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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 2. Freiburg im Breisgau, 1854.

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Bocaccio beginnende Wiederaufnahme des Studiums des Alterthums u. durch die Reformation kam der durchgreifendste Unterschied der E., nämlich der der alten offenbarungsgläubigen E., welche die Mittheilungen der canon. Bücher als unmittelbare Eingebungen des hl. Geistes u. die Kirche als erklärende Autorität betrachtet, u. der neuen vernunftgläubigen E., welche die Bibel als einzige Glaubensquelle, dabei trotz II Petr. 1, 20, 21 die Vernunft jedes Einzelnen als erste u. letzte Instanz in Sachen des Glaubens gelten läßt. Man strebte das in den Reformatoren wirkende Princip der Subjectivität in die Schranken symbolischer Bücher als einer analogia od. regula fidei zu bannen, aber es brach sich während des 18. Jahrh. auch in Deutschland als Vernunftgläubigkeit oder Rationalismus Bahn u. die sog. höhere Kritik behandelte die Bibel gleich jedem alten Classiker. Unter einer Menge von Exegeten wurden die Hauptträger des reformatorischen Principes: Semler, welcher die regula fidei offen wegwarf u. das Accommodationssystem (s. Accommodation) erfand; Kant, der das Wesen aller Religion in der Moral allein suchte u. dessen Vernunftreligion bis heute bei Tausenden ihren Einfluß noch nicht verloren hat; Eichhorn, welcher für Rationalisirung der Bibel die erforderlichen exegetischen und kritischen Regeln lieferte; Paulus fand in Christo und den Aposteln bereits im Zeitgeist befangene Menschen, de Wette sah in der Bibel wenig historische Persönlichkeiten mehr, David Strauß aber lauter Mythen und Christum als "die Idee der Negation der Negation". Den verneinenden u. zerstörenden Elementen gegenüber wurden Exegeten wie Delitzsch, Harleß, Hengstenberg u. a. Ausdruck der Sehnsucht nach positiver Religion und kirchlicher Autorität. Von der Reformation angeregt, mitunter auch vom Geiste derselben inficirt, erstand eine Menge kathol. Exegeten, neuestens unter denen, welche eine E. der ganzen Bibel oder der meisten Bücher derselben lieferten: Braun, Fischer, Brentano, Dereser, Scholz, Allioli. Vgl. Kirchenlexikon von Wetzer u. Welte Bd. III S. 822-841.


Exelmans, Remy Jos. Isidor, geb. 1755 zu Bar le Duc, wurde frühe Soldat, 1806 Brigadegeneral, in Spanien gefangen und 1811 ausgelöst; die Feldzüge von 1813-15 machte er als Divisionsgeneral mit, war einer der letzten, welche sich den Bourbonen unterwarfen, wurde von 1816-23 verbannt und erst nach 1830 vollständig restituirt; st. 1853.


Exempel, lat. exemplum, Beispiel, Muster; exemplarisch, lat. exemplariter, musterhaft; warnend. Exemplification, Beweis durch Beispiele, davon exemplificiren; exemplificatio documenti, beglaubigte Abschrift einer Urkunde. Exempli gratia, oder e. causa, z. B. Exempla sunt odiosa, sprichwörtl., Beispiele sind gehässig.


Exemplar, lat., einzelnes Stück (von Büchern, Stichen etc.).


Exemtion, lat.-deutsch, Herausnehmung, Befreiung von einer allgemeinen Verbindlichkeit, kirchlich: Befreiung von der Gerichtsbarkeit des ordentlichen Oberen und Unterordnung unter einen höheren. E.en sind Privilegien, welche in totale und partiale, örtliche und persönliche u. s. w. getheilt werden u. am häufigsten als Befreiung klösterl. Institute von der Jurisdiction ihres Bischofs vorkamen. Das Konstanzerconcil bestimmte darüber: "non fiant, nisi ex rationabili, justa et expressa causa", das Tridentinerconcil beschränkte die E.en sehr, noch mehr geschah dies seitdem von Seite der Staatsregierungen, welche dieselben gänzlich verboten od. nur mit ihrer Zustimmung zuließen. In Oesterreich besteht seit 1720 eine großartige E., indem das Heer des Kaiserstaates nicht unter seinen Bischöfen, sondern unter einem vom Kaiser ernannten apostol. Feldvicar steht. - Exemte oder Eximirte, Ausgenommene, von Lasten Befreite; eximiren, ausnehmen, entbinden, namentlich von der Gerichtsbarkeit des unmittelbaren Oberen.


Exequatur, lat., er vollziehe! Das E. eines Handelsconsuls ist die ihm von der Regierung, bei welcher er accreditirt ist, zugestandene Erlaubniß zur Ausübung seiner Functionen.


Exequien, lat. exequiae, Leichenbegängniß, dann die Gesammtheit der zur

Bocaccio beginnende Wiederaufnahme des Studiums des Alterthums u. durch die Reformation kam der durchgreifendste Unterschied der E., nämlich der der alten offenbarungsgläubigen E., welche die Mittheilungen der canon. Bücher als unmittelbare Eingebungen des hl. Geistes u. die Kirche als erklärende Autorität betrachtet, u. der neuen vernunftgläubigen E., welche die Bibel als einzige Glaubensquelle, dabei trotz II Petr. 1, 20, 21 die Vernunft jedes Einzelnen als erste u. letzte Instanz in Sachen des Glaubens gelten läßt. Man strebte das in den Reformatoren wirkende Princip der Subjectivität in die Schranken symbolischer Bücher als einer analogia od. regula fidei zu bannen, aber es brach sich während des 18. Jahrh. auch in Deutschland als Vernunftgläubigkeit oder Rationalismus Bahn u. die sog. höhere Kritik behandelte die Bibel gleich jedem alten Classiker. Unter einer Menge von Exegeten wurden die Hauptträger des reformatorischen Principes: Semler, welcher die regula fidei offen wegwarf u. das Accommodationssystem (s. Accommodation) erfand; Kant, der das Wesen aller Religion in der Moral allein suchte u. dessen Vernunftreligion bis heute bei Tausenden ihren Einfluß noch nicht verloren hat; Eichhorn, welcher für Rationalisirung der Bibel die erforderlichen exegetischen und kritischen Regeln lieferte; Paulus fand in Christo und den Aposteln bereits im Zeitgeist befangene Menschen, de Wette sah in der Bibel wenig historische Persönlichkeiten mehr, David Strauß aber lauter Mythen und Christum als „die Idee der Negation der Negation“. Den verneinenden u. zerstörenden Elementen gegenüber wurden Exegeten wie Delitzsch, Harleß, Hengstenberg u. a. Ausdruck der Sehnsucht nach positiver Religion und kirchlicher Autorität. Von der Reformation angeregt, mitunter auch vom Geiste derselben inficirt, erstand eine Menge kathol. Exegeten, neuestens unter denen, welche eine E. der ganzen Bibel oder der meisten Bücher derselben lieferten: Braun, Fischer, Brentano, Dereser, Scholz, Allioli. Vgl. Kirchenlexikon von Wetzer u. Welte Bd. III S. 822–841.


Exelmans, Remy Jos. Isidor, geb. 1755 zu Bar le Duc, wurde frühe Soldat, 1806 Brigadegeneral, in Spanien gefangen und 1811 ausgelöst; die Feldzüge von 1813–15 machte er als Divisionsgeneral mit, war einer der letzten, welche sich den Bourbonen unterwarfen, wurde von 1816–23 verbannt und erst nach 1830 vollständig restituirt; st. 1853.


Exempel, lat. exemplum, Beispiel, Muster; exemplarisch, lat. exemplariter, musterhaft; warnend. Exemplification, Beweis durch Beispiele, davon exemplificiren; exemplificatio documenti, beglaubigte Abschrift einer Urkunde. Exempli gratia, oder e. causa, z. B. Exempla sunt odiosa, sprichwörtl., Beispiele sind gehässig.


Exemplar, lat., einzelnes Stück (von Büchern, Stichen etc.).


Exemtion, lat.-deutsch, Herausnehmung, Befreiung von einer allgemeinen Verbindlichkeit, kirchlich: Befreiung von der Gerichtsbarkeit des ordentlichen Oberen und Unterordnung unter einen höheren. E.en sind Privilegien, welche in totale und partiale, örtliche und persönliche u. s. w. getheilt werden u. am häufigsten als Befreiung klösterl. Institute von der Jurisdiction ihres Bischofs vorkamen. Das Konstanzerconcil bestimmte darüber: „non fiant, nisi ex rationabili, justa et expressa causa“, das Tridentinerconcil beschränkte die E.en sehr, noch mehr geschah dies seitdem von Seite der Staatsregierungen, welche dieselben gänzlich verboten od. nur mit ihrer Zustimmung zuließen. In Oesterreich besteht seit 1720 eine großartige E., indem das Heer des Kaiserstaates nicht unter seinen Bischöfen, sondern unter einem vom Kaiser ernannten apostol. Feldvicar steht. – Exemte oder Eximirte, Ausgenommene, von Lasten Befreite; eximiren, ausnehmen, entbinden, namentlich von der Gerichtsbarkeit des unmittelbaren Oberen.


Exequatur, lat., er vollziehe! Das E. eines Handelsconsuls ist die ihm von der Regierung, bei welcher er accreditirt ist, zugestandene Erlaubniß zur Ausübung seiner Functionen.


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Bocaccio beginnende Wiederaufnahme des Studiums des Alterthums u. durch die Reformation kam der durchgreifendste Unterschied der E., nämlich der der alten offenbarungsgläubigen E., welche die Mittheilungen der canon. Bücher als unmittelbare Eingebungen des hl. Geistes u. die Kirche als erklärende Autorität betrachtet, u. der neuen <hi rendition="#g">vernunftgläubigen</hi> E., welche die Bibel als einzige Glaubensquelle, dabei trotz II Petr. 1, 20, 21 die Vernunft jedes Einzelnen als erste u. letzte Instanz in Sachen des Glaubens gelten läßt. Man strebte das in den Reformatoren wirkende Princip der Subjectivität in die Schranken symbolischer Bücher als einer <hi rendition="#i">analogia</hi> od. <hi rendition="#i">regula fidei</hi> zu bannen, aber es brach sich während des 18. Jahrh. auch in Deutschland als Vernunftgläubigkeit oder Rationalismus Bahn u. die sog. höhere Kritik behandelte die Bibel gleich jedem alten Classiker. Unter einer Menge von Exegeten wurden die Hauptträger des reformatorischen Principes: Semler, welcher die <hi rendition="#i">regula fidei</hi> offen wegwarf u. das Accommodationssystem (s. Accommodation) erfand; Kant, der das Wesen aller Religion in der Moral allein suchte u. dessen Vernunftreligion bis heute bei Tausenden ihren Einfluß noch nicht verloren hat; Eichhorn, welcher für Rationalisirung der Bibel die erforderlichen exegetischen und kritischen Regeln lieferte; Paulus fand in Christo und den Aposteln bereits im Zeitgeist befangene Menschen, de Wette sah in der Bibel wenig historische Persönlichkeiten mehr, David Strauß aber lauter Mythen und Christum als &#x201E;die Idee der Negation der Negation&#x201C;. Den verneinenden u. zerstörenden Elementen gegenüber wurden Exegeten wie Delitzsch, Harleß, Hengstenberg u. a. Ausdruck der Sehnsucht nach positiver Religion und kirchlicher Autorität. Von der Reformation angeregt, mitunter auch vom Geiste derselben inficirt, erstand eine Menge kathol. Exegeten, neuestens unter denen, welche eine E. der ganzen Bibel oder der meisten Bücher derselben lieferten: Braun, Fischer, Brentano, Dereser, Scholz, Allioli. Vgl. Kirchenlexikon von Wetzer u. Welte Bd. III S. 822&#x2013;841.</p><lb/>
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[642/0643] Bocaccio beginnende Wiederaufnahme des Studiums des Alterthums u. durch die Reformation kam der durchgreifendste Unterschied der E., nämlich der der alten offenbarungsgläubigen E., welche die Mittheilungen der canon. Bücher als unmittelbare Eingebungen des hl. Geistes u. die Kirche als erklärende Autorität betrachtet, u. der neuen vernunftgläubigen E., welche die Bibel als einzige Glaubensquelle, dabei trotz II Petr. 1, 20, 21 die Vernunft jedes Einzelnen als erste u. letzte Instanz in Sachen des Glaubens gelten läßt. Man strebte das in den Reformatoren wirkende Princip der Subjectivität in die Schranken symbolischer Bücher als einer analogia od. regula fidei zu bannen, aber es brach sich während des 18. Jahrh. auch in Deutschland als Vernunftgläubigkeit oder Rationalismus Bahn u. die sog. höhere Kritik behandelte die Bibel gleich jedem alten Classiker. Unter einer Menge von Exegeten wurden die Hauptträger des reformatorischen Principes: Semler, welcher die regula fidei offen wegwarf u. das Accommodationssystem (s. Accommodation) erfand; Kant, der das Wesen aller Religion in der Moral allein suchte u. dessen Vernunftreligion bis heute bei Tausenden ihren Einfluß noch nicht verloren hat; Eichhorn, welcher für Rationalisirung der Bibel die erforderlichen exegetischen und kritischen Regeln lieferte; Paulus fand in Christo und den Aposteln bereits im Zeitgeist befangene Menschen, de Wette sah in der Bibel wenig historische Persönlichkeiten mehr, David Strauß aber lauter Mythen und Christum als „die Idee der Negation der Negation“. Den verneinenden u. zerstörenden Elementen gegenüber wurden Exegeten wie Delitzsch, Harleß, Hengstenberg u. a. Ausdruck der Sehnsucht nach positiver Religion und kirchlicher Autorität. Von der Reformation angeregt, mitunter auch vom Geiste derselben inficirt, erstand eine Menge kathol. Exegeten, neuestens unter denen, welche eine E. der ganzen Bibel oder der meisten Bücher derselben lieferten: Braun, Fischer, Brentano, Dereser, Scholz, Allioli. Vgl. Kirchenlexikon von Wetzer u. Welte Bd. III S. 822–841. Exelmans, Remy Jos. Isidor, geb. 1755 zu Bar le Duc, wurde frühe Soldat, 1806 Brigadegeneral, in Spanien gefangen und 1811 ausgelöst; die Feldzüge von 1813–15 machte er als Divisionsgeneral mit, war einer der letzten, welche sich den Bourbonen unterwarfen, wurde von 1816–23 verbannt und erst nach 1830 vollständig restituirt; st. 1853. Exempel, lat. exemplum, Beispiel, Muster; exemplarisch, lat. exemplariter, musterhaft; warnend. Exemplification, Beweis durch Beispiele, davon exemplificiren; exemplificatio documenti, beglaubigte Abschrift einer Urkunde. Exempli gratia, oder e. causa, z. B. Exempla sunt odiosa, sprichwörtl., Beispiele sind gehässig. Exemplar, lat., einzelnes Stück (von Büchern, Stichen etc.). Exemtion, lat.-deutsch, Herausnehmung, Befreiung von einer allgemeinen Verbindlichkeit, kirchlich: Befreiung von der Gerichtsbarkeit des ordentlichen Oberen und Unterordnung unter einen höheren. E.en sind Privilegien, welche in totale und partiale, örtliche und persönliche u. s. w. getheilt werden u. am häufigsten als Befreiung klösterl. Institute von der Jurisdiction ihres Bischofs vorkamen. Das Konstanzerconcil bestimmte darüber: „non fiant, nisi ex rationabili, justa et expressa causa“, das Tridentinerconcil beschränkte die E.en sehr, noch mehr geschah dies seitdem von Seite der Staatsregierungen, welche dieselben gänzlich verboten od. nur mit ihrer Zustimmung zuließen. In Oesterreich besteht seit 1720 eine großartige E., indem das Heer des Kaiserstaates nicht unter seinen Bischöfen, sondern unter einem vom Kaiser ernannten apostol. Feldvicar steht. – Exemte oder Eximirte, Ausgenommene, von Lasten Befreite; eximiren, ausnehmen, entbinden, namentlich von der Gerichtsbarkeit des unmittelbaren Oberen. Exequatur, lat., er vollziehe! Das E. eines Handelsconsuls ist die ihm von der Regierung, bei welcher er accreditirt ist, zugestandene Erlaubniß zur Ausübung seiner Functionen. Exequien, lat. exequiae, Leichenbegängniß, dann die Gesammtheit der zur

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 2. Freiburg im Breisgau, 1854, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon02_1854/643>, abgerufen am 28.11.2024.