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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857.

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Venedig. Ihm folgte der Böhmenkönig Ladislaus II. (1490-1526), dessen Regierung durch einen Bauernkrieg u. die unaufhörlichen Einfälle der Türken zu den unglücklichsten gehört; für seinen minderjährigen Sohn Ludwig II. regierten die Vormünder u. als er 16jährig gegen Sultan Soliman den Gr. auszog, verlor er den 29. Aug. 1526 bei Mohacz Schlacht u. Leben u. der größte Theil Ungarns blieb über 100 Jahre in türk. Gewalt. Dem rechtmäßigen König Ferdinand I. von Oesterreich machte der Woiwode Joh. Zapolya von Siebenbürgen die Krone streitig; dieser rief selbst den Sultan Soliman II. herbei, wurde dessen Vasall, fand aber doch 1538 für gut, einen Vertrag zu schließen, der nach seinem Tode von seinem Anhange gebrochen wurde; derselbe rief abermals den Sultan nach U. u. von 1540-70 dauerte der Krieg Ferdinands I. u. Max II. gegen die Türken u. Joh. Sigismund Zapolya II. fort. Da Siebenbürgen eigene Fürsten behielt, welche mit Hilfe der Unzufriedenen in U. u. der Türkei nach der Krone trachteten, da gleichzeitig durch das Eindringen der Reformation (als lutherische, calvinische und socinische) die Bevölkerung parteit wurde, blieb das Land der Schauplatz unaufhörlicher Kämpfe. 1608 erhielten die Protestanten Religionsfreiheit; sie schlossen sich aber 1619 dennoch an die protestantischen Rebellen in Böhmen, Mähren und Oesterreich an, Bethlen Gabor von Siebenbürgen wurde als König ausgerufen, doch gaben die Siege Tillys und Wallensteins dem Kaiser zuletzt das Uebergewicht (vergl. Bethlen Gabor) u. er behauptete es auch trotz vielfachem Glückwechsel gegenüber den Rakoczy, Apafi u. Tököly (s. diese Artikel) und deren türk. u. franz. Helfern. 1687 hob der Reichstag zu Preßburg das Wahlrecht der Stände auf u. anerkannte die Erblichkeit der Krone im Hause Habsburg, 1711 beendigte der Friede zu Szathmar die letzten Unruhen. Josephs II. Versuche stießen auf eine Opposition, die bis zum erklärten Widerstande ging, Leopold II. jedoch stellte den frühern Zustand wieder her und das ungar. Militär focht die großen Kriege rühmlich unter der kaiserlichen Fahne mit. Nach 1830 machte sich eine zunehmende Gährung merkbar; in der That war die Stellung Ungarns zur Gesammtmonarchie eine ganz abnorme: der Reichstag, aus der Tafel der Magnaten (die hohe Geistlichkeit u. der hohe Adel) u. der Stände (die Deputirten des Adels aus den Comitaten u. der 49 Freistädte) hatte die Gewalt eines Parlaments u. das Recht den Repräsentanten der Krone, den Palatin, aus 4 von der Krone vorgeschlagenen Magnaten zu wählen; der Adel wählte alle 3 Jahre (Restauration) die Comitatsmagistrate, mit denen er sich in öffentlichen Versammlungen (Congregationen) über provinzielle u. allgemeine Angelegenheit oft sehr stürmisch berieth. Die Güter des Adels waren unveräußerlich, nur in außerordentlichen Fällen besteuerbar (durch das von dem Reichstag votirte Subsidium), während Bürger und Bauer alle Lasten trugen; die Krone hatte das Regal der Münze, der Post, des Salzes, besaß Bergwerke, viel Grund u. Boden; eine Mauthlinie schied aber U. von der andern Monarchie, weil es keinen gemeinschaftlichen Staatshaushalt wollte. Das Land mußte in seiner Entwicklung vielfach zurückbleiben; man fühlte es, suchte aber das Heilmittel nicht in engerer Verbindung mit der Gesammtmonarchie, sondern in der Isolirung. Den rühmlichen Bestrebungen zur Hebung des einheimischen Gewerbfleißes, des Landbaus, des Unterrichts, zur Verbesserung der Lage der unteren Stände verschwisterte sich, begünstigt von dem magyar. Nationalstolze u. Haß gegen alles Deutsche, Widerstreben gegen den Einfluß der Regierung, Demonstrationen gegen einzelne Rechte der Kirche (gemischte Ehen), endlich die Einführung der magyar. Sprache als officieller Sprache für den ganzen Umfang des Königreichs. Von der damaligen Strömung des Zeitgeistes in Europa getragen, rückte diese Opposition Schritt für Schritt vorwärts, nahm immer entschiedener die Farbe der westlichen Revolutionstheorien an, erzwang ein Zugeständniß nach dem andern und als 1848 durch die Revolutionen in Wien u. Mailand die Monarchie in ihren

Venedig. Ihm folgte der Böhmenkönig Ladislaus II. (1490–1526), dessen Regierung durch einen Bauernkrieg u. die unaufhörlichen Einfälle der Türken zu den unglücklichsten gehört; für seinen minderjährigen Sohn Ludwig II. regierten die Vormünder u. als er 16jährig gegen Sultan Soliman den Gr. auszog, verlor er den 29. Aug. 1526 bei Mohacz Schlacht u. Leben u. der größte Theil Ungarns blieb über 100 Jahre in türk. Gewalt. Dem rechtmäßigen König Ferdinand I. von Oesterreich machte der Woiwode Joh. Zapolya von Siebenbürgen die Krone streitig; dieser rief selbst den Sultan Soliman II. herbei, wurde dessen Vasall, fand aber doch 1538 für gut, einen Vertrag zu schließen, der nach seinem Tode von seinem Anhange gebrochen wurde; derselbe rief abermals den Sultan nach U. u. von 1540–70 dauerte der Krieg Ferdinands I. u. Max II. gegen die Türken u. Joh. Sigismund Zapolya II. fort. Da Siebenbürgen eigene Fürsten behielt, welche mit Hilfe der Unzufriedenen in U. u. der Türkei nach der Krone trachteten, da gleichzeitig durch das Eindringen der Reformation (als lutherische, calvinische und socinische) die Bevölkerung parteit wurde, blieb das Land der Schauplatz unaufhörlicher Kämpfe. 1608 erhielten die Protestanten Religionsfreiheit; sie schlossen sich aber 1619 dennoch an die protestantischen Rebellen in Böhmen, Mähren und Oesterreich an, Bethlen Gabor von Siebenbürgen wurde als König ausgerufen, doch gaben die Siege Tillys und Wallensteins dem Kaiser zuletzt das Uebergewicht (vergl. Bethlen Gabor) u. er behauptete es auch trotz vielfachem Glückwechsel gegenüber den Rakoczy, Apafi u. Tököly (s. diese Artikel) und deren türk. u. franz. Helfern. 1687 hob der Reichstag zu Preßburg das Wahlrecht der Stände auf u. anerkannte die Erblichkeit der Krone im Hause Habsburg, 1711 beendigte der Friede zu Szathmar die letzten Unruhen. Josephs II. Versuche stießen auf eine Opposition, die bis zum erklärten Widerstande ging, Leopold II. jedoch stellte den frühern Zustand wieder her und das ungar. Militär focht die großen Kriege rühmlich unter der kaiserlichen Fahne mit. Nach 1830 machte sich eine zunehmende Gährung merkbar; in der That war die Stellung Ungarns zur Gesammtmonarchie eine ganz abnorme: der Reichstag, aus der Tafel der Magnaten (die hohe Geistlichkeit u. der hohe Adel) u. der Stände (die Deputirten des Adels aus den Comitaten u. der 49 Freistädte) hatte die Gewalt eines Parlaments u. das Recht den Repräsentanten der Krone, den Palatin, aus 4 von der Krone vorgeschlagenen Magnaten zu wählen; der Adel wählte alle 3 Jahre (Restauration) die Comitatsmagistrate, mit denen er sich in öffentlichen Versammlungen (Congregationen) über provinzielle u. allgemeine Angelegenheit oft sehr stürmisch berieth. Die Güter des Adels waren unveräußerlich, nur in außerordentlichen Fällen besteuerbar (durch das von dem Reichstag votirte Subsidium), während Bürger und Bauer alle Lasten trugen; die Krone hatte das Regal der Münze, der Post, des Salzes, besaß Bergwerke, viel Grund u. Boden; eine Mauthlinie schied aber U. von der andern Monarchie, weil es keinen gemeinschaftlichen Staatshaushalt wollte. Das Land mußte in seiner Entwicklung vielfach zurückbleiben; man fühlte es, suchte aber das Heilmittel nicht in engerer Verbindung mit der Gesammtmonarchie, sondern in der Isolirung. Den rühmlichen Bestrebungen zur Hebung des einheimischen Gewerbfleißes, des Landbaus, des Unterrichts, zur Verbesserung der Lage der unteren Stände verschwisterte sich, begünstigt von dem magyar. Nationalstolze u. Haß gegen alles Deutsche, Widerstreben gegen den Einfluß der Regierung, Demonstrationen gegen einzelne Rechte der Kirche (gemischte Ehen), endlich die Einführung der magyar. Sprache als officieller Sprache für den ganzen Umfang des Königreichs. Von der damaligen Strömung des Zeitgeistes in Europa getragen, rückte diese Opposition Schritt für Schritt vorwärts, nahm immer entschiedener die Farbe der westlichen Revolutionstheorien an, erzwang ein Zugeständniß nach dem andern und als 1848 durch die Revolutionen in Wien u. Mailand die Monarchie in ihren

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[554/0555] Venedig. Ihm folgte der Böhmenkönig Ladislaus II. (1490–1526), dessen Regierung durch einen Bauernkrieg u. die unaufhörlichen Einfälle der Türken zu den unglücklichsten gehört; für seinen minderjährigen Sohn Ludwig II. regierten die Vormünder u. als er 16jährig gegen Sultan Soliman den Gr. auszog, verlor er den 29. Aug. 1526 bei Mohacz Schlacht u. Leben u. der größte Theil Ungarns blieb über 100 Jahre in türk. Gewalt. Dem rechtmäßigen König Ferdinand I. von Oesterreich machte der Woiwode Joh. Zapolya von Siebenbürgen die Krone streitig; dieser rief selbst den Sultan Soliman II. herbei, wurde dessen Vasall, fand aber doch 1538 für gut, einen Vertrag zu schließen, der nach seinem Tode von seinem Anhange gebrochen wurde; derselbe rief abermals den Sultan nach U. u. von 1540–70 dauerte der Krieg Ferdinands I. u. Max II. gegen die Türken u. Joh. Sigismund Zapolya II. fort. Da Siebenbürgen eigene Fürsten behielt, welche mit Hilfe der Unzufriedenen in U. u. der Türkei nach der Krone trachteten, da gleichzeitig durch das Eindringen der Reformation (als lutherische, calvinische und socinische) die Bevölkerung parteit wurde, blieb das Land der Schauplatz unaufhörlicher Kämpfe. 1608 erhielten die Protestanten Religionsfreiheit; sie schlossen sich aber 1619 dennoch an die protestantischen Rebellen in Böhmen, Mähren und Oesterreich an, Bethlen Gabor von Siebenbürgen wurde als König ausgerufen, doch gaben die Siege Tillys und Wallensteins dem Kaiser zuletzt das Uebergewicht (vergl. Bethlen Gabor) u. er behauptete es auch trotz vielfachem Glückwechsel gegenüber den Rakoczy, Apafi u. Tököly (s. diese Artikel) und deren türk. u. franz. Helfern. 1687 hob der Reichstag zu Preßburg das Wahlrecht der Stände auf u. anerkannte die Erblichkeit der Krone im Hause Habsburg, 1711 beendigte der Friede zu Szathmar die letzten Unruhen. Josephs II. Versuche stießen auf eine Opposition, die bis zum erklärten Widerstande ging, Leopold II. jedoch stellte den frühern Zustand wieder her und das ungar. Militär focht die großen Kriege rühmlich unter der kaiserlichen Fahne mit. Nach 1830 machte sich eine zunehmende Gährung merkbar; in der That war die Stellung Ungarns zur Gesammtmonarchie eine ganz abnorme: der Reichstag, aus der Tafel der Magnaten (die hohe Geistlichkeit u. der hohe Adel) u. der Stände (die Deputirten des Adels aus den Comitaten u. der 49 Freistädte) hatte die Gewalt eines Parlaments u. das Recht den Repräsentanten der Krone, den Palatin, aus 4 von der Krone vorgeschlagenen Magnaten zu wählen; der Adel wählte alle 3 Jahre (Restauration) die Comitatsmagistrate, mit denen er sich in öffentlichen Versammlungen (Congregationen) über provinzielle u. allgemeine Angelegenheit oft sehr stürmisch berieth. Die Güter des Adels waren unveräußerlich, nur in außerordentlichen Fällen besteuerbar (durch das von dem Reichstag votirte Subsidium), während Bürger und Bauer alle Lasten trugen; die Krone hatte das Regal der Münze, der Post, des Salzes, besaß Bergwerke, viel Grund u. Boden; eine Mauthlinie schied aber U. von der andern Monarchie, weil es keinen gemeinschaftlichen Staatshaushalt wollte. Das Land mußte in seiner Entwicklung vielfach zurückbleiben; man fühlte es, suchte aber das Heilmittel nicht in engerer Verbindung mit der Gesammtmonarchie, sondern in der Isolirung. Den rühmlichen Bestrebungen zur Hebung des einheimischen Gewerbfleißes, des Landbaus, des Unterrichts, zur Verbesserung der Lage der unteren Stände verschwisterte sich, begünstigt von dem magyar. Nationalstolze u. Haß gegen alles Deutsche, Widerstreben gegen den Einfluß der Regierung, Demonstrationen gegen einzelne Rechte der Kirche (gemischte Ehen), endlich die Einführung der magyar. Sprache als officieller Sprache für den ganzen Umfang des Königreichs. Von der damaligen Strömung des Zeitgeistes in Europa getragen, rückte diese Opposition Schritt für Schritt vorwärts, nahm immer entschiedener die Farbe der westlichen Revolutionstheorien an, erzwang ein Zugeständniß nach dem andern und als 1848 durch die Revolutionen in Wien u. Mailand die Monarchie in ihren

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon05_1857/555>, abgerufen am 23.11.2024.