[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.Die gar nicht wissen / wie rein wir alles verdienstes / aller Werck vergessen / wenn das Hertz GOTtes Zorn fühlet / oder das Gewissen in engsten ist. Die sichern vnerfarnen Leute / gehen wol jmmer dahin in dem wahn / als verdienen sie mit jhren Wercken de congruo, Gnad. Denn es ist ohne das vns angeborn natürlich / daß wir von vns selbs / vnd vnsern Wercken gern etwas viel wolten halten. Wenn aber ein Gewissen recht sein Sünde vnd Jammer fühlet / So ist aller schertz / so sind alle Spielgedancken auß / vnd ist eitel grosser rechter ernst / Da lest sich kein Hertz noch gewissen stillen / noch zu frieden stellen / Suchet allerley Wercke vnd aber Wercke / vnd wolt gern gewißheit / wolt gern grund fülen / vnd gewis auff etwas fussen / vnd rugen / Aber dieselbigen erschrockenen Gewissen fühlen wol / daß man de condigno noch de congruo nichts verdienen kan / sincken bald dahin in verzagen / vnd verzweiffelung / wenn jhnen nicht ein ander wort / denn des Gesetzs Lehre / Nemlich / das Euangelium von Christo / Daß der für vns gegeben ist / gepredigt wird. Daher weis man etlich Historien / daß die Barfüsser Münch / wenn sie etlichen guten Gewissen an der Todstunde / lang haben vmb sonst jhr Orden vnd gute Werck gelobet / Daß sie zu letzt haben müssen jhres Ordens / vnd S. Franciscen schweigen / vnd diß wort sagen / Lieber Mensch / Christus ist für dich gestorben. Das hat in engsten erquicket / vnd erkület / Fried vnd Trost allein geben. Also lehren die Wiedersacher nichts / denn ein eusserlich Frömkeit / eusserlicher guter Werck / Welche Paulus des Gesetzes Frömkeit nennet / vnd sehen also / wie die Jüden / das verdeckt Angesicht Mosi / Thun nichts / denn daß sie in etlichen sichern Heuchlern / die Sicherheit vnd hertigkeit stercken / Füren die Leute auff ein Sandgrund / auff jhre eigen Werck / Dadurch Christus vnd das Euangelium veracht wird / Geben manchen elenden Gewissen vrsach zu verzweiffelung / Denn sie thun gute Werck auff vngewissen Wahn / Erfahren nimmer / wie ein gros krefftig ding der Glaube ist / Fallen zu letzt gantz in Verzweiffelung. Wir halten vnd reden / von der eusserlichen Frömkeit also / daß Gott wol foddert / vnd haben wil / ein solch eusserlich erbar Leben / vnd vmb GOttes Gebots willen / müsse man dieselbigen guten Werck thun / Welche in zehen Geboten werden geboten / Denn das Gesetz ist vnser Zuchtmeister / vnd das Gesetz ist den Vnrechten geben / denn GOtt der HERR wil / daß den groben Sünden durch ein eusserliche Zucht gewehret werde / Vnd dasselbige zu erhalten / gibt Die gar nicht wissen / wie rein wir alles verdienstes / aller Werck vergessen / wenn das Hertz GOTtes Zorn fühlet / oder das Gewissen in engsten ist. Die sichern vnerfarnen Leute / gehen wol jmmer dahin in dem wahn / als verdienen sie mit jhren Wercken de congruo, Gnad. Denn es ist ohne das vns angeborn natürlich / daß wir von vns selbs / vnd vnsern Wercken gern etwas viel wolten halten. Wenn aber ein Gewissen recht sein Sünde vnd Jammer fühlet / So ist aller schertz / so sind alle Spielgedancken auß / vnd ist eitel grosser rechter ernst / Da lest sich kein Hertz noch gewissen stillen / noch zu frieden stellen / Suchet allerley Wercke vnd aber Wercke / vnd wolt gern gewißheit / wolt gern grund fülen / vnd gewis auff etwas fussen / vnd rugen / Aber dieselbigen erschrockenen Gewissen fühlen wol / daß man de condigno noch de congruo nichts verdienen kan / sincken bald dahin in verzagen / vnd verzweiffelung / wenn jhnen nicht ein ander wort / denn des Gesetzs Lehre / Nemlich / das Euangelium von Christo / Daß der für vns gegeben ist / gepredigt wird. Daher weis man etlich Historien / daß die Barfüsser Münch / wenn sie etlichen guten Gewissen an der Todstunde / lang haben vmb sonst jhr Orden vnd gute Werck gelobet / Daß sie zu letzt haben müssen jhres Ordens / vnd S. Franciscen schweigen / vnd diß wort sagen / Lieber Mensch / Christus ist für dich gestorben. Das hat in engsten erquicket / vnd erkület / Fried vnd Trost allein geben. Also lehren die Wiedersacher nichts / denn ein eusserlich Frömkeit / eusserlicher guter Werck / Welche Paulus des Gesetzes Frömkeit nennet / vnd sehen also / wie die Jüden / das verdeckt Angesicht Mosi / Thun nichts / denn daß sie in etlichen sichern Heuchlern / die Sicherheit vnd hertigkeit stercken / Füren die Leute auff ein Sandgrund / auff jhre eigen Werck / Dadurch Christus vnd das Euangelium veracht wird / Geben manchen elenden Gewissen vrsach zu verzweiffelung / Denn sie thun gute Werck auff vngewissen Wahn / Erfahren nimmer / wie ein gros krefftig ding der Glaube ist / Fallen zu letzt gantz in Verzweiffelung. Wir halten vnd reden / von der eusserlichen Frömkeit also / daß Gott wol foddert / vnd haben wil / ein solch eusserlich erbar Leben / vnd vmb GOttes Gebots willen / müsse man dieselbigen guten Werck thun / Welche in zehen Geboten werden geboten / Denn das Gesetz ist vnser Zuchtmeister / vnd das Gesetz ist den Vnrechten geben / denn GOtt der HERR wil / daß den groben Sünden durch ein eusserliche Zucht gewehret werde / Vnd dasselbige zu erhalten / gibt <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0385" n="176"/> Die gar nicht wissen / wie rein wir alles verdienstes / aller Werck vergessen / wenn das Hertz GOTtes Zorn fühlet / oder das Gewissen in engsten ist. Die sichern vnerfarnen Leute / gehen wol jmmer dahin in dem wahn / als verdienen sie mit jhren Wercken <hi rendition="#i">de congruo,</hi> Gnad.</p> <p>Denn es ist ohne das vns angeborn natürlich / daß wir von vns selbs / vnd vnsern Wercken gern etwas viel wolten halten. 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Denn es ist ohne das vns angeborn natürlich / daß wir von vns selbs / vnd vnsern Wercken gern etwas viel wolten halten. Wenn aber ein Gewissen recht sein Sünde vnd Jammer fühlet / So ist aller schertz / so sind alle Spielgedancken auß / vnd ist eitel grosser rechter ernst / Da lest sich kein Hertz noch gewissen stillen / noch zu frieden stellen / Suchet allerley Wercke vnd aber Wercke / vnd wolt gern gewißheit / wolt gern grund fülen / vnd gewis auff etwas fussen / vnd rugen / Aber dieselbigen erschrockenen Gewissen fühlen wol / daß man de condigno noch de congruo nichts verdienen kan / sincken bald dahin in verzagen / vnd verzweiffelung / wenn jhnen nicht ein ander wort / denn des Gesetzs Lehre / Nemlich / das Euangelium von Christo / Daß der für vns gegeben ist / gepredigt wird.
Daher weis man etlich Historien / daß die Barfüsser Münch / wenn sie etlichen guten Gewissen an der Todstunde / lang haben vmb sonst jhr Orden vnd gute Werck gelobet / Daß sie zu letzt haben müssen jhres Ordens / vnd S. Franciscen schweigen / vnd diß wort sagen / Lieber Mensch / Christus ist für dich gestorben. Das hat in engsten erquicket / vnd erkület / Fried vnd Trost allein geben.
Also lehren die Wiedersacher nichts / denn ein eusserlich Frömkeit / eusserlicher guter Werck / Welche Paulus des Gesetzes Frömkeit nennet / vnd sehen also / wie die Jüden / das verdeckt Angesicht Mosi / Thun nichts / denn daß sie in etlichen sichern Heuchlern / die Sicherheit vnd hertigkeit stercken / Füren die Leute auff ein Sandgrund / auff jhre eigen Werck / Dadurch Christus vnd das Euangelium veracht wird / Geben manchen elenden Gewissen vrsach zu verzweiffelung / Denn sie thun gute Werck auff vngewissen Wahn / Erfahren nimmer / wie ein gros krefftig ding der Glaube ist / Fallen zu letzt gantz in Verzweiffelung.
Wir halten vnd reden / von der eusserlichen Frömkeit also / daß Gott wol foddert / vnd haben wil / ein solch eusserlich erbar Leben / vnd vmb GOttes Gebots willen / müsse man dieselbigen guten Werck thun / Welche in zehen Geboten werden geboten / Denn das Gesetz ist vnser Zuchtmeister / vnd das Gesetz ist den Vnrechten geben / denn GOtt der HERR wil / daß den groben Sünden durch ein eusserliche Zucht gewehret werde / Vnd dasselbige zu erhalten / gibt
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Zitationshilfe: | [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/385>, abgerufen am 16.02.2025. |