wolmeynend anwünschet; nur ist das sehr lächerlich, daß theils Orten die Leute von allerhand Stand, und Aemtern, auch so gar die Kinder auf den Gassen herum lauffen, das Neue Jahr den Leuten wün- schen, und so dann ihren Wunsch hernach bezahlt haben wollen. Welches schon viele ehrliebende Gemüther gewaltig ge- ärgert, weil solche unverschämte Sachen nach dem Bettel-Sack schmecken. Al- lein es wird dasselbige doch nicht unter- bleiben, weilen es schon sehr alten Her- kommens, und die Leute sagen, sie hät- ten es nicht aufgebracht; so wolten sie es auch nicht abbringen. Es wäre derglei- chen Ehren-Sammlung ein groß Theil ihrer angewiesenen Einkünffte, und da sie das ganze Jahr den Leuten durch ihre Verrichtungen dienen und aufwarten müssen, wären sie nicht zu verdencken, wenn sie zu solchen Zeiten auch eine kleine recreation begehreten, welches ja in ei- nes jedweden selbst-eigenen Belieben stünde. So spielen auch die Musican- ten und Spiel-Leute verschiedene Nächte durch, biß an den liechten hellen Tag, zu solcher Zeit, erstlich schöne geistliche Lie-
der
wolmeynend anwuͤnſchet; nur iſt das ſehr laͤcherlich, daß theils Orten die Leute von allerhand Stand, und Aemtern, auch ſo gar die Kinder auf den Gaſſen herum lauffen, das Neue Jahr den Leuten wuͤn- ſchen, und ſo dann ihren Wunſch hernach bezahlt haben wollen. Welches ſchon viele ehrliebende Gemuͤther gewaltig ge- aͤrgert, weil ſolche unverſchaͤmte Sachen nach dem Bettel-Sack ſchmecken. Al- lein es wird daſſelbige doch nicht unter- bleiben, weilen es ſchon ſehr alten Her- kommens, und die Leute ſagen, ſie haͤt- ten es nicht aufgebracht; ſo wolten ſie es auch nicht abbringen. Es waͤre derglei- chen Ehren-Sammlung ein groß Theil ihrer angewieſenen Einkuͤnffte, und da ſie das ganze Jahr den Leuten durch ihre Verrichtungen dienen und aufwarten muͤſſen, waͤren ſie nicht zu verdencken, wenn ſie zu ſolchen Zeiten auch eine kleine recreation begehreten, welches ja in ei- nes jedweden ſelbſt-eigenen Belieben ſtuͤnde. So ſpielen auch die Muſican- ten und Spiel-Leute verſchiedene Naͤchte durch, biß an den liechten hellen Tag, zu ſolcher Zeit, erſtlich ſchoͤne geiſtliche Lie-
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wolmeynend anwuͤnſchet; nur iſt das ſehr
laͤcherlich, daß theils Orten die Leute von
allerhand Stand, und Aemtern, auch
ſo gar die Kinder auf den Gaſſen herum
lauffen, das Neue Jahr den Leuten wuͤn-
ſchen, und ſo dann ihren Wunſch hernach
bezahlt haben wollen. Welches ſchon
viele ehrliebende Gemuͤther gewaltig ge-
aͤrgert, weil ſolche unverſchaͤmte Sachen
nach dem Bettel-Sack ſchmecken. Al-
lein es wird daſſelbige doch nicht unter-
bleiben, weilen es ſchon ſehr alten Her-
kommens, und die Leute ſagen, ſie haͤt-
ten es nicht aufgebracht; ſo wolten ſie es
auch nicht abbringen. Es waͤre derglei-
chen Ehren-Sammlung ein groß Theil
ihrer angewieſenen Einkuͤnffte, und da
ſie das ganze Jahr den Leuten durch ihre
Verrichtungen dienen und aufwarten
muͤſſen, waͤren ſie nicht zu verdencken,
wenn ſie zu ſolchen Zeiten auch eine kleine
recreation begehreten, welches ja in ei-
nes jedweden ſelbſt-eigenen Belieben
ſtuͤnde. So ſpielen auch die Muſican-
ten und Spiel-Leute verſchiedene Naͤchte
durch, biß an den liechten hellen Tag, zu
ſolcher Zeit, erſtlich ſchoͤne geiſtliche Lie-
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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/164>, abgerufen am 22.07.2024.
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