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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 13. Burg/Berlin, 1836.

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Miscellen.
Das Ständchen.

Vor einigen Jahren, als drei Kunstfreunde spät in
der Nacht von einem Freunde auf dem Lande nach Hause
zurrückkehrten und dicht vor der Wohnung eines Herrn
vorbei mußten, kam es ihnen in den Sinn, der Familie ein
Ständchen zu bringen. Weil aber von derselben mehre
Hunde zur Bewachung gehalten wurden, so hielten sie es
für rathsam, ihren Standort auf einer vor dem Hause ste-
henden großen Eiche zu nehmen; auch beschlossen sie, sobald
Jemand von der Familie sich am Fenster blicken lassen wür-
de, mit dem Musiziren einzuhalten. Jhre Jnstrumente
waren eine Violine, eine Flöte und ein Schello. Als sie
gut verborgen in ihrem Baumorchester sich eingerichtet hat-
ten, spielten sie ihr Musikstück auf, und sofort flogen zwei
bis drei Fenster auf; man fragte sich, ob das nicht Musik
gewesen sei, und beruhigte sich zuletzt mit der Vermuthung,
daß einige wandernde Spielleute durch den Park gegangen
sein würden. Die Pause wurde nun noch länger fortge-
setzt, um den Hausbewohnern Zeit zu lassen, wieder zu Bett
zu gehen, dann aber das Stück fortissimo erneuert. Die
Fenster flogen von Neuem auf und der Hausherr schrie:
"Zieht die Sturmglocke, laßt die Hunde los, bewaffnet euch!
Während man uns auf diese Seite des Hauses lockt, werden
gewiß Diebe an der andern einbrechen!" Diesen Ausgang
hatten die Ständchenbringer nicht erwartet, sie hielten es
daher fürs Beste, sich in aller Geschwindigkeit aus dem
Staube zu machen, denn sie hörten bereits die Riegel zu-
rückziehen und die Hunde heulen, und sahen einige von den
[Spaltenumbruch] Bewohnern aus dem Hause treten. Da überfiel den Schel-
lospieler plötzlich ein solcher Schrecken, daß er sein Jnstru-
ment los ließ und dieses mit donnerndem Geräusch vom
Baume fiel, worüber die Dienerschaft dermaßen erschrak,
daß sie zu gleicher Zeit Reißaus nahm. Dies verschaffte
den bestürzten Spielleuten erwünschte Gelegenheit, quer
über einen Fluß zu setzen, ohne ihr Ständchen zu vollenden.
Die erschrockenen Diener beschrieben nachher den Fall der
Baßgeige, und jeder behauptete, sie mit eigenen Augen ge-
sehen und mit seinen Ohren gehört zu haben. Nach dem
Einen glich sie einem Bullen mit feurigen Augen, nach dem
Andern einem bösem Geiste mit einer Donnerstimme, einem
Dritten zufolge sollte es gar der Satan selbst in hoher
Person gewesen sein, und den folgenden Tag verbreitete sich
das Gerücht von dem Ereigniß weit und breit, und ver-
größerte sich immer mehr, so daß von Stund' an sich keine
Seele nach Einbruch der Nacht an der Spukeiche vorbeizu-
gehen getraut.



Zwei junge Damen sangen in einer musikalischen Ge-
sellschaft ein Duett. Ein Fremder, der wohl bessern Ge-
sang gehört hatte, wendete sich fast unwillkührlich an sei-
nen zuhörenden Nachbar mit den Worten: "Singt die
weißgekleidete Dame nicht zum Davonlaufen?" - "Jch
bitte um Entschuldigung," antwortete dieser, "ich bin
hier nicht unbefangen genug, es ist meine Schwester." -
"Erlauben Sie," sagte der Fremde und räusperte sich ver-
legen, "ich wollte sagen die Blaugekleidete." - Da haben
Sie Recht," erwiederte dieser, "der hab' ich es selbst schon
oft gesagt; es ist meine Frau."



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Miscellen.
Das Ständchen.

Vor einigen Jahren, als drei Kunstfreunde spät in
der Nacht von einem Freunde auf dem Lande nach Hause
zurrückkehrten und dicht vor der Wohnung eines Herrn
vorbei mußten, kam es ihnen in den Sinn, der Familie ein
Ständchen zu bringen. Weil aber von derselben mehre
Hunde zur Bewachung gehalten wurden, so hielten sie es
für rathsam, ihren Standort auf einer vor dem Hause ste-
henden großen Eiche zu nehmen; auch beschlossen sie, sobald
Jemand von der Familie sich am Fenster blicken lassen wür-
de, mit dem Musiziren einzuhalten. Jhre Jnstrumente
waren eine Violine, eine Flöte und ein Schello. Als sie
gut verborgen in ihrem Baumorchester sich eingerichtet hat-
ten, spielten sie ihr Musikstück auf, und sofort flogen zwei
bis drei Fenster auf; man fragte sich, ob das nicht Musik
gewesen sei, und beruhigte sich zuletzt mit der Vermuthung,
daß einige wandernde Spielleute durch den Park gegangen
sein würden. Die Pause wurde nun noch länger fortge-
setzt, um den Hausbewohnern Zeit zu lassen, wieder zu Bett
zu gehen, dann aber das Stück fortissimo erneuert. Die
Fenster flogen von Neuem auf und der Hausherr schrie:
„Zieht die Sturmglocke, laßt die Hunde los, bewaffnet euch!
Während man uns auf diese Seite des Hauses lockt, werden
gewiß Diebe an der andern einbrechen!“ Diesen Ausgang
hatten die Ständchenbringer nicht erwartet, sie hielten es
daher fürs Beste, sich in aller Geschwindigkeit aus dem
Staube zu machen, denn sie hörten bereits die Riegel zu-
rückziehen und die Hunde heulen, und sahen einige von den
[Spaltenumbruch] Bewohnern aus dem Hause treten. Da überfiel den Schel-
lospieler plötzlich ein solcher Schrecken, daß er sein Jnstru-
ment los ließ und dieses mit donnerndem Geräusch vom
Baume fiel, worüber die Dienerschaft dermaßen erschrak,
daß sie zu gleicher Zeit Reißaus nahm. Dies verschaffte
den bestürzten Spielleuten erwünschte Gelegenheit, quer
über einen Fluß zu setzen, ohne ihr Ständchen zu vollenden.
Die erschrockenen Diener beschrieben nachher den Fall der
Baßgeige, und jeder behauptete, sie mit eigenen Augen ge-
sehen und mit seinen Ohren gehört zu haben. Nach dem
Einen glich sie einem Bullen mit feurigen Augen, nach dem
Andern einem bösem Geiste mit einer Donnerstimme, einem
Dritten zufolge sollte es gar der Satan selbst in hoher
Person gewesen sein, und den folgenden Tag verbreitete sich
das Gerücht von dem Ereigniß weit und breit, und ver-
größerte sich immer mehr, so daß von Stund' an sich keine
Seele nach Einbruch der Nacht an der Spukeiche vorbeizu-
gehen getraut.



Zwei junge Damen sangen in einer musikalischen Ge-
sellschaft ein Duett. Ein Fremder, der wohl bessern Ge-
sang gehört hatte, wendete sich fast unwillkührlich an sei-
nen zuhörenden Nachbar mit den Worten: „Singt die
weißgekleidete Dame nicht zum Davonlaufen?“ – „Jch
bitte um Entschuldigung,“ antwortete dieser, „ich bin
hier nicht unbefangen genug, es ist meine Schwester.“ –
„Erlauben Sie,“ sagte der Fremde und räusperte sich ver-
legen, „ich wollte sagen die Blaugekleidete.“ – Da haben
Sie Recht,“ erwiederte dieser, „der hab' ich es selbst schon
oft gesagt; es ist meine Frau.“



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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 13. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt13_1836/8>, abgerufen am 25.11.2024.