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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 8. Burg/Berlin, 1836.

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123 Conversations=Blatt. 124
[Beginn Spaltensatz] ner ein großer Löffel, der das Gegengeschenk irgend ei-
nes Herzogs für einen im Keller empfangenen Löffel
Salz sein soll; ein Hoboe von den Hoboisten im Jahre
1627 verehrt, weil sie die Erlaubniß erhielten, dort
Musik zu machen; eine Tafel mit einem Hufeisen, wel-
ches 1727 den 16. Juni die Schmiedegesellen vor dem
Keller geschmiedet haben; ein Gewächs von einer Wur-
zel, welches einer Otter ähnlich sieht; ein silberner Fin-
gerhut, von einem Schneider in den Keller verehrt; er
ist mit einem Deckel und drei Füßen versehen, wie ein
Becher, der 18 kleine Jgel oder 27 altschlesische Quart
faßt; Jgel hießen nämlich sonst die gewaltigen Bier-
humpen, deren man sich im Keller bediente. Auch fin-
det man dort eine große Tabackspfeife; zwei hölzerne
Tafeln, auf denen Hand und Beil; ein hölzernes Bild
mit einem Glöckchen und einem Eselsschwanze, welches
groben, unfläthigen Gesellen umgehängt wurde; eine
große hölzerne Hand mit Messer und Gabel, eine An-
spielung auf das Aufschneiden; an der hintern Thür
einen Fuchsschwanz zum Vexiren; eln hölzernes Männ-
chen in einem kleinen Schranke, welches Fremde, die sich
herumführen lassen, an ein Trinkgeld erinnert; sechs
hölzerne Tafeln mit alten Vorschriftsregeln in Versen
für die Gäste, und endlich das Lümmelglöckchen, wel-
ches ehemals geläutet wurde, wenn einer der Gäste ein
Glas zerbrach oder etwas Unanständiges sagte, wofür
er eine kleine Strafe zahlen mußte.

Jm Rathhause befindet sich der Fürstensaal,
der von den hier gehaltenen Fürsten= oder Landtagen
den Namen erhielt. Hier empfing Friedrich II. in
Person am 21. November 1741 die Huldigung der
schlesischen Stände und des Magistrats. Jn seiner schon
gebrauchten Uniform, mit nachlässig frisirtem Haare,
ganz prunklos, trat er in die glänzende Versammlung
der Fürsten, Prälaten und Stadtdeputirten. Als der
feierliche Akt beginnen sollte, fand sich, daß man das
königliche Reichsschwert vergessen hatte. Friedrich zog
schnell den eignen Degen, den Heldendegen, mit welchem
er Schlesien eroberte, und gab ihn als das passendste
Symbol in Schwerins Hand, um ihn zu seiner Rech-
ten zu halten. Hierauf ließ er sich auf dem karmoisin-
rothen, mit goldenen Tressen besetzten Thronsessel nie-
der, der auf einem drei Stufen hohen Gerüst stand,
und die Huldigung erfolgte mit den vorgeschriebenen
Feierlichkeiten. Von den übrigen Zimmern, als dem
Sitzungszimmer, der Rentkammer und den darin befind-
lichen Gemälden und Alterthümern erwähnen wir hier
nichts Näheres, da es mehr der Geschichte Schlesiens
angehört.



Der Bär von Krain.

Von F. A. Herwey Esq.
(Fortsetzung.)

Den Morgen nach der Sendung der vorigen Ex-
pedition sahen die Bewohner von Wipach, einem Dorf
in Oberitalien, das links von der Straße, die von
Udine nach Laybach führt, und über zwölf Meilen
[Spaltenumbruch] von Lueg entfernt liegt, auf den Stufen ihrer Kirche,
auf dem Marktplatze, zehn Menschen liegen und schla-
fen. An ihrer Uniform erkannte man sie für kaiser-
liche Soldaten; als man sie aber weckte, war es un-
möglich, von ihnen die Ursache ihres Hereinkommens in
die venetianischen Staaten zu erfahren, die mit dem
Kaiser damals im tiefsten Frieden lebten. Da sie zu
leiden und erschöpft zu sein schienen, so ließ die Orts-
behörde ihnen Erfrischungen reichen, und schickte sie
den andern Tag unter Bedeckung nach Adelsberg, der
nächsten kaiserlichen Stadt, wo sie vor den Komman-
danten der Burg geführt wurden. Zu seinem unbe-
schreiblichen Erstaunen wiesen sie sich als der Sergeant
und die neun Soldaten aus, von denen man geglaubt
hatte, daß sie seit zwei Tagen unter dem Schnee in
dem düstern Thale von Lueg begraben lägen.

Von den Leuten jedoch war keine gründliche oder
genügende Auskunft über das seltsame Abentheuer zu
erlangen. Sie wurden einzeln verhört und erklärten
einstimmig, daß sie durchaus nicht wüßten, wie sie
nach Jtalien gekommen wären, und daß sie seit der
Zeit, wo sie unter dem Schnee gelegen hätten, durch-
aus bewußtlos gewesen wären. Sie schienen über das
Ereigniß und ihre gegenwärtige Lage eben so erstaunt
zu sein, wie ihre Examinatoren. Einer von ihnen
sagte, er erinnere sich verwirrt und dunkel, als sei
er in der Hölle gewesen, wo er Teufel um ein gro-
ßes Feuer tanzen gesehen habe, und er sei gezwungen
worden, brennende Flüssigkeiten zu verschlingen; Alle
waren fest überzeugt, daß sie es mit bösen Geistern
zu thun gehabt hätten, die sie am Ende durch die
Lüfte geführt und auf dem Markt von Wipach ab-
gesetzt hätten.

Der Gouverneur indeß brachte, ohne sich durch
die Volksgerüchte irre machen zu lassen, seine erhalte-
nen Befehle in Ausführung und führte selbst ein Trup-
penkorps zur Belagerung von Lueg. Er nahm zwei
von den leichten Feldstücken mit, die vor Kurzem in
Gebrauch gekommen waren und die man Falkonets
nannte, und traf alle mögliche Anstalten, sein Lager
so reichlich mit Vorräthen zu versehen, wie die strenge
Jahreszeit und der dürftige Boden es nur gestatteten.

Die Burg Lueg ist in einer ungeheuren Höhle
gebaut, welche die Natur in der Oberfläche eines senk-
rechten Hügels ohngefähr zwei Drittheile von seiner
Höhe gebildet hat, dessen Seiten sie in jeder Richtung,
die Ostseite ausgenommen, schirmen. Von der fast
unzugänglichen Spitze des Berges, die darüber hinaus-
hängt, würde ein auf den Boden der Höhle geworfe-
ner Stein vor der Vorderseite der Burg niederfallen,
ohne diese zu treffen. Am Fuße des Felsens oder
vom Thale aus, in welches er die Aussicht bietet,
kann man sie nicht erblicken; nur von den umgeben-
den Höhen, die für die Artillerie aber zu weit ablie-
gen, um die Feste erreichen zu können, kann sie wahr-
genommen werden. Zu der Zeit, von der wir spre-
chen, war ein enger, in die Oberfläche des Felsens
gehauener Pfad, der sich in vielen Zickzacken wand,
der einzige, auf dem man in die Burg gelangen
[Ende Spaltensatz]

123 Conversations=Blatt. 124
[Beginn Spaltensatz] ner ein großer Löffel, der das Gegengeschenk irgend ei-
nes Herzogs für einen im Keller empfangenen Löffel
Salz sein soll; ein Hoboe von den Hoboisten im Jahre
1627 verehrt, weil sie die Erlaubniß erhielten, dort
Musik zu machen; eine Tafel mit einem Hufeisen, wel-
ches 1727 den 16. Juni die Schmiedegesellen vor dem
Keller geschmiedet haben; ein Gewächs von einer Wur-
zel, welches einer Otter ähnlich sieht; ein silberner Fin-
gerhut, von einem Schneider in den Keller verehrt; er
ist mit einem Deckel und drei Füßen versehen, wie ein
Becher, der 18 kleine Jgel oder 27 altschlesische Quart
faßt; Jgel hießen nämlich sonst die gewaltigen Bier-
humpen, deren man sich im Keller bediente. Auch fin-
det man dort eine große Tabackspfeife; zwei hölzerne
Tafeln, auf denen Hand und Beil; ein hölzernes Bild
mit einem Glöckchen und einem Eselsschwanze, welches
groben, unfläthigen Gesellen umgehängt wurde; eine
große hölzerne Hand mit Messer und Gabel, eine An-
spielung auf das Aufschneiden; an der hintern Thür
einen Fuchsschwanz zum Vexiren; eln hölzernes Männ-
chen in einem kleinen Schranke, welches Fremde, die sich
herumführen lassen, an ein Trinkgeld erinnert; sechs
hölzerne Tafeln mit alten Vorschriftsregeln in Versen
für die Gäste, und endlich das Lümmelglöckchen, wel-
ches ehemals geläutet wurde, wenn einer der Gäste ein
Glas zerbrach oder etwas Unanständiges sagte, wofür
er eine kleine Strafe zahlen mußte.

Jm Rathhause befindet sich der Fürstensaal,
der von den hier gehaltenen Fürsten= oder Landtagen
den Namen erhielt. Hier empfing Friedrich II. in
Person am 21. November 1741 die Huldigung der
schlesischen Stände und des Magistrats. Jn seiner schon
gebrauchten Uniform, mit nachlässig frisirtem Haare,
ganz prunklos, trat er in die glänzende Versammlung
der Fürsten, Prälaten und Stadtdeputirten. Als der
feierliche Akt beginnen sollte, fand sich, daß man das
königliche Reichsschwert vergessen hatte. Friedrich zog
schnell den eignen Degen, den Heldendegen, mit welchem
er Schlesien eroberte, und gab ihn als das passendste
Symbol in Schwerins Hand, um ihn zu seiner Rech-
ten zu halten. Hierauf ließ er sich auf dem karmoisin-
rothen, mit goldenen Tressen besetzten Thronsessel nie-
der, der auf einem drei Stufen hohen Gerüst stand,
und die Huldigung erfolgte mit den vorgeschriebenen
Feierlichkeiten. Von den übrigen Zimmern, als dem
Sitzungszimmer, der Rentkammer und den darin befind-
lichen Gemälden und Alterthümern erwähnen wir hier
nichts Näheres, da es mehr der Geschichte Schlesiens
angehört.



Der Bär von Krain.

Von F. A. Herwey Esq.
(Fortsetzung.)

Den Morgen nach der Sendung der vorigen Ex-
pedition sahen die Bewohner von Wipach, einem Dorf
in Oberitalien, das links von der Straße, die von
Udine nach Laybach führt, und über zwölf Meilen
[Spaltenumbruch] von Lueg entfernt liegt, auf den Stufen ihrer Kirche,
auf dem Marktplatze, zehn Menschen liegen und schla-
fen. An ihrer Uniform erkannte man sie für kaiser-
liche Soldaten; als man sie aber weckte, war es un-
möglich, von ihnen die Ursache ihres Hereinkommens in
die venetianischen Staaten zu erfahren, die mit dem
Kaiser damals im tiefsten Frieden lebten. Da sie zu
leiden und erschöpft zu sein schienen, so ließ die Orts-
behörde ihnen Erfrischungen reichen, und schickte sie
den andern Tag unter Bedeckung nach Adelsberg, der
nächsten kaiserlichen Stadt, wo sie vor den Komman-
danten der Burg geführt wurden. Zu seinem unbe-
schreiblichen Erstaunen wiesen sie sich als der Sergeant
und die neun Soldaten aus, von denen man geglaubt
hatte, daß sie seit zwei Tagen unter dem Schnee in
dem düstern Thale von Lueg begraben lägen.

Von den Leuten jedoch war keine gründliche oder
genügende Auskunft über das seltsame Abentheuer zu
erlangen. Sie wurden einzeln verhört und erklärten
einstimmig, daß sie durchaus nicht wüßten, wie sie
nach Jtalien gekommen wären, und daß sie seit der
Zeit, wo sie unter dem Schnee gelegen hätten, durch-
aus bewußtlos gewesen wären. Sie schienen über das
Ereigniß und ihre gegenwärtige Lage eben so erstaunt
zu sein, wie ihre Examinatoren. Einer von ihnen
sagte, er erinnere sich verwirrt und dunkel, als sei
er in der Hölle gewesen, wo er Teufel um ein gro-
ßes Feuer tanzen gesehen habe, und er sei gezwungen
worden, brennende Flüssigkeiten zu verschlingen; Alle
waren fest überzeugt, daß sie es mit bösen Geistern
zu thun gehabt hätten, die sie am Ende durch die
Lüfte geführt und auf dem Markt von Wipach ab-
gesetzt hätten.

Der Gouverneur indeß brachte, ohne sich durch
die Volksgerüchte irre machen zu lassen, seine erhalte-
nen Befehle in Ausführung und führte selbst ein Trup-
penkorps zur Belagerung von Lueg. Er nahm zwei
von den leichten Feldstücken mit, die vor Kurzem in
Gebrauch gekommen waren und die man Falkonets
nannte, und traf alle mögliche Anstalten, sein Lager
so reichlich mit Vorräthen zu versehen, wie die strenge
Jahreszeit und der dürftige Boden es nur gestatteten.

Die Burg Lueg ist in einer ungeheuren Höhle
gebaut, welche die Natur in der Oberfläche eines senk-
rechten Hügels ohngefähr zwei Drittheile von seiner
Höhe gebildet hat, dessen Seiten sie in jeder Richtung,
die Ostseite ausgenommen, schirmen. Von der fast
unzugänglichen Spitze des Berges, die darüber hinaus-
hängt, würde ein auf den Boden der Höhle geworfe-
ner Stein vor der Vorderseite der Burg niederfallen,
ohne diese zu treffen. Am Fuße des Felsens oder
vom Thale aus, in welches er die Aussicht bietet,
kann man sie nicht erblicken; nur von den umgeben-
den Höhen, die für die Artillerie aber zu weit ablie-
gen, um die Feste erreichen zu können, kann sie wahr-
genommen werden. Zu der Zeit, von der wir spre-
chen, war ein enger, in die Oberfläche des Felsens
gehauener Pfad, der sich in vielen Zickzacken wand,
der einzige, auf dem man in die Burg gelangen
[Ende Spaltensatz]

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Zu seinem unbe- schreiblichen Erstaunen wiesen sie sich als der Sergeant und die neun Soldaten aus, von denen man geglaubt hatte, daß sie seit zwei Tagen unter dem Schnee in dem düstern Thale von Lueg begraben lägen. Von den Leuten jedoch war keine gründliche oder genügende Auskunft über das seltsame Abentheuer zu erlangen. Sie wurden einzeln verhört und erklärten einstimmig, daß sie durchaus nicht wüßten, wie sie nach Jtalien gekommen wären, und daß sie seit der Zeit, wo sie unter dem Schnee gelegen hätten, durch- aus bewußtlos gewesen wären. Sie schienen über das Ereigniß und ihre gegenwärtige Lage eben so erstaunt zu sein, wie ihre Examinatoren. Einer von ihnen sagte, er erinnere sich verwirrt und dunkel, als sei er in der Hölle gewesen, wo er Teufel um ein gro- ßes Feuer tanzen gesehen habe, und er sei gezwungen worden, brennende Flüssigkeiten zu verschlingen; Alle waren fest überzeugt, daß sie es mit bösen Geistern zu thun gehabt hätten, die sie am Ende durch die Lüfte geführt und auf dem Markt von Wipach ab- gesetzt hätten. Der Gouverneur indeß brachte, ohne sich durch die Volksgerüchte irre machen zu lassen, seine erhalte- nen Befehle in Ausführung und führte selbst ein Trup- penkorps zur Belagerung von Lueg. Er nahm zwei von den leichten Feldstücken mit, die vor Kurzem in Gebrauch gekommen waren und die man Falkonets nannte, und traf alle mögliche Anstalten, sein Lager so reichlich mit Vorräthen zu versehen, wie die strenge Jahreszeit und der dürftige Boden es nur gestatteten. Die Burg Lueg ist in einer ungeheuren Höhle gebaut, welche die Natur in der Oberfläche eines senk- rechten Hügels ohngefähr zwei Drittheile von seiner Höhe gebildet hat, dessen Seiten sie in jeder Richtung, die Ostseite ausgenommen, schirmen. Von der fast unzugänglichen Spitze des Berges, die darüber hinaus- hängt, würde ein auf den Boden der Höhle geworfe- ner Stein vor der Vorderseite der Burg niederfallen, ohne diese zu treffen. Am Fuße des Felsens oder vom Thale aus, in welches er die Aussicht bietet, kann man sie nicht erblicken; nur von den umgeben- den Höhen, die für die Artillerie aber zu weit ablie- gen, um die Feste erreichen zu können, kann sie wahr- genommen werden. Zu der Zeit, von der wir spre- chen, war ein enger, in die Oberfläche des Felsens gehauener Pfad, der sich in vielen Zickzacken wand, der einzige, auf dem man in die Burg gelangen

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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 8. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt08_1836/6>, abgerufen am 28.11.2024.