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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 1. Burg/Berlin, 1836.

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5 Conversations=Blatt. 6
[Beginn Spaltensatz] hervorzubringen, blieb an dem Abhang eines Felsen
liegen.

Die Stimmen entfernten sich und verschwanden end-
lich ganz, die fürchterliche Nacht, eine wahre Ewigkeit,
schleppte sich langsam vorüber und der Morgen begann
zu grauen. Hercourt hegte keinen Zweifel, daß er hier,
von aller Welt verlassen, den Hungertod finden sollte,
und schon machte er sich dazu bereit und betete zu sei-
nem Erlöser, als er Tritte vernahm und plötzlich die
beiden Negerkinder vor ihm standen. Naimi kniete nie-
der und befreite ihn von seinem Knebel, Joseph löste
die Bande an seinen Händen und Füßen. Beide richte-
teten ihn auf und warfen sich dann vor ihm auf den
Boden, umfaßten seine Knie und weinten bitterlich.

Hercourt blieb sprachlos bei einer Szene, deren Be-
deutung er nicht verstand, endlich erhob Naimi ihr Haupt
und bat für ihren Bruder und sich selbst um Gnade.
Es war ihnen nicht anders möglich gewesen, wenigstens
ihren Herren von dem sichern Tode zu retten, als daß
sie mit den Mordbrennern gemeinschaftliche Sache mach-
ten. So gewannen sie endlich so viel, daß der Unglück-
liche ihnen überlassen ward, und daß sie, begünstigt von
der Trunkenheit ihrer Gefährten und von dem Dunkel
der Nacht, ihn hier zurücklassen konnten. Sie selbst
waren auch einige Zeit lang dem Zuge gefolgt, um aus-
zumitteln, wohin sich die Bande wenden würde, dann
waren sie unbemerkt umgekehrt, um ihren Herrn wieder
aufzusuchen, indeß in der Dunkelheit der Nacht hatte
ihnen dieß nicht gelingen wollen; erst jetzt hatten sie
ihn wieder aufgefunden und bezeugten ihre herzliche
Freude darüber.

"Noch ist aber die Gefahr nicht verschwunden,"
sagte Naimi; jetzt theilen wir dieselbe mit Euch und
würden, wie Jhr selbst unverweilt des Todes sein, wenn
man uns wiederfände. Wir haben indeß einige Ver-
bündete. Der alte Thomas und noch zwei andere Ne-
ger warten am Strande mit einem Boot und wir müs-
sen eilen, denn die ganze Jnsel ist in Aufruhr. Folgt
uns auf die See!" - Schweigend schlichen die beiden
Neger mit ihrem Herrn durch den Wald bis an das
Ufer, das Boot ward glücklich aufgefunden, und man
ruderte schnell in die hohe See.

Jetzt war die große Frage, wohin man sich wenden
solle. Hercourt rieth-um die Höhe der Jnsel hinweg Ja-
maika zuzusteuern. Wahrscheinlich begegne man auf der
vielbefahrnen Wasserstraße in der Kürze einem Schiffe;
wenn dies nicht geschehe, müsse man die Jnsel Jamaika
zn[unleserliches Material] erreichen suchen, da diese gerade unter dem Winde
liege. Die Aussichten für den letzteren Fall waren in-
deß sehr traurig, denn man hatte nur sehr wenige Le-
bensmittel und eine einzige Kalebasse mit Wasser mit-
nehmen können. Ein frischer Wind half den Schiffen-
den, so daß sie Abends bereits die Jnsel Martinique
aus dem Gesicht hatten. Niemand wagte, den kleinen
Vorrath an Speise und Trank anzurühren, damit der-
selbe so lange als möglich aufgespart würde.

    (Fortsetzung folgt.)



[Spaltenumbruch]
Das Jagdglück des Kapitäns
Pamphilus.

Ein Jagdgeschichtchen.
(Nach A. Dumas.)

Am 24. Juli 1827 segelte die Handelsbrigg Ro-
xelane, Kapitän Pamphilus,
von Marseille
ab, um in Mokka Kaffee, in Bombai Gewürz und
in Kanton Thee zu laden. Sie legte, um Lebens-
mittel einzunehmen, in der Bucht von St. Paul de
Loanda
an, die, wie jeder weiß, in der Mitte des
untern Guinea liegt.

Während diese Einkäufe gemacht wurden, nahm
Kapitän Pamphilus, der nun seine zehnte Reise
nach Jndien machte, seine Flinte, und vergnügte sich
bei einer Hitze von 70 Graden damit, am Ufer des
Flusses Bango hinaufzugehen. Der Kapitän Pamphi-
lus
war seit Nimrod der gewaltigste Jäger, der je auf
der Erde gelebt hatte.

Er hatte noch nicht zwanzig Schritte in dem ho-
hen Schilfe, das den Fluß einfaßt, zurückgelegt, als ihm
der Fuß von einem runden schlüpfrigen Gegenstande,
der wie der Stamm eines jungen Baumes aussah, ab-
glitschte. Jn demselben Augenblicke hörte er ein schar-
fes Zischen, und sah zehn Schritte vor sich den Kopf
einer ungeheuern Boa sich aufrichten, auf deren Schwanz
er getreten war.

Ein Anderer, als der Kapitän Pamphilus, hätte
gewiß einige Furcht empfunden, wenn er sich von einem
so ungeheuern Kopfe bedroht gesehen hätte, dessen starr
auf ihn gerichtete blutige Augen wie Karfunkel blitzten;
aber da kannte die Boa den Kapitän Pamphilus
schlecht.

- "Teufelsthier von Schlange, du willst mir wohl
Furcht einjagen?" rief der Kapitän; und in demselben
Augenblicke, wo die Schlange ihren Rachen öffnete,
schickte er ihr eine Kugel zu, die gerade in ihren Schlund
drang und oberhalb des Kopfes wieder herausfuhr.
Die Schlange fiel todt nieder.

Der Kapitän lud ruhig seine Flinte wieder, dann
zog er sein Messer aus der Tasche, ging auf das Thier
los, schnitt ihm den Bauch auf, nahm die Leber her-
aus, wie der Engel des Tobias, und fand in derselben
nach sorgfältigem Suchen einen kleinen blauen Stein
von der Größe einer Haselnuß.

"Schön," sagte er und that den Stein in einen
Beutel, in welchem schon ein Dutzend ähnliche lagen.
Der Kapitän Pamphilus war belesen, wie ein Man-
darin; er hatte tausend und eine Nacht gelesen und
suchte den bezauberten Bezoard des Prinzen Kara-
malzaman.

Als er ihn gefunden zu haben glaubte, machte er
sich wieder auf die Jagd.

Nach einer Viertelstunde sah er, wie sich das Gras
vierzig Schritte vor ihm bewegte, und hörte ein schreck-
liches Gebrüll. Bei diesem Lärm schienen alle Thiere
ihren Herrn zu erkennen. Die Vögel, die bis dahin
gesungen hatten, verstummten, zwei aufgeschreckte Gazel-
len sprangen auf und stürzten sich fort in die Ebene;

[Ende Spaltensatz]

5 Conversations=Blatt. 6
[Beginn Spaltensatz] hervorzubringen, blieb an dem Abhang eines Felsen
liegen.

Die Stimmen entfernten sich und verschwanden end-
lich ganz, die fürchterliche Nacht, eine wahre Ewigkeit,
schleppte sich langsam vorüber und der Morgen begann
zu grauen. Hercourt hegte keinen Zweifel, daß er hier,
von aller Welt verlassen, den Hungertod finden sollte,
und schon machte er sich dazu bereit und betete zu sei-
nem Erlöser, als er Tritte vernahm und plötzlich die
beiden Negerkinder vor ihm standen. Naïmi kniete nie-
der und befreite ihn von seinem Knebel, Joseph löste
die Bande an seinen Händen und Füßen. Beide richte-
teten ihn auf und warfen sich dann vor ihm auf den
Boden, umfaßten seine Knie und weinten bitterlich.

Hercourt blieb sprachlos bei einer Szene, deren Be-
deutung er nicht verstand, endlich erhob Naïmi ihr Haupt
und bat für ihren Bruder und sich selbst um Gnade.
Es war ihnen nicht anders möglich gewesen, wenigstens
ihren Herren von dem sichern Tode zu retten, als daß
sie mit den Mordbrennern gemeinschaftliche Sache mach-
ten. So gewannen sie endlich so viel, daß der Unglück-
liche ihnen überlassen ward, und daß sie, begünstigt von
der Trunkenheit ihrer Gefährten und von dem Dunkel
der Nacht, ihn hier zurücklassen konnten. Sie selbst
waren auch einige Zeit lang dem Zuge gefolgt, um aus-
zumitteln, wohin sich die Bande wenden würde, dann
waren sie unbemerkt umgekehrt, um ihren Herrn wieder
aufzusuchen, indeß in der Dunkelheit der Nacht hatte
ihnen dieß nicht gelingen wollen; erst jetzt hatten sie
ihn wieder aufgefunden und bezeugten ihre herzliche
Freude darüber.

„Noch ist aber die Gefahr nicht verschwunden,“
sagte Naïmi; jetzt theilen wir dieselbe mit Euch und
würden, wie Jhr selbst unverweilt des Todes sein, wenn
man uns wiederfände. Wir haben indeß einige Ver-
bündete. Der alte Thomas und noch zwei andere Ne-
ger warten am Strande mit einem Boot und wir müs-
sen eilen, denn die ganze Jnsel ist in Aufruhr. Folgt
uns auf die See!“ – Schweigend schlichen die beiden
Neger mit ihrem Herrn durch den Wald bis an das
Ufer, das Boot ward glücklich aufgefunden, und man
ruderte schnell in die hohe See.

Jetzt war die große Frage, wohin man sich wenden
solle. Hercourt rieth-um die Höhe der Jnsel hinweg Ja-
maika zuzusteuern. Wahrscheinlich begegne man auf der
vielbefahrnen Wasserstraße in der Kürze einem Schiffe;
wenn dies nicht geschehe, müsse man die Jnsel Jamaika
zn[unleserliches Material] erreichen suchen, da diese gerade unter dem Winde
liege. Die Aussichten für den letzteren Fall waren in-
deß sehr traurig, denn man hatte nur sehr wenige Le-
bensmittel und eine einzige Kalebasse mit Wasser mit-
nehmen können. Ein frischer Wind half den Schiffen-
den, so daß sie Abends bereits die Jnsel Martinique
aus dem Gesicht hatten. Niemand wagte, den kleinen
Vorrath an Speise und Trank anzurühren, damit der-
selbe so lange als möglich aufgespart würde.

    (Fortsetzung folgt.)



[Spaltenumbruch]
Das Jagdglück des Kapitäns
Pamphilus.

Ein Jagdgeschichtchen.
(Nach A. Dumas.)

Am 24. Juli 1827 segelte die Handelsbrigg Ro-
xelane, Kapitän Pamphilus,
von Marseille
ab, um in Mokka Kaffee, in Bombai Gewürz und
in Kanton Thee zu laden. Sie legte, um Lebens-
mittel einzunehmen, in der Bucht von St. Paul de
Loanda
an, die, wie jeder weiß, in der Mitte des
untern Guinea liegt.

Während diese Einkäufe gemacht wurden, nahm
Kapitän Pamphilus, der nun seine zehnte Reise
nach Jndien machte, seine Flinte, und vergnügte sich
bei einer Hitze von 70 Graden damit, am Ufer des
Flusses Bango hinaufzugehen. Der Kapitän Pamphi-
lus
war seit Nimrod der gewaltigste Jäger, der je auf
der Erde gelebt hatte.

Er hatte noch nicht zwanzig Schritte in dem ho-
hen Schilfe, das den Fluß einfaßt, zurückgelegt, als ihm
der Fuß von einem runden schlüpfrigen Gegenstande,
der wie der Stamm eines jungen Baumes aussah, ab-
glitschte. Jn demselben Augenblicke hörte er ein schar-
fes Zischen, und sah zehn Schritte vor sich den Kopf
einer ungeheuern Boa sich aufrichten, auf deren Schwanz
er getreten war.

Ein Anderer, als der Kapitän Pamphilus, hätte
gewiß einige Furcht empfunden, wenn er sich von einem
so ungeheuern Kopfe bedroht gesehen hätte, dessen starr
auf ihn gerichtete blutige Augen wie Karfunkel blitzten;
aber da kannte die Boa den Kapitän Pamphilus
schlecht.

– „Teufelsthier von Schlange, du willst mir wohl
Furcht einjagen?“ rief der Kapitän; und in demselben
Augenblicke, wo die Schlange ihren Rachen öffnete,
schickte er ihr eine Kugel zu, die gerade in ihren Schlund
drang und oberhalb des Kopfes wieder herausfuhr.
Die Schlange fiel todt nieder.

Der Kapitän lud ruhig seine Flinte wieder, dann
zog er sein Messer aus der Tasche, ging auf das Thier
los, schnitt ihm den Bauch auf, nahm die Leber her-
aus, wie der Engel des Tobias, und fand in derselben
nach sorgfältigem Suchen einen kleinen blauen Stein
von der Größe einer Haselnuß.

„Schön,“ sagte er und that den Stein in einen
Beutel, in welchem schon ein Dutzend ähnliche lagen.
Der Kapitän Pamphilus war belesen, wie ein Man-
darin; er hatte tausend und eine Nacht gelesen und
suchte den bezauberten Bezoard des Prinzen Kara-
malzaman.

Als er ihn gefunden zu haben glaubte, machte er
sich wieder auf die Jagd.

Nach einer Viertelstunde sah er, wie sich das Gras
vierzig Schritte vor ihm bewegte, und hörte ein schreck-
liches Gebrüll. Bei diesem Lärm schienen alle Thiere
ihren Herrn zu erkennen. Die Vögel, die bis dahin
gesungen hatten, verstummten, zwei aufgeschreckte Gazel-
len sprangen auf und stürzten sich fort in die Ebene;

[Ende Spaltensatz]
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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 1. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt01_1836/3>, abgerufen am 27.11.2024.