Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.Menge Schriften zu Tage gefördert, zuletzt den langen Roman "die Ritter vom Geiste", sowie ein Stück Autobiographie, wie dies die neuesten Poeten zu thun pflegen und dadurch bezeugen, wie hoch sie für das Publikum ihre Knaben- und Flegeljahre anschlagen. G. gehörte zuerst dem jungen Deutschland an u. seine "Wally" trug ihm eine 3monatliche Hast zu Mannheim sowie eine wohlverdiente literar. Züchtigung von Wolfgang Menzel ein. Jener Richtung seitdem entwachsen, repräsentirt er die Stimmung, welche von der Gegenwart unbefriedigt weder in der Vergangenheit schwärmen kann, noch einen Glauben an die Zukunft hat. G.s gesammelte Schriften sind 1852 bereits auf 13 Bde. angeschwollen. Guyenne (Güjenn), Provinz des alten Frankreichs, bei dem Verfall des Königthums im 10. Jahrh. ein eigenes Herzogthum (Aquitanien), kam durch die Erbtochter Eleonore 1152 an Heinrich II. von England, durch Eroberung 1451 an Frankreich zurück, bildet jetzt die Departements: Gironde, Dordogne, Lot-Garonne, Lot und Aveyron. Guyon (Güjong), Jeanne Marie Bouvieres de la Mothe-G., geb. 1648 zu Montargis, eine mystische Schwärmerin, neben Molinos berühmt als Urheberin des sog. Quietismus, einer Verirrung der Ansichten über die Natur u. Verdienstlichkeit des Gebetes (Kurze Anleitung zum Gebete; Erklärung des hohen Liedes), sowie der Streitigkeiten zwischen Fenelon u. Bossuet. Sie hatte ein schweres Geschick und viele Verfolgungen zu leiden, namentlich wegen ihres eingebildeten apostol. Berufes, st. 1717 zu Blois jedoch in Ruhe u. hinterließ den Ruf einer für Religion glühenden und durchaus sittenreinen Frau. Guyon (Gujen), Richard, geb. 1812 zu Bath in England, diente von 1832 bis 34 gegen Don Miguel, später in der österr. Armee, wurde 1839 durch Heirath mit der Tochter des Generals Splenyi Grundbesitzer in Ungarn. Beim Ausbruch der ungar. Revolution trat er in deren Dienste, flüchtete nach der Niederlage mit Kossuth in die Türkei, trat als Churschid Pascha in die Armee und trug durch seine hochmüthige Ungeschicklichkeit, die ihn dem Görgei unausstehlich gemacht hatte, 1854 wesentlich zur Vernichtung des türkisch-anatolischen Heeres bei. Guzerate, Gudscherat, vorderindische Landschaft, theils unmittelbar, theils mittelbar unter engl. Herrschaft, die Halbinsel zwischen den Meerbusen von Kutsch u. Cambay, hat tropische Temperatur und Producte und 1300 #M. mit etwa 5 Mill. E., Hindu, Araber, Parsen. Städte: Surate, Ahmedabad, Baroda. - G., Ort 15 Ml. nördlich von Lahore, Sieg der Engländer über die Sikhs 15. Febr. 1849. Gwalior, ehemal. Mahrattenstaat, 1843 von Lord Ellenborough auf eigene Faust erobert, 1860 #M. groß mit 4 Mill. E. und der starken Festung G., dem sog. "indischen Gibraltar". Gyges, König der Lyder, um 720 der Gründer der Dynastie der Meremaden, von dem die Alten viel Fabelhaftes zu erzählen wußten (der unsichtbar machende Ring des G.). Gyllenborg, schwed. gräfl. Geschlecht von dem deutschen Apotheker u. Astrologen Wolimhaus abstammend. Karl v. G., geb. 1679, gest. 1746, war ein Haupt der Hütepartei (s. Schweden), welche Schweden dem franz. Einfluß verkaufte. Sein Neffe, Gust. Friedr., geb. 1731, gest. 1808, war Dichter. Gymnasium (vom griech. gymnos, nackt), Orte im alten Griechenland, Gebäude und Gärten, wo die Jugend und Erwachsene den körperl. Uebungen oblagen, später auch die Philosophen lehrten und disputirten. In neueren Zeiten nennt man G. solche wissenschaftliche Anstalten, wo class. Studien die Grundlage des Unterrichts bilden. Gymnastik, bei den Griechen die körperl. Uebungen zur Ausbildung der Kraft und Gewandtheit, ein Theil der Erziehung für die Jugend, zugleich ein Vergnügen, bestand in: Laufen, Ringen, Werfen, Bogenschießen, Reiten, Fahren etc. (vergl. Athlete), ist in neuer Zeit zum Theil als "Turnen" meistens einseitig u. verzerrt dem Jugendunterricht angehängt worden. Gymnoblasten, s. Akotyledonen. Menge Schriften zu Tage gefördert, zuletzt den langen Roman „die Ritter vom Geiste“, sowie ein Stück Autobiographie, wie dies die neuesten Poeten zu thun pflegen und dadurch bezeugen, wie hoch sie für das Publikum ihre Knaben- und Flegeljahre anschlagen. G. gehörte zuerst dem jungen Deutschland an u. seine „Wally“ trug ihm eine 3monatliche Hast zu Mannheim sowie eine wohlverdiente literar. Züchtigung von Wolfgang Menzel ein. Jener Richtung seitdem entwachsen, repräsentirt er die Stimmung, welche von der Gegenwart unbefriedigt weder in der Vergangenheit schwärmen kann, noch einen Glauben an die Zukunft hat. G.s gesammelte Schriften sind 1852 bereits auf 13 Bde. angeschwollen. Guyenne (Güjenn), Provinz des alten Frankreichs, bei dem Verfall des Königthums im 10. Jahrh. ein eigenes Herzogthum (Aquitanien), kam durch die Erbtochter Eleonore 1152 an Heinrich II. von England, durch Eroberung 1451 an Frankreich zurück, bildet jetzt die Departements: Gironde, Dordogne, Lot-Garonne, Lot und Aveyron. Guyon (Güjong), Jeanne Marie Bouvières de la Mothe-G., geb. 1648 zu Montargis, eine mystische Schwärmerin, neben Molinos berühmt als Urheberin des sog. Quietismus, einer Verirrung der Ansichten über die Natur u. Verdienstlichkeit des Gebetes (Kurze Anleitung zum Gebete; Erklärung des hohen Liedes), sowie der Streitigkeiten zwischen Fenelon u. Bossuet. Sie hatte ein schweres Geschick und viele Verfolgungen zu leiden, namentlich wegen ihres eingebildeten apostol. Berufes, st. 1717 zu Blois jedoch in Ruhe u. hinterließ den Ruf einer für Religion glühenden und durchaus sittenreinen Frau. Guyon (Gujen), Richard, geb. 1812 zu Bath in England, diente von 1832 bis 34 gegen Don Miguel, später in der österr. Armee, wurde 1839 durch Heirath mit der Tochter des Generals Splenyi Grundbesitzer in Ungarn. Beim Ausbruch der ungar. Revolution trat er in deren Dienste, flüchtete nach der Niederlage mit Kossuth in die Türkei, trat als Churschid Pascha in die Armee und trug durch seine hochmüthige Ungeschicklichkeit, die ihn dem Görgei unausstehlich gemacht hatte, 1854 wesentlich zur Vernichtung des türkisch-anatolischen Heeres bei. Guzerate, Gudscherat, vorderindische Landschaft, theils unmittelbar, theils mittelbar unter engl. Herrschaft, die Halbinsel zwischen den Meerbusen von Kutsch u. Cambay, hat tropische Temperatur und Producte und 1300 □M. mit etwa 5 Mill. E., Hindu, Araber, Parsen. Städte: Surate, Ahmedabad, Baroda. – G., Ort 15 Ml. nördlich von Lahore, Sieg der Engländer über die Sikhs 15. Febr. 1849. Gwalior, ehemal. Mahrattenstaat, 1843 von Lord Ellenborough auf eigene Faust erobert, 1860 □M. groß mit 4 Mill. E. und der starken Festung G., dem sog. „indischen Gibraltar“. Gyges, König der Lyder, um 720 der Gründer der Dynastie der Meremaden, von dem die Alten viel Fabelhaftes zu erzählen wußten (der unsichtbar machende Ring des G.). Gyllenborg, schwed. gräfl. Geschlecht von dem deutschen Apotheker u. Astrologen Wolimhaus abstammend. Karl v. G., geb. 1679, gest. 1746, war ein Haupt der Hütepartei (s. Schweden), welche Schweden dem franz. Einfluß verkaufte. Sein Neffe, Gust. Friedr., geb. 1731, gest. 1808, war Dichter. Gymnasium (vom griech. gymnos, nackt), Orte im alten Griechenland, Gebäude und Gärten, wo die Jugend und Erwachsene den körperl. Uebungen oblagen, später auch die Philosophen lehrten und disputirten. In neueren Zeiten nennt man G. solche wissenschaftliche Anstalten, wo class. Studien die Grundlage des Unterrichts bilden. Gymnastik, bei den Griechen die körperl. 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Jener Richtung seitdem entwachsen, repräsentirt er die Stimmung, welche von der Gegenwart unbefriedigt weder in der Vergangenheit schwärmen kann, noch einen Glauben an die Zukunft hat. G.s gesammelte Schriften sind 1852 bereits auf 13 Bde. angeschwollen.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Guyenne</hi> (Güjenn), Provinz des alten Frankreichs, bei dem Verfall des Königthums im 10. Jahrh. ein eigenes Herzogthum (Aquitanien), kam durch die Erbtochter Eleonore 1152 an Heinrich II. von England, durch Eroberung 1451 an Frankreich zurück, bildet jetzt die Departements: Gironde, Dordogne, Lot-Garonne, Lot und Aveyron.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Guyon</hi> (Güjong), Jeanne Marie Bouvières de la Mothe-G., geb. 1648 zu Montargis, eine mystische Schwärmerin, neben Molinos berühmt als Urheberin des sog. Quietismus, einer Verirrung der Ansichten über die Natur u. Verdienstlichkeit des Gebetes (Kurze Anleitung zum Gebete; Erklärung des hohen Liedes), sowie der Streitigkeiten zwischen Fenelon u. Bossuet. Sie hatte ein schweres Geschick und viele Verfolgungen zu leiden, namentlich wegen ihres eingebildeten apostol. Berufes, st. 1717 zu Blois jedoch in Ruhe u. hinterließ den Ruf einer für Religion glühenden und durchaus sittenreinen Frau.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Guyon</hi> (Gujen), Richard, geb. 1812 zu Bath in England, diente von 1832 bis 34 gegen Don Miguel, später in der österr. Armee, wurde 1839 durch Heirath mit der Tochter des Generals Splenyi Grundbesitzer in Ungarn. Beim Ausbruch der ungar. Revolution trat er in deren Dienste, flüchtete nach der Niederlage mit Kossuth in die Türkei, trat als Churschid Pascha in die Armee und trug durch seine hochmüthige Ungeschicklichkeit, die ihn dem Görgei unausstehlich gemacht hatte, 1854 wesentlich zur Vernichtung des türkisch-anatolischen Heeres bei.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Guzerate</hi>, Gudscherat, vorderindische Landschaft, theils unmittelbar, theils mittelbar unter engl. Herrschaft, die Halbinsel zwischen den Meerbusen von Kutsch u. Cambay, hat tropische Temperatur und Producte und 1300 □M. mit etwa 5 Mill. E., Hindu, Araber, Parsen. Städte: Surate, Ahmedabad, Baroda. – G., Ort 15 Ml. nördlich von Lahore, Sieg der Engländer über die Sikhs 15. Febr. 1849.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Gwalior</hi>, ehemal. Mahrattenstaat, 1843 von Lord Ellenborough auf eigene Faust erobert, 1860 □M. groß mit 4 Mill. 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Menge Schriften zu Tage gefördert, zuletzt den langen Roman „die Ritter vom Geiste“, sowie ein Stück Autobiographie, wie dies die neuesten Poeten zu thun pflegen und dadurch bezeugen, wie hoch sie für das Publikum ihre Knaben- und Flegeljahre anschlagen. G. gehörte zuerst dem jungen Deutschland an u. seine „Wally“ trug ihm eine 3monatliche Hast zu Mannheim sowie eine wohlverdiente literar. Züchtigung von Wolfgang Menzel ein. Jener Richtung seitdem entwachsen, repräsentirt er die Stimmung, welche von der Gegenwart unbefriedigt weder in der Vergangenheit schwärmen kann, noch einen Glauben an die Zukunft hat. G.s gesammelte Schriften sind 1852 bereits auf 13 Bde. angeschwollen.
Guyenne (Güjenn), Provinz des alten Frankreichs, bei dem Verfall des Königthums im 10. Jahrh. ein eigenes Herzogthum (Aquitanien), kam durch die Erbtochter Eleonore 1152 an Heinrich II. von England, durch Eroberung 1451 an Frankreich zurück, bildet jetzt die Departements: Gironde, Dordogne, Lot-Garonne, Lot und Aveyron.
Guyon (Güjong), Jeanne Marie Bouvières de la Mothe-G., geb. 1648 zu Montargis, eine mystische Schwärmerin, neben Molinos berühmt als Urheberin des sog. Quietismus, einer Verirrung der Ansichten über die Natur u. Verdienstlichkeit des Gebetes (Kurze Anleitung zum Gebete; Erklärung des hohen Liedes), sowie der Streitigkeiten zwischen Fenelon u. Bossuet. Sie hatte ein schweres Geschick und viele Verfolgungen zu leiden, namentlich wegen ihres eingebildeten apostol. Berufes, st. 1717 zu Blois jedoch in Ruhe u. hinterließ den Ruf einer für Religion glühenden und durchaus sittenreinen Frau.
Guyon (Gujen), Richard, geb. 1812 zu Bath in England, diente von 1832 bis 34 gegen Don Miguel, später in der österr. Armee, wurde 1839 durch Heirath mit der Tochter des Generals Splenyi Grundbesitzer in Ungarn. Beim Ausbruch der ungar. Revolution trat er in deren Dienste, flüchtete nach der Niederlage mit Kossuth in die Türkei, trat als Churschid Pascha in die Armee und trug durch seine hochmüthige Ungeschicklichkeit, die ihn dem Görgei unausstehlich gemacht hatte, 1854 wesentlich zur Vernichtung des türkisch-anatolischen Heeres bei.
Guzerate, Gudscherat, vorderindische Landschaft, theils unmittelbar, theils mittelbar unter engl. Herrschaft, die Halbinsel zwischen den Meerbusen von Kutsch u. Cambay, hat tropische Temperatur und Producte und 1300 □M. mit etwa 5 Mill. E., Hindu, Araber, Parsen. Städte: Surate, Ahmedabad, Baroda. – G., Ort 15 Ml. nördlich von Lahore, Sieg der Engländer über die Sikhs 15. Febr. 1849.
Gwalior, ehemal. Mahrattenstaat, 1843 von Lord Ellenborough auf eigene Faust erobert, 1860 □M. groß mit 4 Mill. E. und der starken Festung G., dem sog. „indischen Gibraltar“.
Gyges, König der Lyder, um 720 der Gründer der Dynastie der Meremaden, von dem die Alten viel Fabelhaftes zu erzählen wußten (der unsichtbar machende Ring des G.).
Gyllenborg, schwed. gräfl. Geschlecht von dem deutschen Apotheker u. Astrologen Wolimhaus abstammend. Karl v. G., geb. 1679, gest. 1746, war ein Haupt der Hütepartei (s. Schweden), welche Schweden dem franz. Einfluß verkaufte. Sein Neffe, Gust. Friedr., geb. 1731, gest. 1808, war Dichter.
Gymnasium (vom griech. gymnos, nackt), Orte im alten Griechenland, Gebäude und Gärten, wo die Jugend und Erwachsene den körperl. Uebungen oblagen, später auch die Philosophen lehrten und disputirten. In neueren Zeiten nennt man G. solche wissenschaftliche Anstalten, wo class. Studien die Grundlage des Unterrichts bilden.
Gymnastik, bei den Griechen die körperl. Uebungen zur Ausbildung der Kraft und Gewandtheit, ein Theil der Erziehung für die Jugend, zugleich ein Vergnügen, bestand in: Laufen, Ringen, Werfen, Bogenschießen, Reiten, Fahren etc. (vergl. Athlete), ist in neuer Zeit zum Theil als „Turnen“ meistens einseitig u. verzerrt dem Jugendunterricht angehängt worden.
Gymnoblasten, s. Akotyledonen.
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