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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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Neuwied am Rheine erstreckten (limes transrhenanus); vgl. Teufelsmauer.


Pfalz , vom lat. palatium, hieß ursprünglich eine Burg, deren die alten Kaiser in allen Theilen Deutschlands hatten, weil es damals keine kaiserl. Residenzstadt gab u. die Kaiser sich zur Ausübung ihrer höchsten richterlichen Gewalt gewöhnlich in die betreffende Gegend verfügten. Ein P.graf (Comes palatii) war höchster Palastbeamter, verwaltete das kaiserl. Einkommen aus dem zur P. gehörigen Bezirke und war in des Kaisers Namen der oberste Richter. Der angesehenste war der P.graf zu Aachen, aus dessen Lehen das Fürstenthum der Rhein-P. entstand. Später waren die P.grafen nur richterliche Beamte des Kaisers, endlich hatten sie nur noch die Ausübung gewisser kaiserl. Rechte: das große Comitiv d. h. zu adeln, und das kleinere Comitiv zu ertheilen, welches die Befugniß gab, uneheliche Kinder der unteren freien Stände zu legitimiren, Notarien zu ernennen, Vormünder und Curatoren zu bestätigen, akademische Grade zu verleihen, Dichter zu krönen etc.


Pfalz, ehemaliger Staat Deutschlands, dessen Fürst die Kurwürde besaß, bestand aus der Ober-P. (zwischen Böhmen, Bayern, Baireuth, Kulmbach und Nürnberg), ein 130 #M. großes Land mit der Hauptstadt Amberg, und der Unter- oder Rhein-P., einem sehr zerstückelten Landstriche zu beiden Seiten des Rheins von 75 #M. Größe mit der Residenz Heidelberg; letztere bestand aus der eigentlichen Kur-P., dem Fürstenthum Simmern, dem Herzogthum Zweibrücken, der halben Grafschaft Sponheim, den Fürstenthümern Veldenz und Lautern. Die ganze P. war bis 1620 vereinigt. Die P.grafschaft am Rhein war bis auf Kaiser Friedrich II. in verschiedenen Händen; Friedrich I. verlieh dieselbe seinem Bruder Konrad, von diesem ging sie an seinen Schwiegersohn Heinrich von Braunschweig, einen Sohn Heinrichs des Löwen, über, von diesem an seinen Schwiegersohn, Otto II. von Bayern, so daß 1225 das Haus Wittelsbach beide P.en besaß. 1295 theilten die Söhne Ludwigs des Strengen, Rudolf und Ludwig, das wittelsbachische Erbe; der eine behielt die P., bei welcher die Kurwürde verblieb, der andere erhielt das Herzogthum Bayern, das im 30jährigen Kriege die Kur erwarb, welche der westfäl. Friede bestätigte. P.graf Rudolf II., gest. 1353, erwarb Neuburg und Sulzbach (Junge P.), aber Ruprecht III. (gest. 1410 als Kaiser) theilte das Land unter seine 4 Söhne, wodurch die Linien Rhein-P. mit der Kur, Ober-P., Zweibrücken, Simmern und Mosbach entstanden, von denen Ober-P. und Mosbach bald erloschen, was 1559 auch bei Kur-P. geschah, die nun an Friedrich III. von Simmern fiel, der die calvinische Lehre annahm. Die P. war damals von großer Bedeutung sowohl durch eigene Hilfsquellen, als durch die Verbindung mit Holland, den Hugenotten und später mit dem franz. Könige Heinrich IV. von Frankreich; sie verlor dieselbe durch Friedrich V., der 1619 nach der böhm. Krone griff und während des ganzen 30jährigen Krieges nicht in den Besitz seines Erblandes kam. Im westfäl. Frieden erhielt sein Sohn Karl Ludwig die Rhein-P. zurück, die neue 8. Kur, verlor aber die Ober-P. an Bayern. P.-Simmern erlosch 1685 u. wurde von P.-Neuburg, einer 1569 entstandenen Linie des Hauses, beerbt. Diese verzweigte sich wieder in: P.-Sulzbach, Veldenz (ausgestorben 1694), Neu-Zweibrücken (ausgestorben 1661), beerbt von Birkenfeld, das nun Zweibrücken-Birkenfeld heißt. Schauderhafte Verwüstungen erlitt die P. durch die Heere Ludwigs XIV. von 1682-97. P.-Neuburg st. 1742 aus und erbte an Karl Theodor von P.-Sulzbach, der beim Erlöschen der bayer. Wittelsbacher 1777 auch Kurfürst von Bayern wurde. Mit ihm st. 1799 auch die Sulzbacher Linie aus und Max Joseph von Zweibrücken-Birkenfeld hätte wieder das gesammte Erbe der Wittelsbacher vereinigt, wenn nicht die großen Umwälzungen durch die frz. Kriege eingetreten wären. Die P. jenseits des Rheins fiel an Frankreich, diesseits an Baden, Leiningen, Hessen-Darmstadt und Nassau; die Friedensschlüsse

Neuwied am Rheine erstreckten (limes transrhenanus); vgl. Teufelsmauer.


Pfalz , vom lat. palatium, hieß ursprünglich eine Burg, deren die alten Kaiser in allen Theilen Deutschlands hatten, weil es damals keine kaiserl. Residenzstadt gab u. die Kaiser sich zur Ausübung ihrer höchsten richterlichen Gewalt gewöhnlich in die betreffende Gegend verfügten. Ein P.graf (Comes palatii) war höchster Palastbeamter, verwaltete das kaiserl. Einkommen aus dem zur P. gehörigen Bezirke und war in des Kaisers Namen der oberste Richter. Der angesehenste war der P.graf zu Aachen, aus dessen Lehen das Fürstenthum der Rhein-P. entstand. Später waren die P.grafen nur richterliche Beamte des Kaisers, endlich hatten sie nur noch die Ausübung gewisser kaiserl. Rechte: das große Comitiv d. h. zu adeln, und das kleinere Comitiv zu ertheilen, welches die Befugniß gab, uneheliche Kinder der unteren freien Stände zu legitimiren, Notarien zu ernennen, Vormünder und Curatoren zu bestätigen, akademische Grade zu verleihen, Dichter zu krönen etc.


Pfalz, ehemaliger Staat Deutschlands, dessen Fürst die Kurwürde besaß, bestand aus der Ober-P. (zwischen Böhmen, Bayern, Baireuth, Kulmbach und Nürnberg), ein 130 □M. großes Land mit der Hauptstadt Amberg, und der Unter- oder Rhein-P., einem sehr zerstückelten Landstriche zu beiden Seiten des Rheins von 75 □M. Größe mit der Residenz Heidelberg; letztere bestand aus der eigentlichen Kur-P., dem Fürstenthum Simmern, dem Herzogthum Zweibrücken, der halben Grafschaft Sponheim, den Fürstenthümern Veldenz und Lautern. Die ganze P. war bis 1620 vereinigt. Die P.grafschaft am Rhein war bis auf Kaiser Friedrich II. in verschiedenen Händen; Friedrich I. verlieh dieselbe seinem Bruder Konrad, von diesem ging sie an seinen Schwiegersohn Heinrich von Braunschweig, einen Sohn Heinrichs des Löwen, über, von diesem an seinen Schwiegersohn, Otto II. von Bayern, so daß 1225 das Haus Wittelsbach beide P.en besaß. 1295 theilten die Söhne Ludwigs des Strengen, Rudolf und Ludwig, das wittelsbachische Erbe; der eine behielt die P., bei welcher die Kurwürde verblieb, der andere erhielt das Herzogthum Bayern, das im 30jährigen Kriege die Kur erwarb, welche der westfäl. Friede bestätigte. P.graf Rudolf II., gest. 1353, erwarb Neuburg und Sulzbach (Junge P.), aber Ruprecht III. (gest. 1410 als Kaiser) theilte das Land unter seine 4 Söhne, wodurch die Linien Rhein-P. mit der Kur, Ober-P., Zweibrücken, Simmern und Mosbach entstanden, von denen Ober-P. und Mosbach bald erloschen, was 1559 auch bei Kur-P. geschah, die nun an Friedrich III. von Simmern fiel, der die calvinische Lehre annahm. Die P. war damals von großer Bedeutung sowohl durch eigene Hilfsquellen, als durch die Verbindung mit Holland, den Hugenotten und später mit dem franz. Könige Heinrich IV. von Frankreich; sie verlor dieselbe durch Friedrich V., der 1619 nach der böhm. Krone griff und während des ganzen 30jährigen Krieges nicht in den Besitz seines Erblandes kam. Im westfäl. Frieden erhielt sein Sohn Karl Ludwig die Rhein-P. zurück, die neue 8. Kur, verlor aber die Ober-P. an Bayern. P.-Simmern erlosch 1685 u. wurde von P.-Neuburg, einer 1569 entstandenen Linie des Hauses, beerbt. Diese verzweigte sich wieder in: P.-Sulzbach, Veldenz (ausgestorben 1694), Neu-Zweibrücken (ausgestorben 1661), beerbt von Birkenfeld, das nun Zweibrücken-Birkenfeld heißt. Schauderhafte Verwüstungen erlitt die P. durch die Heere Ludwigs XIV. von 1682–97. P.-Neuburg st. 1742 aus und erbte an Karl Theodor von P.-Sulzbach, der beim Erlöschen der bayer. Wittelsbacher 1777 auch Kurfürst von Bayern wurde. Mit ihm st. 1799 auch die Sulzbacher Linie aus und Max Joseph von Zweibrücken-Birkenfeld hätte wieder das gesammte Erbe der Wittelsbacher vereinigt, wenn nicht die großen Umwälzungen durch die frz. Kriege eingetreten wären. Die P. jenseits des Rheins fiel an Frankreich, diesseits an Baden, Leiningen, Hessen-Darmstadt und Nassau; die Friedensschlüsse

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[512/0513] Neuwied am Rheine erstreckten (limes transrhenanus); vgl. Teufelsmauer. Pfalz , vom lat. palatium, hieß ursprünglich eine Burg, deren die alten Kaiser in allen Theilen Deutschlands hatten, weil es damals keine kaiserl. Residenzstadt gab u. die Kaiser sich zur Ausübung ihrer höchsten richterlichen Gewalt gewöhnlich in die betreffende Gegend verfügten. Ein P.graf (Comes palatii) war höchster Palastbeamter, verwaltete das kaiserl. Einkommen aus dem zur P. gehörigen Bezirke und war in des Kaisers Namen der oberste Richter. Der angesehenste war der P.graf zu Aachen, aus dessen Lehen das Fürstenthum der Rhein-P. entstand. Später waren die P.grafen nur richterliche Beamte des Kaisers, endlich hatten sie nur noch die Ausübung gewisser kaiserl. Rechte: das große Comitiv d. h. zu adeln, und das kleinere Comitiv zu ertheilen, welches die Befugniß gab, uneheliche Kinder der unteren freien Stände zu legitimiren, Notarien zu ernennen, Vormünder und Curatoren zu bestätigen, akademische Grade zu verleihen, Dichter zu krönen etc. Pfalz, ehemaliger Staat Deutschlands, dessen Fürst die Kurwürde besaß, bestand aus der Ober-P. (zwischen Böhmen, Bayern, Baireuth, Kulmbach und Nürnberg), ein 130 □M. großes Land mit der Hauptstadt Amberg, und der Unter- oder Rhein-P., einem sehr zerstückelten Landstriche zu beiden Seiten des Rheins von 75 □M. Größe mit der Residenz Heidelberg; letztere bestand aus der eigentlichen Kur-P., dem Fürstenthum Simmern, dem Herzogthum Zweibrücken, der halben Grafschaft Sponheim, den Fürstenthümern Veldenz und Lautern. Die ganze P. war bis 1620 vereinigt. Die P.grafschaft am Rhein war bis auf Kaiser Friedrich II. in verschiedenen Händen; Friedrich I. verlieh dieselbe seinem Bruder Konrad, von diesem ging sie an seinen Schwiegersohn Heinrich von Braunschweig, einen Sohn Heinrichs des Löwen, über, von diesem an seinen Schwiegersohn, Otto II. von Bayern, so daß 1225 das Haus Wittelsbach beide P.en besaß. 1295 theilten die Söhne Ludwigs des Strengen, Rudolf und Ludwig, das wittelsbachische Erbe; der eine behielt die P., bei welcher die Kurwürde verblieb, der andere erhielt das Herzogthum Bayern, das im 30jährigen Kriege die Kur erwarb, welche der westfäl. Friede bestätigte. P.graf Rudolf II., gest. 1353, erwarb Neuburg und Sulzbach (Junge P.), aber Ruprecht III. (gest. 1410 als Kaiser) theilte das Land unter seine 4 Söhne, wodurch die Linien Rhein-P. mit der Kur, Ober-P., Zweibrücken, Simmern und Mosbach entstanden, von denen Ober-P. und Mosbach bald erloschen, was 1559 auch bei Kur-P. geschah, die nun an Friedrich III. von Simmern fiel, der die calvinische Lehre annahm. Die P. war damals von großer Bedeutung sowohl durch eigene Hilfsquellen, als durch die Verbindung mit Holland, den Hugenotten und später mit dem franz. Könige Heinrich IV. von Frankreich; sie verlor dieselbe durch Friedrich V., der 1619 nach der böhm. Krone griff und während des ganzen 30jährigen Krieges nicht in den Besitz seines Erblandes kam. Im westfäl. Frieden erhielt sein Sohn Karl Ludwig die Rhein-P. zurück, die neue 8. Kur, verlor aber die Ober-P. an Bayern. P.-Simmern erlosch 1685 u. wurde von P.-Neuburg, einer 1569 entstandenen Linie des Hauses, beerbt. Diese verzweigte sich wieder in: P.-Sulzbach, Veldenz (ausgestorben 1694), Neu-Zweibrücken (ausgestorben 1661), beerbt von Birkenfeld, das nun Zweibrücken-Birkenfeld heißt. Schauderhafte Verwüstungen erlitt die P. durch die Heere Ludwigs XIV. von 1682–97. P.-Neuburg st. 1742 aus und erbte an Karl Theodor von P.-Sulzbach, der beim Erlöschen der bayer. Wittelsbacher 1777 auch Kurfürst von Bayern wurde. Mit ihm st. 1799 auch die Sulzbacher Linie aus und Max Joseph von Zweibrücken-Birkenfeld hätte wieder das gesammte Erbe der Wittelsbacher vereinigt, wenn nicht die großen Umwälzungen durch die frz. Kriege eingetreten wären. Die P. jenseits des Rheins fiel an Frankreich, diesseits an Baden, Leiningen, Hessen-Darmstadt und Nassau; die Friedensschlüsse

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/513>, abgerufen am 25.11.2024.