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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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frz. Uebermacht vor, welche Europa mit Unterjochung bedrohte. Als daher das von Napoleon mißhandelte Spanien sich erhob u. von England unterstützt einen Theil der französ. Kriegsmacht beschäftigte, schlug O. abermals los und entfaltete eine Kraft, die Napoleon, der damals auf dem Gipfel seiner Macht stand, in Gefahr brachte. Die Schlacht von Wagram entschied aber für ihn, O. verlor das sog. Königreich Illyrien und seine Verbindung mit dem Meere, Salzburg, Berchtesgaden, das Innviertel und den größten Theil von Galizien und hatte durch die ungeheuren Opfer seine Finanzen für lange Zeit zerrüttet. Die Vermählung der Erzherzogin Louise mit Napoleon (1810), die Stellung eines Hilfscorps von 30000 Mann gegen Rußland (1812) schien ein Beweis, daß O. keine Macht ersten Rangs mehr sei, aber als der russ. Feldzug Napoleons große Armee vernichtet hatte, als Preußens u. Rußlands Heere bei Lützen u. Bautzen (1813) nach blutigen Kämpfen vor den französ. Adlern weichen mußten, entschied O. über Europas Schicksal, indem es mit 300000 Mann auf dem Kampfplatze erschien und die Völkerschlacht bei Leipzig möglich machte, nach deren Verlust Napoleon über den Rhein floh und die französ. Uebermacht entscheidend gebrochen war. Im Pariser Frieden (1814) erhielt O. Galizien, die Lombardei, Venedig und das adriatische Küstenland sowie seine deutschen Erblande zurück u. ging aus dem langen Kampfe zwar nur mit einem Gewinne von etwa 150 #M. hervor, aber es hatte nun eine compacte geographische Gestaltung, eine gute auf den meisten Punkten strategisch vortrefflich gedeckte Gränze u. einen überwiegenden Einfluß auf den Gang der europ. Angelegenheiten. Es benutzte denselben zur Leitung der deutschen Angelegenheiten in dem Geiste, der jede Veränderung des Bestehenden so lange verhindert als es angeht; es trat daher dem constitutionellen Treiben in den Klein- u. Mittelstaaten entgegen u. rief seit den Karlsbader Beschlüssen (1819) bis zu den Wiener Conferenzen (1831) alle jene Maßregeln des deutschen Bundes hervor, welche nicht allein die revolutionäre Partei sondern auch die alte aufrichtig constitutionell gesinnte mit unauslöschlichem Groll erfüllten. O. unterdrückte 1821 die Revolutionen in Neapel und Piemont, sah den griech. Aufstand höchst ungerne, versuchte vergebens 1828 Rußland von einem Angriffe auf die Türkei zurückzuhalten, weil Rußland Frankreich, England u. Preußen mit seiner Politik umgarnt u. zudem die öffentliche Meinung für sich hatte; dagegen vermied O. 1830 eine feindliche Stellung gegen Frankreich nach der Julirevolution, machte aber 1831 den Unruhen in Modena, Parma und dem Kirchenstaate durch bewaffnete Intervention ein Ende, ohne vor der Möglichkeit eines franz. Kriegs zurückzuschrecken. Mit gleicher Consequenz war O. auf Seite der Pforte gegen Mehemet Ali, so lange dieser deren Bestand durch sein eroberndes Vorgehen erschütterte und trieb ihn im Bunde mit Rußland, England und Preußen nach Aegypten zurück, wobei O. u. England allein die kriegerischen Operationen übernahmen; dagegen sprach es sich der engl. Diplomatie gegenüber in Konstantinopel offen gegen die beabsichtigte Vernichtung Mehemet Alis aus und bewirkte mit Frankreich die Erhaltung der ägypt. Macht. Als Krakau wiederholt zum Herde der poln. Verschwörungen diente und 1846 von dort selbst ein bewaffneter Angriff auf das galiz.-österr. Gebiet erfolgte, wurde die Republik von den Schutzmächten zuerst occupirt u. endlich von O. einverleibt. Daß die innere Entwicklung des großen Staates den wirklichen Bedürfnissen und den begründeten Forderungen der fortschreitenden Zeit nicht hinlänglich entsprach, beweist nicht so fast die Revolution von 1848 (denn dem ital. Fremdenhasse und Verschwörungsgeiste, dem magyarischen Uebermuthe, dem unklaren Drange nach mehr Freiheit, endlich dem allgemeinen Revolutionsfieber des Jahres 1848 hätte kein Regierungssystem zu Gefallen handeln können) als vielmehr die neue Organisation der Monarchie nach dem vollständigen Siege über die revolutionären Mächte. Unter Kaiser Franz Joseph I. (seit 2. Dez. 1849; Ferdinand I. legte

frz. Uebermacht vor, welche Europa mit Unterjochung bedrohte. Als daher das von Napoleon mißhandelte Spanien sich erhob u. von England unterstützt einen Theil der französ. Kriegsmacht beschäftigte, schlug O. abermals los und entfaltete eine Kraft, die Napoleon, der damals auf dem Gipfel seiner Macht stand, in Gefahr brachte. Die Schlacht von Wagram entschied aber für ihn, O. verlor das sog. Königreich Illyrien und seine Verbindung mit dem Meere, Salzburg, Berchtesgaden, das Innviertel und den größten Theil von Galizien und hatte durch die ungeheuren Opfer seine Finanzen für lange Zeit zerrüttet. Die Vermählung der Erzherzogin Louise mit Napoleon (1810), die Stellung eines Hilfscorps von 30000 Mann gegen Rußland (1812) schien ein Beweis, daß O. keine Macht ersten Rangs mehr sei, aber als der russ. Feldzug Napoleons große Armee vernichtet hatte, als Preußens u. Rußlands Heere bei Lützen u. Bautzen (1813) nach blutigen Kämpfen vor den französ. Adlern weichen mußten, entschied O. über Europas Schicksal, indem es mit 300000 Mann auf dem Kampfplatze erschien und die Völkerschlacht bei Leipzig möglich machte, nach deren Verlust Napoleon über den Rhein floh und die französ. Uebermacht entscheidend gebrochen war. Im Pariser Frieden (1814) erhielt O. Galizien, die Lombardei, Venedig und das adriatische Küstenland sowie seine deutschen Erblande zurück u. ging aus dem langen Kampfe zwar nur mit einem Gewinne von etwa 150 □M. hervor, aber es hatte nun eine compacte geographische Gestaltung, eine gute auf den meisten Punkten strategisch vortrefflich gedeckte Gränze u. einen überwiegenden Einfluß auf den Gang der europ. Angelegenheiten. Es benutzte denselben zur Leitung der deutschen Angelegenheiten in dem Geiste, der jede Veränderung des Bestehenden so lange verhindert als es angeht; es trat daher dem constitutionellen Treiben in den Klein- u. Mittelstaaten entgegen u. rief seit den Karlsbader Beschlüssen (1819) bis zu den Wiener Conferenzen (1831) alle jene Maßregeln des deutschen Bundes hervor, welche nicht allein die revolutionäre Partei sondern auch die alte aufrichtig constitutionell gesinnte mit unauslöschlichem Groll erfüllten. O. unterdrückte 1821 die Revolutionen in Neapel und Piemont, sah den griech. Aufstand höchst ungerne, versuchte vergebens 1828 Rußland von einem Angriffe auf die Türkei zurückzuhalten, weil Rußland Frankreich, England u. Preußen mit seiner Politik umgarnt u. zudem die öffentliche Meinung für sich hatte; dagegen vermied O. 1830 eine feindliche Stellung gegen Frankreich nach der Julirevolution, machte aber 1831 den Unruhen in Modena, Parma und dem Kirchenstaate durch bewaffnete Intervention ein Ende, ohne vor der Möglichkeit eines franz. Kriegs zurückzuschrecken. Mit gleicher Consequenz war O. auf Seite der Pforte gegen Mehemet Ali, so lange dieser deren Bestand durch sein eroberndes Vorgehen erschütterte und trieb ihn im Bunde mit Rußland, England und Preußen nach Aegypten zurück, wobei O. u. England allein die kriegerischen Operationen übernahmen; dagegen sprach es sich der engl. Diplomatie gegenüber in Konstantinopel offen gegen die beabsichtigte Vernichtung Mehemet Alis aus und bewirkte mit Frankreich die Erhaltung der ägypt. Macht. Als Krakau wiederholt zum Herde der poln. Verschwörungen diente und 1846 von dort selbst ein bewaffneter Angriff auf das galiz.-österr. Gebiet erfolgte, wurde die Republik von den Schutzmächten zuerst occupirt u. endlich von O. einverleibt. Daß die innere Entwicklung des großen Staates den wirklichen Bedürfnissen und den begründeten Forderungen der fortschreitenden Zeit nicht hinlänglich entsprach, beweist nicht so fast die Revolution von 1848 (denn dem ital. Fremdenhasse und Verschwörungsgeiste, dem magyarischen Uebermuthe, dem unklaren Drange nach mehr Freiheit, endlich dem allgemeinen Revolutionsfieber des Jahres 1848 hätte kein Regierungssystem zu Gefallen handeln können) als vielmehr die neue Organisation der Monarchie nach dem vollständigen Siege über die revolutionären Mächte. Unter Kaiser Franz Joseph I. (seit 2. Dez. 1849; Ferdinand I. legte

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[388/0389] frz. Uebermacht vor, welche Europa mit Unterjochung bedrohte. Als daher das von Napoleon mißhandelte Spanien sich erhob u. von England unterstützt einen Theil der französ. Kriegsmacht beschäftigte, schlug O. abermals los und entfaltete eine Kraft, die Napoleon, der damals auf dem Gipfel seiner Macht stand, in Gefahr brachte. Die Schlacht von Wagram entschied aber für ihn, O. verlor das sog. Königreich Illyrien und seine Verbindung mit dem Meere, Salzburg, Berchtesgaden, das Innviertel und den größten Theil von Galizien und hatte durch die ungeheuren Opfer seine Finanzen für lange Zeit zerrüttet. Die Vermählung der Erzherzogin Louise mit Napoleon (1810), die Stellung eines Hilfscorps von 30000 Mann gegen Rußland (1812) schien ein Beweis, daß O. keine Macht ersten Rangs mehr sei, aber als der russ. Feldzug Napoleons große Armee vernichtet hatte, als Preußens u. Rußlands Heere bei Lützen u. Bautzen (1813) nach blutigen Kämpfen vor den französ. Adlern weichen mußten, entschied O. über Europas Schicksal, indem es mit 300000 Mann auf dem Kampfplatze erschien und die Völkerschlacht bei Leipzig möglich machte, nach deren Verlust Napoleon über den Rhein floh und die französ. Uebermacht entscheidend gebrochen war. Im Pariser Frieden (1814) erhielt O. Galizien, die Lombardei, Venedig und das adriatische Küstenland sowie seine deutschen Erblande zurück u. ging aus dem langen Kampfe zwar nur mit einem Gewinne von etwa 150 □M. hervor, aber es hatte nun eine compacte geographische Gestaltung, eine gute auf den meisten Punkten strategisch vortrefflich gedeckte Gränze u. einen überwiegenden Einfluß auf den Gang der europ. Angelegenheiten. Es benutzte denselben zur Leitung der deutschen Angelegenheiten in dem Geiste, der jede Veränderung des Bestehenden so lange verhindert als es angeht; es trat daher dem constitutionellen Treiben in den Klein- u. Mittelstaaten entgegen u. rief seit den Karlsbader Beschlüssen (1819) bis zu den Wiener Conferenzen (1831) alle jene Maßregeln des deutschen Bundes hervor, welche nicht allein die revolutionäre Partei sondern auch die alte aufrichtig constitutionell gesinnte mit unauslöschlichem Groll erfüllten. O. unterdrückte 1821 die Revolutionen in Neapel und Piemont, sah den griech. Aufstand höchst ungerne, versuchte vergebens 1828 Rußland von einem Angriffe auf die Türkei zurückzuhalten, weil Rußland Frankreich, England u. Preußen mit seiner Politik umgarnt u. zudem die öffentliche Meinung für sich hatte; dagegen vermied O. 1830 eine feindliche Stellung gegen Frankreich nach der Julirevolution, machte aber 1831 den Unruhen in Modena, Parma und dem Kirchenstaate durch bewaffnete Intervention ein Ende, ohne vor der Möglichkeit eines franz. Kriegs zurückzuschrecken. Mit gleicher Consequenz war O. auf Seite der Pforte gegen Mehemet Ali, so lange dieser deren Bestand durch sein eroberndes Vorgehen erschütterte und trieb ihn im Bunde mit Rußland, England und Preußen nach Aegypten zurück, wobei O. u. England allein die kriegerischen Operationen übernahmen; dagegen sprach es sich der engl. Diplomatie gegenüber in Konstantinopel offen gegen die beabsichtigte Vernichtung Mehemet Alis aus und bewirkte mit Frankreich die Erhaltung der ägypt. Macht. Als Krakau wiederholt zum Herde der poln. Verschwörungen diente und 1846 von dort selbst ein bewaffneter Angriff auf das galiz.-österr. Gebiet erfolgte, wurde die Republik von den Schutzmächten zuerst occupirt u. endlich von O. einverleibt. Daß die innere Entwicklung des großen Staates den wirklichen Bedürfnissen und den begründeten Forderungen der fortschreitenden Zeit nicht hinlänglich entsprach, beweist nicht so fast die Revolution von 1848 (denn dem ital. Fremdenhasse und Verschwörungsgeiste, dem magyarischen Uebermuthe, dem unklaren Drange nach mehr Freiheit, endlich dem allgemeinen Revolutionsfieber des Jahres 1848 hätte kein Regierungssystem zu Gefallen handeln können) als vielmehr die neue Organisation der Monarchie nach dem vollständigen Siege über die revolutionären Mächte. Unter Kaiser Franz Joseph I. (seit 2. Dez. 1849; Ferdinand I. legte

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/389>, abgerufen am 22.11.2024.