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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 46. Burg/Berlin, 1837.

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735 Conversationsblatt.. 736

[Abbildung] [Beginn Spaltensatz]

Einige lustige junge Leute in einer Provinzialstadt
geriethen auf den Einfall, einem ehrlichen Pächter vom
Lande einen Streich zu spielen. Als dieser gerade in
der Stadt sich einen Rausch getrunken hatte und an ei-
nem finstern Abend wieder zurückkehren wollte, gingen
sie voraus, und lauerten am Wege, bis er käme. Sie
nahmen ihn vom Pferde, thaten, als leerten sie ihm
die Taschen aus, nahmen ihm aber nichts, und setzten
ihn dann wieder auf sein Pferd, doch, mit dem Ge-
sicht gegen den Schwanz hin. Um das Herunterfallen
zu verhüten, banden sie ihn an, gaben dem Pferd ei-
nen Peitschenschlag und ließen es laufen, wohin es woll-
te. Das Pferd war mit dem Wege gut bekannt, und
trabte also immer weiter, kam auch endlich glücklich vor
die Thüre seines Herrn. Die Frau des Pächters er-
kannte ihren Mann bald an der Stimme und ging also
mit einem Lichte hinaus. Als sie ihn in der sonder-
baren Lage sah, fragte sie nach der Ursache. "Marie,
sagte der Pächter mit lallender Zunge, ich bin auf dem
Wege von einem paar Schurken geplündert. Sie ha-
ben mir alles Geld gestohlen, und, was mich noch mehr
verdrießt, sie haben meinem Pferde den Kopf abge-
schnitten.



Drei Wiener Stutzer fuhren in einem zweisitzigen
Wagen in den Prater. Als einige Gassenjungen sich
hinten aufstellen wollten, schrie der Fiaker:

"Gehts no nit! Jhr Schlingel! sehts nit, daß
schon Drei eine sitzen?"

[Spaltenumbruch]

Die amerikanischen Journale theilen interessante
Nachrichten über eine zu Baltimore durch eine Was-
serhose veranlasste Ueberschwemmung mit. Von 8 Uhr
Morgens bis 4 Uhr Nachmittags häuften sich von
Südwest kommende Wolken an, obschon die Atmo-
sphäre ganz ruhig blieb. Gegen 5 Uhr aber wurde
die Dunkelheit so groß, daß man in den Häusern Lich-
ter anzünden mußte. Ein leichter Wind aus Süd-
west führte kleine Regengüsse herbei, aber gegen 10 Uhr
stürzten solche Wassermassen herab, daß man gar keine
Tropfen mehr unterscheiden konnte. Dabei machte sich
eine Erderschütterung fühlbar, und eine der furchtbar-
sten Ueberschwemmungen setzte das Land unter Wasser.
Zwei und eine halbe Stunde lang glich das dumpfe
Heulen des Sturmes einem fernen Donner, und ein
Schlag ließ sich hören, wie bei dem Auffliegen einer
Pulvermühle. Die Verwüstungen erstreckten sich über
einen Raum von 16 Meilen. Die in der Bay aus-
mündenden Flüsse stiegen 40 Fuß über ihren gewöhnli-
chen Wasserstand. 20 Personen ertranken, und 50 Häu-
ser nebst 200 Magazinen wurden zerstört.



Ein junger Rechtsgelehrter in Wien trat einst bei
einem Balle einen Sekretär, der sehr dünne Beine hatte,
auf eines seiner Fußgestelle. Der Sekretär wurde wü-
thend, und fragte:

"Na, So!" glaubens etwa, daß i meine Beine
gestohlen habe?"

,,,,Gott bewahr'!'''' war die Antwort, "hätten's
sich doch g'wiß da a Paar beßre ausg'sucht!''''



[Ende Spaltensatz]
735 Conversationsblatt.. 736

[Abbildung] [Beginn Spaltensatz]

Einige lustige junge Leute in einer Provinzialstadt
geriethen auf den Einfall, einem ehrlichen Pächter vom
Lande einen Streich zu spielen. Als dieser gerade in
der Stadt sich einen Rausch getrunken hatte und an ei-
nem finstern Abend wieder zurückkehren wollte, gingen
sie voraus, und lauerten am Wege, bis er käme. Sie
nahmen ihn vom Pferde, thaten, als leerten sie ihm
die Taschen aus, nahmen ihm aber nichts, und setzten
ihn dann wieder auf sein Pferd, doch, mit dem Ge-
sicht gegen den Schwanz hin. Um das Herunterfallen
zu verhüten, banden sie ihn an, gaben dem Pferd ei-
nen Peitschenschlag und ließen es laufen, wohin es woll-
te. Das Pferd war mit dem Wege gut bekannt, und
trabte also immer weiter, kam auch endlich glücklich vor
die Thüre seines Herrn. Die Frau des Pächters er-
kannte ihren Mann bald an der Stimme und ging also
mit einem Lichte hinaus. Als sie ihn in der sonder-
baren Lage sah, fragte sie nach der Ursache. „Marie,
sagte der Pächter mit lallender Zunge, ich bin auf dem
Wege von einem paar Schurken geplündert. Sie ha-
ben mir alles Geld gestohlen, und, was mich noch mehr
verdrießt, sie haben meinem Pferde den Kopf abge-
schnitten.



Drei Wiener Stutzer fuhren in einem zweisitzigen
Wagen in den Prater. Als einige Gassenjungen sich
hinten aufstellen wollten, schrie der Fiaker:

„Gehts no nit! Jhr Schlingel! sehts nit, daß
schon Drei eine sitzen?“

[Spaltenumbruch]

Die amerikanischen Journale theilen interessante
Nachrichten über eine zu Baltimore durch eine Was-
serhose veranlasste Ueberschwemmung mit. Von 8 Uhr
Morgens bis 4 Uhr Nachmittags häuften sich von
Südwest kommende Wolken an, obschon die Atmo-
sphäre ganz ruhig blieb. Gegen 5 Uhr aber wurde
die Dunkelheit so groß, daß man in den Häusern Lich-
ter anzünden mußte. Ein leichter Wind aus Süd-
west führte kleine Regengüsse herbei, aber gegen 10 Uhr
stürzten solche Wassermassen herab, daß man gar keine
Tropfen mehr unterscheiden konnte. Dabei machte sich
eine Erderschütterung fühlbar, und eine der furchtbar-
sten Ueberschwemmungen setzte das Land unter Wasser.
Zwei und eine halbe Stunde lang glich das dumpfe
Heulen des Sturmes einem fernen Donner, und ein
Schlag ließ sich hören, wie bei dem Auffliegen einer
Pulvermühle. Die Verwüstungen erstreckten sich über
einen Raum von 16 Meilen. Die in der Bay aus-
mündenden Flüsse stiegen 40 Fuß über ihren gewöhnli-
chen Wasserstand. 20 Personen ertranken, und 50 Häu-
ser nebst 200 Magazinen wurden zerstört.



Ein junger Rechtsgelehrter in Wien trat einst bei
einem Balle einen Sekretär, der sehr dünne Beine hatte,
auf eines seiner Fußgestelle. Der Sekretär wurde wü-
thend, und fragte:

„Na, So!“ glaubens etwa, daß i meine Beine
gestohlen habe?“

‚‚‚‚Gott bewahr'!'''' war die Antwort, „hätten's
sich doch g'wiß da a Paar beßre ausg'sucht!''''



[Ende Spaltensatz]
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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 46. Burg/Berlin, 1837, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt46_1837/8>, abgerufen am 24.11.2024.