lichkeit werden. Bey diesem lezern Schand-Laster schämen sie sich nicht, sondern sind froh, daß sie den angebrüh- ten Magen geleeret, und also wieder frisch aufdammen können. Da währets denn biß in die späte sinckende Nacht hin- ein, daß sie denen Braut-Leuten, dem Wirth und andern, welche ihre Ruhe wünschen, höchst-verdrießlich fallen, wie auch denen inwohnenden Nachbarn, nicht anders vorkommen, als wie die Nacht- Raben, die sich bey Tage schämen, nach Hause zu gehen, damit ihre Truucken- heit nicht jedermann kund und offenbar werde.
Haben sich die Braut-Leute gegen die Musicanten oder Spiel-Leute raisonable zu bezeigen; so stehet solches nicht min- der auch den Hochzeit-Gästen an: Denn solcher gestalt werden sie beherzt zum Auf- spielen, und dörfen nicht so offt auf der hohen Quint das Geld her! Geld her! knistern, noch sich vor der Zeit mit ih- ren Jnstrumenten aus dem Staube ma- chen, wie manche gethan, wenn sie das Geld gezehlet, und gemercket, daß es
nicht
lichkeit werden. Bey dieſem lezern Schand-Laſter ſchaͤmen ſie ſich nicht, ſondern ſind froh, daß ſie den angebruͤh- ten Magen geleeret, und alſo wieder friſch aufdammen koͤnnen. Da waͤhrets denn biß in die ſpaͤte ſinckende Nacht hin- ein, daß ſie denen Braut-Leuten, dem Wirth und andern, welche ihre Ruhe wuͤnſchen, hoͤchſt-verdrießlich fallen, wie auch denen inwohnenden Nachbarn, nicht anders vorkommen, als wie die Nacht- Raben, die ſich bey Tage ſchaͤmen, nach Hauſe zu gehen, damit ihre Truucken- heit nicht jedermann kund und offenbar werde.
Haben ſich die Braut-Leute gegen die Muſicanten oder Spiel-Leute raiſonable zu bezeigen; ſo ſtehet ſolches nicht min- der auch den Hochzeit-Gaͤſten an: Denn ſolcher geſtalt werden ſie beherzt zum Auf- ſpielen, und doͤrfen nicht ſo offt auf der hohen Quint das Geld her! Geld her! kniſtern, noch ſich vor der Zeit mit ih- ren Jnſtrumenten aus dem Staube ma- chen, wie manche gethan, wenn ſie das Geld gezehlet, und gemercket, daß es
nicht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0101"n="95"/>
lichkeit werden. Bey dieſem lezern<lb/>
Schand-Laſter ſchaͤmen ſie ſich nicht,<lb/>ſondern ſind froh, daß ſie den angebruͤh-<lb/>
ten Magen geleeret, und alſo wieder<lb/>
friſch aufdammen koͤnnen. Da waͤhrets<lb/>
denn biß in die ſpaͤte ſinckende Nacht hin-<lb/>
ein, daß ſie denen Braut-Leuten, dem<lb/>
Wirth und andern, welche ihre Ruhe<lb/>
wuͤnſchen, hoͤchſt-verdrießlich fallen, wie<lb/>
auch denen inwohnenden Nachbarn, nicht<lb/>
anders vorkommen, als wie die Nacht-<lb/>
Raben, die ſich bey Tage ſchaͤmen, nach<lb/>
Hauſe zu gehen, damit ihre Truucken-<lb/>
heit nicht jedermann kund und offenbar<lb/>
werde.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Haben ſich die Braut-Leute gegen die<lb/>
Muſicanten oder Spiel-Leute <hirendition="#aq">raiſonable</hi><lb/>
zu bezeigen; ſo ſtehet ſolches nicht min-<lb/>
der auch den Hochzeit-Gaͤſten an: Denn<lb/>ſolcher geſtalt werden ſie beherzt zum Auf-<lb/>ſpielen, und doͤrfen nicht ſo offt auf der<lb/>
hohen <hirendition="#aq">Quint</hi> das <hirendition="#fr">Geld her! Geld her!</hi><lb/>
kniſtern, noch ſich vor der Zeit mit ih-<lb/>
ren Jnſtrumenten aus dem Staube ma-<lb/>
chen, wie manche gethan, wenn ſie das<lb/>
Geld gezehlet, und gemercket, daß es<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nicht</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[95/0101]
lichkeit werden. Bey dieſem lezern
Schand-Laſter ſchaͤmen ſie ſich nicht,
ſondern ſind froh, daß ſie den angebruͤh-
ten Magen geleeret, und alſo wieder
friſch aufdammen koͤnnen. Da waͤhrets
denn biß in die ſpaͤte ſinckende Nacht hin-
ein, daß ſie denen Braut-Leuten, dem
Wirth und andern, welche ihre Ruhe
wuͤnſchen, hoͤchſt-verdrießlich fallen, wie
auch denen inwohnenden Nachbarn, nicht
anders vorkommen, als wie die Nacht-
Raben, die ſich bey Tage ſchaͤmen, nach
Hauſe zu gehen, damit ihre Truucken-
heit nicht jedermann kund und offenbar
werde.
Haben ſich die Braut-Leute gegen die
Muſicanten oder Spiel-Leute raiſonable
zu bezeigen; ſo ſtehet ſolches nicht min-
der auch den Hochzeit-Gaͤſten an: Denn
ſolcher geſtalt werden ſie beherzt zum Auf-
ſpielen, und doͤrfen nicht ſo offt auf der
hohen Quint das Geld her! Geld her!
kniſtern, noch ſich vor der Zeit mit ih-
ren Jnſtrumenten aus dem Staube ma-
chen, wie manche gethan, wenn ſie das
Geld gezehlet, und gemercket, daß es
nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/101>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.