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[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

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Hie sihet je jederman / wie vngeschickt die Wiedersacher von diesem hohen Handel reden / Sie bekennen die kleinen Gebrechen an der Sündlichen Natur / vnd deß aller grösten Erbjammers vnd elendes gedencken sie nicht / da doch die Apostel alle vber klagen / Daß die gantze Schrifft allenthalben meldet / da alle Propheten vber schreyen / wie der 13. Psalm / vnd etlich ander Psalmen sagen / Da ist nicht der Gerecht sey / auch nicht einer / Da ist nicht der nach Gott fraget / Da ist nicht der gutes thut / auch nicht einer / Ihr Schlund ist ein offens Grab / Ottern Gifft ist vnter jhren Lippen / Es ist keine Furcht Gottes für jhren Augen / so doch auch die Schrifft klar saget / Daß vns solchs alles nicht angeflohen / sondern angeborn sey.

Dieweil aber die Scholastici vnter die Christlichen Lehre viel Philosophi gemenget / vnd viel von dem Liecht der Vernunfft / vnd den Actionibus elicitis reden / halten sie zu viel vom Freyen Willen / vnd vnsern Wercken. Darüber haben sie gelehret / Daß die Menschen durch ein eusserlich erbar leben / für GOtt from werden / vnd haben nicht gesehen / die angeborne vnreinigkeit inwendig der Hertzen / welch niemands gewar wird / denn allein durchs Wort Gottes / welches die Scholastici in jhren Büchern fast sperlich / vnd selten handeln / Wir sagen auch wol / Daß eusserlich erbar zu leben / etlicher mas in vnserm vermügen stehe / Aber für Gott from vnd heilig zu werden / ist nicht vnsers vermügens.

Das sind die vrsachen / warumb ich deß orts / als ich hab wöllen sagen / Was die Erbsünde sey / der angebornen bösen lust gedacht habe / vnd gesaget / Daß auß Natürlichen Krefften kein Mensch vermag / Gott zu fürchten / oder jhm zuuertrawen. Denn ich habe wöllen anzeigen / Daß die Erbsünde auch diesen jammer in sich begreiffe / Nemlich / Daß kein Mensch Gott kennet oder achtet / keiner jhn hertzlich fürchten oder lieben / oder jhm vertrawen kan. Das sind die grösten stück der Erbseuche / durch welche wir alle auß Adam stracks wieder Gott / wieder die ersten Tafel Mosi / vnd das gröste / höchste Göttliche Gebot gesinnet vnd geartet sind.

Vnd wir haben da nichts newes gesagt. Die alten Scholastici, so man sie recht verstehet / haben gleich dasselbig gesagt. Denn sie sagen / die Erbsünde sey ein mangel der ersten Reinigkeit vnd Gerechtigkeit im Paradis. Was ist aber Iustitia originalis, oder die erste Gerechtigkeit im Paradis? Gerechtigkeit vnd Heiligkeit in der Schrifft / heist je nicht allein / wenn ich die andere Tafel Mosi halte / gute Werck thue / vnd dem Nehesten diene / Sondern den jenigen nennet die Schrifft from / heilig vnd gerecht / der die ersten Tafel /

Hie sihet je jederman / wie vngeschickt die Wiedersacher von diesem hohen Handel reden / Sie bekennen die kleinen Gebrechen an der Sündlichen Natur / vnd deß aller grösten Erbjammers vnd elendes gedencken sie nicht / da doch die Apostel alle vber klagen / Daß die gantze Schrifft allenthalben meldet / da alle Propheten vber schreyen / wie der 13. Psalm / vnd etlich ander Psalmen sagen / Da ist nicht der Gerecht sey / auch nicht einer / Da ist nicht der nach Gott fraget / Da ist nicht der gutes thut / auch nicht einer / Ihr Schlund ist ein offens Grab / Ottern Gifft ist vnter jhren Lippen / Es ist keine Furcht Gottes für jhren Augen / so doch auch die Schrifft klar saget / Daß vns solchs alles nicht angeflohen / sondern angeborn sey.

Dieweil aber die Scholastici vnter die Christlichen Lehre viel Philosophi gemenget / vnd viel von dem Liecht der Vernunfft / vnd den Actionibus elicitis reden / halten sie zu viel vom Freyen Willen / vnd vnsern Wercken. Darüber haben sie gelehret / Daß die Menschen durch ein eusserlich erbar leben / für GOtt from werden / vnd haben nicht gesehen / die angeborne vnreinigkeit inwendig der Hertzen / welch niemands gewar wird / denn allein durchs Wort Gottes / welches die Scholastici in jhren Büchern fast sperlich / vnd selten handeln / Wir sagen auch wol / Daß eusserlich erbar zu leben / etlicher mas in vnserm vermügen stehe / Aber für Gott from vnd heilig zu werden / ist nicht vnsers vermügens.

Das sind die vrsachen / warumb ich deß orts / als ich hab wöllen sagen / Was die Erbsünde sey / der angebornen bösen lust gedacht habe / vnd gesaget / Daß auß Natürlichen Krefften kein Mensch vermag / Gott zu fürchten / oder jhm zuuertrawen. Denn ich habe wöllen anzeigen / Daß die Erbsünde auch diesen jammer in sich begreiffe / Nemlich / Daß kein Mensch Gott kennet oder achtet / keiner jhn hertzlich fürchten oder lieben / oder jhm vertrawen kan. Das sind die grösten stück der Erbseuche / durch welche wir alle auß Adam stracks wieder Gott / wieder die ersten Tafel Mosi / vnd das gröste / höchste Göttliche Gebot gesinnet vnd geartet sind.

Vnd wir haben da nichts newes gesagt. Die alten Scholastici, so man sie recht verstehet / haben gleich dasselbig gesagt. Denn sie sagen / die Erbsünde sey ein mangel der ersten Reinigkeit vnd Gerechtigkeit im Paradis. Was ist aber Iustitia originalis, oder die erste Gerechtigkeit im Paradis? Gerechtigkeit vnd Heiligkeit in der Schrifft / heist je nicht allein / wenn ich die andere Tafel Mosi halte / gute Werck thue / vnd dem Nehesten diene / Sondern den jenigen nennet die Schrifft from / heilig vnd gerecht / der die ersten Tafel /

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[173/0371] Hie sihet je jederman / wie vngeschickt die Wiedersacher von diesem hohen Handel reden / Sie bekennen die kleinen Gebrechen an der Sündlichen Natur / vnd deß aller grösten Erbjammers vnd elendes gedencken sie nicht / da doch die Apostel alle vber klagen / Daß die gantze Schrifft allenthalben meldet / da alle Propheten vber schreyen / wie der 13. Psalm / vnd etlich ander Psalmen sagen / Da ist nicht der Gerecht sey / auch nicht einer / Da ist nicht der nach Gott fraget / Da ist nicht der gutes thut / auch nicht einer / Ihr Schlund ist ein offens Grab / Ottern Gifft ist vnter jhren Lippen / Es ist keine Furcht Gottes für jhren Augen / so doch auch die Schrifft klar saget / Daß vns solchs alles nicht angeflohen / sondern angeborn sey. Dieweil aber die Scholastici vnter die Christlichen Lehre viel Philosophi gemenget / vnd viel von dem Liecht der Vernunfft / vnd den Actionibus elicitis reden / halten sie zu viel vom Freyen Willen / vnd vnsern Wercken. Darüber haben sie gelehret / Daß die Menschen durch ein eusserlich erbar leben / für GOtt from werden / vnd haben nicht gesehen / die angeborne vnreinigkeit inwendig der Hertzen / welch niemands gewar wird / denn allein durchs Wort Gottes / welches die Scholastici in jhren Büchern fast sperlich / vnd selten handeln / Wir sagen auch wol / Daß eusserlich erbar zu leben / etlicher mas in vnserm vermügen stehe / Aber für Gott from vnd heilig zu werden / ist nicht vnsers vermügens. Das sind die vrsachen / warumb ich deß orts / als ich hab wöllen sagen / Was die Erbsünde sey / der angebornen bösen lust gedacht habe / vnd gesaget / Daß auß Natürlichen Krefften kein Mensch vermag / Gott zu fürchten / oder jhm zuuertrawen. Denn ich habe wöllen anzeigen / Daß die Erbsünde auch diesen jammer in sich begreiffe / Nemlich / Daß kein Mensch Gott kennet oder achtet / keiner jhn hertzlich fürchten oder lieben / oder jhm vertrawen kan. Das sind die grösten stück der Erbseuche / durch welche wir alle auß Adam stracks wieder Gott / wieder die ersten Tafel Mosi / vnd das gröste / höchste Göttliche Gebot gesinnet vnd geartet sind. Vnd wir haben da nichts newes gesagt. Die alten Scholastici, so man sie recht verstehet / haben gleich dasselbig gesagt. Denn sie sagen / die Erbsünde sey ein mangel der ersten Reinigkeit vnd Gerechtigkeit im Paradis. Was ist aber Iustitia originalis, oder die erste Gerechtigkeit im Paradis? Gerechtigkeit vnd Heiligkeit in der Schrifft / heist je nicht allein / wenn ich die andere Tafel Mosi halte / gute Werck thue / vnd dem Nehesten diene / Sondern den jenigen nennet die Schrifft from / heilig vnd gerecht / der die ersten Tafel /

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Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/371>, abgerufen am 25.11.2024.