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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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Kirchenstreit (Paul Sarpi), in Folge dessen die Jesuiten für ewig aus Venedig verbannt wurden, mußte sich aber 1607 zu einem Vergleiche herbeilassen, zumal außer Spanien kein Hof entschieden auf Seite des Papstes stand; setzte die Annahme des Tridentinums in Frankreich durch, förderte wissenschaftliches Leben namentlich bei den Mönchsorden und sprach Ignaz von Loyola und Karl Borromäus heilig; st. 1621.


Paul I., Petrowitsch, Sohn Kaisers Peter III. u. Katharinas II., geb. 1. Oct. 1754, von seiner Mutter nie geliebt u. argwöhnisch von allen Geschäften zurückgehalten, bestieg den Thron 17. Nov. 1796, ein Herrscher von edeln Anlagen, aber von Mißtrauen erfüllt, jähzornig und dann gewaltthätig, der jedoch sein Unrecht immer wieder gut zu machen suchte, aber jedenfalls den erforderlichen Scharfblick nicht besaß, ein so großes Reich zu beherrschen. In der auswärtigen Politik ließ sich P. mehr von großmüthigen Impulsen als von den Interessen seines Reichs leiten, so zum Kriege gegen Frankreich (1799), zur Uebernahme der Großmeisterwürde des Malteserordens, zur bewaffneten Neutralität gegen Englands Seetyrannei. Ferner reizte P. die Bevölkerung zum Mißmuthe durch verschiedene Maßregeln, welche gegen das Herkommen verstießen, und wurde durch Mißtrauen und Zorn seiner Umgebung und selbst seiner Familie furchtbar, deßwegen in der Nacht des 23. März 1801 von verschworenen Adeligen (Pahlen, Bennigsen, Subow etc.) ermordet. Von seiner 2. Gemahlin Maria Feodorowna (Sophie Dorothea von Württemberg), gest. 5. Nov. 1828, hinterließ er die Großfürsten Alexander, Konstantin, Nikolaus und Michael u. die Großfürstinen: Alexandra, gest. 1801 als Gemahlin des Erzherzogs Joseph; Maria, verwittwete Großherzogin v. Sachsen-Weimar; Helena, Erbprinzessin von Mecklenb.-Schwerin, gest. 1803; Katharina, Königin von Württemberg, gest. 1819; Anna, verwittwete Königin der Niederlande.


Paul Veronese, s. Cagliari.


Paulatim, lat., allmälig; p. longuis itur, sprichwörtlich: allmälig kommt man weiter.


Paulding (Pahlding), James Kirke, geb. 1779, Nordamerikaner, unter Van Buren 1837-41 Marineminister, satirischer Dichter u. Romanschriftsteller.


Paulette (polett), in Frankreich vor der Revolution seit 1604 von Beamten bezahlte Abgabe, welche dadurch das Recht erhielten, ihre gekauften Aemter zu vererben; die P. bestand in 2/3 Procent der Einnahme u. hat ihren Namen von Paulet, dem Secretär Heinrichs IV., der sie vorschlug.


Paulicianer, auch Publikaner, Populikaner, nannte man die Mitglieder einer in unsern Tagen häufig verherrlichten gnostisch-manichäistischen Secte des 7. Jahrh., welche nur die 4 Evangelien und die Briefe Pauli als Quelle des Christenthums gelten ließen, alles äußere Kirchenthum und vor allem die kathol. Kirche gründlich haßten. Von 2 manichäistischen Brüdern aus Samosata in Syrien, Paulus und Johannes, gestiftet, wurde Epiparis eine Pflanzschule der P., die namentlich unter dem Kaiser Konstantin Pogonat (668-685 n. Chr.) in die Höhe kamen. Pogonat ließ das Sectenhaupt, Justinian II. (685-695) viele andere P. hinrichten, allein diese machten nun Phanaröa zu ihrem Hauptsitz u. fanden an Leo dem Isaurier sogar einen Beschützer. Die Duldung brachte im 8. Jahrh. Ueberstürzungen des Hochmuthes (ihr Haupt Sergius Tychikus ließ sich um 777 als Paraklet förmlich anbeten) und Spaltungen unter sie, von 811-845 traf sie aber eine nachhaltige Verfolgung. Später lebten ihre Irrthümer bei den Chazaren u. Bulgaren auf; im Abendlande, wo die P. meist Manichäer geheißen wurden, machten sie der Kirche im 11. Jahrh. zu schaffen (z. B. um 1022 zu Orleans); auch ließen sie sich in den Brüdern u. Schwestern des freien Geistes, Begharden, Begutten u. s. w. abermals erkennen.


Pauliner od. Paulauer, s. Minimen.


Paulinzelle, Amt u. Dorf in Schwarzburg-Rudolstadt, prächtige Ruinen der 1106 gestifteten zur Reformationszeit aufgehobenen Cistercienserabtei P.

Kirchenstreit (Paul Sarpi), in Folge dessen die Jesuiten für ewig aus Venedig verbannt wurden, mußte sich aber 1607 zu einem Vergleiche herbeilassen, zumal außer Spanien kein Hof entschieden auf Seite des Papstes stand; setzte die Annahme des Tridentinums in Frankreich durch, förderte wissenschaftliches Leben namentlich bei den Mönchsorden und sprach Ignaz von Loyola und Karl Borromäus heilig; st. 1621.


Paul I., Petrowitsch, Sohn Kaisers Peter III. u. Katharinas II., geb. 1. Oct. 1754, von seiner Mutter nie geliebt u. argwöhnisch von allen Geschäften zurückgehalten, bestieg den Thron 17. Nov. 1796, ein Herrscher von edeln Anlagen, aber von Mißtrauen erfüllt, jähzornig und dann gewaltthätig, der jedoch sein Unrecht immer wieder gut zu machen suchte, aber jedenfalls den erforderlichen Scharfblick nicht besaß, ein so großes Reich zu beherrschen. In der auswärtigen Politik ließ sich P. mehr von großmüthigen Impulsen als von den Interessen seines Reichs leiten, so zum Kriege gegen Frankreich (1799), zur Uebernahme der Großmeisterwürde des Malteserordens, zur bewaffneten Neutralität gegen Englands Seetyrannei. Ferner reizte P. die Bevölkerung zum Mißmuthe durch verschiedene Maßregeln, welche gegen das Herkommen verstießen, und wurde durch Mißtrauen und Zorn seiner Umgebung und selbst seiner Familie furchtbar, deßwegen in der Nacht des 23. März 1801 von verschworenen Adeligen (Pahlen, Bennigsen, Subow etc.) ermordet. Von seiner 2. Gemahlin Maria Feodorowna (Sophie Dorothea von Württemberg), gest. 5. Nov. 1828, hinterließ er die Großfürsten Alexander, Konstantin, Nikolaus und Michael u. die Großfürstinen: Alexandra, gest. 1801 als Gemahlin des Erzherzogs Joseph; Maria, verwittwete Großherzogin v. Sachsen-Weimar; Helena, Erbprinzessin von Mecklenb.-Schwerin, gest. 1803; Katharina, Königin von Württemberg, gest. 1819; Anna, verwittwete Königin der Niederlande.


Paul Veronese, s. Cagliari.


Paulatim, lat., allmälig; p. longuis itur, sprichwörtlich: allmälig kommt man weiter.


Paulding (Pahlding), James Kirke, geb. 1779, Nordamerikaner, unter Van Buren 1837–41 Marineminister, satirischer Dichter u. Romanschriftsteller.


Paulette (polett), in Frankreich vor der Revolution seit 1604 von Beamten bezahlte Abgabe, welche dadurch das Recht erhielten, ihre gekauften Aemter zu vererben; die P. bestand in 2/3 Procent der Einnahme u. hat ihren Namen von Paulet, dem Secretär Heinrichs IV., der sie vorschlug.


Paulicianer, auch Publikaner, Populikaner, nannte man die Mitglieder einer in unsern Tagen häufig verherrlichten gnostisch-manichäistischen Secte des 7. Jahrh., welche nur die 4 Evangelien und die Briefe Pauli als Quelle des Christenthums gelten ließen, alles äußere Kirchenthum und vor allem die kathol. Kirche gründlich haßten. Von 2 manichäistischen Brüdern aus Samosata in Syrien, Paulus und Johannes, gestiftet, wurde Epiparis eine Pflanzschule der P., die namentlich unter dem Kaiser Konstantin Pogonat (668–685 n. Chr.) in die Höhe kamen. Pogonat ließ das Sectenhaupt, Justinian II. (685–695) viele andere P. hinrichten, allein diese machten nun Phanaröa zu ihrem Hauptsitz u. fanden an Leo dem Isaurier sogar einen Beschützer. Die Duldung brachte im 8. Jahrh. Ueberstürzungen des Hochmuthes (ihr Haupt Sergius Tychikus ließ sich um 777 als Paraklet förmlich anbeten) und Spaltungen unter sie, von 811–845 traf sie aber eine nachhaltige Verfolgung. Später lebten ihre Irrthümer bei den Chazaren u. Bulgaren auf; im Abendlande, wo die P. meist Manichäer geheißen wurden, machten sie der Kirche im 11. Jahrh. zu schaffen (z. B. um 1022 zu Orleans); auch ließen sie sich in den Brüdern u. Schwestern des freien Geistes, Begharden, Begutten u. s. w. abermals erkennen.


Pauliner od. Paulauer, s. Minimen.


Paulinzelle, Amt u. Dorf in Schwarzburg-Rudolstadt, prächtige Ruinen der 1106 gestifteten zur Reformationszeit aufgehobenen Cistercienserabtei P.

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Kirchenstreit (Paul Sarpi), in Folge dessen die Jesuiten für ewig aus Venedig verbannt wurden, mußte sich aber 1607 zu einem Vergleiche herbeilassen, zumal außer Spanien kein Hof entschieden auf Seite des Papstes stand; setzte die Annahme des Tridentinums in Frankreich durch, förderte wissenschaftliches Leben namentlich bei den Mönchsorden und sprach Ignaz von Loyola und Karl Borromäus heilig; st. 1621.</p><lb/>
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[476/0477] Kirchenstreit (Paul Sarpi), in Folge dessen die Jesuiten für ewig aus Venedig verbannt wurden, mußte sich aber 1607 zu einem Vergleiche herbeilassen, zumal außer Spanien kein Hof entschieden auf Seite des Papstes stand; setzte die Annahme des Tridentinums in Frankreich durch, förderte wissenschaftliches Leben namentlich bei den Mönchsorden und sprach Ignaz von Loyola und Karl Borromäus heilig; st. 1621. Paul I., Petrowitsch, Sohn Kaisers Peter III. u. Katharinas II., geb. 1. Oct. 1754, von seiner Mutter nie geliebt u. argwöhnisch von allen Geschäften zurückgehalten, bestieg den Thron 17. Nov. 1796, ein Herrscher von edeln Anlagen, aber von Mißtrauen erfüllt, jähzornig und dann gewaltthätig, der jedoch sein Unrecht immer wieder gut zu machen suchte, aber jedenfalls den erforderlichen Scharfblick nicht besaß, ein so großes Reich zu beherrschen. In der auswärtigen Politik ließ sich P. mehr von großmüthigen Impulsen als von den Interessen seines Reichs leiten, so zum Kriege gegen Frankreich (1799), zur Uebernahme der Großmeisterwürde des Malteserordens, zur bewaffneten Neutralität gegen Englands Seetyrannei. Ferner reizte P. die Bevölkerung zum Mißmuthe durch verschiedene Maßregeln, welche gegen das Herkommen verstießen, und wurde durch Mißtrauen und Zorn seiner Umgebung und selbst seiner Familie furchtbar, deßwegen in der Nacht des 23. März 1801 von verschworenen Adeligen (Pahlen, Bennigsen, Subow etc.) ermordet. Von seiner 2. Gemahlin Maria Feodorowna (Sophie Dorothea von Württemberg), gest. 5. Nov. 1828, hinterließ er die Großfürsten Alexander, Konstantin, Nikolaus und Michael u. die Großfürstinen: Alexandra, gest. 1801 als Gemahlin des Erzherzogs Joseph; Maria, verwittwete Großherzogin v. Sachsen-Weimar; Helena, Erbprinzessin von Mecklenb.-Schwerin, gest. 1803; Katharina, Königin von Württemberg, gest. 1819; Anna, verwittwete Königin der Niederlande. Paul Veronese, s. Cagliari. Paulatim, lat., allmälig; p. longuis itur, sprichwörtlich: allmälig kommt man weiter. Paulding (Pahlding), James Kirke, geb. 1779, Nordamerikaner, unter Van Buren 1837–41 Marineminister, satirischer Dichter u. Romanschriftsteller. Paulette (polett), in Frankreich vor der Revolution seit 1604 von Beamten bezahlte Abgabe, welche dadurch das Recht erhielten, ihre gekauften Aemter zu vererben; die P. bestand in 2/3 Procent der Einnahme u. hat ihren Namen von Paulet, dem Secretär Heinrichs IV., der sie vorschlug. Paulicianer, auch Publikaner, Populikaner, nannte man die Mitglieder einer in unsern Tagen häufig verherrlichten gnostisch-manichäistischen Secte des 7. Jahrh., welche nur die 4 Evangelien und die Briefe Pauli als Quelle des Christenthums gelten ließen, alles äußere Kirchenthum und vor allem die kathol. Kirche gründlich haßten. Von 2 manichäistischen Brüdern aus Samosata in Syrien, Paulus und Johannes, gestiftet, wurde Epiparis eine Pflanzschule der P., die namentlich unter dem Kaiser Konstantin Pogonat (668–685 n. Chr.) in die Höhe kamen. Pogonat ließ das Sectenhaupt, Justinian II. (685–695) viele andere P. hinrichten, allein diese machten nun Phanaröa zu ihrem Hauptsitz u. fanden an Leo dem Isaurier sogar einen Beschützer. Die Duldung brachte im 8. Jahrh. Ueberstürzungen des Hochmuthes (ihr Haupt Sergius Tychikus ließ sich um 777 als Paraklet förmlich anbeten) und Spaltungen unter sie, von 811–845 traf sie aber eine nachhaltige Verfolgung. Später lebten ihre Irrthümer bei den Chazaren u. Bulgaren auf; im Abendlande, wo die P. meist Manichäer geheißen wurden, machten sie der Kirche im 11. Jahrh. zu schaffen (z. B. um 1022 zu Orleans); auch ließen sie sich in den Brüdern u. Schwestern des freien Geistes, Begharden, Begutten u. s. w. abermals erkennen. Pauliner od. Paulauer, s. Minimen. Paulinzelle, Amt u. Dorf in Schwarzburg-Rudolstadt, prächtige Ruinen der 1106 gestifteten zur Reformationszeit aufgehobenen Cistercienserabtei P.

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/477>, abgerufen am 23.11.2024.