Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tübinger Chronik. Nr. 24. [Tübingen (Württemberg)], 24. Februar 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] Sie einen Mittelweg gehen zwischen dem, was die
Wahrheit und dem, was die Pflicht gegen Sie selbst,
gegen Jhre Nichte erheischt, so ermächtigen Sie
mich zur Abschließung eines Vergleiches. Er soll Jh-
nen keine Nahrungssorge für die Zukunft lassen.

Marie wankte nicht, Sie beharrte bei ihrem un-
bedingten Auftrage, und mußte in dessen Folge das
Herrenhaus räumen, und Alles ausliefern, was ihr
Vater durch seinen Bruder von Christoph Christian
Kraaz geerbt. Nichts blieb ihr, als eine kleine Summe
Geld und das alte Stubengeräthe. Dennoch kam
keine Klage über ihre Lippe, es war Zufriedenheit
mit dem, was Sie gethan, in ihrem Herzen, sie
fühlte sich reich an der Seite ihrer Nichte, die mit
keinem Vorwurfe die Tante kränkte, mit keinem
Worte ihre getäuschte Hoffnung andeutete, heiter und
freundlich sich der Nothwendigkeit fügte. Der Plan
für beider Zukunft lag in dem Vorsatze, eine Mäd-
chenschule zu errichten. Für diesen Zweck mietheten
sie in der Stadt eine kleine, angemessene Wohnung,
und Rosalie erwog im Voraus, wie sie solche der
Tante recht heimisch machen könne. Das minderte
in ihr den Schmerz des Scheidens von dem Hause,
wo sie glückliche Monate verlebt, und glücklichen
Jahren entgegengesehen, und auch Marie weinte nur
als sie von den Gräbern ihrer Eltern schied.

Bald in stillen Gedanken, bald in traulichem
Gespräche gingen Beide an einem trüben Morgen
nach der Stadt zur neuen Wohnung. Ein Wagen
mit Allem, was Jhnen geblieben, folgt auf dem
Umwege der Landstraße, und traf erst ein, als sie
bereits einig, wo jedes Stück seinen Platz erhalten
sollte. Träger waren zur Hand und der Einzug fast
vollendet, da brachte einer der Männer Marien ein
versiegeltes Packet. "Der Deckel des Klaviers,"
sagte er, "sey aufgesprungen und das Papier her-
ausgefallen." Marie nahm es und las die Adresse,
welche lautete:

"Hierin befindet sich mein letzter Wille, den ich
eigenhändig geschrieben und bekräftigen lassen.

London den 31. Merz 183 -

    Christoph Christian Kraaz."

Zitternd entfaltete Marie das Couvert, es ent-
hielt die Urschrift des Testaments.

Das Weitere erzählt sich von selbst. Nur so
viel möge bemerkt werden, daß Marie nach gewon-
nenem Rechtsstreite, und wieder im Besitze des vä-
terlichen Erbes, aus freiem Antrieb ihrem Gegner
dieselbe Leibrente gewährte, welche er ihr für sie
und ihre Nichte angeboten, daß Dr. Fuchs wirklich
um ihre Hand geworben, sie aber noch zur Stunde,
wo Gegenwärtiges zum Drucke abgeht, in der gan-
zen Umgegend das "herrliche Fräulein"[unleserliches Material] heißt, und
Rosalie Jenner, wenn Dieses den Lesern vorliegt,
" geborne Jenner" heißen wird.



Hiesiges.
Verspätet.

Vielseitiger Wunsch. Die ungewöhnlichen Schnee-
massen veranlassen zu dem vielseitigen Wunsche, die
Behörden der Stadt möchten durch das Abführen des
Schnee's, namentlich in den vielen engen Straßen und
Gäßchen, geeignete Sorge tragen, daß der Wandel
[Spaltenumbruch] nicht so sehr gehemmt wäre, wodurch zugleich auch,
wenn schnell Thauwetter eintreten sollte, vielen andern
Uebelständen abgeholfen seyn würde.

So viel wir wissen, sind bereits die nöthigen Vor-
kehrungen von Seiten der betreffenden Behörde zu
Abwendung von Gefahr bei schnell eintretendem Thau-
wetter getroffen worden. - Allerdings wäre sehr
gut, wenn jedesmal der frisch gefallene Schnee in
den Straßen zusammengekehrt und ebenso abgeführt
würde, wie der sogenannte Kehricht.

    Die Redaction.

Eingesendet. Jn dem alljährlich im Druck er-
schienenen Verzeichnisse der hiesigen Stadt=Armen, wel-
che aus der Kasse des Armen=Vereins Unterstützung
erhalten, ist unter Anderen auch der G. P-r[unleserliches Material] schon
mehrmals als Empfänger von Wochenbrod, Hauszins
u. s. w. aufgeführt worden. Da nun aber dessen Mit-
tellosigkeit durchaus nicht der Art ist, daß er den Be-
zug dieser Liebesgaben verdienen dürfte, indem, was
fast tagtäglich wahrgenommen zu werden vermag -
ihm in den öffentlichen Schenken wenigstens 8 bis 10
Schoppen Bier zum Genusse disponibel sind, was bei
den meisten der hiesigen Einwohner, namentlich in je-
tziger herber Zeit, welche unausgesetzt zu den Liebesga-
ben beisteuern, nicht einmal der Fall seyn kann, so
dürfte hier die Frage an den hochverehrlichen Armen-
Verein am Platze seyn:

"ob es nicht zweckmäßiger wäre, die von dem P-r[unleserliches Material]
"bisher bezogenen Liebes=Gaben dem unglücklichen
"Soldaten Fauser oder sonst einem würdigen Ar-
"men auch zuzutheilen, da, auch abgesehen von der
"weit größeren Würdigkeit des Genannten, das ihn
"- wie bekannt, unverschuldet betroffene Unglück
"allein schon ihn einer angemesseneren Unterstützung
"gewiß empfehlen dürfte.

    Z.

Anmerkung der Redaction. Unter solchen Um-
ständen, wie sie vorstehend und im letzten Blatte
der Chronik zu lesen sind, dürfte der Artikel in
Nro 19., Seite 74, unter der Rubrik: "An die
hiesigen Armenfreunde" Berücksichtigung verdie-
nen. -

Aufgepaßt!
( Buchstäblich abgedruckt. )

Warnung! statt der Vorstand der Jannitscharia
aus festen Characktriösen Männern besteht haben Sie
leider hersch und Rachsichtige Dammen zum Ausschuß
gewählt daher wird Jeder gewarnnt welcher Lust hat
Mitglied der Jannitscharia zu werden vorher zu über-
legen ob er in Gunsten dieser Dammen steht um nicht
als unbescholten einen Korb voll Wespen zu holen.

    drei der Mitglieder.     H. W....
    Kh. L....
    F. H...
    Das ist unerhört, schauerlich, unglaublich! Die Red.


[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Sie einen Mittelweg gehen zwischen dem, was die
Wahrheit und dem, was die Pflicht gegen Sie selbst,
gegen Jhre Nichte erheischt, so ermächtigen Sie
mich zur Abschließung eines Vergleiches. Er soll Jh-
nen keine Nahrungssorge für die Zukunft lassen.

Marie wankte nicht, Sie beharrte bei ihrem un-
bedingten Auftrage, und mußte in dessen Folge das
Herrenhaus räumen, und Alles ausliefern, was ihr
Vater durch seinen Bruder von Christoph Christian
Kraaz geerbt. Nichts blieb ihr, als eine kleine Summe
Geld und das alte Stubengeräthe. Dennoch kam
keine Klage über ihre Lippe, es war Zufriedenheit
mit dem, was Sie gethan, in ihrem Herzen, sie
fühlte sich reich an der Seite ihrer Nichte, die mit
keinem Vorwurfe die Tante kränkte, mit keinem
Worte ihre getäuschte Hoffnung andeutete, heiter und
freundlich sich der Nothwendigkeit fügte. Der Plan
für beider Zukunft lag in dem Vorsatze, eine Mäd-
chenschule zu errichten. Für diesen Zweck mietheten
sie in der Stadt eine kleine, angemessene Wohnung,
und Rosalie erwog im Voraus, wie sie solche der
Tante recht heimisch machen könne. Das minderte
in ihr den Schmerz des Scheidens von dem Hause,
wo sie glückliche Monate verlebt, und glücklichen
Jahren entgegengesehen, und auch Marie weinte nur
als sie von den Gräbern ihrer Eltern schied.

Bald in stillen Gedanken, bald in traulichem
Gespräche gingen Beide an einem trüben Morgen
nach der Stadt zur neuen Wohnung. Ein Wagen
mit Allem, was Jhnen geblieben, folgt auf dem
Umwege der Landstraße, und traf erst ein, als sie
bereits einig, wo jedes Stück seinen Platz erhalten
sollte. Träger waren zur Hand und der Einzug fast
vollendet, da brachte einer der Männer Marien ein
versiegeltes Packet. „Der Deckel des Klaviers,“
sagte er, „sey aufgesprungen und das Papier her-
ausgefallen.“ Marie nahm es und las die Adresse,
welche lautete:

„Hierin befindet sich mein letzter Wille, den ich
eigenhändig geschrieben und bekräftigen lassen.

London den 31. Merz 183 –

    Christoph Christian Kraaz.“

Zitternd entfaltete Marie das Couvert, es ent-
hielt die Urschrift des Testaments.

Das Weitere erzählt sich von selbst. Nur so
viel möge bemerkt werden, daß Marie nach gewon-
nenem Rechtsstreite, und wieder im Besitze des vä-
terlichen Erbes, aus freiem Antrieb ihrem Gegner
dieselbe Leibrente gewährte, welche er ihr für sie
und ihre Nichte angeboten, daß Dr. Fuchs wirklich
um ihre Hand geworben, sie aber noch zur Stunde,
wo Gegenwärtiges zum Drucke abgeht, in der gan-
zen Umgegend das „herrliche Fräulein“[unleserliches Material] heißt, und
Rosalie Jenner, wenn Dieses den Lesern vorliegt,
„ geborne Jenner“ heißen wird.



Hiesiges.
Verspätet.

Vielseitiger Wunsch. Die ungewöhnlichen Schnee-
massen veranlassen zu dem vielseitigen Wunsche, die
Behörden der Stadt möchten durch das Abführen des
Schnee's, namentlich in den vielen engen Straßen und
Gäßchen, geeignete Sorge tragen, daß der Wandel
[Spaltenumbruch] nicht so sehr gehemmt wäre, wodurch zugleich auch,
wenn schnell Thauwetter eintreten sollte, vielen andern
Uebelständen abgeholfen seyn würde.

So viel wir wissen, sind bereits die nöthigen Vor-
kehrungen von Seiten der betreffenden Behörde zu
Abwendung von Gefahr bei schnell eintretendem Thau-
wetter getroffen worden. – Allerdings wäre sehr
gut, wenn jedesmal der frisch gefallene Schnee in
den Straßen zusammengekehrt und ebenso abgeführt
würde, wie der sogenannte Kehricht.

    Die Redaction.

Eingesendet. Jn dem alljährlich im Druck er-
schienenen Verzeichnisse der hiesigen Stadt=Armen, wel-
che aus der Kasse des Armen=Vereins Unterstützung
erhalten, ist unter Anderen auch der G. P–r[unleserliches Material] schon
mehrmals als Empfänger von Wochenbrod, Hauszins
u. s. w. aufgeführt worden. Da nun aber dessen Mit-
tellosigkeit durchaus nicht der Art ist, daß er den Be-
zug dieser Liebesgaben verdienen dürfte, indem, was
fast tagtäglich wahrgenommen zu werden vermag –
ihm in den öffentlichen Schenken wenigstens 8 bis 10
Schoppen Bier zum Genusse disponibel sind, was bei
den meisten der hiesigen Einwohner, namentlich in je-
tziger herber Zeit, welche unausgesetzt zu den Liebesga-
ben beisteuern, nicht einmal der Fall seyn kann, so
dürfte hier die Frage an den hochverehrlichen Armen-
Verein am Platze seyn:

„ob es nicht zweckmäßiger wäre, die von dem P–r[unleserliches Material]
„bisher bezogenen Liebes=Gaben dem unglücklichen
„Soldaten Fauser oder sonst einem würdigen Ar-
„men auch zuzutheilen, da, auch abgesehen von der
„weit größeren Würdigkeit des Genannten, das ihn
„– wie bekannt, unverschuldet betroffene Unglück
„allein schon ihn einer angemesseneren Unterstützung
„gewiß empfehlen dürfte.

    Z.

Anmerkung der Redaction. Unter solchen Um-
ständen, wie sie vorstehend und im letzten Blatte
der Chronik zu lesen sind, dürfte der Artikel in
Nro 19., Seite 74, unter der Rubrik: „An die
hiesigen Armenfreunde“ Berücksichtigung verdie-
nen. –

Aufgepaßt!
( Buchstäblich abgedruckt. )

Warnung! statt der Vorstand der Jannitscharia
aus festen Characktriösen Männern besteht haben Sie
leider hersch und Rachsichtige Dammen zum Ausschuß
gewählt daher wird Jeder gewarnnt welcher Lust hat
Mitglied der Jannitscharia zu werden vorher zu über-
legen ob er in Gunsten dieser Dammen steht um nicht
als unbescholten einen Korb voll Wespen zu holen.

    drei der Mitglieder.     H. W....
    Kh. L....
    F. H...
    Das ist unerhört, schauerlich, unglaublich! Die Red.


[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0002" n="94"/><cb type="start"/>
Sie einen Mittelweg gehen zwischen dem, was die<lb/>
Wahrheit und dem, was die Pflicht gegen Sie selbst,<lb/>
gegen Jhre Nichte erheischt, so ermächtigen Sie<lb/>
mich zur Abschließung eines Vergleiches. Er soll Jh-<lb/>
nen keine Nahrungssorge für die Zukunft lassen.</p><lb/>
        <p>Marie wankte nicht, Sie beharrte bei ihrem un-<lb/>
bedingten Auftrage, und mußte in dessen Folge das<lb/>
Herrenhaus räumen, und Alles ausliefern, was ihr<lb/>
Vater durch seinen Bruder von Christoph Christian<lb/>
Kraaz geerbt. Nichts blieb ihr, als eine kleine Summe<lb/>
Geld und das alte Stubengeräthe. Dennoch kam<lb/>
keine Klage über ihre Lippe, es war Zufriedenheit<lb/>
mit dem, was Sie gethan, in ihrem Herzen, sie<lb/>
fühlte sich reich an der Seite ihrer Nichte, die mit<lb/>
keinem Vorwurfe die Tante kränkte, mit keinem<lb/>
Worte ihre getäuschte Hoffnung andeutete, heiter und<lb/>
freundlich sich der Nothwendigkeit fügte. Der Plan<lb/>
für beider Zukunft lag in dem Vorsatze, eine Mäd-<lb/>
chenschule zu errichten. Für diesen Zweck mietheten<lb/>
sie in der Stadt eine kleine, angemessene Wohnung,<lb/>
und Rosalie erwog im Voraus, wie sie solche der<lb/>
Tante recht heimisch machen könne. Das minderte<lb/>
in ihr den Schmerz des Scheidens von dem Hause,<lb/>
wo sie glückliche Monate verlebt, und glücklichen<lb/>
Jahren entgegengesehen, und auch Marie weinte nur<lb/>
als sie von den Gräbern ihrer Eltern schied.</p><lb/>
        <p>Bald in stillen Gedanken, bald in traulichem<lb/>
Gespräche gingen Beide an einem trüben Morgen<lb/>
nach der Stadt zur neuen Wohnung. Ein Wagen<lb/>
mit Allem, was Jhnen geblieben, folgt auf dem<lb/>
Umwege der Landstraße, und traf erst ein, als sie<lb/>
bereits einig, wo jedes Stück seinen Platz erhalten<lb/>
sollte. Träger waren zur Hand und der Einzug fast<lb/>
vollendet, da brachte einer der Männer Marien ein<lb/>
versiegeltes Packet. &#x201E;Der Deckel des Klaviers,&#x201C;<lb/>
sagte er, &#x201E;sey aufgesprungen und das Papier her-<lb/>
ausgefallen.&#x201C; Marie nahm es und las die Adresse,<lb/>
welche lautete:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hierin befindet sich mein letzter Wille, den ich<lb/>
eigenhändig geschrieben und bekräftigen lassen.</p><lb/>
        <p>London den 31. Merz 183 &#x2013;</p><lb/>
        <p><space dim="horizontal"/>  Christoph Christian Kraaz.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Zitternd entfaltete Marie das Couvert, es ent-<lb/>
hielt die Urschrift des Testaments.</p><lb/>
        <p>Das Weitere erzählt sich von selbst. Nur so<lb/>
viel möge bemerkt werden, daß Marie nach gewon-<lb/>
nenem Rechtsstreite, und wieder im Besitze des vä-<lb/>
terlichen Erbes, aus freiem Antrieb ihrem Gegner<lb/>
dieselbe Leibrente gewährte, welche er ihr für sie<lb/>
und ihre Nichte angeboten, daß <hi rendition="#aq">Dr</hi>. Fuchs wirklich<lb/>
um ihre Hand geworben, sie aber noch zur Stunde,<lb/>
wo Gegenwärtiges zum Drucke abgeht, in der gan-<lb/>
zen Umgegend das &#x201E;herrliche Fräulein&#x201C;<gap reason="illegible"/> heißt, und<lb/>
Rosalie Jenner, wenn Dieses den Lesern vorliegt,<lb/>
&#x201E; geborne Jenner&#x201C; heißen wird.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jVarious" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Hiesiges.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Verspätet</hi>.</hi> </head><lb/>
          <p>Vielseitiger Wunsch. Die ungewöhnlichen Schnee-<lb/>
massen veranlassen zu dem vielseitigen Wunsche, die<lb/>
Behörden der Stadt möchten durch das Abführen des<lb/>
Schnee's, namentlich in den vielen engen Straßen und<lb/>
Gäßchen, geeignete Sorge tragen, daß der Wandel<lb/><cb n="2"/>
nicht so sehr gehemmt wäre, wodurch zugleich auch,<lb/>
wenn schnell Thauwetter eintreten sollte, vielen andern<lb/>
Uebelständen abgeholfen seyn würde.</p><lb/>
          <p>So viel wir wissen, sind bereits die nöthigen Vor-<lb/>
kehrungen von Seiten der betreffenden Behörde zu<lb/>
Abwendung von Gefahr bei schnell eintretendem Thau-<lb/>
wetter getroffen worden. &#x2013; Allerdings wäre sehr<lb/>
gut, wenn jedesmal der frisch gefallene Schnee in<lb/>
den Straßen zusammengekehrt und ebenso abgeführt<lb/>
würde, wie der sogenannte Kehricht.</p><lb/>
          <p><space dim="horizontal"/>  Die Redaction.</p><lb/>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Eingesendet. Jn dem alljährlich im Druck er-<lb/>
schienenen Verzeichnisse der hiesigen Stadt=Armen, wel-<lb/>
che aus der Kasse des Armen=Vereins Unterstützung<lb/>
erhalten, ist unter Anderen auch der G. P&#x2013;r<gap reason="illegible"/> schon<lb/>
mehrmals als Empfänger von Wochenbrod, Hauszins<lb/>
u. s. w. aufgeführt worden. Da nun aber dessen Mit-<lb/>
tellosigkeit durchaus nicht der Art ist, daß er den Be-<lb/>
zug dieser Liebesgaben verdienen dürfte, indem, was<lb/>
fast tagtäglich wahrgenommen zu werden vermag &#x2013;<lb/>
ihm in den öffentlichen Schenken wenigstens 8 bis 10<lb/>
Schoppen Bier zum Genusse disponibel sind, was bei<lb/>
den meisten der hiesigen Einwohner, namentlich in je-<lb/>
tziger herber Zeit, welche unausgesetzt zu den Liebesga-<lb/>
ben beisteuern, nicht einmal der Fall seyn kann, so<lb/>
dürfte hier die Frage an den hochverehrlichen Armen-<lb/>
Verein am Platze seyn:</p><lb/>
          <p>&#x201E;ob es nicht zweckmäßiger wäre, die von dem P&#x2013;r<gap reason="illegible"/><lb/>
&#x201E;bisher bezogenen Liebes=Gaben dem unglücklichen<lb/>
&#x201E;Soldaten <hi rendition="#g">Fauser</hi> oder sonst einem würdigen Ar-<lb/>
&#x201E;men auch zuzutheilen, da, auch abgesehen von der<lb/>
&#x201E;weit größeren Würdigkeit des Genannten, das ihn<lb/>
&#x201E;&#x2013; wie bekannt, unverschuldet betroffene Unglück<lb/>
&#x201E;allein schon ihn einer angemesseneren Unterstützung<lb/>
&#x201E;gewiß empfehlen dürfte.</p><lb/>
          <p><space dim="horizontal"/>  Z.</p><lb/>
          <p>Anmerkung der Redaction. Unter solchen Um-<lb/>
ständen, wie sie vorstehend und im letzten Blatte<lb/>
der Chronik zu lesen sind, dürfte der Artikel in<lb/>
N<hi rendition="#sup">ro</hi> 19., Seite 74, unter der Rubrik: &#x201E;An die<lb/>
hiesigen Armenfreunde&#x201C; Berücksichtigung verdie-<lb/>
nen. &#x2013;</p><lb/>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Aufgepaßt!</hi><lb/>
( Buchstäblich abgedruckt. )</head><lb/>
          <p>Warnung! statt der Vorstand der Jannitscharia<lb/>
aus festen Characktriösen Männern besteht haben Sie<lb/>
leider hersch und Rachsichtige Dammen zum Ausschuß<lb/>
gewählt daher wird Jeder gewarnnt welcher Lust hat<lb/>
Mitglied der Jannitscharia zu werden vorher zu über-<lb/>
legen ob er in Gunsten dieser Dammen steht um nicht<lb/>
als unbescholten einen Korb voll Wespen zu holen.</p><lb/>
          <p><space dim="horizontal"/>  drei der Mitglieder.  <space dim="horizontal"/>  H. W....<lb/><space dim="horizontal"/>  Kh. L....<lb/><space dim="horizontal"/>  F. H...<lb/><space dim="horizontal"/>  Das ist unerhört, schauerlich, unglaublich! Die Red.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div><lb/>
        <cb type="end"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0002] Sie einen Mittelweg gehen zwischen dem, was die Wahrheit und dem, was die Pflicht gegen Sie selbst, gegen Jhre Nichte erheischt, so ermächtigen Sie mich zur Abschließung eines Vergleiches. Er soll Jh- nen keine Nahrungssorge für die Zukunft lassen. Marie wankte nicht, Sie beharrte bei ihrem un- bedingten Auftrage, und mußte in dessen Folge das Herrenhaus räumen, und Alles ausliefern, was ihr Vater durch seinen Bruder von Christoph Christian Kraaz geerbt. Nichts blieb ihr, als eine kleine Summe Geld und das alte Stubengeräthe. Dennoch kam keine Klage über ihre Lippe, es war Zufriedenheit mit dem, was Sie gethan, in ihrem Herzen, sie fühlte sich reich an der Seite ihrer Nichte, die mit keinem Vorwurfe die Tante kränkte, mit keinem Worte ihre getäuschte Hoffnung andeutete, heiter und freundlich sich der Nothwendigkeit fügte. Der Plan für beider Zukunft lag in dem Vorsatze, eine Mäd- chenschule zu errichten. Für diesen Zweck mietheten sie in der Stadt eine kleine, angemessene Wohnung, und Rosalie erwog im Voraus, wie sie solche der Tante recht heimisch machen könne. Das minderte in ihr den Schmerz des Scheidens von dem Hause, wo sie glückliche Monate verlebt, und glücklichen Jahren entgegengesehen, und auch Marie weinte nur als sie von den Gräbern ihrer Eltern schied. Bald in stillen Gedanken, bald in traulichem Gespräche gingen Beide an einem trüben Morgen nach der Stadt zur neuen Wohnung. Ein Wagen mit Allem, was Jhnen geblieben, folgt auf dem Umwege der Landstraße, und traf erst ein, als sie bereits einig, wo jedes Stück seinen Platz erhalten sollte. Träger waren zur Hand und der Einzug fast vollendet, da brachte einer der Männer Marien ein versiegeltes Packet. „Der Deckel des Klaviers,“ sagte er, „sey aufgesprungen und das Papier her- ausgefallen.“ Marie nahm es und las die Adresse, welche lautete: „Hierin befindet sich mein letzter Wille, den ich eigenhändig geschrieben und bekräftigen lassen. London den 31. Merz 183 – Christoph Christian Kraaz.“ Zitternd entfaltete Marie das Couvert, es ent- hielt die Urschrift des Testaments. Das Weitere erzählt sich von selbst. Nur so viel möge bemerkt werden, daß Marie nach gewon- nenem Rechtsstreite, und wieder im Besitze des vä- terlichen Erbes, aus freiem Antrieb ihrem Gegner dieselbe Leibrente gewährte, welche er ihr für sie und ihre Nichte angeboten, daß Dr. Fuchs wirklich um ihre Hand geworben, sie aber noch zur Stunde, wo Gegenwärtiges zum Drucke abgeht, in der gan- zen Umgegend das „herrliche Fräulein“_ heißt, und Rosalie Jenner, wenn Dieses den Lesern vorliegt, „ geborne Jenner“ heißen wird. Hiesiges. Verspätet. Vielseitiger Wunsch. Die ungewöhnlichen Schnee- massen veranlassen zu dem vielseitigen Wunsche, die Behörden der Stadt möchten durch das Abführen des Schnee's, namentlich in den vielen engen Straßen und Gäßchen, geeignete Sorge tragen, daß der Wandel nicht so sehr gehemmt wäre, wodurch zugleich auch, wenn schnell Thauwetter eintreten sollte, vielen andern Uebelständen abgeholfen seyn würde. So viel wir wissen, sind bereits die nöthigen Vor- kehrungen von Seiten der betreffenden Behörde zu Abwendung von Gefahr bei schnell eintretendem Thau- wetter getroffen worden. – Allerdings wäre sehr gut, wenn jedesmal der frisch gefallene Schnee in den Straßen zusammengekehrt und ebenso abgeführt würde, wie der sogenannte Kehricht. Die Redaction. Eingesendet. Jn dem alljährlich im Druck er- schienenen Verzeichnisse der hiesigen Stadt=Armen, wel- che aus der Kasse des Armen=Vereins Unterstützung erhalten, ist unter Anderen auch der G. P–r_ schon mehrmals als Empfänger von Wochenbrod, Hauszins u. s. w. aufgeführt worden. Da nun aber dessen Mit- tellosigkeit durchaus nicht der Art ist, daß er den Be- zug dieser Liebesgaben verdienen dürfte, indem, was fast tagtäglich wahrgenommen zu werden vermag – ihm in den öffentlichen Schenken wenigstens 8 bis 10 Schoppen Bier zum Genusse disponibel sind, was bei den meisten der hiesigen Einwohner, namentlich in je- tziger herber Zeit, welche unausgesetzt zu den Liebesga- ben beisteuern, nicht einmal der Fall seyn kann, so dürfte hier die Frage an den hochverehrlichen Armen- Verein am Platze seyn: „ob es nicht zweckmäßiger wäre, die von dem P–r_ „bisher bezogenen Liebes=Gaben dem unglücklichen „Soldaten Fauser oder sonst einem würdigen Ar- „men auch zuzutheilen, da, auch abgesehen von der „weit größeren Würdigkeit des Genannten, das ihn „– wie bekannt, unverschuldet betroffene Unglück „allein schon ihn einer angemesseneren Unterstützung „gewiß empfehlen dürfte. Z. Anmerkung der Redaction. Unter solchen Um- ständen, wie sie vorstehend und im letzten Blatte der Chronik zu lesen sind, dürfte der Artikel in Nro 19., Seite 74, unter der Rubrik: „An die hiesigen Armenfreunde“ Berücksichtigung verdie- nen. – Aufgepaßt! ( Buchstäblich abgedruckt. ) Warnung! statt der Vorstand der Jannitscharia aus festen Characktriösen Männern besteht haben Sie leider hersch und Rachsichtige Dammen zum Ausschuß gewählt daher wird Jeder gewarnnt welcher Lust hat Mitglied der Jannitscharia zu werden vorher zu über- legen ob er in Gunsten dieser Dammen steht um nicht als unbescholten einen Korb voll Wespen zu holen. drei der Mitglieder. H. W.... Kh. L.... F. H... Das ist unerhört, schauerlich, unglaublich! Die Red.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_chronik024_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_chronik024_1845/2
Zitationshilfe: Tübinger Chronik. Nr. 24. [Tübingen (Württemberg)], 24. Februar 1845, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_chronik024_1845/2>, abgerufen am 22.12.2024.