erstenmal zu erblicken. Denn daraus schliessen sie ihr Glück und oder Unglück, ihren beywohnenden Verstand und Klug- heit, ihre Tugend und Laster, und meynen, sie thäten nichts anders, als was ihnen ihr Geburts-Gestirn zu vollbringen inspiri- rete, wider dasselbe könne sein menschli- ches Vermögen nichts thun. Hat nun das Glük, nach ihrer Meynung sie so hoch erhoben, daß sie vor vielen andern, an Ehr und Herrlichkeit, praeeminiren und her- vor leuchten; so wird dem glüklichen Ge- burts- und Gedächtnüs-Tage, fast gött- liche Ehre angethan. Man stellet präch- tige Gastmahle an, und lädet eine ganze Compagnie der besten Freunde, die dem glüklichen Patron felicitiren, darnach aber viele Becher, auf dessen fernere Glücks- Jahre, ausleeren müssen. Man schrei- bet Carmina und Gratulations-Gedichte, läßt solche noch darzu mit einer charman- ten Musique begleiten: da werden die Comparationes und Vergleichungen der zahlreichen Jahre, dieses glücklichen Pa- trons, mit dem Alter des grauen Nestors gemachet, und sonst ein Haufen alberes Zeuges mit eingeschmiert, daß derrein ge-
fallene
erſtenmal zu erblicken. Denn daraus ſchlieſſen ſie ihr Gluͤck und oder Ungluͤck, ihren beywohnenden Verſtand und Klug- heit, ihre Tugend und Laſter, und meynen, ſie thaͤten nichts anders, als was ihnen ihr Geburts-Geſtirn zu vollbringen inſpiri- rete, wider daſſelbe koͤnne ſein menſchli- ches Vermoͤgen nichts thun. Hat nun das Gluͤk, nach ihrer Meynung ſie ſo hoch erhoben, daß ſie vor vielen andern, an Ehr und Herrlichkeit, praeeminiren und her- vor leuchten; ſo wird dem gluͤklichen Ge- burts- und Gedaͤchtnuͤs-Tage, faſt goͤtt- liche Ehre angethan. Man ſtellet praͤch- tige Gaſtmahle an, und laͤdet eine ganze Compagnie der beſten Freunde, die dem gluͤklichen Patron felicitiren, darnach aber viele Becher, auf deſſen fernere Gluͤcks- Jahre, ausleeren muͤſſen. Man ſchrei- bet Carmina und Gratulations-Gedichte, laͤßt ſolche noch darzu mit einer charman- ten Muſique begleiten: da werden die Comparationes und Vergleichungen der zahlreichen Jahre, dieſes gluͤcklichen Pa- trons, mit dem Alter des grauen Neſtors gemachet, und ſonſt ein Haufen alberes Zeuges mit eingeſchmiert, daß derrein ge-
fallene
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erſtenmal zu erblicken. Denn daraus
ſchlieſſen ſie ihr Gluͤck und oder Ungluͤck,
ihren beywohnenden Verſtand und Klug-
heit, ihre Tugend und Laſter, und meynen,
ſie thaͤten nichts anders, als was ihnen ihr
Geburts-Geſtirn zu vollbringen inſpiri-
rete, wider daſſelbe koͤnne ſein menſchli-
ches Vermoͤgen nichts thun. Hat nun
das Gluͤk, nach ihrer Meynung ſie ſo hoch
erhoben, daß ſie vor vielen andern, an Ehr
und Herrlichkeit, praeeminiren und her-
vor leuchten; ſo wird dem gluͤklichen Ge-
burts- und Gedaͤchtnuͤs-Tage, faſt goͤtt-
liche Ehre angethan. Man ſtellet praͤch-
tige Gaſtmahle an, und laͤdet eine ganze
Compagnie der beſten Freunde, die dem
gluͤklichen Patron felicitiren, darnach aber
viele Becher, auf deſſen fernere Gluͤcks-
Jahre, ausleeren muͤſſen. Man ſchrei-
bet Carmina und Gratulations-Gedichte,
laͤßt ſolche noch darzu mit einer charman-
ten Muſique begleiten: da werden die
Comparationes und Vergleichungen der
zahlreichen Jahre, dieſes gluͤcklichen Pa-
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gemachet, und ſonſt ein Haufen alberes
Zeuges mit eingeſchmiert, daß derrein ge-
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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/154>, abgerufen am 22.07.2024.
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