Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.Dictator ernennen, wurde aber 15. März 44 von verschwornen Senatoren ermordet. Doch das Stadtvolk tumultuirte unmittelbar darauf gegen sie, die Heere erklärten sich für Octavian, Antonius und Lepidus, welche als Cäsars Rächer auftraten; in der Doppelschlacht bei Philippi (42) wurden die letzten Republikaner vernichtet, durch die Schlacht bei Aktium (31) errang Octavian gegen Antonius die Alleinherrschaft, die er bis 14 n. Chr. unter dem Namen Cäsar Augustus glücklich führte. Augustus nahm keinen der damaligen monarchischen Titel an, sondern er übte die Gewalt eines unumschränkten Monarchen, indem er die Aemter der Republik, durch welche sie den Staat regiert hatte, in seiner Person vereinigte (Imperator, Inhaber consularischer u. proconsularischer Gewalt, Censor, Volkstribun, Pontifex maximus); er hatte eine Civilliste (fiscus Caesaris), verwaltete die Kriegskasse (aerarium militare), die durch eigene Steuern genährt wurde, ernannte den Commandanten der röm. Garnison (Prätorianer) u. den Stadtgouverneur (Praefectus urbi); Augustus sicherte die Gränzen Italiens durch die Eroberung Rhätiens, Noricums und Pannoniens, gab aber nach der Niederlage des Varus im Teutoburger Walde (9 nach Chr.) den Plan auf, Germanien jenseits des Rheins zu erobern und behauptete aus strategischen Gründen jenseits der Reichsgränzen, des Rheins und der Donau, nur die agri Decumates (s. Decumates). Auch seine Nachfolger blieben in der Regel dieser Politik treu; der Zuwachs des Reiches beschränkte sich auf Britannien (unter Claudius und Domitian erobert), Cappadocien (durch Tiberius einverleibt), Dacien, unter Trajan unterworfen, der auch in Asien die röm. Gränzen gegen das Partherreich über den Euphrat an den Tigris u. Araxes vorrückte (Mesopotamien, Armenia major), wogegen schon sein Nachfolger Hadrian sie wieder an den Euphrat zurück verlegte. Im Innern befolgten alle Cäsaren (Kaiser) den Grundsatz, den Senat, das übriggebliebene aristokratisch-republikanische Element niederzuhalten, einzelne wütheten gegen ihn bis zur Vernichtung, und nur geniale Persönlichkeiten wie Trajan gaben dem selben, soviel an ihnen lag, einen Theil seiner ehemaligen Autorität zurück; im Allgemeinen blieb ihm aber nur die Rolle des Staatsraths bei einem unumschränkten Monarchen, der in der Militärmacht seine eigentliche Stütze erkennt. Die Revolutionen im röm. Kaiserreiche waren auch nicht Aufstände der röm. Bürger oder der unterworfenen Nationen (die Gallier oder vielmehr Bataver und die Juden liefern das einzige erhebliche Beispiel), sondern Militärrevolutionen, denn ein Bürgerthum von der alten Art gab es seit Augustus nicht mehr, die unterworfenen Nationen aber waren romanisirt. Die Römer romanisirten zur Zeit der Republik Italien (denn vorher war dies gallisch, ligurisch, etrurisch, umbrisch, sabinisch, griech.), indem sie die besiegten Völker zu Bundesgenossen (socii) machten d. h. diese behielten ihr eigenes Recht u. selbständige Gemeindeverwaltung, stellten aber in die röm. Kriege ihre Mannschaft, die römisch disciplinirt wurde; außerdem erhielten die Vorsteher solcher Städte das röm. Bürgerrecht. Besiegten Städten wurde aber außerdem von R. ein Theil des Grundbesitzes weggenommen, der nun als ein Bestandtheil der röm. Staatsländereien röm. Bürgern als Pachtgut überlassen oder zur Anlegung einer röm. Colonie benutzt wurde. Auch eroberte u. entvölkerte Städte wurden von den Römern colonisirt; eine solche Colonie aber war ein Ableger der röm. Bürgerschaft, eine vorgeschobene röm. Festung, das Glied einer großen Kette, welche über ein bezwungenes Land gelegt wurde. Andere Städte erhielten die Freiheit der Municipien d. h. als Gesammtgemeinde das röm. Bürgerrecht, mit freier Gemeindeverwaltung u. Beamtenwahl, jedoch ohne Stimmrecht zu R. u. ohne Befähigung zu den Staatsämtern; wieder andere Städte erhielten unter dem Titel freie Städte verschiedene Begünstigungen, von welchen die der eigenen Gerichtsbarkeit am höchsten geschätzt wurde. Eigentliche Provinzen waren von den Römern eroberte und verwaltete Länder mit eigener Verfassung, wobei die einheimischen Dictator ernennen, wurde aber 15. März 44 von verschwornen Senatoren ermordet. Doch das Stadtvolk tumultuirte unmittelbar darauf gegen sie, die Heere erklärten sich für Octavian, Antonius und Lepidus, welche als Cäsars Rächer auftraten; in der Doppelschlacht bei Philippi (42) wurden die letzten Republikaner vernichtet, durch die Schlacht bei Aktium (31) errang Octavian gegen Antonius die Alleinherrschaft, die er bis 14 n. Chr. unter dem Namen Cäsar Augustus glücklich führte. Augustus nahm keinen der damaligen monarchischen Titel an, sondern er übte die Gewalt eines unumschränkten Monarchen, indem er die Aemter der Republik, durch welche sie den Staat regiert hatte, in seiner Person vereinigte (Imperator, Inhaber consularischer u. proconsularischer Gewalt, Censor, Volkstribun, Pontifex maximus); er hatte eine Civilliste (fiscus Caesaris), verwaltete die Kriegskasse (aerarium militare), die durch eigene Steuern genährt wurde, ernannte den Commandanten der röm. Garnison (Prätorianer) u. den Stadtgouverneur (Praefectus urbi); Augustus sicherte die Gränzen Italiens durch die Eroberung Rhätiens, Noricums und Pannoniens, gab aber nach der Niederlage des Varus im Teutoburger Walde (9 nach Chr.) den Plan auf, Germanien jenseits des Rheins zu erobern und behauptete aus strategischen Gründen jenseits der Reichsgränzen, des Rheins und der Donau, nur die agri Decumates (s. Decumates). Auch seine Nachfolger blieben in der Regel dieser Politik treu; der Zuwachs des Reiches beschränkte sich auf Britannien (unter Claudius und Domitian erobert), Cappadocien (durch Tiberius einverleibt), Dacien, unter Trajan unterworfen, der auch in Asien die röm. Gränzen gegen das Partherreich über den Euphrat an den Tigris u. Araxes vorrückte (Mesopotamien, Armenia major), wogegen schon sein Nachfolger Hadrian sie wieder an den Euphrat zurück verlegte. Im Innern befolgten alle Cäsaren (Kaiser) den Grundsatz, den Senat, das übriggebliebene aristokratisch-republikanische Element niederzuhalten, einzelne wütheten gegen ihn bis zur Vernichtung, und nur geniale Persönlichkeiten wie Trajan gaben dem selben, soviel an ihnen lag, einen Theil seiner ehemaligen Autorität zurück; im Allgemeinen blieb ihm aber nur die Rolle des Staatsraths bei einem unumschränkten Monarchen, der in der Militärmacht seine eigentliche Stütze erkennt. Die Revolutionen im röm. Kaiserreiche waren auch nicht Aufstände der röm. Bürger oder der unterworfenen Nationen (die Gallier oder vielmehr Bataver und die Juden liefern das einzige erhebliche Beispiel), sondern Militärrevolutionen, denn ein Bürgerthum von der alten Art gab es seit Augustus nicht mehr, die unterworfenen Nationen aber waren romanisirt. Die Römer romanisirten zur Zeit der Republik Italien (denn vorher war dies gallisch, ligurisch, etrurisch, umbrisch, sabinisch, griech.), indem sie die besiegten Völker zu Bundesgenossen (socii) machten d. h. diese behielten ihr eigenes Recht u. selbständige Gemeindeverwaltung, stellten aber in die röm. Kriege ihre Mannschaft, die römisch disciplinirt wurde; außerdem erhielten die Vorsteher solcher Städte das röm. Bürgerrecht. Besiegten Städten wurde aber außerdem von R. ein Theil des Grundbesitzes weggenommen, der nun als ein Bestandtheil der röm. Staatsländereien röm. Bürgern als Pachtgut überlassen oder zur Anlegung einer röm. Colonie benutzt wurde. Auch eroberte u. entvölkerte Städte wurden von den Römern colonisirt; eine solche Colonie aber war ein Ableger der röm. Bürgerschaft, eine vorgeschobene röm. Festung, das Glied einer großen Kette, welche über ein bezwungenes Land gelegt wurde. Andere Städte erhielten die Freiheit der Municipien d. h. als Gesammtgemeinde das röm. Bürgerrecht, mit freier Gemeindeverwaltung u. Beamtenwahl, jedoch ohne Stimmrecht zu R. u. ohne Befähigung zu den Staatsämtern; wieder andere Städte erhielten unter dem Titel freie Städte verschiedene Begünstigungen, von welchen die der eigenen Gerichtsbarkeit am höchsten geschätzt wurde. Eigentliche Provinzen waren von den Römern eroberte und verwaltete Länder mit eigener Verfassung, wobei die einheimischen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0758" n="757"/> Dictator ernennen, wurde aber 15. März 44 von verschwornen Senatoren ermordet. Doch das Stadtvolk tumultuirte unmittelbar darauf gegen sie, die Heere erklärten sich für Octavian, Antonius und Lepidus, welche als Cäsars Rächer auftraten; in der Doppelschlacht bei Philippi (42) wurden die letzten Republikaner vernichtet, durch die Schlacht bei Aktium (31) errang Octavian gegen Antonius die Alleinherrschaft, die er bis 14 n. Chr. unter dem Namen Cäsar Augustus glücklich führte. Augustus nahm keinen der damaligen monarchischen Titel an, sondern er übte die Gewalt eines unumschränkten Monarchen, indem er die Aemter der Republik, durch welche sie den Staat regiert hatte, in seiner Person vereinigte (Imperator, Inhaber consularischer u. proconsularischer Gewalt, Censor, Volkstribun, <hi rendition="#i">Pontifex maximus);</hi> er hatte eine Civilliste <hi rendition="#i">(fiscus Caesaris)</hi>, verwaltete die Kriegskasse <hi rendition="#i">(aerarium militare)</hi>, die durch eigene Steuern genährt wurde, ernannte den Commandanten der röm. 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Im Innern befolgten alle Cäsaren (Kaiser) den Grundsatz, den Senat, das übriggebliebene aristokratisch-republikanische Element niederzuhalten, einzelne wütheten gegen ihn bis zur Vernichtung, und nur geniale Persönlichkeiten wie Trajan gaben dem selben, soviel an ihnen lag, einen Theil seiner ehemaligen Autorität zurück; im Allgemeinen blieb ihm aber nur die Rolle des Staatsraths bei einem unumschränkten Monarchen, der in der Militärmacht seine eigentliche Stütze erkennt. Die Revolutionen im röm. Kaiserreiche waren auch nicht Aufstände der röm. Bürger oder der unterworfenen Nationen (die Gallier oder vielmehr Bataver und die Juden liefern das einzige erhebliche Beispiel), sondern Militärrevolutionen, denn ein Bürgerthum von der alten Art gab es seit Augustus nicht mehr, die unterworfenen Nationen aber waren romanisirt. Die Römer romanisirten zur Zeit der Republik Italien (denn vorher war dies gallisch, ligurisch, etrurisch, umbrisch, sabinisch, griech.), indem sie die besiegten Völker zu Bundesgenossen <hi rendition="#i">(socii)</hi> machten d. h. diese behielten ihr eigenes Recht u. selbständige Gemeindeverwaltung, stellten aber in die röm. Kriege ihre Mannschaft, die römisch disciplinirt wurde; außerdem erhielten die Vorsteher solcher Städte das röm. Bürgerrecht. Besiegten Städten wurde aber außerdem von R. ein Theil des Grundbesitzes weggenommen, der nun als ein Bestandtheil der röm. Staatsländereien röm. Bürgern als Pachtgut überlassen oder zur Anlegung einer röm. Colonie benutzt wurde. Auch eroberte u. entvölkerte Städte wurden von den Römern colonisirt; eine solche Colonie aber war ein Ableger der röm. Bürgerschaft, eine vorgeschobene röm. Festung, das Glied einer großen Kette, welche über ein bezwungenes Land gelegt wurde. Andere Städte erhielten die Freiheit der Municipien d. h. als Gesammtgemeinde das röm. Bürgerrecht, mit freier Gemeindeverwaltung u. Beamtenwahl, jedoch ohne Stimmrecht zu R. u. ohne Befähigung zu den Staatsämtern; wieder andere Städte erhielten unter dem Titel freie Städte verschiedene Begünstigungen, von welchen die der eigenen Gerichtsbarkeit am höchsten geschätzt wurde. Eigentliche Provinzen waren von den Römern eroberte und verwaltete Länder mit eigener Verfassung, wobei die einheimischen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [757/0758]
Dictator ernennen, wurde aber 15. März 44 von verschwornen Senatoren ermordet. Doch das Stadtvolk tumultuirte unmittelbar darauf gegen sie, die Heere erklärten sich für Octavian, Antonius und Lepidus, welche als Cäsars Rächer auftraten; in der Doppelschlacht bei Philippi (42) wurden die letzten Republikaner vernichtet, durch die Schlacht bei Aktium (31) errang Octavian gegen Antonius die Alleinherrschaft, die er bis 14 n. Chr. unter dem Namen Cäsar Augustus glücklich führte. Augustus nahm keinen der damaligen monarchischen Titel an, sondern er übte die Gewalt eines unumschränkten Monarchen, indem er die Aemter der Republik, durch welche sie den Staat regiert hatte, in seiner Person vereinigte (Imperator, Inhaber consularischer u. proconsularischer Gewalt, Censor, Volkstribun, Pontifex maximus); er hatte eine Civilliste (fiscus Caesaris), verwaltete die Kriegskasse (aerarium militare), die durch eigene Steuern genährt wurde, ernannte den Commandanten der röm. Garnison (Prätorianer) u. den Stadtgouverneur (Praefectus urbi); Augustus sicherte die Gränzen Italiens durch die Eroberung Rhätiens, Noricums und Pannoniens, gab aber nach der Niederlage des Varus im Teutoburger Walde (9 nach Chr.) den Plan auf, Germanien jenseits des Rheins zu erobern und behauptete aus strategischen Gründen jenseits der Reichsgränzen, des Rheins und der Donau, nur die agri Decumates (s. Decumates). Auch seine Nachfolger blieben in der Regel dieser Politik treu; der Zuwachs des Reiches beschränkte sich auf Britannien (unter Claudius und Domitian erobert), Cappadocien (durch Tiberius einverleibt), Dacien, unter Trajan unterworfen, der auch in Asien die röm. Gränzen gegen das Partherreich über den Euphrat an den Tigris u. Araxes vorrückte (Mesopotamien, Armenia major), wogegen schon sein Nachfolger Hadrian sie wieder an den Euphrat zurück verlegte. Im Innern befolgten alle Cäsaren (Kaiser) den Grundsatz, den Senat, das übriggebliebene aristokratisch-republikanische Element niederzuhalten, einzelne wütheten gegen ihn bis zur Vernichtung, und nur geniale Persönlichkeiten wie Trajan gaben dem selben, soviel an ihnen lag, einen Theil seiner ehemaligen Autorität zurück; im Allgemeinen blieb ihm aber nur die Rolle des Staatsraths bei einem unumschränkten Monarchen, der in der Militärmacht seine eigentliche Stütze erkennt. Die Revolutionen im röm. Kaiserreiche waren auch nicht Aufstände der röm. Bürger oder der unterworfenen Nationen (die Gallier oder vielmehr Bataver und die Juden liefern das einzige erhebliche Beispiel), sondern Militärrevolutionen, denn ein Bürgerthum von der alten Art gab es seit Augustus nicht mehr, die unterworfenen Nationen aber waren romanisirt. Die Römer romanisirten zur Zeit der Republik Italien (denn vorher war dies gallisch, ligurisch, etrurisch, umbrisch, sabinisch, griech.), indem sie die besiegten Völker zu Bundesgenossen (socii) machten d. h. diese behielten ihr eigenes Recht u. selbständige Gemeindeverwaltung, stellten aber in die röm. Kriege ihre Mannschaft, die römisch disciplinirt wurde; außerdem erhielten die Vorsteher solcher Städte das röm. Bürgerrecht. Besiegten Städten wurde aber außerdem von R. ein Theil des Grundbesitzes weggenommen, der nun als ein Bestandtheil der röm. Staatsländereien röm. Bürgern als Pachtgut überlassen oder zur Anlegung einer röm. Colonie benutzt wurde. Auch eroberte u. entvölkerte Städte wurden von den Römern colonisirt; eine solche Colonie aber war ein Ableger der röm. Bürgerschaft, eine vorgeschobene röm. Festung, das Glied einer großen Kette, welche über ein bezwungenes Land gelegt wurde. Andere Städte erhielten die Freiheit der Municipien d. h. als Gesammtgemeinde das röm. Bürgerrecht, mit freier Gemeindeverwaltung u. Beamtenwahl, jedoch ohne Stimmrecht zu R. u. ohne Befähigung zu den Staatsämtern; wieder andere Städte erhielten unter dem Titel freie Städte verschiedene Begünstigungen, von welchen die der eigenen Gerichtsbarkeit am höchsten geschätzt wurde. Eigentliche Provinzen waren von den Römern eroberte und verwaltete Länder mit eigener Verfassung, wobei die einheimischen
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