbig Verbitterung / andere Lehrer vnd andere Prediger. Wiederumb wird erhalten Volkommenheit vnd Einigkeit / das ist / die Kirche bleibt vnzutrennet vnd gantz / wenn die Starcken die Schwachen dulden vnd tragen / wenn das Volck mit seinen Predigern auch gedult hat / wenn die Bischoffe vnd Prediger wiederumb allerley Schwacheit / Gebrechen / dem Volck nach gelegenheit wissen zu gut zu halten. Von dem wege vnd der weis Einigkeit zu halten / ist auch viel allenthalben geschrieben in den Büchern der Philosophi vnd Weltweisen. Denn wir müssen einander viel vergeben / vnd für gut haben vmb Einigkeit willen. Vnd dauon redet Paulus mehr dann an einem ort. Darumb schliessen die Wiedersacher nicht recht / daß <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0427" n="200"/> so ist des Mittlers Christi nicht von nöthen. Paulus aber der lehret an allen örten / daß wir darumb GOTT angenehm seyn / vmb Christus willen / nicht vmb vnser Liebe / oder vnser Werck / oder Gesetzes willen / Denn auch kein Heilige / (wie oben gesagt) erfüllet das Gesetz volkömlich. Darumb / so er an allen andern örten schreibt vnd lehret / daß in diesem Leben / an vnsern Wercken kein Volkom̃enheit ist / so ist nicht zu gedencken / daß er zu den Colossern von Volkommenheit der Person rede / sondern er redet von Einigkeit der Kirchen / Vnd das Wort / so sie Volkommenheit deuten / heisset nicht anders / denn vnzerrissen seyn / das ist / einig seyn. Daß er nun sagt / Die Liebe ist ein Band der Volkommenheit / das ist / Sie bindet / füget / vnd helt zusammen die vielen Gliedmaß der Kirchen vnter sich selbst. Denn gleich wie in einer Stadt / oder in einem Hause / die Einigkeit dadurch erhalten wird / daß einer dem andern zu gut halte / vnd kan nicht Friede noch Ruhe bleiben / wo nicht einer dem andern viel versiehet / wo wir nicht einander tragen / Also wil Paulus da vermahnen zu der Christlichen Liebe / daß einer des andern Fehle / Gebrechen / dulden vnd tragen sol / daß sie einander vergeben sollen / damit Einigkeit erhalten werde in der Kirchen / damit der Christen Hauff nicht zurissen / zutrennet werde / vnd sich in allerley Rotten vnd Secten theilen / daraus denn grosser Vnrath / Haß vnd Neid / allerley Bitterkeit vnd böse Gifft / endlich öffentlich Ketzerey erfolgen möchten. Denn die Einigkeit kan nicht bleiben / wenn die Bischoffe ohn alle Vrsach zu schweere Bürden aufflegen dem Volck. Auch werden daraus leichtlich Rotten / wenn das Volck auffs geschwindest alles wil meistern vnd außecken an der Bischoffe oder Prediger Wandel vnd Leben / oder wenn sie alßbald der Prediger müde werden / etwa vmb eins kleinen Gebrechens willen / da folget viel grosses Vnraths / alßdenn bald suchet man aus derselbig Verbitterung / andere Lehrer vnd andere Prediger.</p> <p>Wiederumb wird erhalten Volkommenheit vnd Einigkeit / das ist / die Kirche bleibt vnzutrennet vnd gantz / wenn die Starcken die Schwachen dulden vnd tragen / wenn das Volck mit seinen Predigern auch gedult hat / wenn die Bischoffe vnd Prediger wiederumb allerley Schwacheit / Gebrechen / dem Volck nach gelegenheit wissen zu gut zu halten. Von dem wege vnd der weis Einigkeit zu halten / ist auch viel allenthalben geschrieben in den Büchern der Philosophi vnd Weltweisen. Denn wir müssen einander viel vergeben / vnd für gut haben vmb Einigkeit willen. Vnd dauon redet Paulus mehr dann an einem ort. Darumb schliessen die Wiedersacher nicht recht / daß </p> </div> </body> </text> </TEI> [200/0427]
so ist des Mittlers Christi nicht von nöthen. Paulus aber der lehret an allen örten / daß wir darumb GOTT angenehm seyn / vmb Christus willen / nicht vmb vnser Liebe / oder vnser Werck / oder Gesetzes willen / Denn auch kein Heilige / (wie oben gesagt) erfüllet das Gesetz volkömlich. Darumb / so er an allen andern örten schreibt vnd lehret / daß in diesem Leben / an vnsern Wercken kein Volkom̃enheit ist / so ist nicht zu gedencken / daß er zu den Colossern von Volkommenheit der Person rede / sondern er redet von Einigkeit der Kirchen / Vnd das Wort / so sie Volkommenheit deuten / heisset nicht anders / denn vnzerrissen seyn / das ist / einig seyn. Daß er nun sagt / Die Liebe ist ein Band der Volkommenheit / das ist / Sie bindet / füget / vnd helt zusammen die vielen Gliedmaß der Kirchen vnter sich selbst. Denn gleich wie in einer Stadt / oder in einem Hause / die Einigkeit dadurch erhalten wird / daß einer dem andern zu gut halte / vnd kan nicht Friede noch Ruhe bleiben / wo nicht einer dem andern viel versiehet / wo wir nicht einander tragen / Also wil Paulus da vermahnen zu der Christlichen Liebe / daß einer des andern Fehle / Gebrechen / dulden vnd tragen sol / daß sie einander vergeben sollen / damit Einigkeit erhalten werde in der Kirchen / damit der Christen Hauff nicht zurissen / zutrennet werde / vnd sich in allerley Rotten vnd Secten theilen / daraus denn grosser Vnrath / Haß vnd Neid / allerley Bitterkeit vnd böse Gifft / endlich öffentlich Ketzerey erfolgen möchten. Denn die Einigkeit kan nicht bleiben / wenn die Bischoffe ohn alle Vrsach zu schweere Bürden aufflegen dem Volck. Auch werden daraus leichtlich Rotten / wenn das Volck auffs geschwindest alles wil meistern vnd außecken an der Bischoffe oder Prediger Wandel vnd Leben / oder wenn sie alßbald der Prediger müde werden / etwa vmb eins kleinen Gebrechens willen / da folget viel grosses Vnraths / alßdenn bald suchet man aus derselbig Verbitterung / andere Lehrer vnd andere Prediger.
Wiederumb wird erhalten Volkommenheit vnd Einigkeit / das ist / die Kirche bleibt vnzutrennet vnd gantz / wenn die Starcken die Schwachen dulden vnd tragen / wenn das Volck mit seinen Predigern auch gedult hat / wenn die Bischoffe vnd Prediger wiederumb allerley Schwacheit / Gebrechen / dem Volck nach gelegenheit wissen zu gut zu halten. Von dem wege vnd der weis Einigkeit zu halten / ist auch viel allenthalben geschrieben in den Büchern der Philosophi vnd Weltweisen. Denn wir müssen einander viel vergeben / vnd für gut haben vmb Einigkeit willen. Vnd dauon redet Paulus mehr dann an einem ort. Darumb schliessen die Wiedersacher nicht recht / daß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/427 |
Zitationshilfe: | [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/427>, abgerufen am 16.02.2025. |