Herders Conversations-Lexikon. Bd. 2. Freiburg im Breisgau, 1854.Versammlung den König suspendirte, ihn mit seiner Familie in den sog. Tempel (ein burgähnliches Gebäude der alten Tempelritter) verwies u. die Einberufung eines Nationalconventes beschloß, der F. eine neue Verfassung geben sollte. Lafayette, der mit einem Heere bei Sedan an der Gränze stand, wollte dasselbe nach Paris zur Vertheidigung des Königs führen, allein er fand keinen Gehorsam und mußte entfliehen. So wurde der älteste Thron der Christenheit zertrümmert; die Girondisten aber, welche die Constitutionellen verdrängt hatten, mußten nun den Männern der Bergpartei weichen. Die Preußen waren in die Champagne eingerückt, hatten Longwy und Verdun ohne große Anstrengung genommen, den Argonnerwald forcirt u. bedrohten Paris, wo Tausende der Herrschaft des bewaffneten Pöbels so satt hatten, daß der Untergang der Revolution unvermeidlich schien. Da half Danton durch den Septembermord (2.-7. Septbr.); der Gemeinderath hatte alle Royalisten u. Constitutionellen in Paris verhaften lassen, bezahlte Rotten (5 Fr. war der Taglohn) ermordeten sie (über 3000) in den Gefängnissen und sicherten durch den Schrecken, welchen diese That verbreitete, die Herrschaft der Bergmänner; die betäubte Regierung und Versammlung löste sich am 21. Septbr. auf und machte dem Convente Platz. Die Preußen kamen jedoch nicht vor Paris; der Herzog von Braunschweig zog sich nach der Kanonade von Valmy (20. Septbr.) unverfolgt hinter die Mosel zurück in Folge eines geheimen Uebereinkommens mit Dumouriez und stellte dadurch das schwache österreich. Corps bloß, über welches Dumouriez mit mehr als 3facher Uebermacht bei Jemappes am 6. Novbr. einen vollständigen Sieg errang, dessen Frucht die leichte Eroberung Belgiens war. Im Septbr. war der französ. General Custine mit einem kleinen, nothdürftig bewaffneten u. gekleideten Heere in die Rheinpfalz gedrungen, eroberte Worms und Speyer, der Verrath der Mainzischen Republikaner lieferte ihm Mainz in die Hände, Frankfurt zahlte 2 Mill., ging jedoch bald wieder an die Preußen u. Hessen verloren und Custine wich über den Rhein zurück, nachdem er Mainz in Vertheidigungsstand gesetzt hatte. Ebenso schnell wurden Savoyen u. Nizza genommen, ein Beweis, wie leichtfertig man den Krieg gegen F. angefangen hatte. Der Nationalconvent erklärte schon am 22. Septbr. 1792 F. zur Republik, beschloß die Anklage des Königs, verurtheilte ihn am 17. Januar 1793 zum Tode und ließ ihn am 21. hinrichten; die Girondisten waren noch immer in der Mehrzahl, wagten aber die Hinrichtung nicht zu hindern, weil Danton sein Septembermittel anzuwenden drohte. Sie sollten jedoch der Guillotine nicht entgehen; gegen den Convent, der aller Monarchie tödtlichen Haß schwur und den Palästen Krieg ankündigte, traten nun auch fast alle europ. Monarchieen unter die Waffen und das Kriegsglück kehrte der Revolution noch einmal den Rücken. Die Oesterreicher schlugen Dumouriez am 18. März bei Neerwinden und eroberten Belgien wieder, sie rückten in F. ein, nahmen Conde, Quesnoi und Valenciennes, die Preußen Mainz, sie gingen über den Rhein und siegten bei Pirmasens, während der österreich. General Wurmser tief in die französ. Vogesen eindrang. Gleichzeitig erhob sich die Vendee zur Rache an den Königsmördern und Religionsschändern, Dumouriez aber, der einzige erprobte Feldherr, ging nach seiner Niederlage zu den Oesterreichern über; Handel u. Verkehr stockten, Paris selbst wurde von Hungersnoth bedroht. In dieser verzweifelten Lage bemächtigte sich die Bergpartei der Herrschaft über F.; die Gironde wurde am 31. Mai 1793 auf dieselbe Weise durch einen bewaffneten Pöbelhaufen gestürzt wie der König am 10. August 1792, und der Guillotine überliefert; den 6. Novbr. die Königin hingerichtet, um die Monarchen zu höhnen. Ein Wohlfahrtsausschuß regierte mit unumschränkter Vollmacht; ein Revolutionsgericht gab dessen Befehlen durch die Hinrichtung aller Verdächtigen Nachdruck; Ausschüsse für Finanzen, Krieg etc. erhielten unumschränkte Gewalt über alles Eigenthum der Bürger u. das Recht, Versammlung den König suspendirte, ihn mit seiner Familie in den sog. Tempel (ein burgähnliches Gebäude der alten Tempelritter) verwies u. die Einberufung eines Nationalconventes beschloß, der F. eine neue Verfassung geben sollte. Lafayette, der mit einem Heere bei Sedan an der Gränze stand, wollte dasselbe nach Paris zur Vertheidigung des Königs führen, allein er fand keinen Gehorsam und mußte entfliehen. So wurde der älteste Thron der Christenheit zertrümmert; die Girondisten aber, welche die Constitutionellen verdrängt hatten, mußten nun den Männern der Bergpartei weichen. Die Preußen waren in die Champagne eingerückt, hatten Longwy und Verdun ohne große Anstrengung genommen, den Argonnerwald forcirt u. bedrohten Paris, wo Tausende der Herrschaft des bewaffneten Pöbels so satt hatten, daß der Untergang der Revolution unvermeidlich schien. Da half Danton durch den Septembermord (2.–7. Septbr.); der Gemeinderath hatte alle Royalisten u. Constitutionellen in Paris verhaften lassen, bezahlte Rotten (5 Fr. war der Taglohn) ermordeten sie (über 3000) in den Gefängnissen und sicherten durch den Schrecken, welchen diese That verbreitete, die Herrschaft der Bergmänner; die betäubte Regierung und Versammlung löste sich am 21. Septbr. auf und machte dem Convente Platz. Die Preußen kamen jedoch nicht vor Paris; der Herzog von Braunschweig zog sich nach der Kanonade von Valmy (20. Septbr.) unverfolgt hinter die Mosel zurück in Folge eines geheimen Uebereinkommens mit Dumouriez und stellte dadurch das schwache österreich. Corps bloß, über welches Dumouriez mit mehr als 3facher Uebermacht bei Jemappes am 6. Novbr. einen vollständigen Sieg errang, dessen Frucht die leichte Eroberung Belgiens war. Im Septbr. war der französ. General Custine mit einem kleinen, nothdürftig bewaffneten u. gekleideten Heere in die Rheinpfalz gedrungen, eroberte Worms und Speyer, der Verrath der Mainzischen Republikaner lieferte ihm Mainz in die Hände, Frankfurt zahlte 2 Mill., ging jedoch bald wieder an die Preußen u. Hessen verloren und Custine wich über den Rhein zurück, nachdem er Mainz in Vertheidigungsstand gesetzt hatte. Ebenso schnell wurden Savoyen u. Nizza genommen, ein Beweis, wie leichtfertig man den Krieg gegen F. angefangen hatte. Der Nationalconvent erklärte schon am 22. Septbr. 1792 F. zur Republik, beschloß die Anklage des Königs, verurtheilte ihn am 17. Januar 1793 zum Tode und ließ ihn am 21. hinrichten; die Girondisten waren noch immer in der Mehrzahl, wagten aber die Hinrichtung nicht zu hindern, weil Danton sein Septembermittel anzuwenden drohte. Sie sollten jedoch der Guillotine nicht entgehen; gegen den Convent, der aller Monarchie tödtlichen Haß schwur und den Palästen Krieg ankündigte, traten nun auch fast alle europ. Monarchieen unter die Waffen und das Kriegsglück kehrte der Revolution noch einmal den Rücken. Die Oesterreicher schlugen Dumouriez am 18. März bei Neerwinden und eroberten Belgien wieder, sie rückten in F. ein, nahmen Condé, Quesnoi und Valenciennes, die Preußen Mainz, sie gingen über den Rhein und siegten bei Pirmasens, während der österreich. General Wurmser tief in die französ. Vogesen eindrang. Gleichzeitig erhob sich die Vendée zur Rache an den Königsmördern und Religionsschändern, Dumouriez aber, der einzige erprobte Feldherr, ging nach seiner Niederlage zu den Oesterreichern über; Handel u. Verkehr stockten, Paris selbst wurde von Hungersnoth bedroht. In dieser verzweifelten Lage bemächtigte sich die Bergpartei der Herrschaft über F.; die Gironde wurde am 31. Mai 1793 auf dieselbe Weise durch einen bewaffneten Pöbelhaufen gestürzt wie der König am 10. August 1792, und der Guillotine überliefert; den 6. Novbr. die Königin hingerichtet, um die Monarchen zu höhnen. Ein Wohlfahrtsausschuß regierte mit unumschränkter Vollmacht; ein Revolutionsgericht gab dessen Befehlen durch die Hinrichtung aller Verdächtigen Nachdruck; Ausschüsse für Finanzen, Krieg etc. erhielten unumschränkte Gewalt über alles Eigenthum der Bürger u. das Recht, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0765" n="764"/> Versammlung den König suspendirte, ihn mit seiner Familie in den sog. Tempel (ein burgähnliches Gebäude der alten Tempelritter) verwies u. die Einberufung eines Nationalconventes beschloß, der F. eine neue Verfassung geben sollte. 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Constitutionellen in Paris verhaften lassen, bezahlte Rotten (5 Fr. war der Taglohn) ermordeten sie (über 3000) in den Gefängnissen und sicherten durch den Schrecken, welchen diese That verbreitete, die Herrschaft der Bergmänner; die betäubte Regierung und Versammlung löste sich am 21. Septbr. auf und machte dem <hi rendition="#g">Convente</hi> Platz. Die Preußen kamen jedoch nicht vor Paris; der Herzog von Braunschweig zog sich nach der Kanonade von Valmy (20. Septbr.) unverfolgt hinter die Mosel zurück in Folge eines geheimen Uebereinkommens mit Dumouriez und stellte dadurch das schwache österreich. Corps bloß, über welches Dumouriez mit mehr als 3facher Uebermacht bei Jemappes am 6. Novbr. einen vollständigen Sieg errang, dessen Frucht die leichte Eroberung Belgiens war. Im Septbr. war der französ. General Custine mit einem kleinen, nothdürftig bewaffneten u. gekleideten Heere in die Rheinpfalz gedrungen, eroberte Worms und Speyer, der Verrath der Mainzischen Republikaner lieferte ihm Mainz in die Hände, Frankfurt zahlte 2 Mill., ging jedoch bald wieder an die Preußen u. Hessen verloren und Custine wich über den Rhein zurück, nachdem er Mainz in Vertheidigungsstand gesetzt hatte. Ebenso schnell wurden Savoyen u. Nizza genommen, ein Beweis, wie leichtfertig man den Krieg gegen F. angefangen hatte. Der Nationalconvent erklärte schon am 22. Septbr. 1792 F. zur Republik, beschloß die Anklage des Königs, verurtheilte ihn am 17. Januar 1793 zum Tode und ließ ihn am 21. hinrichten; die Girondisten waren noch immer in der Mehrzahl, wagten aber die Hinrichtung nicht zu hindern, weil Danton sein Septembermittel anzuwenden drohte. Sie sollten jedoch der Guillotine nicht entgehen; gegen den Convent, der aller Monarchie tödtlichen Haß schwur und den Palästen Krieg ankündigte, traten nun auch fast alle europ. Monarchieen unter die Waffen und das Kriegsglück kehrte der Revolution noch einmal den Rücken. Die Oesterreicher schlugen Dumouriez am 18. März bei Neerwinden und eroberten Belgien wieder, sie rückten in F. ein, nahmen Condé, Quesnoi und Valenciennes, die Preußen Mainz, sie gingen über den Rhein und siegten bei Pirmasens, während der österreich. General Wurmser tief in die französ. Vogesen eindrang. Gleichzeitig erhob sich die Vendée zur Rache an den Königsmördern und Religionsschändern, Dumouriez aber, der einzige erprobte Feldherr, ging nach seiner Niederlage zu den Oesterreichern über; Handel u. Verkehr stockten, Paris selbst wurde von Hungersnoth bedroht. In dieser verzweifelten Lage bemächtigte sich die Bergpartei der Herrschaft über F.; die Gironde wurde am 31. Mai 1793 auf dieselbe Weise durch einen bewaffneten Pöbelhaufen gestürzt wie der König am 10. August 1792, und der Guillotine überliefert; den 6. Novbr. die Königin hingerichtet, um die Monarchen zu höhnen. Ein Wohlfahrtsausschuß regierte mit unumschränkter Vollmacht; ein Revolutionsgericht gab dessen Befehlen durch die Hinrichtung aller Verdächtigen Nachdruck; Ausschüsse für Finanzen, Krieg etc. erhielten unumschränkte Gewalt über alles Eigenthum der Bürger u. das Recht, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [764/0765]
Versammlung den König suspendirte, ihn mit seiner Familie in den sog. Tempel (ein burgähnliches Gebäude der alten Tempelritter) verwies u. die Einberufung eines Nationalconventes beschloß, der F. eine neue Verfassung geben sollte. Lafayette, der mit einem Heere bei Sedan an der Gränze stand, wollte dasselbe nach Paris zur Vertheidigung des Königs führen, allein er fand keinen Gehorsam und mußte entfliehen. So wurde der älteste Thron der Christenheit zertrümmert; die Girondisten aber, welche die Constitutionellen verdrängt hatten, mußten nun den Männern der Bergpartei weichen. Die Preußen waren in die Champagne eingerückt, hatten Longwy und Verdun ohne große Anstrengung genommen, den Argonnerwald forcirt u. bedrohten Paris, wo Tausende der Herrschaft des bewaffneten Pöbels so satt hatten, daß der Untergang der Revolution unvermeidlich schien. Da half Danton durch den Septembermord (2.–7. Septbr.); der Gemeinderath hatte alle Royalisten u. Constitutionellen in Paris verhaften lassen, bezahlte Rotten (5 Fr. war der Taglohn) ermordeten sie (über 3000) in den Gefängnissen und sicherten durch den Schrecken, welchen diese That verbreitete, die Herrschaft der Bergmänner; die betäubte Regierung und Versammlung löste sich am 21. Septbr. auf und machte dem Convente Platz. Die Preußen kamen jedoch nicht vor Paris; der Herzog von Braunschweig zog sich nach der Kanonade von Valmy (20. Septbr.) unverfolgt hinter die Mosel zurück in Folge eines geheimen Uebereinkommens mit Dumouriez und stellte dadurch das schwache österreich. Corps bloß, über welches Dumouriez mit mehr als 3facher Uebermacht bei Jemappes am 6. Novbr. einen vollständigen Sieg errang, dessen Frucht die leichte Eroberung Belgiens war. Im Septbr. war der französ. General Custine mit einem kleinen, nothdürftig bewaffneten u. gekleideten Heere in die Rheinpfalz gedrungen, eroberte Worms und Speyer, der Verrath der Mainzischen Republikaner lieferte ihm Mainz in die Hände, Frankfurt zahlte 2 Mill., ging jedoch bald wieder an die Preußen u. Hessen verloren und Custine wich über den Rhein zurück, nachdem er Mainz in Vertheidigungsstand gesetzt hatte. Ebenso schnell wurden Savoyen u. Nizza genommen, ein Beweis, wie leichtfertig man den Krieg gegen F. angefangen hatte. Der Nationalconvent erklärte schon am 22. Septbr. 1792 F. zur Republik, beschloß die Anklage des Königs, verurtheilte ihn am 17. Januar 1793 zum Tode und ließ ihn am 21. hinrichten; die Girondisten waren noch immer in der Mehrzahl, wagten aber die Hinrichtung nicht zu hindern, weil Danton sein Septembermittel anzuwenden drohte. Sie sollten jedoch der Guillotine nicht entgehen; gegen den Convent, der aller Monarchie tödtlichen Haß schwur und den Palästen Krieg ankündigte, traten nun auch fast alle europ. Monarchieen unter die Waffen und das Kriegsglück kehrte der Revolution noch einmal den Rücken. Die Oesterreicher schlugen Dumouriez am 18. März bei Neerwinden und eroberten Belgien wieder, sie rückten in F. ein, nahmen Condé, Quesnoi und Valenciennes, die Preußen Mainz, sie gingen über den Rhein und siegten bei Pirmasens, während der österreich. General Wurmser tief in die französ. Vogesen eindrang. Gleichzeitig erhob sich die Vendée zur Rache an den Königsmördern und Religionsschändern, Dumouriez aber, der einzige erprobte Feldherr, ging nach seiner Niederlage zu den Oesterreichern über; Handel u. Verkehr stockten, Paris selbst wurde von Hungersnoth bedroht. In dieser verzweifelten Lage bemächtigte sich die Bergpartei der Herrschaft über F.; die Gironde wurde am 31. Mai 1793 auf dieselbe Weise durch einen bewaffneten Pöbelhaufen gestürzt wie der König am 10. August 1792, und der Guillotine überliefert; den 6. Novbr. die Königin hingerichtet, um die Monarchen zu höhnen. Ein Wohlfahrtsausschuß regierte mit unumschränkter Vollmacht; ein Revolutionsgericht gab dessen Befehlen durch die Hinrichtung aller Verdächtigen Nachdruck; Ausschüsse für Finanzen, Krieg etc. erhielten unumschränkte Gewalt über alles Eigenthum der Bürger u. das Recht,
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