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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.

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volkes nicht gestört wurde. Der Einfluß des Orients auf das hellenische Wesen zeigt sich erst, als die Hellenen nach Asien auswanderten und ein asiat. G. gründeten. Veranlassung dazu gab die dorische Wanderung oder die sog. Rückkehr der Herakliden in den Peloponnes um 1100 vor Chr. Durch die Einwanderung der thesprotischen Thessaler in das südwestl. Thessalien, wo sonst Aeolier wohnten, erfolgte ein Stoß auf die Bevölkerung der griech. Gaue, der bis zur Südspitze des Peloponneses wirkte, in Folge dessen die Böotier die von ihnen benannte fruchtbare Landschaft besetzten, die am Oeta und Parnaß angesessenen Dorier in Verbindung mit Aetoliern die Achäer im Peloponnes unterwarfen oder an die nördl. Küste drängten, wo ihnen die Ioner weichen mußten, so daß der jonische Stamm sich auf dem Festlande nur in Attika behauptete. In Folge des dor. Sturmes wanderten Schaaren von Aeoliern, Achäern und Ionern an die Küsten Kleinasiens u. die Inseln, wo sie Städte gründeten, die eine lockere Eidsgenossenschaft verband; auch Dorier folgten u. gründeten weiter südwärts in Carien, sowie auf Kreta, Rhodos, Kos etc. 6 größere Städte. Diese asiat. Colonien wuchsen zu großen Handelsstädten heran (Milet, Halicarnaß, Smyrna, Ephesus, Chios, Samos etc.), die den Verkehr Vorderasiens mit Europa vermittelten und die Phönicier aus dem schwarzen Meere u. dem Archipel vertrieben; der Reichthum dieser Städte rief jenes Gefühl des Glückes in das Leben, dem die Künste und Wissenschaften ihr Dasein verdanken. Im griech. Asien traten die ersten griech. Künstler, Dichter und Philosophen auf, und von Asien aus wurde ein ähnliches Leben und Streben im Mutterlande angeregt. Indessen war mit der Auswanderung nach Kleinasien die Strömung in die Ferne nicht geschlossen; vom 11. bis zum 5. Jahrh. dauerte sie fort und war im 7. und 8. am stärksten. Die Küsten des Pontus und der Propontis, des Bosporus und Hellesponts, Thraciens und Macedoniens empfingen Colonisten aus Hellas und den jonischen u. äolischen Städten, während die Peloponnesier sich nach Cypern, Kreta, Cyrene in Afrika, besonders aber nach Sicilien und Unteritalien wandten; selbst an der gallischen u. span. Küste fehlten griech. Colonien nicht gänzlich (Massilia, Sagunt). Diese späteren Auswanderungen waren theilweise Ergüsse der übervölkerten Städte und Landschaften, theils Folgen innerer Erschütterungen. In dieser Periode nämlich verwandelten sich die meisten griech. Städte in Republiken, keineswegs jedoch nach dem durch die neueste Revolutionslehre aufgestellten Grundsatz: das Volk, d. h. die Mehrzahl, kann thun was sie will, sondern auf einem sehr natürlichen Wege. Die hellenischen Eroberungen u. Ansiedelungen auf Kosten der Pelasger waren unter Häuptlingen edler Abkunft, Könige genannt, geschehen u. diese Könige standen auch nach der Eroberung an der Spitze der Gemeinde, konnten jedoch ohne die Einwilligung der vornehmen Bürger in Gemeindesachen nichts unternehmen. Die meisten dieser königl. Geschlechter starben im Laufe der Zeiten aus oder richteten sich durch Frevelthaten zu Grunde; die vornehmen Bürger wählten nun keinen neuen König aus ihrer Mitte, weil keiner ererbte Ansprüche hatte und regierten nun ohne König die Gemeinde in der alten Weise fort, da sich bei dem kleinen Umfange dieser Staaten (es waren Gemeinden) das Bedürfniß nach einheitlicher Leitung kaum geltend machen konnte. Die Monarchie war so zur Aristokratie geworden, d. h. die Gemeinde wurde von den vornehmen Bürgern regiert. Gegen diese erhoben die gemeinen Bürger Ansprüche, als deren Zahl wuchs und besonders in Städten, wo sie durch Handel reich wurden. Durch solche Reibungen wurden bald aristokrat. Familien mit ihrem Anhange zur Auswanderung genöthigt bald demokratische, bald wanderte ein Haufen gemeinen Volks mit Unterstützung der vornehmeren Bürger aus. In den jonischen Städten siegte in der Regel die Demokratie, in den dorischen die Aristokratie; denn die Dorier waren ernsterer, härterer Natur, u. nahmen die Unterworfenen nicht in die Gemeinde auf, so daß die Dorier als

volkes nicht gestört wurde. Der Einfluß des Orients auf das hellenische Wesen zeigt sich erst, als die Hellenen nach Asien auswanderten und ein asiat. G. gründeten. Veranlassung dazu gab die dorische Wanderung oder die sog. Rückkehr der Herakliden in den Peloponnes um 1100 vor Chr. Durch die Einwanderung der thesprotischen Thessaler in das südwestl. Thessalien, wo sonst Aeolier wohnten, erfolgte ein Stoß auf die Bevölkerung der griech. Gaue, der bis zur Südspitze des Peloponneses wirkte, in Folge dessen die Böotier die von ihnen benannte fruchtbare Landschaft besetzten, die am Oeta und Parnaß angesessenen Dorier in Verbindung mit Aetoliern die Achäer im Peloponnes unterwarfen oder an die nördl. Küste drängten, wo ihnen die Ioner weichen mußten, so daß der jonische Stamm sich auf dem Festlande nur in Attika behauptete. In Folge des dor. Sturmes wanderten Schaaren von Aeoliern, Achäern und Ionern an die Küsten Kleinasiens u. die Inseln, wo sie Städte gründeten, die eine lockere Eidsgenossenschaft verband; auch Dorier folgten u. gründeten weiter südwärts in Carien, sowie auf Kreta, Rhodos, Kos etc. 6 größere Städte. Diese asiat. Colonien wuchsen zu großen Handelsstädten heran (Milet, Halicarnaß, Smyrna, Ephesus, Chios, Samos etc.), die den Verkehr Vorderasiens mit Europa vermittelten und die Phönicier aus dem schwarzen Meere u. dem Archipel vertrieben; der Reichthum dieser Städte rief jenes Gefühl des Glückes in das Leben, dem die Künste und Wissenschaften ihr Dasein verdanken. Im griech. Asien traten die ersten griech. Künstler, Dichter und Philosophen auf, und von Asien aus wurde ein ähnliches Leben und Streben im Mutterlande angeregt. Indessen war mit der Auswanderung nach Kleinasien die Strömung in die Ferne nicht geschlossen; vom 11. bis zum 5. Jahrh. dauerte sie fort und war im 7. und 8. am stärksten. Die Küsten des Pontus und der Propontis, des Bosporus und Hellesponts, Thraciens und Macedoniens empfingen Colonisten aus Hellas und den jonischen u. äolischen Städten, während die Peloponnesier sich nach Cypern, Kreta, Cyrene in Afrika, besonders aber nach Sicilien und Unteritalien wandten; selbst an der gallischen u. span. Küste fehlten griech. Colonien nicht gänzlich (Massilia, Sagunt). Diese späteren Auswanderungen waren theilweise Ergüsse der übervölkerten Städte und Landschaften, theils Folgen innerer Erschütterungen. In dieser Periode nämlich verwandelten sich die meisten griech. Städte in Republiken, keineswegs jedoch nach dem durch die neueste Revolutionslehre aufgestellten Grundsatz: das Volk, d. h. die Mehrzahl, kann thun was sie will, sondern auf einem sehr natürlichen Wege. Die hellenischen Eroberungen u. Ansiedelungen auf Kosten der Pelasger waren unter Häuptlingen edler Abkunft, Könige genannt, geschehen u. diese Könige standen auch nach der Eroberung an der Spitze der Gemeinde, konnten jedoch ohne die Einwilligung der vornehmen Bürger in Gemeindesachen nichts unternehmen. Die meisten dieser königl. Geschlechter starben im Laufe der Zeiten aus oder richteten sich durch Frevelthaten zu Grunde; die vornehmen Bürger wählten nun keinen neuen König aus ihrer Mitte, weil keiner ererbte Ansprüche hatte und regierten nun ohne König die Gemeinde in der alten Weise fort, da sich bei dem kleinen Umfange dieser Staaten (es waren Gemeinden) das Bedürfniß nach einheitlicher Leitung kaum geltend machen konnte. Die Monarchie war so zur Aristokratie geworden, d. h. die Gemeinde wurde von den vornehmen Bürgern regiert. Gegen diese erhoben die gemeinen Bürger Ansprüche, als deren Zahl wuchs und besonders in Städten, wo sie durch Handel reich wurden. Durch solche Reibungen wurden bald aristokrat. Familien mit ihrem Anhange zur Auswanderung genöthigt bald demokratische, bald wanderte ein Haufen gemeinen Volks mit Unterstützung der vornehmeren Bürger aus. In den jonischen Städten siegte in der Regel die Demokratie, in den dorischen die Aristokratie; denn die Dorier waren ernsterer, härterer Natur, u. nahmen die Unterworfenen nicht in die Gemeinde auf, so daß die Dorier als

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[141/0142] volkes nicht gestört wurde. Der Einfluß des Orients auf das hellenische Wesen zeigt sich erst, als die Hellenen nach Asien auswanderten und ein asiat. G. gründeten. Veranlassung dazu gab die dorische Wanderung oder die sog. Rückkehr der Herakliden in den Peloponnes um 1100 vor Chr. Durch die Einwanderung der thesprotischen Thessaler in das südwestl. Thessalien, wo sonst Aeolier wohnten, erfolgte ein Stoß auf die Bevölkerung der griech. Gaue, der bis zur Südspitze des Peloponneses wirkte, in Folge dessen die Böotier die von ihnen benannte fruchtbare Landschaft besetzten, die am Oeta und Parnaß angesessenen Dorier in Verbindung mit Aetoliern die Achäer im Peloponnes unterwarfen oder an die nördl. Küste drängten, wo ihnen die Ioner weichen mußten, so daß der jonische Stamm sich auf dem Festlande nur in Attika behauptete. In Folge des dor. Sturmes wanderten Schaaren von Aeoliern, Achäern und Ionern an die Küsten Kleinasiens u. die Inseln, wo sie Städte gründeten, die eine lockere Eidsgenossenschaft verband; auch Dorier folgten u. gründeten weiter südwärts in Carien, sowie auf Kreta, Rhodos, Kos etc. 6 größere Städte. Diese asiat. Colonien wuchsen zu großen Handelsstädten heran (Milet, Halicarnaß, Smyrna, Ephesus, Chios, Samos etc.), die den Verkehr Vorderasiens mit Europa vermittelten und die Phönicier aus dem schwarzen Meere u. dem Archipel vertrieben; der Reichthum dieser Städte rief jenes Gefühl des Glückes in das Leben, dem die Künste und Wissenschaften ihr Dasein verdanken. Im griech. Asien traten die ersten griech. Künstler, Dichter und Philosophen auf, und von Asien aus wurde ein ähnliches Leben und Streben im Mutterlande angeregt. Indessen war mit der Auswanderung nach Kleinasien die Strömung in die Ferne nicht geschlossen; vom 11. bis zum 5. Jahrh. dauerte sie fort und war im 7. und 8. am stärksten. Die Küsten des Pontus und der Propontis, des Bosporus und Hellesponts, Thraciens und Macedoniens empfingen Colonisten aus Hellas und den jonischen u. äolischen Städten, während die Peloponnesier sich nach Cypern, Kreta, Cyrene in Afrika, besonders aber nach Sicilien und Unteritalien wandten; selbst an der gallischen u. span. Küste fehlten griech. Colonien nicht gänzlich (Massilia, Sagunt). Diese späteren Auswanderungen waren theilweise Ergüsse der übervölkerten Städte und Landschaften, theils Folgen innerer Erschütterungen. In dieser Periode nämlich verwandelten sich die meisten griech. Städte in Republiken, keineswegs jedoch nach dem durch die neueste Revolutionslehre aufgestellten Grundsatz: das Volk, d. h. die Mehrzahl, kann thun was sie will, sondern auf einem sehr natürlichen Wege. Die hellenischen Eroberungen u. Ansiedelungen auf Kosten der Pelasger waren unter Häuptlingen edler Abkunft, Könige genannt, geschehen u. diese Könige standen auch nach der Eroberung an der Spitze der Gemeinde, konnten jedoch ohne die Einwilligung der vornehmen Bürger in Gemeindesachen nichts unternehmen. Die meisten dieser königl. Geschlechter starben im Laufe der Zeiten aus oder richteten sich durch Frevelthaten zu Grunde; die vornehmen Bürger wählten nun keinen neuen König aus ihrer Mitte, weil keiner ererbte Ansprüche hatte und regierten nun ohne König die Gemeinde in der alten Weise fort, da sich bei dem kleinen Umfange dieser Staaten (es waren Gemeinden) das Bedürfniß nach einheitlicher Leitung kaum geltend machen konnte. Die Monarchie war so zur Aristokratie geworden, d. h. die Gemeinde wurde von den vornehmen Bürgern regiert. Gegen diese erhoben die gemeinen Bürger Ansprüche, als deren Zahl wuchs und besonders in Städten, wo sie durch Handel reich wurden. Durch solche Reibungen wurden bald aristokrat. Familien mit ihrem Anhange zur Auswanderung genöthigt bald demokratische, bald wanderte ein Haufen gemeinen Volks mit Unterstützung der vornehmeren Bürger aus. In den jonischen Städten siegte in der Regel die Demokratie, in den dorischen die Aristokratie; denn die Dorier waren ernsterer, härterer Natur, u. nahmen die Unterworfenen nicht in die Gemeinde auf, so daß die Dorier als

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon03_1855/142>, abgerufen am 24.11.2024.