dadurch viel Feinde, und auch mit densel- ben seinen selbst-eigenen Schaden und Unglück, zu verursachen pfleget. Viele vergehen sich in Gesellschafften so weit, daß sie ganz allein reden, und keinem an- dern ein Wort lassen und vergönnen wol- len, welches sehr verdrießlich fällt, und ei- nem vernünfftigen Menschen die Wahr- heit des Sprichwortes vor Augen leget: Ein Wäscher wolle immer dar Recht haben. Manche können ihren Mund und Lippen nicht öfnen, sie schütten denn aus selbigen einen ganzen Strom voller Säu-Possen und Lästerungen heraus, und beweisen vor allen anwesenden Per- sonen, von was für einem schönen Geist ihr lasterhafftes Herze belebet und bewoh- net werde.
Wenn ein höflicher Mensch in Gesell- schafften von einer ernsthafften Sache re- det, und solche nach ihrem Werth und Verdienst vertheidiget, so gebrauchet er sich darinnen alles möglichen Glimpfs und Bescheidenheit, höret anderer Leute Einwürffe und Gegenrede gelassen an, und benimmt ihnen ihre widrige Mei-
nung
dadurch viel Feinde, und auch mit denſel- ben ſeinen ſelbſt-eigenen Schaden und Ungluͤck, zu verurſachen pfleget. Viele vergehen ſich in Geſellſchafften ſo weit, daß ſie ganz allein reden, und keinem an- dern ein Wort laſſen und vergoͤnnen wol- len, welches ſehr verdrießlich faͤllt, und ei- nem vernuͤnfftigen Menſchen die Wahr- heit des Sprichwortes vor Augen leget: Ein Waͤſcher wolle immer dar Recht haben. Manche koͤnnen ihren Mund und Lippen nicht oͤfnen, ſie ſchuͤtten denn aus ſelbigen einen ganzen Strom voller Saͤu-Poſſen und Laͤſterungen heraus, und beweiſen vor allen anweſenden Per- ſonen, von was fuͤr einem ſchoͤnen Geiſt ihr laſterhafftes Herze belebet und bewoh- net werde.
Wenn ein hoͤflicher Menſch in Geſell- ſchafften von einer ernſthafften Sache re- det, und ſolche nach ihrem Werth und Verdienſt vertheidiget, ſo gebrauchet er ſich darinnen alles moͤglichen Glimpfs und Beſcheidenheit, hoͤret anderer Leute Einwuͤrffe und Gegenrede gelaſſen an, und benimmt ihnen ihre widrige Mei-
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[18/0024]
dadurch viel Feinde, und auch mit denſel-
ben ſeinen ſelbſt-eigenen Schaden und
Ungluͤck, zu verurſachen pfleget. Viele
vergehen ſich in Geſellſchafften ſo weit,
daß ſie ganz allein reden, und keinem an-
dern ein Wort laſſen und vergoͤnnen wol-
len, welches ſehr verdrießlich faͤllt, und ei-
nem vernuͤnfftigen Menſchen die Wahr-
heit des Sprichwortes vor Augen leget:
Ein Waͤſcher wolle immer dar Recht
haben. Manche koͤnnen ihren Mund
und Lippen nicht oͤfnen, ſie ſchuͤtten denn
aus ſelbigen einen ganzen Strom voller
Saͤu-Poſſen und Laͤſterungen heraus,
und beweiſen vor allen anweſenden Per-
ſonen, von was fuͤr einem ſchoͤnen Geiſt
ihr laſterhafftes Herze belebet und bewoh-
net werde.
Wenn ein hoͤflicher Menſch in Geſell-
ſchafften von einer ernſthafften Sache re-
det, und ſolche nach ihrem Werth und
Verdienſt vertheidiget, ſo gebrauchet er
ſich darinnen alles moͤglichen Glimpfs
und Beſcheidenheit, hoͤret anderer Leute
Einwuͤrffe und Gegenrede gelaſſen an,
und benimmt ihnen ihre widrige Mei-
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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/24>, abgerufen am 22.07.2024.
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