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[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

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net habe Vergebung der Sünde / darumb sagt er klar: Dein Glaub hat dir geholffen. Nun ist das der Glaub / welcher sich verlest auff Gottes Barmhertzigkeit / vnd Wort / nicht auff eigene Werck. Vnd meinet jemand / daß Glaube sich zu gleich auff Gott vnd eigene werck verlassen könne / der verstehet gewißlich nicht / was Glauben sey. Denn das erschrocken Gewissen wird nicht zu frieden durch eigene Werck / Sondern muß nach Barmhertzigkeit schreien / vnd lest sich allein durch Gottes Wort trösten vnd auffrichten. Vnd die Historien selbst zeigt an dem ort wol an / Was Christus Liebe nennet. Die Fraw kömpt in der Zuuersicht zu Christo / daß sie wölle Vergebung der Sünde bey Ihm erlangen / Das heist recht Christum erkennen vnd ehren / denn grösser Ehr kan man Christo nicht thun. Denn das heist Messiam oder Christum warlich erkennen / bey Ihm suchen Vergebung der Sünde / dasselbige von Christo halten / also Christum erkennen vnd annehmen / das heist recht an Christum gleuben.

Christus aber hat dieses Wort / da er sagt (Sie hat viel geliebet) nicht gebraucht / als er mit der Frawen redet / Sondern / als Er mit dem Phariseer redet. Denn der HERR Christus helt gegen ander die gantze Ehre / die jhm der Phariseer gethan hat / mit dem erbieten vnd Wercken / so die Fraw Ihm erzeigt hat. Er straffet den Phariseer / daß er jhn nicht hat erkent für Christum / wiewol er jhn russerlich geehret / als einen Gast / vnd frommen heiligen Man. Aber den Gottesdienst der Frawen / daß sie jhre Sünde erkennet / vnd bey Christo Vergebung der Sünde suchet / diesen Dienst lobet Christus. Vnd es ist ein gros Exempel / welchs Christum billich bewegt hat / daß er den Phariseer / als ein weisen ehrlichen Man / der doch nicht an jhn gleubet / straffet / den Vnglauben wirfft Er jhm für / vnd vermahnet jhn durch das Exempel / Als solt er sagen / Billich soltu dich schemen du Phariseer / daß du so blind bist / mich für Christum vnd Messiam nicht erkennest / so du ein Lehrer des Gesetzes bist / vnd das Weib / das ein vngelehrt arm Weib ist / mich erkennet.

Darumb lobet Er da nicht allein die Liebe / sondern den gantzen Cultum oder Gottesdienst / den Glauben mit den Früchten / vnd nennet doch für dem Pharisaeo, die Frucht. Denn man kan den Glauben im Hertzen andern nicht weisen vnd anzeigen / denn durch die Früchte / die beweisen für den Menschen den Glauben im Hertzen. Darumb wil Christus nicht / daß die Liebe vnd die Werck / sollen der Schatz seyn / dadurch die Sünden bezahlt werden / welches Christus Blut ist. Derhalben ist dieser Streit vber einer hohen / wichtigen

net habe Vergebung der Sünde / darumb sagt er klar: Dein Glaub hat dir geholffen. Nun ist das der Glaub / welcher sich verlest auff Gottes Barmhertzigkeit / vnd Wort / nicht auff eigene Werck. Vnd meinet jemand / daß Glaube sich zu gleich auff Gott vnd eigene werck verlassen könne / der verstehet gewißlich nicht / was Glauben sey. Denn das erschrocken Gewissen wird nicht zu frieden durch eigene Werck / Sondern muß nach Barmhertzigkeit schreien / vnd lest sich allein durch Gottes Wort trösten vnd auffrichten. Vnd die Historien selbst zeigt an dem ort wol an / Was Christus Liebe nennet. Die Fraw kömpt in der Zuuersicht zu Christo / daß sie wölle Vergebung der Sünde bey Ihm erlangen / Das heist recht Christum erkennen vnd ehren / denn grösser Ehr kan man Christo nicht thun. Denn das heist Messiam oder Christum warlich erkennen / bey Ihm suchen Vergebung der Sünde / dasselbige von Christo halten / also Christum erkennen vnd annehmen / das heist recht an Christum gleuben.

Christus aber hat dieses Wort / da er sagt (Sie hat viel geliebet) nicht gebraucht / als er mit der Frawen redet / Sondern / als Er mit dem Phariseer redet. Denn der HERR Christus helt gegen ander die gantze Ehre / die jhm der Phariseer gethan hat / mit dem erbieten vnd Wercken / so die Fraw Ihm erzeigt hat. Er straffet den Phariseer / daß er jhn nicht hat erkent für Christum / wiewol er jhn russerlich geehret / als einen Gast / vnd frommen heiligen Man. Aber den Gottesdienst der Frawen / daß sie jhre Sünde erkennet / vnd bey Christo Vergebung der Sünde suchet / diesen Dienst lobet Christus. Vnd es ist ein gros Exempel / welchs Christum billich bewegt hat / daß er den Phariseer / als ein weisen ehrlichen Man / der doch nicht an jhn gleubet / straffet / den Vnglauben wirfft Er jhm für / vnd vermahnet jhn durch das Exempel / Als solt er sagen / Billich soltu dich schemen du Phariseer / daß du so blind bist / mich für Christum vnd Messiam nicht erkennest / so du ein Lehrer des Gesetzes bist / vnd das Weib / das ein vngelehrt arm Weib ist / mich erkennet.

Darumb lobet Er da nicht allein die Liebe / sondern den gantzen Cultum oder Gottesdienst / den Glauben mit den Früchten / vnd nennet doch für dem Pharisaeo, die Frucht. Denn man kan den Glauben im Hertzen andern nicht weisen vnd anzeigen / denn durch die Früchte / die beweisen für den Menschen den Glauben im Hertzen. Darumb wil Christus nicht / daß die Liebe vnd die Werck / sollen der Schatz seyn / dadurch die Sünden bezahlt werden / welches Christus Blut ist. Derhalben ist dieser Streit vber einer hohen / wichtigen

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[0414] net habe Vergebung der Sünde / darumb sagt er klar: Dein Glaub hat dir geholffen. Nun ist das der Glaub / welcher sich verlest auff Gottes Barmhertzigkeit / vnd Wort / nicht auff eigene Werck. Vnd meinet jemand / daß Glaube sich zu gleich auff Gott vnd eigene werck verlassen könne / der verstehet gewißlich nicht / was Glauben sey. Denn das erschrocken Gewissen wird nicht zu frieden durch eigene Werck / Sondern muß nach Barmhertzigkeit schreien / vnd lest sich allein durch Gottes Wort trösten vnd auffrichten. Vnd die Historien selbst zeigt an dem ort wol an / Was Christus Liebe nennet. Die Fraw kömpt in der Zuuersicht zu Christo / daß sie wölle Vergebung der Sünde bey Ihm erlangen / Das heist recht Christum erkennen vnd ehren / denn grösser Ehr kan man Christo nicht thun. Denn das heist Messiam oder Christum warlich erkennen / bey Ihm suchen Vergebung der Sünde / dasselbige von Christo halten / also Christum erkennen vnd annehmen / das heist recht an Christum gleuben. Christus aber hat dieses Wort / da er sagt (Sie hat viel geliebet) nicht gebraucht / als er mit der Frawen redet / Sondern / als Er mit dem Phariseer redet. Denn der HERR Christus helt gegen ander die gantze Ehre / die jhm der Phariseer gethan hat / mit dem erbieten vnd Wercken / so die Fraw Ihm erzeigt hat. Er straffet den Phariseer / daß er jhn nicht hat erkent für Christum / wiewol er jhn russerlich geehret / als einen Gast / vnd frommen heiligen Man. Aber den Gottesdienst der Frawen / daß sie jhre Sünde erkennet / vnd bey Christo Vergebung der Sünde suchet / diesen Dienst lobet Christus. Vnd es ist ein gros Exempel / welchs Christum billich bewegt hat / daß er den Phariseer / als ein weisen ehrlichen Man / der doch nicht an jhn gleubet / straffet / den Vnglauben wirfft Er jhm für / vnd vermahnet jhn durch das Exempel / Als solt er sagen / Billich soltu dich schemen du Phariseer / daß du so blind bist / mich für Christum vnd Messiam nicht erkennest / so du ein Lehrer des Gesetzes bist / vnd das Weib / das ein vngelehrt arm Weib ist / mich erkennet. Darumb lobet Er da nicht allein die Liebe / sondern den gantzen Cultum oder Gottesdienst / den Glauben mit den Früchten / vnd nennet doch für dem Pharisaeo, die Frucht. Denn man kan den Glauben im Hertzen andern nicht weisen vnd anzeigen / denn durch die Früchte / die beweisen für den Menschen den Glauben im Hertzen. Darumb wil Christus nicht / daß die Liebe vnd die Werck / sollen der Schatz seyn / dadurch die Sünden bezahlt werden / welches Christus Blut ist. Derhalben ist dieser Streit vber einer hohen / wichtigen

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Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/414>, abgerufen am 16.07.2024.