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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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geb. 1770 zu Paris, einige Zeit Advocat und Soldat, hierauf bei dem Münzcabinete angestellt, gest. 1842, Archäolog, vorzüglicher Numismatiker. Hauptwerk: "Beschreibung griech. und röm. Medaillen" (Paris 1806-13; Supplement, Paris 1814-35).


Miquelets (Mikellä), die span. Gebirgsbewohner an der Gränze Cataloniens und Navarras gegen Frankreich, meist Hirten, Jäger u. Schmuggler, gute Schützen.


Mirabeau (Mirabo), Honore Gabriel Victor Riquetti, Graf von, geb. 9. März 1749 zu Bignon in der Provence, Sohn des 1789 gest. Marquis Victor Riquetti de M., eines fruchtbaren Schriftstellers aus der Schule der Physiokraten, der schriftlich u. mündlich die liberalsten Phrasen in die Welt schickte, dabei aber ein adelstolzer, despotischer, ausschweifender und verschwenderischer Mann war. Sein Sohn verliebte sich als Lieutenant bei der Cavalerie in eine Dame, die dem Vater nicht gefiel und dieser ließ ihn als Staatsgefangenen auf die Insel Rhe bringen (s. Lettres de cachet); losgebeten durch einen Oheim diente er auf Corsica, verheirathete sich 1771 mit einer reichen aber lüderlichen Dame. erwarb sich selbst den Ruf eines Wüstlings und Verschwenders u. wurde von seinem Vater abermals in ein Staatsgefängniß gebracht. In Joux confinirt schrieb er seinen "Essai sur le despotisme", eine gegen das herrschende System in Frankreich gerichtete Schrift, verführte Sophie de Ruffey, die 19 jährige Frau des greifen Parlamentspräsidenten Lemonnier u. floh mit ihr nach Holland, wo er unter dem Namen St. Mathieu von 1776-78 lebte u. für Buchhändler arbeitete. In Frankreich war er zum Tode verurtheilt worden und die franz. Regierung ließ ihn durch Polizeiagenten sammt seiner Geliebten aufheben und in Vincennes gefangen setzen. Hier schrieb er die "Lettres a Sophie", wurde 1780 wieder frei, bald darauf auch Sophie, die er aber verließ. Er söhnte sich mit seinem Vater aus, führte mit seiner Frau einen für beide Theile gleich schmachvollen Prozeß, bewarb sich vergebens um ein Consulat u. wurde endlich von de Calonne mit einem geheimen Auftrage nach Berlin geschickt; diesem Aufenthalt verdankt die "Histoire secrete de la cour de Berlin" u. das mit Mauvillon herausgegebene Buch "De la monarchie prussienne sous Frederic le Grand" den Ursprung. Auch über französ. Zustände schrieb er in ähnlicher Weise, entging mit Mühe der Deportation u. fand sich endlich in seinem Elemente, als der Revolutionssturm nahte. Er trat als Candidat für die Generalstände auf; der Adel der Provence aber verschmähte einen solchen Vertreter und nun ließ sich M. von dem 3. Stande nach Paris senden. Durch seine Beredsamkeit u. Kühnheit beherrschte er die Versammlung u. von ihm wurde jeder Schlag geführt od. geleitet, der in jener Zeit die Staatsgewalt traf. Zugleich verband er sich mit dem Herzog von Orleans und benutzte dessen Geld zur Volksaufregung, indem er verwegene Menschen wie Danton in Sold nahm; er beschleunigte die Volksbewaffnung durch aufregende Gerüchte, führte den Bastillensturm herbei u. hatte großen Antheil an den Ereignissen im October, durch welche der König genöthigt wurde in Paris zu residiren. Der Hof verstand sich endlich dazu den gefährlichen Mann zu kaufen; der König bezahlte ihm über 200000 Fr. Schulden, versprach ihm eine starke monatliche Pension u. das Ministerium. Letzteres verhinderte die Versammlung durch das Decret vom 7. Nov. 1789, doch setzte M. für den Monarchen in der neuen Verfassung das unbedingte Veto durch, ohne daß er deßwegen seine Popularität verlor. Wahrscheinlich hätte er jedoch den Thron nicht gerettet, wenn er auch länger gelebt hätte; seine fortgesetzten Ausschweifungen u. Anstrengungen warfen ihn trotz seiner riesenhaften Natur auf das Todbett; er st. d. 2. Apr. 1791 bei vollem Bewußtsein, mit den großen politischen Ereignissen der Zeit beschäftigt. Seine sämmtlichen Werke gab Merilhon, Par. 1825-27 in 9 Bdn. heraus; sein natürlicher Sohn Lucas Montigny veröffentlichte die höchst interessanten "Memoires biographiques, litteraires et politiques de M.", Par. 1841, 8 Bde. Sein Bruder Andre Boniface

geb. 1770 zu Paris, einige Zeit Advocat und Soldat, hierauf bei dem Münzcabinete angestellt, gest. 1842, Archäolog, vorzüglicher Numismatiker. Hauptwerk: „Beschreibung griech. und röm. Medaillen“ (Paris 1806–13; Supplement, Paris 1814–35).


Miquelets (Mikellä), die span. Gebirgsbewohner an der Gränze Cataloniens und Navarras gegen Frankreich, meist Hirten, Jäger u. Schmuggler, gute Schützen.


Mirabeau (Mirabo), Honoré Gabriel Victor Riquetti, Graf von, geb. 9. März 1749 zu Bignon in der Provence, Sohn des 1789 gest. Marquis Victor Riquetti de M., eines fruchtbaren Schriftstellers aus der Schule der Physiokraten, der schriftlich u. mündlich die liberalsten Phrasen in die Welt schickte, dabei aber ein adelstolzer, despotischer, ausschweifender und verschwenderischer Mann war. Sein Sohn verliebte sich als Lieutenant bei der Cavalerie in eine Dame, die dem Vater nicht gefiel und dieser ließ ihn als Staatsgefangenen auf die Insel Rhé bringen (s. Lettres de cachet); losgebeten durch einen Oheim diente er auf Corsica, verheirathete sich 1771 mit einer reichen aber lüderlichen Dame. erwarb sich selbst den Ruf eines Wüstlings und Verschwenders u. wurde von seinem Vater abermals in ein Staatsgefängniß gebracht. In Joux confinirt schrieb er seinen „Essai sur le despotisme“, eine gegen das herrschende System in Frankreich gerichtete Schrift, verführte Sophie de Ruffey, die 19 jährige Frau des greifen Parlamentspräsidenten Lemonnier u. floh mit ihr nach Holland, wo er unter dem Namen St. Mathieu von 1776–78 lebte u. für Buchhändler arbeitete. In Frankreich war er zum Tode verurtheilt worden und die franz. Regierung ließ ihn durch Polizeiagenten sammt seiner Geliebten aufheben und in Vincennes gefangen setzen. Hier schrieb er die „Lettres à Sophie“, wurde 1780 wieder frei, bald darauf auch Sophie, die er aber verließ. Er söhnte sich mit seinem Vater aus, führte mit seiner Frau einen für beide Theile gleich schmachvollen Prozeß, bewarb sich vergebens um ein Consulat u. wurde endlich von de Calonne mit einem geheimen Auftrage nach Berlin geschickt; diesem Aufenthalt verdankt die „Histoire secrète de la cour de Berlin“ u. das mit Mauvillon herausgegebene Buch „De la monarchie prussienne sous Frédéric le Grand“ den Ursprung. Auch über französ. Zustände schrieb er in ähnlicher Weise, entging mit Mühe der Deportation u. fand sich endlich in seinem Elemente, als der Revolutionssturm nahte. Er trat als Candidat für die Generalstände auf; der Adel der Provence aber verschmähte einen solchen Vertreter und nun ließ sich M. von dem 3. Stande nach Paris senden. Durch seine Beredsamkeit u. Kühnheit beherrschte er die Versammlung u. von ihm wurde jeder Schlag geführt od. geleitet, der in jener Zeit die Staatsgewalt traf. Zugleich verband er sich mit dem Herzog von Orléans und benutzte dessen Geld zur Volksaufregung, indem er verwegene Menschen wie Danton in Sold nahm; er beschleunigte die Volksbewaffnung durch aufregende Gerüchte, führte den Bastillensturm herbei u. hatte großen Antheil an den Ereignissen im October, durch welche der König genöthigt wurde in Paris zu residiren. Der Hof verstand sich endlich dazu den gefährlichen Mann zu kaufen; der König bezahlte ihm über 200000 Fr. Schulden, versprach ihm eine starke monatliche Pension u. das Ministerium. Letzteres verhinderte die Versammlung durch das Decret vom 7. Nov. 1789, doch setzte M. für den Monarchen in der neuen Verfassung das unbedingte Veto durch, ohne daß er deßwegen seine Popularität verlor. Wahrscheinlich hätte er jedoch den Thron nicht gerettet, wenn er auch länger gelebt hätte; seine fortgesetzten Ausschweifungen u. Anstrengungen warfen ihn trotz seiner riesenhaften Natur auf das Todbett; er st. d. 2. Apr. 1791 bei vollem Bewußtsein, mit den großen politischen Ereignissen der Zeit beschäftigt. Seine sämmtlichen Werke gab Mérilhon, Par. 1825–27 in 9 Bdn. heraus; sein natürlicher Sohn Lucas Montigny veröffentlichte die höchst interessanten „Mémoires biographiques, littéraires et politiques de M.“, Par. 1841, 8 Bde. Sein Bruder André Boniface

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[198/0199] geb. 1770 zu Paris, einige Zeit Advocat und Soldat, hierauf bei dem Münzcabinete angestellt, gest. 1842, Archäolog, vorzüglicher Numismatiker. Hauptwerk: „Beschreibung griech. und röm. Medaillen“ (Paris 1806–13; Supplement, Paris 1814–35). Miquelets (Mikellä), die span. Gebirgsbewohner an der Gränze Cataloniens und Navarras gegen Frankreich, meist Hirten, Jäger u. Schmuggler, gute Schützen. Mirabeau (Mirabo), Honoré Gabriel Victor Riquetti, Graf von, geb. 9. März 1749 zu Bignon in der Provence, Sohn des 1789 gest. Marquis Victor Riquetti de M., eines fruchtbaren Schriftstellers aus der Schule der Physiokraten, der schriftlich u. mündlich die liberalsten Phrasen in die Welt schickte, dabei aber ein adelstolzer, despotischer, ausschweifender und verschwenderischer Mann war. Sein Sohn verliebte sich als Lieutenant bei der Cavalerie in eine Dame, die dem Vater nicht gefiel und dieser ließ ihn als Staatsgefangenen auf die Insel Rhé bringen (s. Lettres de cachet); losgebeten durch einen Oheim diente er auf Corsica, verheirathete sich 1771 mit einer reichen aber lüderlichen Dame. erwarb sich selbst den Ruf eines Wüstlings und Verschwenders u. wurde von seinem Vater abermals in ein Staatsgefängniß gebracht. In Joux confinirt schrieb er seinen „Essai sur le despotisme“, eine gegen das herrschende System in Frankreich gerichtete Schrift, verführte Sophie de Ruffey, die 19 jährige Frau des greifen Parlamentspräsidenten Lemonnier u. floh mit ihr nach Holland, wo er unter dem Namen St. Mathieu von 1776–78 lebte u. für Buchhändler arbeitete. In Frankreich war er zum Tode verurtheilt worden und die franz. Regierung ließ ihn durch Polizeiagenten sammt seiner Geliebten aufheben und in Vincennes gefangen setzen. Hier schrieb er die „Lettres à Sophie“, wurde 1780 wieder frei, bald darauf auch Sophie, die er aber verließ. Er söhnte sich mit seinem Vater aus, führte mit seiner Frau einen für beide Theile gleich schmachvollen Prozeß, bewarb sich vergebens um ein Consulat u. wurde endlich von de Calonne mit einem geheimen Auftrage nach Berlin geschickt; diesem Aufenthalt verdankt die „Histoire secrète de la cour de Berlin“ u. das mit Mauvillon herausgegebene Buch „De la monarchie prussienne sous Frédéric le Grand“ den Ursprung. Auch über französ. Zustände schrieb er in ähnlicher Weise, entging mit Mühe der Deportation u. fand sich endlich in seinem Elemente, als der Revolutionssturm nahte. Er trat als Candidat für die Generalstände auf; der Adel der Provence aber verschmähte einen solchen Vertreter und nun ließ sich M. von dem 3. Stande nach Paris senden. Durch seine Beredsamkeit u. Kühnheit beherrschte er die Versammlung u. von ihm wurde jeder Schlag geführt od. geleitet, der in jener Zeit die Staatsgewalt traf. Zugleich verband er sich mit dem Herzog von Orléans und benutzte dessen Geld zur Volksaufregung, indem er verwegene Menschen wie Danton in Sold nahm; er beschleunigte die Volksbewaffnung durch aufregende Gerüchte, führte den Bastillensturm herbei u. hatte großen Antheil an den Ereignissen im October, durch welche der König genöthigt wurde in Paris zu residiren. Der Hof verstand sich endlich dazu den gefährlichen Mann zu kaufen; der König bezahlte ihm über 200000 Fr. Schulden, versprach ihm eine starke monatliche Pension u. das Ministerium. Letzteres verhinderte die Versammlung durch das Decret vom 7. Nov. 1789, doch setzte M. für den Monarchen in der neuen Verfassung das unbedingte Veto durch, ohne daß er deßwegen seine Popularität verlor. Wahrscheinlich hätte er jedoch den Thron nicht gerettet, wenn er auch länger gelebt hätte; seine fortgesetzten Ausschweifungen u. Anstrengungen warfen ihn trotz seiner riesenhaften Natur auf das Todbett; er st. d. 2. Apr. 1791 bei vollem Bewußtsein, mit den großen politischen Ereignissen der Zeit beschäftigt. Seine sämmtlichen Werke gab Mérilhon, Par. 1825–27 in 9 Bdn. heraus; sein natürlicher Sohn Lucas Montigny veröffentlichte die höchst interessanten „Mémoires biographiques, littéraires et politiques de M.“, Par. 1841, 8 Bde. Sein Bruder André Boniface

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/199>, abgerufen am 24.11.2024.