Darum wird er von denenselben in Gesell- schafften mit aller Ehre und Reputation sprechen, weil er glaubet, daß man in an- dern Gesellschafften, da er nicht zugegen ist, ebenfalls von ihme, mit aller Liebe und Bescheidenheit, reden wird. Ein ungescheuter Orbilius aber bedienet sich offt der Abwesenheit gewisser Personen zu seinem Vortheil, desto freyer und malhonetter von ihnen zu reden, kommt aber darüber offt in den grösten Verdruß, zumal wenn jemand in der Gesellschafft zugegen ist, der des Beleidigten guter Freund ist, und entweder dem Beleidig- ten Freund solches wieder zuträget, (wel- ches dann recht und billig) oder den Ehr- abschneider alsobald darüber zur Rede setzet, da es manchmahlen von den Wor- ten zu denen Klingen kommt, und der be- gangene Frevel mit Blut gewaschen und vertilget wird. Die aber von denen Tod- ten übel sprechen, geben sich als offenbahre Lügner zu erkennen, da sie sich desto un- verschämter darinn vergehen, weil sie wis- sen, daß sich dieselben nicht mehr verant- worten, und ihre calumnien bestraffen können.
Ein
Darum wird er von denenſelben in Geſell- ſchafften mit aller Ehre und Reputation ſprechen, weil er glaubet, daß man in an- dern Geſellſchafften, da er nicht zugegen iſt, ebenfalls von ihme, mit aller Liebe und Beſcheidenheit, reden wird. Ein ungeſcheuter Orbilius aber bedienet ſich offt der Abweſenheit gewiſſer Perſonen zu ſeinem Vortheil, deſto freyer und malhonetter von ihnen zu reden, kommt aber daruͤber offt in den groͤſten Verdruß, zumal wenn jemand in der Geſellſchafft zugegen iſt, der des Beleidigten guter Freund iſt, und entweder dem Beleidig- ten Freund ſolches wieder zutraͤget, (wel- ches dann recht und billig) oder den Ehr- abſchneider alſobald daruͤber zur Rede ſetzet, da es manchmahlen von den Wor- ten zu denen Klingen kommt, und der be- gangene Frevel mit Blut gewaſchen und vertilget wird. Die aber von denen Tod- ten uͤbel ſprechen, geben ſich als offenbahre Luͤgner zu erkennen, da ſie ſich deſto un- verſchaͤmter darinn vergehen, weil ſie wiſ- ſen, daß ſich dieſelben nicht mehr verant- worten, und ihre calumnien beſtraffen koͤnnen.
Ein
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0028"n="22"/>
Darum wird er von denenſelben in Geſell-<lb/>ſchafften mit aller Ehre und <hirendition="#aq">Reputation</hi><lb/>ſprechen, weil er glaubet, daß man in an-<lb/>
dern Geſellſchafften, da er nicht zugegen<lb/>
iſt, ebenfalls von ihme, mit aller Liebe<lb/>
und Beſcheidenheit, reden wird. Ein<lb/>
ungeſcheuter Orbilius aber bedienet ſich<lb/>
offt der Abweſenheit gewiſſer Perſonen<lb/>
zu ſeinem Vortheil, deſto freyer und<lb/><hirendition="#aq">malhonett</hi>er von ihnen zu reden, kommt<lb/>
aber daruͤber offt in den groͤſten Verdruß,<lb/>
zumal wenn jemand in der Geſellſchafft<lb/>
zugegen iſt, der des Beleidigten guter<lb/>
Freund iſt, und entweder dem Beleidig-<lb/>
ten Freund ſolches wieder zutraͤget, (wel-<lb/>
ches dann recht und billig) oder den Ehr-<lb/>
abſchneider alſobald daruͤber zur Rede<lb/>ſetzet, da es manchmahlen von den Wor-<lb/>
ten zu denen Klingen kommt, und der be-<lb/>
gangene Frevel mit Blut gewaſchen und<lb/>
vertilget wird. Die aber von denen Tod-<lb/>
ten uͤbel ſprechen, geben ſich als offenbahre<lb/>
Luͤgner zu erkennen, da ſie ſich deſto un-<lb/>
verſchaͤmter darinn vergehen, weil ſie wiſ-<lb/>ſen, daß ſich dieſelben nicht mehr verant-<lb/>
worten, und ihre <hirendition="#aq">calumni</hi>en beſtraffen<lb/>
koͤnnen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ein</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[22/0028]
Darum wird er von denenſelben in Geſell-
ſchafften mit aller Ehre und Reputation
ſprechen, weil er glaubet, daß man in an-
dern Geſellſchafften, da er nicht zugegen
iſt, ebenfalls von ihme, mit aller Liebe
und Beſcheidenheit, reden wird. Ein
ungeſcheuter Orbilius aber bedienet ſich
offt der Abweſenheit gewiſſer Perſonen
zu ſeinem Vortheil, deſto freyer und
malhonetter von ihnen zu reden, kommt
aber daruͤber offt in den groͤſten Verdruß,
zumal wenn jemand in der Geſellſchafft
zugegen iſt, der des Beleidigten guter
Freund iſt, und entweder dem Beleidig-
ten Freund ſolches wieder zutraͤget, (wel-
ches dann recht und billig) oder den Ehr-
abſchneider alſobald daruͤber zur Rede
ſetzet, da es manchmahlen von den Wor-
ten zu denen Klingen kommt, und der be-
gangene Frevel mit Blut gewaſchen und
vertilget wird. Die aber von denen Tod-
ten uͤbel ſprechen, geben ſich als offenbahre
Luͤgner zu erkennen, da ſie ſich deſto un-
verſchaͤmter darinn vergehen, weil ſie wiſ-
ſen, daß ſich dieſelben nicht mehr verant-
worten, und ihre calumnien beſtraffen
koͤnnen.
Ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/28>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.