[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.daß wir den edlen vnaußsprechlichen Schatz des Euangelij / vnd versünung Christi nicht hertzlich / so thewer vnd edel achten / als sie ist / Item / daß wir wieder Gottes Werck vnd Willen murren / daß er in Trübsaln nicht bald hilfft / vnd machts wie wir wöllen / Item / wir erfahren täglich / daß es vns wehe thut / wie auch Dauid vnd alle Heiligen geklagt / Daß den Gottlosen in dieser Welt wolgehet. Darüber fülen alle Menschen / wie leicht jhr Hertz entbrennet / jetzund mit Ehrgeitz / denn mit Grimm vnd Zorn / denn mit Vnzucht. So nu die Wiedersacher selbs bekennen müssen / Daß solcher Vnglaube / solcher Vngehorsam wieder Gott im Hertzen ist / Wenn schon nicht gantz verwilligung / (wie sie dauon reden) sondern allein die neigung / vnd Lust da ist: Wer wil so küne seyn / daß er diese grobe Stücke weder bös noch gut achte. Nun sind die klaren Psalmen vnd klare Wort der Propheten da / daß sie bekennen / daß sie sich also fülen. Aber die Sophisten in Schulen / haben zu dieser Sache / wieder die klaren öffentlichen Schrifft geredt / vnd aus der Philosophi / jhre eigen Trewme / vnd Sprüche ertichtet / Sagen / daß wir vmb der bösen Lust willen / weder bös noch gut / weder zu schelten noch zu loben sind / Item / Daß Lüste vnd Gedancken inwendig nicht Sünd sind / wenn ich nicht gantz darein verwillige / Dieselbigen Rede vnd Wort in der Philosophen Bücher sind zu verstehen / von eusserlicher Erbarkeit für der Welt / vnd auch eusserlicher Straff für der Welt / Denn da ists wahr / wie die Juristen sagen / L. Cogitationis, Gedancken sind Zoll frey / vnd Straff frey / Aber Gott erforschet die Hertzen / Mit Gottes Gericht vnd Vrtheil ists anders. Also flicken sie auch an diese Sache andere vngereimpte Sprüche / Nemlich / Gottes Geschöpff vnd die Natur / könne an jhr selbs nicht bös seyn / Das fecht ich nicht an / wenn es jrgend geredt wird / da es stat hat / Aber dazu sol dieser Spruch nicht angezogen werden / die Erbsünde geringe zu machen. Vnd dieselbigen Sprüche der Sophisten / haben viel vnseglichs schadens gethan / durch welche sie die Philosophi / vnd die Lehre / welche eusserlich Leben für der Welt belangend / vermischen mit dem Euangelio / vnd haben doch solchs nicht allein in der Schule gelehret / sondern auch öffentlich vnuerschampt für dem Volck gepredigt / Vnd dieselbigen Vngöttlichen / jrrigen / fehrliche / schedliche Lehren / hatten in aller Welt vberhand genommen / da ward nichts geprediget / denn vnser Verdienst in aller Welt / Dadurch ward das Erkentniß Christi / vnd das Euangelium gantz vntergedruckt. daß wir den edlen vnaußsprechlichen Schatz des Euangelij / vnd versünung Christi nicht hertzlich / so thewer vnd edel achten / als sie ist / Item / daß wir wieder Gottes Werck vnd Willen murren / daß er in Trübsaln nicht bald hilfft / vnd machts wie wir wöllen / Item / wir erfahren täglich / daß es vns wehe thut / wie auch Dauid vnd alle Heiligen geklagt / Daß den Gottlosen in dieser Welt wolgehet. Darüber fülen alle Menschen / wie leicht jhr Hertz entbrennet / jetzund mit Ehrgeitz / denn mit Grim̃ vnd Zorn / denn mit Vnzucht. So nu die Wiedersacher selbs bekennen müssen / Daß solcher Vnglaube / solcher Vngehorsam wieder Gott im Hertzen ist / Wenn schon nicht gantz verwilligung / (wie sie dauon reden) sondern allein die neigung / vnd Lust da ist: Wer wil so küne seyn / daß er diese grobe Stücke weder bös noch gut achte. Nun sind die klaren Psalmen vnd klare Wort der Propheten da / daß sie bekennen / daß sie sich also fülen. Aber die Sophisten in Schulen / haben zu dieser Sache / wieder die klaren öffentlichen Schrifft geredt / vnd aus der Philosophi / jhre eigen Trewme / vnd Sprüche ertichtet / Sagen / daß wir vmb der bösen Lust willen / weder bös noch gut / weder zu schelten noch zu loben sind / Item / Daß Lüste vnd Gedancken inwendig nicht Sünd sind / wenn ich nicht gantz darein verwillige / Dieselbigen Rede vnd Wort in der Philosophen Bücher sind zu verstehen / von eusserlicher Erbarkeit für der Welt / vnd auch eusserlicher Straff für der Welt / Denn da ists wahr / wie die Juristen sagen / L. Cogitationis, Gedancken sind Zoll frey / vnd Straff frey / Aber Gott erforschet die Hertzen / Mit Gottes Gericht vnd Vrtheil ists anders. Also flicken sie auch an diese Sache andere vngereimpte Sprüche / Nemlich / Gottes Geschöpff vnd die Natur / könne an jhr selbs nicht bös seyn / Das fecht ich nicht an / wenn es jrgend geredt wird / da es stat hat / Aber dazu sol dieser Spruch nicht angezogen werden / die Erbsünde geringe zu machen. Vnd dieselbigen Sprüche der Sophisten / haben viel vnseglichs schadens gethan / durch welche sie die Philosophi / vnd die Lehre / welche eusserlich Leben für der Welt belangend / vermischen mit dem Euangelio / vnd haben doch solchs nicht allein in der Schule gelehret / sondern auch öffentlich vnuerschampt für dem Volck gepredigt / Vnd dieselbigen Vngöttlichen / jrrigen / fehrliche / schedliche Lehren / hatten in aller Welt vberhand genommen / da ward nichts geprediget / denn vnser Verdienst in aller Welt / Dadurch ward das Erkentniß Christi / vnd das Euangelium gantz vntergedruckt. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0377" n="176"/> daß wir den edlen vnaußsprechlichen Schatz des Euangelij / vnd versünung Christi nicht hertzlich / so thewer vnd edel achten / als sie ist / Item / daß wir wieder Gottes Werck vnd Willen murren / daß er in Trübsaln nicht bald hilfft / vnd machts wie wir wöllen / Item / wir erfahren täglich / daß es vns wehe thut / wie auch Dauid vnd alle Heiligen geklagt / Daß den Gottlosen in dieser Welt wolgehet.</p> <p>Darüber fülen alle Menschen / wie leicht jhr Hertz entbrennet / jetzund mit Ehrgeitz / denn mit Grim̃ vnd Zorn / denn mit Vnzucht.</p> <p>So nu die Wiedersacher selbs bekennen müssen / Daß solcher Vnglaube / solcher Vngehorsam wieder Gott im Hertzen ist / Wenn schon nicht gantz verwilligung / (wie sie dauon reden) sondern allein die neigung / vnd Lust da ist: Wer wil so küne seyn / daß er diese grobe Stücke weder bös noch gut achte. 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Darüber fülen alle Menschen / wie leicht jhr Hertz entbrennet / jetzund mit Ehrgeitz / denn mit Grim̃ vnd Zorn / denn mit Vnzucht.
So nu die Wiedersacher selbs bekennen müssen / Daß solcher Vnglaube / solcher Vngehorsam wieder Gott im Hertzen ist / Wenn schon nicht gantz verwilligung / (wie sie dauon reden) sondern allein die neigung / vnd Lust da ist: Wer wil so küne seyn / daß er diese grobe Stücke weder bös noch gut achte. Nun sind die klaren Psalmen vnd klare Wort der Propheten da / daß sie bekennen / daß sie sich also fülen.
Aber die Sophisten in Schulen / haben zu dieser Sache / wieder die klaren öffentlichen Schrifft geredt / vnd aus der Philosophi / jhre eigen Trewme / vnd Sprüche ertichtet / Sagen / daß wir vmb der bösen Lust willen / weder bös noch gut / weder zu schelten noch zu loben sind / Item / Daß Lüste vnd Gedancken inwendig nicht Sünd sind / wenn ich nicht gantz darein verwillige / Dieselbigen Rede vnd Wort in der Philosophen Bücher sind zu verstehen / von eusserlicher Erbarkeit für der Welt / vnd auch eusserlicher Straff für der Welt / Denn da ists wahr / wie die Juristen sagen / L. Cogitationis, Gedancken sind Zoll frey / vnd Straff frey / Aber Gott erforschet die Hertzen / Mit Gottes Gericht vnd Vrtheil ists anders.
Also flicken sie auch an diese Sache andere vngereimpte Sprüche / Nemlich / Gottes Geschöpff vnd die Natur / könne an jhr selbs nicht bös seyn / Das fecht ich nicht an / wenn es jrgend geredt wird / da es stat hat / Aber dazu sol dieser Spruch nicht angezogen werden / die Erbsünde geringe zu machen. Vnd dieselbigen Sprüche der Sophisten / haben viel vnseglichs schadens gethan / durch welche sie die Philosophi / vnd die Lehre / welche eusserlich Leben für der Welt belangend / vermischen mit dem Euangelio / vnd haben doch solchs nicht allein in der Schule gelehret / sondern auch öffentlich vnuerschampt für dem Volck gepredigt / Vnd dieselbigen Vngöttlichen / jrrigen / fehrliche / schedliche Lehren / hatten in aller Welt vberhand genommen / da ward nichts geprediget / denn vnser Verdienst in aller Welt / Dadurch ward das Erkentniß Christi / vnd das Euangelium gantz vntergedruckt.
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Zitationshilfe: | [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/377>, abgerufen am 16.07.2024. |