schwehren Dinge, geschickt bezeiget, und leicht von sich mercken läßt, daß ihm auch die Erlernung der Höflichkeit nicht un- möglich seye: Ungeachtet dargegen viele andere, mit Sorg und Mühe, Fleiß und Schweiß, es darinnen nicht einmahl zu einem guten Anfang bringen und erzwin- gen können.
Das Vornehmste darbey ist, daß man auf die Zeit, Ort und die Personen, mit welchen man umgehet, fleißig Acht habe: Denn je vornehmer selbige gegen mir sind, desto höflicher, ehrerbietiger und be- scheidener muß ich mich, gegen selbige, be- zeigen und aufführen; und es leidet der schuldige Respect keine Entschuldigung, zumal wenn ich solche mit der Unwissen- heit bedecken, und dadurch bey vorneh- men Leuten meine Gunst verschertzen wol- te. Und ich würde meine Schwachheit selbst entdecken, wenn ich jemand in einer Kirche complimentirete, und darnach von weltlichen oder Liebes-Sachen, mit selbigem discurrirte. Desgleichen muß die Beschaffenheit der Zeit manchen schö- nen Discurs auf die Zunge legen, welche
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ſchwehren Dinge, geſchickt bezeiget, und leicht von ſich mercken laͤßt, daß ihm auch die Erlernung der Hoͤflichkeit nicht un- moͤglich ſeye: Ungeachtet dargegen viele andere, mit Sorg und Muͤhe, Fleiß und Schweiß, es darinnen nicht einmahl zu einem guten Anfang bringen und erzwin- gen koͤnnen.
Das Vornehmſte darbey iſt, daß man auf die Zeit, Ort und die Perſonen, mit welchen man umgehet, fleißig Acht habe: Denn je vornehmer ſelbige gegen mir ſind, deſto hoͤflicher, ehrerbietiger und be- ſcheidener muß ich mich, gegen ſelbige, be- zeigen und auffuͤhren; und es leidet der ſchuldige Reſpect keine Entſchuldigung, zumal wenn ich ſolche mit der Unwiſſen- heit bedecken, und dadurch bey vorneh- men Leuten meine Gunſt verſchertzen wol- te. Und ich wuͤrde meine Schwachheit ſelbſt entdecken, wenn ich jemand in einer Kirche complimentirete, und darnach von weltlichen oder Liebes-Sachen, mit ſelbigem diſcurrirte. Desgleichen muß die Beſchaffenheit der Zeit manchen ſchoͤ- nen Diſcurs auf die Zunge legen, welche
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ſchwehren Dinge, geſchickt bezeiget, und
leicht von ſich mercken laͤßt, daß ihm auch
die Erlernung der Hoͤflichkeit nicht un-
moͤglich ſeye: Ungeachtet dargegen viele
andere, mit Sorg und Muͤhe, Fleiß und
Schweiß, es darinnen nicht einmahl zu
einem guten Anfang bringen und erzwin-
gen koͤnnen.
Das Vornehmſte darbey iſt, daß man
auf die Zeit, Ort und die Perſonen, mit
welchen man umgehet, fleißig Acht habe:
Denn je vornehmer ſelbige gegen mir
ſind, deſto hoͤflicher, ehrerbietiger und be-
ſcheidener muß ich mich, gegen ſelbige, be-
zeigen und auffuͤhren; und es leidet der
ſchuldige Reſpect keine Entſchuldigung,
zumal wenn ich ſolche mit der Unwiſſen-
heit bedecken, und dadurch bey vorneh-
men Leuten meine Gunſt verſchertzen wol-
te. Und ich wuͤrde meine Schwachheit
ſelbſt entdecken, wenn ich jemand in einer
Kirche complimentirete, und darnach
von weltlichen oder Liebes-Sachen, mit
ſelbigem diſcurrirte. Desgleichen muß
die Beſchaffenheit der Zeit manchen ſchoͤ-
nen Diſcurs auf die Zunge legen, welche
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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/15>, abgerufen am 22.07.2024.
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