Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 7. Burg/Berlin, 1836.103 Conversations=Blatt. 104 [Spaltenumbruch]
und nach jener Wachsfigur zu urtheilen, ist der Herrein Spitzbube." - "Ein falscher Verdacht ruht auf dem Herrn!" Er überreichte dem Amtmann die Brieftasche und Jn diesem Augenblick kam die herbeigerufene "Ah! Ah! Ah!" riefen Alle mit Kratzfüßen Franz Drake. Dieser berühmte Seeheld und Vizeadmiral der 103 Conversations=Blatt. 104 [Spaltenumbruch]
und nach jener Wachsfigur zu urtheilen, ist der Herrein Spitzbube.“ – „Ein falscher Verdacht ruht auf dem Herrn!“ Er überreichte dem Amtmann die Brieftasche und Jn diesem Augenblick kam die herbeigerufene „Ah! Ah! Ah!“ riefen Alle mit Kratzfüßen Franz Drake. Dieser berühmte Seeheld und Vizeadmiral der <TEI> <text> <body> <div xml:id="Bube3" type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0004"/><fw type="header" place="top">103 <hi rendition="#c">Conversations=Blatt.</hi> <hi rendition="#right">104</hi></fw><cb n="103"/> und nach jener Wachsfigur zu urtheilen, ist der Herr<lb/> ein Spitzbube.“ –</p><lb/> <p>„Ein falscher Verdacht ruht auf dem Herrn!“<lb/> fiel der Förster ein. „Er hat das Unglück gehabt,<lb/> auf der Reise seine Papiere zu verlieren, wahrschein-<lb/> lich waren sie nicht sorgfältig genug eingepackt,“ –<lb/> hier warf er einen Blick auf Gretchen, – „ich kam<lb/> kurz nach ihm dieselbe Straße und war so glücklich,<lb/> sie zu finden. Hier sind sie!“ –</p><lb/> <p>Er überreichte dem Amtmann die Brieftasche und<lb/> die übrigen Papiere, wodurch dieser mehr als hinläng-<lb/> lich legitimirt war. Der alte Herr war ganz gerührt,<lb/> und wiederholte ganz aus freien Stücken und mit lau-<lb/> ter Stimme noch einmal die Verlobung seiner Tochter<lb/> mit dem Förster Anton. –</p><lb/> <p>Jn diesem Augenblick kam die herbeigerufene<lb/> Wache herbei und mit ihr der Eigenthümer des Kabi-<lb/> nets, der Bildhauer Bernhard. Er erkundigte sich<lb/> angelegentlich nach der Ursache des Skandals und<lb/> wandte sich voll Zorn an den Aufseher: „Herr! Jhre<lb/> Ungeschicklichkeit hat den ganzen Affront verursacht.<lb/> Warum verwechseln Sie die Nummern? Hier, meine<lb/> Herren, jener große Mann, fälschlich No. 34. be-<lb/> zeichnet, der auf zwei gesunden Füßen steht, ist der<lb/> Spitzbube, der sehr uneigentlich der lahme Peter ge-<lb/> nannt wird; jene Figur aber, die man mit No. 33.<lb/> bezeichnet hat, ist in Wahrheit der Herr Amandus<lb/> Gottlieb Marder, der Amtmann auf dem Vorwerke<lb/> Protz unweit Wangersleben, den man zu den größten<lb/> Oekonomen unserer Zeit zählt und den wir hier in<lb/> Person vor uns sehen.“</p><lb/> <p>„Ah! Ah! 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Drake ver-<lb/> kaufte es, diente hierauf einige Zeit unter dem Be-<lb/> fehle eines Verwandten und ausgezeichneten Seehelden,<lb/> John Hawkins, und erhielt schon im 22. Lebensjahre<lb/> den Oberbefehl eines Schiffes. Jn einem unglücklichen<lb/> Treffen gegen die Spanier verlor er aber trotz seiner<lb/> Tapferkeit seine ganze Habe, und sann seitdem nur<lb/> darauf, wie er sich an ihnen dafür wieder erholen<lb/> könnte. Nach seiner Rückkehr in England brachte er<lb/><cb n="104"/> <figure/><lb/> bald Leute und Mittel zusammen, um ein Paar<lb/> Schiffe bemannen und ausrüsten zu können, mit denen<lb/> er einen Raubzug nach Westindien unternahm, was<lb/> damals nicht für Unrecht gehalten wurde. 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Nachdem er den Spaniern in Chile, Peru<lb/> und anderswo großen Abbruch gethan und große Beute<lb/> gemacht hatte, kehrte er durch den indischen Ozean<lb/> um das Vorgebirge der guten Hoffnung und durch<lb/> das atlantische Meer zurück und vollendete in 2 Jah-<lb/> ren, <hi rendition="#g">10</hi> Monaten und <hi rendition="#g">20</hi> Tagen diese berühmte<lb/> Reise um die Erde. Vergebens beschwerte sich Spa-<lb/> nien über den von ihm angerichteten Schaden; die<lb/> Königin Elisabeth belohnte ihn vielmehr, indem sie ihn<lb/><hi rendition="#g">1581</hi> am Bord seines Schiffes besuchte und zum Rit-<lb/> ter schlug. 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103 Conversations=Blatt. 104
und nach jener Wachsfigur zu urtheilen, ist der Herr
ein Spitzbube.“ –
„Ein falscher Verdacht ruht auf dem Herrn!“
fiel der Förster ein. „Er hat das Unglück gehabt,
auf der Reise seine Papiere zu verlieren, wahrschein-
lich waren sie nicht sorgfältig genug eingepackt,“ –
hier warf er einen Blick auf Gretchen, – „ich kam
kurz nach ihm dieselbe Straße und war so glücklich,
sie zu finden. Hier sind sie!“ –
Er überreichte dem Amtmann die Brieftasche und
die übrigen Papiere, wodurch dieser mehr als hinläng-
lich legitimirt war. Der alte Herr war ganz gerührt,
und wiederholte ganz aus freien Stücken und mit lau-
ter Stimme noch einmal die Verlobung seiner Tochter
mit dem Förster Anton. –
Jn diesem Augenblick kam die herbeigerufene
Wache herbei und mit ihr der Eigenthümer des Kabi-
nets, der Bildhauer Bernhard. Er erkundigte sich
angelegentlich nach der Ursache des Skandals und
wandte sich voll Zorn an den Aufseher: „Herr! Jhre
Ungeschicklichkeit hat den ganzen Affront verursacht.
Warum verwechseln Sie die Nummern? Hier, meine
Herren, jener große Mann, fälschlich No. 34. be-
zeichnet, der auf zwei gesunden Füßen steht, ist der
Spitzbube, der sehr uneigentlich der lahme Peter ge-
nannt wird; jene Figur aber, die man mit No. 33.
bezeichnet hat, ist in Wahrheit der Herr Amandus
Gottlieb Marder, der Amtmann auf dem Vorwerke
Protz unweit Wangersleben, den man zu den größten
Oekonomen unserer Zeit zählt und den wir hier in
Person vor uns sehen.“
„Ah! Ah! Ah!“ riefen Alle mit Kratzfüßen
und brachten Entschuldigung über Entschuldigung vor;
der Amtmann aber zog den Bildhauer, den er als-
bald wieder erkannte, an seine Brust, und stellte ihm
mit verklärten Blicken das Brautpaar vor.
Franz Drake.
Dieser berühmte Seeheld und Vizeadmiral der
Königin Elisabeth von England wurde dadurch zum
Wohlthäter der Menschheit, daß er im Jahre 1586
die ersten Kartoffeln aus Nordamerika nach Europa
brachte. Er war der Sohn eines armen Seemannes
und wurde 1545 zu Tavystock in der englischen Graf-
schaft Devonshire geboren. An Bord eines englischen
Handelsschiffes machte er sich sehr frühzeitig mit dem
Seeleben vertraut und erwarb sich die Zuneigung seines
Schiffsherrn in so hohem Grade, daß ihm dieser bei
seinem Tode dieses Fahrzeug vermachte. Drake ver-
kaufte es, diente hierauf einige Zeit unter dem Be-
fehle eines Verwandten und ausgezeichneten Seehelden,
John Hawkins, und erhielt schon im 22. Lebensjahre
den Oberbefehl eines Schiffes. Jn einem unglücklichen
Treffen gegen die Spanier verlor er aber trotz seiner
Tapferkeit seine ganze Habe, und sann seitdem nur
darauf, wie er sich an ihnen dafür wieder erholen
könnte. Nach seiner Rückkehr in England brachte er
[Abbildung]
bald Leute und Mittel zusammen, um ein Paar
Schiffe bemannen und ausrüsten zu können, mit denen
er einen Raubzug nach Westindien unternahm, was
damals nicht für Unrecht gehalten wurde. Ein späte-
res Unternehmen der Art verschaffte Drake'n einen so
reiche Beute, daß er drei große Schiffe ausrüsten
konnte, mit denen er als Freiwilliger unter den Be-
fehlen des Grafen Esser diente; nach dessen Tode kehrte
er nach England zurück und bewog die Königin Elisa-
beth, ihm fünf Schiffe zu geben, mit denen er durch
die magellanische Meerenge in die Südsee segeln und
die spanischen Besitzungen dort bekriegen wollte. Jm
Dezember 1577 segelte er von Plymouth ab und war
der erste Engländer, welcher an der Westküste von
Amerika bis zum 48. Grade nördlicher Breite vor-
drang. Nachdem er den Spaniern in Chile, Peru
und anderswo großen Abbruch gethan und große Beute
gemacht hatte, kehrte er durch den indischen Ozean
um das Vorgebirge der guten Hoffnung und durch
das atlantische Meer zurück und vollendete in 2 Jah-
ren, 10 Monaten und 20 Tagen diese berühmte
Reise um die Erde. Vergebens beschwerte sich Spa-
nien über den von ihm angerichteten Schaden; die
Königin Elisabeth belohnte ihn vielmehr, indem sie ihn
1581 am Bord seines Schiffes besuchte und zum Rit-
ter schlug. Jn dem 1585 ausbrechenden offenen
Kriege mit Spanien verbrannte Drake im Hafen von
Cadir einen Theil der berühmten Armada, mit wel-
cher Flotte der König Philipp II. von Spanien Eng-
land erobern wollte, und die er die unüberwindliche
nannte, wurde 1588 Vizeadmiral und war so ge-
fürchtet auf dem Meere, daß ein reich beladenes spa-
nisches Schiff sich bei Nennung seines Namens sogleich
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