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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 30. Burg/Berlin, 1837.

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465 Conversations=Blatt. 466
[Beginn Spaltensatz] denen an, und versetzte einem derselben, dem Adonis,
mit einem Bambusrohr einen Schlag auf die knochigen
Schultern, daß er ein Geheul, ähnlich dem Gebell eines
Hundes, ausstieß. Dabei hielt indeß Bala sein Auge
fest auf denjenigen gerichtet, welcher ihm zuerst wider-
sprochen hatte, aus Furcht, er möchte ihm einen bösen
Zauber (piaille) zuwerfen. Endlich konnte er seine
Wuth nicht länger zähmen, und lud sein Gewehr; er-
schreckt hierüber stürzte sich der Vergifter auf das am
Busen Subaina's schlafende Kind, faßte es an einem
Bein, und hielt es über den Kessel. Bala schlug auf das
Ungeheuer an, Subaina stieß einen Schrei der Verzweif-
lung aus, und warf sich dem Vergifter zu Füßen, aber
Jviane, durch diesen Auftritt völlig aus ihrem todten-
ähnlichen Schlummer aufgeweckt, gebot Ruhe, winkte
Bala, sein Gewehr abzusetzen, dem Vergifter, das Kind
der Mutter zurückzugeben, und sagte: "Die Weißen wür-
den sich allzusehr freuen, wenn die an Kunst und Muth
ausgezeichnetsten Schwarzen der Jnsel sich unter einan-
der zerrissen, wie die Hunde." Ein Beifallsgeschrei er-
tönte bei diesen klugen Worten, und bald führte die
Fortsetzung des Festes die Eintracht in das Lager zurück.

Die Tafiaflasche ging von Mund zu Mund, die
Freude wurde immer lärmender, und nur Jviane schien
diese materiellen Genüsse stolz zu verachten. Bala war
der Held der Orgie: jemehr er dem Rum Bescheid that,
desto kecker und übermüthiger wurden seine Reden, er be-
gann Sprache und Sitten des Creolen nachzuahmen,
brachte einige rein französische Worte vor, nannte seine
Gäste Messieurs, und gab ihnen den Namen ihrer Her-
ren; die ganze Gesellschaft that dasselbe, und bot eine
lebendige Karrikatur der Gesellschaft der Weißen dar.
"Arie," fing endlich die alte Jviane an, "Neger haben
Arme, Neger haben Bäuche, aber Neger haben keinen
Kopf." Dadurch fühlten sich die Vergifter beleidigt,
aber Bala gebot Schweigen, und die Alte fuhr fort,
sie seien nicht hieher gekommen, um sich dem Schwelgen
hinzugeben, sondern um einen großen Zweck auszuführen,
dazu müsse man zuerst die Zauberer (d. h. die Vergif-
ter) fragen, - eine Aeußerung, welche von den letzte-
ren mit Wohlgefallen aufgenommen wurde. Um ihre
beginnende Herrschaft über diese Menschenfeste zu be-
gründen, machte sie einen Vorschlag, von dem sie wußte,
daß er mit Freuden aufgenommen werden würde: sie
schlug nämlich vor, daß jeder seine Lebensgeschichte er-
zählen solle. Alle thaten dies der Reihe nach, nur der-
jenige, welcher anfangs Bala widersprochen hatte, schwieg
lange, doch begann auch er endlich, und erzählte, wie
er anfangs alles gethan hätte, um sich an den Weißen
zu rächen, daß er aber stets von feigen Negern ver-
lassen und verrathen worden sei; endlich habe er von ei-
ner sterbenden Negerin die Kunst des Vergiftens gelernt,
und nun an den feigen dummen Menschen, welche ihn
im Aufstand verlassen und verrathen hätten, seine Rache
genommen. "Wo sind sie nun?" schloß er seine Rede;
nur ihre Kinder sind noch übrig, welche bald vielleicht
..." Er vollendete nicht; Bala sprang auf, verließ
seinen Ehrensitz, räumte ihn dem Vergifter ein, und
Jviane bot ihm ein Horn voll Tafia an. Mit durch-
[Spaltenumbruch] dringendem Blick suchte der Vergifter das Gesicht der
Alten zu erforschen, ob vielleicht ein Gedanke an Mord
darin liege, denn er wußte wohl, daß er durch sein vo-
riges Benehmen Bala und seine Mutter tödtlich belei-
digt habe; aber Jvianes Gesicht ist ruhig und undurch-
dringlich, er lächelt, riecht an dem Tafia, und trinkt
dann das Horn auf Einen Zug aus.

Jetzt beginnt Jviane zu erzählen. Jhr erster Herr
hatte sie zur Amme seines Sohnes gemacht, und dann
weit weg verkauft und von ihrem Sohne Bala getrennt;
seit dieser Zeit hatte sich der Versucher ihrer bemäch-
tigt, und nach langem Bemühen war es ihr gelungen,
in die Geheimnisse der Vergifter einzudringen. Sie er-
zählte nun, wie sie das Vermögen ihres letzten Herrn
zu Grunde gerichtet, indem sie ihm seine besten Sklaven
getödtet. "Hört mich," fuhr sie endlich mit Heftigkeit
fort; "Gott hat zweierlei Menschen erschaffen, den Wei-
ßen und den Neger; er läßt die Gewalt den Weißen,
wenn die Neger nicht den Rath ihrer Zauberer hören
wollen, welche allein die Geheimnisse ihrer Herren besitzen,
aber wann hat Gott den Mulatten erschaffen?" Bei
diesen Worten stößt Bala einen Schrei aus, und alle
Schwarzen theilen die Wuth ihres Anführers. Jviane
ergreift diesen Augenblick, um zu bemerken, daß Esteve
Oreilly *) nur ein Mulatte sei; "er war das Kind,
welches ich als Amme gesäugt und dessen Geburt all
mein Unglück veranlaßt hat; jetzt will er den Hochmuth
soweit treiben, eine Weiße zu heirathen, um seine stolze
Race noch mehr über die Schwarzen zu erheben."

Von allen Seiten ertönten Verwünschungen: "Rache
für Jviane!" ruft Bala. Alle, mit Ausnahme eines
Einzigen, strecken den Arm aus, und schworen. "Gift!
Gift!" rufen die Megäre und ihre Genossen; "Brand,
Mord!" schrien Bala und seine Truppen. Alsbald be-
ginnt ein wilder Tanz; sie springen wie Rasende um-
her, und nur Einer nimmt nicht daran Theil: es ist
der Vergifter, welchem Bala seinen Sitz eingeräumt
hatte. Endlich sammelten sich die Tanzenden um ihn,
laden ihn ein, an ihren Tänzen Theil zu nehmen, und
Jviane stößt ihn an, als wolle sie ihn aufwecken, da
fällt ein Leichnam zu den Füßen der lustigen Bande,
heftiges Murren ertönt von allen Seiten, aber Jviane
ruft: "Es war ein Verräther, ein Spion der Weißen,
ich habe die Beweise." Der abergläubische Schrecken,
welchen sie bereits eingeflößt, bringt Alles zum Schwei-
gen, die Vergifter zittern, und schwören über der Leiche
aufs neue, ihr Versprechen treu zu halten. Bala kün-
digt jetzt an, daß der Tag zu grauen beginne, die Bande
entfernt sich eilig, und in wenigen Augenblicken ist auch
der letzte Vergifter verschwunden.



Alhambra.

(Fortsetzung.)

Der Reisende ist von der Verwirrung der Verzierungen
überrascht, die er auf dieser Pforte erblickt. Was aber noch

[Ende Spaltensatz]

*) Dies ist der Held des Romans, Les Creoles ou la vie
aux Antilles
, aus welchem wir diese Episode entnehmen, dem
die alte Jviane ans Leben wollte, aus Gründen, die für diese
Schilderung gleichgültig sind.
*) Dies ist der Held des Romans, Les Creoles ou la vie
aux Antilles
, aus welchem wir diese Episode entnehmen, dem
die alte Jviane ans Leben wollte, aus Gründen, die für diese
Schilderung gleichgültig sind.

465 Conversations=Blatt. 466
[Beginn Spaltensatz] denen an, und versetzte einem derselben, dem Adonis,
mit einem Bambusrohr einen Schlag auf die knochigen
Schultern, daß er ein Geheul, ähnlich dem Gebell eines
Hundes, ausstieß. Dabei hielt indeß Bala sein Auge
fest auf denjenigen gerichtet, welcher ihm zuerst wider-
sprochen hatte, aus Furcht, er möchte ihm einen bösen
Zauber (piaille) zuwerfen. Endlich konnte er seine
Wuth nicht länger zähmen, und lud sein Gewehr; er-
schreckt hierüber stürzte sich der Vergifter auf das am
Busen Subaina's schlafende Kind, faßte es an einem
Bein, und hielt es über den Kessel. Bala schlug auf das
Ungeheuer an, Subaina stieß einen Schrei der Verzweif-
lung aus, und warf sich dem Vergifter zu Füßen, aber
Jviane, durch diesen Auftritt völlig aus ihrem todten-
ähnlichen Schlummer aufgeweckt, gebot Ruhe, winkte
Bala, sein Gewehr abzusetzen, dem Vergifter, das Kind
der Mutter zurückzugeben, und sagte: „Die Weißen wür-
den sich allzusehr freuen, wenn die an Kunst und Muth
ausgezeichnetsten Schwarzen der Jnsel sich unter einan-
der zerrissen, wie die Hunde.“ Ein Beifallsgeschrei er-
tönte bei diesen klugen Worten, und bald führte die
Fortsetzung des Festes die Eintracht in das Lager zurück.

Die Tafiaflasche ging von Mund zu Mund, die
Freude wurde immer lärmender, und nur Jviane schien
diese materiellen Genüsse stolz zu verachten. Bala war
der Held der Orgie: jemehr er dem Rum Bescheid that,
desto kecker und übermüthiger wurden seine Reden, er be-
gann Sprache und Sitten des Creolen nachzuahmen,
brachte einige rein französische Worte vor, nannte seine
Gäste Messieurs, und gab ihnen den Namen ihrer Her-
ren; die ganze Gesellschaft that dasselbe, und bot eine
lebendige Karrikatur der Gesellschaft der Weißen dar.
„Arie,“ fing endlich die alte Jviane an, „Neger haben
Arme, Neger haben Bäuche, aber Neger haben keinen
Kopf.“ Dadurch fühlten sich die Vergifter beleidigt,
aber Bala gebot Schweigen, und die Alte fuhr fort,
sie seien nicht hieher gekommen, um sich dem Schwelgen
hinzugeben, sondern um einen großen Zweck auszuführen,
dazu müsse man zuerst die Zauberer (d. h. die Vergif-
ter) fragen, – eine Aeußerung, welche von den letzte-
ren mit Wohlgefallen aufgenommen wurde. Um ihre
beginnende Herrschaft über diese Menschenfeste zu be-
gründen, machte sie einen Vorschlag, von dem sie wußte,
daß er mit Freuden aufgenommen werden würde: sie
schlug nämlich vor, daß jeder seine Lebensgeschichte er-
zählen solle. Alle thaten dies der Reihe nach, nur der-
jenige, welcher anfangs Bala widersprochen hatte, schwieg
lange, doch begann auch er endlich, und erzählte, wie
er anfangs alles gethan hätte, um sich an den Weißen
zu rächen, daß er aber stets von feigen Negern ver-
lassen und verrathen worden sei; endlich habe er von ei-
ner sterbenden Negerin die Kunst des Vergiftens gelernt,
und nun an den feigen dummen Menschen, welche ihn
im Aufstand verlassen und verrathen hätten, seine Rache
genommen. „Wo sind sie nun?“ schloß er seine Rede;
nur ihre Kinder sind noch übrig, welche bald vielleicht
...“ Er vollendete nicht; Bala sprang auf, verließ
seinen Ehrensitz, räumte ihn dem Vergifter ein, und
Jviane bot ihm ein Horn voll Tafia an. Mit durch-
[Spaltenumbruch] dringendem Blick suchte der Vergifter das Gesicht der
Alten zu erforschen, ob vielleicht ein Gedanke an Mord
darin liege, denn er wußte wohl, daß er durch sein vo-
riges Benehmen Bala und seine Mutter tödtlich belei-
digt habe; aber Jvianes Gesicht ist ruhig und undurch-
dringlich, er lächelt, riecht an dem Tafia, und trinkt
dann das Horn auf Einen Zug aus.

Jetzt beginnt Jviane zu erzählen. Jhr erster Herr
hatte sie zur Amme seines Sohnes gemacht, und dann
weit weg verkauft und von ihrem Sohne Bala getrennt;
seit dieser Zeit hatte sich der Versucher ihrer bemäch-
tigt, und nach langem Bemühen war es ihr gelungen,
in die Geheimnisse der Vergifter einzudringen. Sie er-
zählte nun, wie sie das Vermögen ihres letzten Herrn
zu Grunde gerichtet, indem sie ihm seine besten Sklaven
getödtet. „Hört mich,“ fuhr sie endlich mit Heftigkeit
fort; „Gott hat zweierlei Menschen erschaffen, den Wei-
ßen und den Neger; er läßt die Gewalt den Weißen,
wenn die Neger nicht den Rath ihrer Zauberer hören
wollen, welche allein die Geheimnisse ihrer Herren besitzen,
aber wann hat Gott den Mulatten erschaffen?“ Bei
diesen Worten stößt Bala einen Schrei aus, und alle
Schwarzen theilen die Wuth ihres Anführers. Jviane
ergreift diesen Augenblick, um zu bemerken, daß Esteve
Oreilly *) nur ein Mulatte sei; „er war das Kind,
welches ich als Amme gesäugt und dessen Geburt all
mein Unglück veranlaßt hat; jetzt will er den Hochmuth
soweit treiben, eine Weiße zu heirathen, um seine stolze
Raçe noch mehr über die Schwarzen zu erheben.“

Von allen Seiten ertönten Verwünschungen: „Rache
für Jviane!“ ruft Bala. Alle, mit Ausnahme eines
Einzigen, strecken den Arm aus, und schworen. „Gift!
Gift!“ rufen die Megäre und ihre Genossen; „Brand,
Mord!“ schrien Bala und seine Truppen. Alsbald be-
ginnt ein wilder Tanz; sie springen wie Rasende um-
her, und nur Einer nimmt nicht daran Theil: es ist
der Vergifter, welchem Bala seinen Sitz eingeräumt
hatte. Endlich sammelten sich die Tanzenden um ihn,
laden ihn ein, an ihren Tänzen Theil zu nehmen, und
Jviane stößt ihn an, als wolle sie ihn aufwecken, da
fällt ein Leichnam zu den Füßen der lustigen Bande,
heftiges Murren ertönt von allen Seiten, aber Jviane
ruft: „Es war ein Verräther, ein Spion der Weißen,
ich habe die Beweise.“ Der abergläubische Schrecken,
welchen sie bereits eingeflößt, bringt Alles zum Schwei-
gen, die Vergifter zittern, und schwören über der Leiche
aufs neue, ihr Versprechen treu zu halten. Bala kün-
digt jetzt an, daß der Tag zu grauen beginne, die Bande
entfernt sich eilig, und in wenigen Augenblicken ist auch
der letzte Vergifter verschwunden.



Alhambra.

(Fortsetzung.)

Der Reisende ist von der Verwirrung der Verzierungen
überrascht, die er auf dieser Pforte erblickt. Was aber noch

[Ende Spaltensatz]

*) Dies ist der Held des Romans, Les Creoles ou la vie
aux Antilles
, aus welchem wir diese Episode entnehmen, dem
die alte Jviane ans Leben wollte, aus Gründen, die für diese
Schilderung gleichgültig sind.
*) Dies ist der Held des Romans, Les Creoles ou la vie
aux Antilles
, aus welchem wir diese Episode entnehmen, dem
die alte Jviane ans Leben wollte, aus Gründen, die für diese
Schilderung gleichgültig sind.
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Bala kün- digt jetzt an, daß der Tag zu grauen beginne, die Bande entfernt sich eilig, und in wenigen Augenblicken ist auch der letzte Vergifter verschwunden. Alhambra. (Fortsetzung.) Der Reisende ist von der Verwirrung der Verzierungen überrascht, die er auf dieser Pforte erblickt. Was aber noch *) Dies ist der Held des Romans, Les Creoles ou la vie aux Antilles, aus welchem wir diese Episode entnehmen, dem die alte Jviane ans Leben wollte, aus Gründen, die für diese Schilderung gleichgültig sind. *) Dies ist der Held des Romans, Les Creoles ou la vie aux Antilles, aus welchem wir diese Episode entnehmen, dem die alte Jviane ans Leben wollte, aus Gründen, die für diese Schilderung gleichgültig sind.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 30. Burg/Berlin, 1837, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt30_1837/3>, abgerufen am 24.11.2024.