Herders Conversations-Lexikon. Bd. 2. Freiburg im Breisgau, 1854.freie Disposition über die Bisthümer u. Abteien dem Kaiser die unbestrittene Ueberlegenheit über die weltl. Großen gegeben. Die Vormauer des römischen Stuhles, den lombard. Städtebund, bekriegte er mit einer wahrhaft fürchterlichen Energie; ihre Unterwerfung sollte den Papst den kaiserl. Waffen zugänglich machen u. den republikanischen Geist brechen, der einem Kaiser, welcher die röm. Cäsarengewalt herstellen wollte, unendlich verhaßt sein mußte; die Unterwerfung dieser durch Industrie und Handel reichsten Städte Europas hätte es auch dem Kaiser möglich gemacht, einen regelmäßigen Finanzhaushalt einzuführen und sich ein stehendes Heer zu halten, mit welchem er die widerstrebenden Fürsten bändigen konnte. Fünfmal (1155, 1158, 1160, 1167, 1174) zog der Kaiser mit Heeresmacht nach Italien, zerstörte das trotzige Mailand von Grund aus, stellte 2 Gegenpäpste auf, verlor aber das einemal sein Heer durch Krankheiten und durch Heinrichs des Löwen Abfall die entscheidende Schlacht bei Legnano (29. Mai 1176). Nun schloß er mit dem Papste Alexander III. zu Venedig Friede, mit den lombard. Städten Waffenstillstand, der 1183 in den Konstanzer Frieden überging; er rettete von seiner übermächtigen Stellung so viel, daß er es sich und seinen Nachfolgern möglich machte, unter günstigen Umständen den alten Plan wieder aufzunehmen. Dann zertrümmerte er die furchtbare Hausmacht Heinrichs des Löwen, entriß ihm Bayern u. Sachsen sowie die Eroberungen über die Slaven und ließ ihm nur sein Allod Braunschweig u. Lüneburg. Seine Hausmacht hatte F. durch Hochburgund, die welfischen Güter in Oberschwaben, Tyrol u. Italien vermehrt, nun gelang es ihm auch, seinen Erstgebornen, Heinrich, mit Constantia, der Erbtochter von Neapel und Sicilien, zu vermählen (27. Juni 1186) u. so Süditalien für sein Haus zu gewinnen. In Deutschland selbst beugte sich alles vor dem Kaiser; er besetzte Bisthümer und Abteien nach Gutdünken, als die Nachricht, Jerusalem sei wieder in die Hände der Ungläubigen gefallen, ihn von der weiteren Verfolgung seiner Plane wegriß. Von der Begeisterung seiner Zeit für die Ehre des Kreuzes ergriffen zog er 1189 mit 100000 Mann, der Blüte der deutschen Ritterschaft, durch Ungarn u. Griechenland nach Kleinasien, erfüllte durch die Schlachten bei Philomelium und Iconium die Muselmänner mit Schrecken, ertrank aber auf seinem Siegeszuge d. 10. Juli 1190 im syrischen Flusse Calycadnus. Sein gleichnamiger Sohn, der Herzog F. von Schwaben, stiftete vor Akkon den Orden der deutschen Ritter, st. aber schon 1191 und von dem deutschen Kreuzheere kehrten nur wenige tausend zurück. - F. der Rothbart lebt wie Karl d. Gr. in der Volkssage fort; denn er machte wie jener seine Nation durch Siege hochgemuthet, zwang die Vasallen zum Gehorsam, schirmte den inneren Frieden und förderte die Künste und Wissenschaften; von F.s I. Hofe ging eine mächtige Anregung für den deutschen Minnesang aus. Friedrich II. , Kaiser, Enkel des Vorigen, Sohn Heinrichs VI. u. der sicil. Constantia, geb. 26. Dezbr. 1194, verlor seinen Vater schon 1197 und hätte ihn Papst Innocenz III. nicht unter Vormundschaft genommen, so hätten die mächtigen Vasallen das Königreich Neapel in selbständige Herrschaften zertrümmert. Der gleiche Papst vertheidigte ihn auch gegen den Angriff Kaisers Otto IV., des Sachsen (1210), u. ermunterte ihn (1212) nach Deutschland zu ziehen u. die von den Angehörigen seines Hauses ihm angebotene deutsche Krone zu erkämpfen, ließ ihn aber feierlich geloben, das Königreich Neapel an seinen Sohn Heinrich als selbständiges Reich abzutreten, sobald er selbst die deutsche Krone erhalten hätte. Dieses 1215 bei der Krönung in Aachen wiederholte Gelübde hielt F. nicht, ebenso wenig als er sich beeilte, den gleichfalls mehrfach gelobten Kreuzzug zu unternehmen. Er nahm die Plane seines Vaters und Großvaters auf und begann damit, daß er sein Königreich Neapel auf byzantinisch-saracenische Weise einrichtete u. centralisirte, so daß ihm alle Kräfte desselben zu Gebote standen. Von Italien aus, wo er erst Herr desselben geworden, wollte freie Disposition über die Bisthümer u. Abteien dem Kaiser die unbestrittene Ueberlegenheit über die weltl. Großen gegeben. Die Vormauer des römischen Stuhles, den lombard. Städtebund, bekriegte er mit einer wahrhaft fürchterlichen Energie; ihre Unterwerfung sollte den Papst den kaiserl. Waffen zugänglich machen u. den republikanischen Geist brechen, der einem Kaiser, welcher die röm. Cäsarengewalt herstellen wollte, unendlich verhaßt sein mußte; die Unterwerfung dieser durch Industrie und Handel reichsten Städte Europas hätte es auch dem Kaiser möglich gemacht, einen regelmäßigen Finanzhaushalt einzuführen und sich ein stehendes Heer zu halten, mit welchem er die widerstrebenden Fürsten bändigen konnte. Fünfmal (1155, 1158, 1160, 1167, 1174) zog der Kaiser mit Heeresmacht nach Italien, zerstörte das trotzige Mailand von Grund aus, stellte 2 Gegenpäpste auf, verlor aber das einemal sein Heer durch Krankheiten und durch Heinrichs des Löwen Abfall die entscheidende Schlacht bei Legnano (29. Mai 1176). Nun schloß er mit dem Papste Alexander III. zu Venedig Friede, mit den lombard. Städten Waffenstillstand, der 1183 in den Konstanzer Frieden überging; er rettete von seiner übermächtigen Stellung so viel, daß er es sich und seinen Nachfolgern möglich machte, unter günstigen Umständen den alten Plan wieder aufzunehmen. Dann zertrümmerte er die furchtbare Hausmacht Heinrichs des Löwen, entriß ihm Bayern u. Sachsen sowie die Eroberungen über die Slaven und ließ ihm nur sein Allod Braunschweig u. Lüneburg. Seine Hausmacht hatte F. durch Hochburgund, die welfischen Güter in Oberschwaben, Tyrol u. Italien vermehrt, nun gelang es ihm auch, seinen Erstgebornen, Heinrich, mit Constantia, der Erbtochter von Neapel und Sicilien, zu vermählen (27. Juni 1186) u. so Süditalien für sein Haus zu gewinnen. In Deutschland selbst beugte sich alles vor dem Kaiser; er besetzte Bisthümer und Abteien nach Gutdünken, als die Nachricht, Jerusalem sei wieder in die Hände der Ungläubigen gefallen, ihn von der weiteren Verfolgung seiner Plane wegriß. Von der Begeisterung seiner Zeit für die Ehre des Kreuzes ergriffen zog er 1189 mit 100000 Mann, der Blüte der deutschen Ritterschaft, durch Ungarn u. Griechenland nach Kleinasien, erfüllte durch die Schlachten bei Philomelium und Iconium die Muselmänner mit Schrecken, ertrank aber auf seinem Siegeszuge d. 10. Juli 1190 im syrischen Flusse Calycadnus. Sein gleichnamiger Sohn, der Herzog F. von Schwaben, stiftete vor Akkon den Orden der deutschen Ritter, st. aber schon 1191 und von dem deutschen Kreuzheere kehrten nur wenige tausend zurück. – F. der Rothbart lebt wie Karl d. Gr. in der Volkssage fort; denn er machte wie jener seine Nation durch Siege hochgemuthet, zwang die Vasallen zum Gehorsam, schirmte den inneren Frieden und förderte die Künste und Wissenschaften; von F.s I. Hofe ging eine mächtige Anregung für den deutschen Minnesang aus. Friedrich II. , Kaiser, Enkel des Vorigen, Sohn Heinrichs VI. u. der sicil. Constantia, geb. 26. Dezbr. 1194, verlor seinen Vater schon 1197 und hätte ihn Papst Innocenz III. nicht unter Vormundschaft genommen, so hätten die mächtigen Vasallen das Königreich Neapel in selbständige Herrschaften zertrümmert. Der gleiche Papst vertheidigte ihn auch gegen den Angriff Kaisers Otto IV., des Sachsen (1210), u. ermunterte ihn (1212) nach Deutschland zu ziehen u. die von den Angehörigen seines Hauses ihm angebotene deutsche Krone zu erkämpfen, ließ ihn aber feierlich geloben, das Königreich Neapel an seinen Sohn Heinrich als selbständiges Reich abzutreten, sobald er selbst die deutsche Krone erhalten hätte. Dieses 1215 bei der Krönung in Aachen wiederholte Gelübde hielt F. nicht, ebenso wenig als er sich beeilte, den gleichfalls mehrfach gelobten Kreuzzug zu unternehmen. Er nahm die Plane seines Vaters und Großvaters auf und begann damit, daß er sein Königreich Neapel auf byzantinisch-saracenische Weise einrichtete u. centralisirte, so daß ihm alle Kräfte desselben zu Gebote standen. 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Fünfmal (1155, 1158, 1160, 1167, 1174) zog der Kaiser mit Heeresmacht nach Italien, zerstörte das trotzige Mailand von Grund aus, stellte 2 Gegenpäpste auf, verlor aber das einemal sein Heer durch Krankheiten und durch Heinrichs des Löwen Abfall die entscheidende Schlacht bei Legnano (29. Mai 1176). Nun schloß er mit dem Papste Alexander III. zu Venedig Friede, mit den lombard. Städten Waffenstillstand, der 1183 in den Konstanzer Frieden überging; er rettete von seiner übermächtigen Stellung so viel, daß er es sich und seinen Nachfolgern möglich machte, unter günstigen Umständen den alten Plan wieder aufzunehmen. Dann zertrümmerte er die furchtbare Hausmacht Heinrichs des Löwen, entriß ihm Bayern u. Sachsen sowie die Eroberungen über die Slaven und ließ ihm nur sein Allod Braunschweig u. Lüneburg. Seine Hausmacht hatte F. durch Hochburgund, die welfischen Güter in Oberschwaben, Tyrol u. Italien vermehrt, nun gelang es ihm auch, seinen Erstgebornen, Heinrich, mit Constantia, der Erbtochter von Neapel und Sicilien, zu vermählen (27. Juni 1186) u. so Süditalien für sein Haus zu gewinnen. In Deutschland selbst beugte sich alles vor dem Kaiser; er besetzte Bisthümer und Abteien nach Gutdünken, als die Nachricht, Jerusalem sei wieder in die Hände der Ungläubigen gefallen, ihn von der weiteren Verfolgung seiner Plane wegriß. Von der Begeisterung seiner Zeit für die Ehre des Kreuzes ergriffen zog er 1189 mit 100000 Mann, der Blüte der deutschen Ritterschaft, durch Ungarn u. Griechenland nach Kleinasien, erfüllte durch die Schlachten bei Philomelium und Iconium die Muselmänner mit Schrecken, ertrank aber auf seinem Siegeszuge d. 10. Juli 1190 im syrischen Flusse Calycadnus. Sein gleichnamiger Sohn, der Herzog F. von Schwaben, stiftete vor Akkon den Orden der deutschen Ritter, st. aber schon 1191 und von dem deutschen Kreuzheere kehrten nur wenige tausend zurück. – F. der Rothbart lebt wie Karl d. Gr. in der Volkssage fort; denn er machte wie jener seine Nation durch Siege hochgemuthet, zwang die Vasallen zum Gehorsam, schirmte den inneren Frieden und förderte die Künste und Wissenschaften; von F.s I. Hofe ging eine mächtige Anregung für den deutschen Minnesang aus.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Friedrich II.</hi> , Kaiser, Enkel des Vorigen, Sohn Heinrichs VI. u. der sicil. Constantia, geb. 26. Dezbr. 1194, verlor seinen Vater schon 1197 und hätte ihn Papst Innocenz III. nicht unter Vormundschaft genommen, so hätten die mächtigen Vasallen das Königreich Neapel in selbständige Herrschaften zertrümmert. Der gleiche Papst vertheidigte ihn auch gegen den Angriff Kaisers Otto IV., des Sachsen (1210), u. ermunterte ihn (1212) nach Deutschland zu ziehen u. die von den Angehörigen seines Hauses ihm angebotene deutsche Krone zu erkämpfen, ließ ihn aber feierlich geloben, das Königreich Neapel an seinen Sohn Heinrich als selbständiges Reich abzutreten, sobald er selbst die deutsche Krone erhalten hätte. Dieses 1215 bei der Krönung in Aachen wiederholte Gelübde hielt F. nicht, ebenso wenig als er sich beeilte, den gleichfalls mehrfach gelobten Kreuzzug zu unternehmen. Er nahm die Plane seines Vaters und Großvaters auf und begann damit, daß er sein Königreich Neapel auf byzantinisch-saracenische Weise einrichtete u. centralisirte, so daß ihm alle Kräfte desselben zu Gebote standen. Von Italien aus, wo er erst Herr desselben geworden, wollte </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [803/0804]
freie Disposition über die Bisthümer u. Abteien dem Kaiser die unbestrittene Ueberlegenheit über die weltl. Großen gegeben. Die Vormauer des römischen Stuhles, den lombard. Städtebund, bekriegte er mit einer wahrhaft fürchterlichen Energie; ihre Unterwerfung sollte den Papst den kaiserl. Waffen zugänglich machen u. den republikanischen Geist brechen, der einem Kaiser, welcher die röm. Cäsarengewalt herstellen wollte, unendlich verhaßt sein mußte; die Unterwerfung dieser durch Industrie und Handel reichsten Städte Europas hätte es auch dem Kaiser möglich gemacht, einen regelmäßigen Finanzhaushalt einzuführen und sich ein stehendes Heer zu halten, mit welchem er die widerstrebenden Fürsten bändigen konnte. Fünfmal (1155, 1158, 1160, 1167, 1174) zog der Kaiser mit Heeresmacht nach Italien, zerstörte das trotzige Mailand von Grund aus, stellte 2 Gegenpäpste auf, verlor aber das einemal sein Heer durch Krankheiten und durch Heinrichs des Löwen Abfall die entscheidende Schlacht bei Legnano (29. Mai 1176). Nun schloß er mit dem Papste Alexander III. zu Venedig Friede, mit den lombard. Städten Waffenstillstand, der 1183 in den Konstanzer Frieden überging; er rettete von seiner übermächtigen Stellung so viel, daß er es sich und seinen Nachfolgern möglich machte, unter günstigen Umständen den alten Plan wieder aufzunehmen. Dann zertrümmerte er die furchtbare Hausmacht Heinrichs des Löwen, entriß ihm Bayern u. Sachsen sowie die Eroberungen über die Slaven und ließ ihm nur sein Allod Braunschweig u. Lüneburg. Seine Hausmacht hatte F. durch Hochburgund, die welfischen Güter in Oberschwaben, Tyrol u. Italien vermehrt, nun gelang es ihm auch, seinen Erstgebornen, Heinrich, mit Constantia, der Erbtochter von Neapel und Sicilien, zu vermählen (27. Juni 1186) u. so Süditalien für sein Haus zu gewinnen. In Deutschland selbst beugte sich alles vor dem Kaiser; er besetzte Bisthümer und Abteien nach Gutdünken, als die Nachricht, Jerusalem sei wieder in die Hände der Ungläubigen gefallen, ihn von der weiteren Verfolgung seiner Plane wegriß. Von der Begeisterung seiner Zeit für die Ehre des Kreuzes ergriffen zog er 1189 mit 100000 Mann, der Blüte der deutschen Ritterschaft, durch Ungarn u. Griechenland nach Kleinasien, erfüllte durch die Schlachten bei Philomelium und Iconium die Muselmänner mit Schrecken, ertrank aber auf seinem Siegeszuge d. 10. Juli 1190 im syrischen Flusse Calycadnus. Sein gleichnamiger Sohn, der Herzog F. von Schwaben, stiftete vor Akkon den Orden der deutschen Ritter, st. aber schon 1191 und von dem deutschen Kreuzheere kehrten nur wenige tausend zurück. – F. der Rothbart lebt wie Karl d. Gr. in der Volkssage fort; denn er machte wie jener seine Nation durch Siege hochgemuthet, zwang die Vasallen zum Gehorsam, schirmte den inneren Frieden und förderte die Künste und Wissenschaften; von F.s I. Hofe ging eine mächtige Anregung für den deutschen Minnesang aus.
Friedrich II. , Kaiser, Enkel des Vorigen, Sohn Heinrichs VI. u. der sicil. Constantia, geb. 26. Dezbr. 1194, verlor seinen Vater schon 1197 und hätte ihn Papst Innocenz III. nicht unter Vormundschaft genommen, so hätten die mächtigen Vasallen das Königreich Neapel in selbständige Herrschaften zertrümmert. Der gleiche Papst vertheidigte ihn auch gegen den Angriff Kaisers Otto IV., des Sachsen (1210), u. ermunterte ihn (1212) nach Deutschland zu ziehen u. die von den Angehörigen seines Hauses ihm angebotene deutsche Krone zu erkämpfen, ließ ihn aber feierlich geloben, das Königreich Neapel an seinen Sohn Heinrich als selbständiges Reich abzutreten, sobald er selbst die deutsche Krone erhalten hätte. Dieses 1215 bei der Krönung in Aachen wiederholte Gelübde hielt F. nicht, ebenso wenig als er sich beeilte, den gleichfalls mehrfach gelobten Kreuzzug zu unternehmen. Er nahm die Plane seines Vaters und Großvaters auf und begann damit, daß er sein Königreich Neapel auf byzantinisch-saracenische Weise einrichtete u. centralisirte, so daß ihm alle Kräfte desselben zu Gebote standen. Von Italien aus, wo er erst Herr desselben geworden, wollte
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