Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 7. Burg/Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

105 Conversations=Blatt. 106
[Spaltenumbruch] ergab. Nachdem ihm aber eine 1589 zur Wiederein-
setzung des Don Antonio unter seinen Befehl gestellte
Unternehmung nach Portugal und eine spätere in West-
indienmißglückt waren, überließ er sich deshalb einem
[Spaltenumbruch] so heftigen Kummer, daß ihn ein schleichendes Fieber
befiel, woran er 1596starb. Er war der erste Be-
gründer des Ruhmes der englischen Seemacht.


[Ende Spaltensatz]
[Abbildung] [Beginn Spaltensatz]
Die Guaykurus.

Der wilde brasilische Volksstamm der Guaykurus
haust an den Ufern des Uruguay in der Provinz
Goyas bis tief in die Provinz Matto Grosso hinein.
Ein wahres rossetummelndes Volk des südlichen Ameri-
ka 's, ist es wegen seiner Geschicklichkeit in der Bän-
digung der wilden Rosse berühmt, welche als echte
Wildfänge in den Ebenen jener Gegend umherstreifen.
Die Einfangung derselben geschieht mittelst des Lasso.
Der Lasso (Schlinge) ist ein sehr langer Riemen vom
stärksten Leder, dessen eines Ende an einem Gurte des
Sattels festgemacht ist; das andere Ende bildet eine
offene Schlinge, welche der Reiter, wenn er dem zu
fangenden Thiere nahe ist, erst um den Kopf schwenkt
und dann meist in vollem Galopp mit so erstaunens-
werther Sicherheit zu werfen versteht, daß er jeden
beliebigen Theil des Thieres, Hals, Vorder= oder
Hinterfüße damit einfängt. So wie diefes geschehen
ist, hält er sein Pferd an, das Thier rennt fort,
bis der Riemen dadurch angezogen und die Schlinge
festgezogen ist, wobei das Thier einen so fürchterlichen
Ruck erhält, daß es zu Boden stürzt, aber auch das
die Gefahr schon kennende und sich mit aller Kraft
[Spaltenumbruch] stemmende Pferd des Reiters oft mehre Schritte weit
fortreißt. Giebt es Pferde einzufangen, die man nicht
beschädigen will, so ist die Anwendung der Schlinge
noch schwieriger, gelingt aber doch gewöhnlich. Jst
ein solches Pferd mittelst des Lasso eingefangen, so
wird es unverzüglich gezäumt, der Guaykuru schwingt
sich darauf, und nun geht es in rasender Hast nach
dem ersten besten See oder nach dem nächsten Strome,
worin der Reiter das vor Wuth schäumende Roß bis
zur äußersten Erschöpfung umhertummelt und dasselbe
dabei stets bis an die Brust im Wasser hält.

Wenn das Thier, welches nun zum ersten Male
gehorchen gelernt hat, vor Ermattung nicht mehr wei-
ter kann, und sein widerspenstiger Sinn völlig gebro-
chen ist, dann verläßt der Guaykuru das Wasser,
und von diesem Augenblick an gehorcht das wie um-
gewandelte Roß der geringsten Bewegung des Reiters.
Nach dieser ersten Probe ist es gewöhnlich von einem
nervösen Zittern ergriffen, welches mehre Stunden
anzuhalten pflegt, während welcher Zeit es nun im
Trocknen weidlich herumgetummelt und so vollends ge-
bändigt und zugeritten wird.

Außer der Pferdedressur beschäftigen sich die Guay-
kurus auch mit der Viehzucht und dem Viehhandel,

105 Conversations=Blatt. 106
[Spaltenumbruch] ergab. Nachdem ihm aber eine 1589 zur Wiederein-
setzung des Don Antonio unter seinen Befehl gestellte
Unternehmung nach Portugal und eine spätere in West-
indienmißglückt waren, überließ er sich deshalb einem
[Spaltenumbruch] so heftigen Kummer, daß ihn ein schleichendes Fieber
befiel, woran er 1596starb. Er war der erste Be-
gründer des Ruhmes der englischen Seemacht.


[Ende Spaltensatz]
[Abbildung] [Beginn Spaltensatz]
Die Guaykurus.

Der wilde brasilische Volksstamm der Guaykurus
haust an den Ufern des Uruguay in der Provinz
Goyas bis tief in die Provinz Matto Grosso hinein.
Ein wahres rossetummelndes Volk des südlichen Ameri-
ka 's, ist es wegen seiner Geschicklichkeit in der Bän-
digung der wilden Rosse berühmt, welche als echte
Wildfänge in den Ebenen jener Gegend umherstreifen.
Die Einfangung derselben geschieht mittelst des Lasso.
Der Lasso (Schlinge) ist ein sehr langer Riemen vom
stärksten Leder, dessen eines Ende an einem Gurte des
Sattels festgemacht ist; das andere Ende bildet eine
offene Schlinge, welche der Reiter, wenn er dem zu
fangenden Thiere nahe ist, erst um den Kopf schwenkt
und dann meist in vollem Galopp mit so erstaunens-
werther Sicherheit zu werfen versteht, daß er jeden
beliebigen Theil des Thieres, Hals, Vorder= oder
Hinterfüße damit einfängt. So wie diefes geschehen
ist, hält er sein Pferd an, das Thier rennt fort,
bis der Riemen dadurch angezogen und die Schlinge
festgezogen ist, wobei das Thier einen so fürchterlichen
Ruck erhält, daß es zu Boden stürzt, aber auch das
die Gefahr schon kennende und sich mit aller Kraft
[Spaltenumbruch] stemmende Pferd des Reiters oft mehre Schritte weit
fortreißt. Giebt es Pferde einzufangen, die man nicht
beschädigen will, so ist die Anwendung der Schlinge
noch schwieriger, gelingt aber doch gewöhnlich. Jst
ein solches Pferd mittelst des Lasso eingefangen, so
wird es unverzüglich gezäumt, der Guaykuru schwingt
sich darauf, und nun geht es in rasender Hast nach
dem ersten besten See oder nach dem nächsten Strome,
worin der Reiter das vor Wuth schäumende Roß bis
zur äußersten Erschöpfung umhertummelt und dasselbe
dabei stets bis an die Brust im Wasser hält.

Wenn das Thier, welches nun zum ersten Male
gehorchen gelernt hat, vor Ermattung nicht mehr wei-
ter kann, und sein widerspenstiger Sinn völlig gebro-
chen ist, dann verläßt der Guaykuru das Wasser,
und von diesem Augenblick an gehorcht das wie um-
gewandelte Roß der geringsten Bewegung des Reiters.
Nach dieser ersten Probe ist es gewöhnlich von einem
nervösen Zittern ergriffen, welches mehre Stunden
anzuhalten pflegt, während welcher Zeit es nun im
Trocknen weidlich herumgetummelt und so vollends ge-
bändigt und zugeritten wird.

Außer der Pferdedressur beschäftigen sich die Guay-
kurus auch mit der Viehzucht und dem Viehhandel,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0005"/><fw type="header" place="top">105 <hi rendition="#c">Conversations=Blatt.</hi> <hi rendition="#right">106</hi></fw><cb n="105"/>
ergab. Nachdem ihm aber eine <hi rendition="#g">1589</hi> zur Wiederein-<lb/>
setzung des Don Antonio unter seinen Befehl gestellte<lb/>
Unternehmung nach Portugal und eine spätere in West-<lb/>
indienmißglückt waren, überließ er sich deshalb einem<lb/><cb n="106"/>
so heftigen Kummer, daß ihn ein schleichendes Fieber<lb/>
befiel, woran er <hi rendition="#g">1596</hi>starb. Er war der erste Be-<lb/>
gründer des Ruhmes der englischen Seemacht.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div><lb/>
      <cb type="end"/><lb/>
      <figure/>
      <cb type="start" n="105"/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Die Guaykurus</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Der wilde brasilische Volksstamm der Guaykurus<lb/>
haust an den Ufern des Uruguay in der Provinz<lb/>
Goyas bis tief in die Provinz Matto Grosso hinein.<lb/>
Ein wahres rossetummelndes Volk des südlichen Ameri-<lb/>
ka 's, ist es wegen seiner Geschicklichkeit in der Bän-<lb/>
digung der wilden Rosse berühmt, welche als echte<lb/>
Wildfänge in den Ebenen jener Gegend umherstreifen.<lb/>
Die Einfangung derselben geschieht mittelst des Lasso.<lb/>
Der Lasso (Schlinge) ist ein sehr langer Riemen vom<lb/>
stärksten Leder, dessen eines Ende an einem Gurte des<lb/>
Sattels festgemacht ist; das andere Ende bildet eine<lb/>
offene Schlinge, welche der Reiter, wenn er dem zu<lb/>
fangenden Thiere nahe ist, erst um den Kopf schwenkt<lb/>
und dann meist in vollem Galopp mit so erstaunens-<lb/>
werther Sicherheit zu werfen versteht, daß er jeden<lb/>
beliebigen Theil des Thieres, Hals, Vorder= oder<lb/>
Hinterfüße damit einfängt. So wie diefes geschehen<lb/>
ist, hält er sein Pferd an, das Thier rennt fort,<lb/>
bis der Riemen dadurch angezogen und die Schlinge<lb/>
festgezogen ist, wobei das Thier einen so fürchterlichen<lb/>
Ruck erhält, daß es zu Boden stürzt, aber auch das<lb/>
die Gefahr schon kennende und sich mit aller Kraft<lb/><cb n="106"/>
stemmende Pferd des Reiters oft mehre Schritte weit<lb/>
fortreißt. Giebt es Pferde einzufangen, die man nicht<lb/>
beschädigen will, so ist die Anwendung der Schlinge<lb/>
noch schwieriger, gelingt aber doch gewöhnlich. Jst<lb/>
ein solches Pferd mittelst des Lasso eingefangen, so<lb/>
wird es unverzüglich gezäumt, der Guaykuru schwingt<lb/>
sich darauf, und nun geht es in rasender Hast nach<lb/>
dem ersten besten See oder nach dem nächsten Strome,<lb/>
worin der Reiter das vor Wuth schäumende Roß bis<lb/>
zur äußersten Erschöpfung umhertummelt und dasselbe<lb/>
dabei stets bis an die Brust im Wasser hält.</p><lb/>
        <p>Wenn das Thier, welches nun zum ersten Male<lb/>
gehorchen gelernt hat, vor Ermattung nicht mehr wei-<lb/>
ter kann, und sein widerspenstiger Sinn völlig gebro-<lb/>
chen ist, dann verläßt der Guaykuru das Wasser,<lb/>
und von diesem Augenblick an gehorcht das wie um-<lb/>
gewandelte Roß der geringsten Bewegung des Reiters.<lb/>
Nach dieser ersten Probe ist es gewöhnlich von einem<lb/>
nervösen Zittern ergriffen, welches mehre Stunden<lb/>
anzuhalten pflegt, während welcher Zeit es nun im<lb/>
Trocknen weidlich herumgetummelt und so vollends ge-<lb/>
bändigt und zugeritten wird.</p><lb/>
        <p>Außer der Pferdedressur beschäftigen sich die Guay-<lb/>
kurus auch mit der Viehzucht und dem Viehhandel,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0005] 105 Conversations=Blatt. 106 ergab. Nachdem ihm aber eine 1589 zur Wiederein- setzung des Don Antonio unter seinen Befehl gestellte Unternehmung nach Portugal und eine spätere in West- indienmißglückt waren, überließ er sich deshalb einem so heftigen Kummer, daß ihn ein schleichendes Fieber befiel, woran er 1596starb. Er war der erste Be- gründer des Ruhmes der englischen Seemacht. [Abbildung] Die Guaykurus. Der wilde brasilische Volksstamm der Guaykurus haust an den Ufern des Uruguay in der Provinz Goyas bis tief in die Provinz Matto Grosso hinein. Ein wahres rossetummelndes Volk des südlichen Ameri- ka 's, ist es wegen seiner Geschicklichkeit in der Bän- digung der wilden Rosse berühmt, welche als echte Wildfänge in den Ebenen jener Gegend umherstreifen. Die Einfangung derselben geschieht mittelst des Lasso. Der Lasso (Schlinge) ist ein sehr langer Riemen vom stärksten Leder, dessen eines Ende an einem Gurte des Sattels festgemacht ist; das andere Ende bildet eine offene Schlinge, welche der Reiter, wenn er dem zu fangenden Thiere nahe ist, erst um den Kopf schwenkt und dann meist in vollem Galopp mit so erstaunens- werther Sicherheit zu werfen versteht, daß er jeden beliebigen Theil des Thieres, Hals, Vorder= oder Hinterfüße damit einfängt. So wie diefes geschehen ist, hält er sein Pferd an, das Thier rennt fort, bis der Riemen dadurch angezogen und die Schlinge festgezogen ist, wobei das Thier einen so fürchterlichen Ruck erhält, daß es zu Boden stürzt, aber auch das die Gefahr schon kennende und sich mit aller Kraft stemmende Pferd des Reiters oft mehre Schritte weit fortreißt. Giebt es Pferde einzufangen, die man nicht beschädigen will, so ist die Anwendung der Schlinge noch schwieriger, gelingt aber doch gewöhnlich. Jst ein solches Pferd mittelst des Lasso eingefangen, so wird es unverzüglich gezäumt, der Guaykuru schwingt sich darauf, und nun geht es in rasender Hast nach dem ersten besten See oder nach dem nächsten Strome, worin der Reiter das vor Wuth schäumende Roß bis zur äußersten Erschöpfung umhertummelt und dasselbe dabei stets bis an die Brust im Wasser hält. Wenn das Thier, welches nun zum ersten Male gehorchen gelernt hat, vor Ermattung nicht mehr wei- ter kann, und sein widerspenstiger Sinn völlig gebro- chen ist, dann verläßt der Guaykuru das Wasser, und von diesem Augenblick an gehorcht das wie um- gewandelte Roß der geringsten Bewegung des Reiters. Nach dieser ersten Probe ist es gewöhnlich von einem nervösen Zittern ergriffen, welches mehre Stunden anzuhalten pflegt, während welcher Zeit es nun im Trocknen weidlich herumgetummelt und so vollends ge- bändigt und zugeritten wird. Außer der Pferdedressur beschäftigen sich die Guay- kurus auch mit der Viehzucht und dem Viehhandel,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt07_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt07_1836/5
Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 7. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt07_1836/5>, abgerufen am 24.11.2024.