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Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 31. Berlin, 8. September 1740.

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[Beginn Spaltensatz] züge, welche seinem Charackter gehören, eyfersüchtig.
Jn seiner Gottesfurcht findet man endlich nichts gekün-
steltes, seine Liebe gegen die Armen gehet sehr weit, und
seine Demuth hat keine Verstellung. Mit allen diesen
grossen Eigenschaften ist er in das Conclave gegangen,
ohne, daß er sich jemals die geringste Mühe gegeben,
die Cardinäle auf seine Seite zu bringen, und den päpst-
lichen Stuhl zu besteigen. Der Cardinal Coscia hat
seine Freyheit wieder erhalten, und er macht sich grosse
Hofnung auch das Erzbischofthum von Bennevent wieder
zu erlangen, welches durch den Tod des Cardinal Del-
ci erledigt ist. Er hat sich über die Wahl dieses neuen
Papstes ungemein vergnügt bezeigt, und sie als ein gewis-
ses Kennzeichen eines bessern Schicksals für ihn ange-
sehen.

Wien, vom 27. August.

Bisher hat man noch keine Beschreibung von dem Ein-
zuge des türkischen Grosbotschafters bekant gemacht, weil
man nicht weiß, wie man sie einrichten soll, seit dem
der Prinz von Auersperg dem Kaiser entdeckt hat, daß
der Grosbotschafter ungeachtet seines schriftlich ertheilten
Worts unzehliche übel angebrachte Streitigkeiten erregt
hatte. Dieser Prinz hat sich hauptsächlich deßwegen
bey Sr. Kaiserlichen Majestät beschwert, daß der türki-
sche Grosbotschafter, nachdem er von ihm und
von dem General Wurmband in seine Kammer beglei-
tet worden, an statt sie wieder zurück zu führen, wie ver-
abredet war, angefangen hätte, sich in ihrer Gegenwart
auszukleiden, Sorbet zu nehmen, und daß er sich end-
lich in sein Cabinet gezogen, dasselbe wohl verschlossen,
nachdem er zugleich diesen beyden Herren durch seinen
Kiajah sagen lassen, daß er wegen allzu grosser Müdigkeit
sie unmöglich zurück begleiten könnte, und daß sie sich
nur ohne ihn weg begeben mögten. Sie zogen sich auch
würklich zurück, nachdem sie sich zuvor bey dem Kiajah
über den Grosbotschafter beschweret, der sich erboth sie
an der Stelle seines Herrn zu begleiten; welches aber
von dem Prinzen sowohl, als von dem General ausge-
schlagen ward. Der Hof hat sich vorgenommen einen
geschickten Mann nach Persien zu schicken, welcher die
Kräfte, und den politischen und kriegerischen Staat des
Schach=Nadir etwas untersuchen soll, damit man im
Stande ist, von dem Entwurfe den er sich gemacht, und
von seinen Vorstellungen richtig zu urtheilen. Man
hält bey Hofe öftere Berathschlagungen, ein kräftiges
Mittel zu finden den schädlichen Folgen abzuhelfen, wel-
[Spaltenumbruch] che mit den vielen Banquerouten verknüpft sind, die sich
bisher hieselbst herfür gethan, und die alle Kaufleute
dieser Stadt in Verwirrung setzen.

Brüssel, vom 25. August.

Der Hof hat den General= Auditeur Brelem nach
Diest geschickt, die Unruhe zu untersuchen, welche die
Soldaten von dem dritten Bataillon von Heister daselbst
erregt haben. Man sagt, daß die Einwohner die Waf-
fen ergriffen, sich wieder die Gewaltthätigkeiten der Sol-
daten zu wehren, und daß von beyden Theilen bey die-
ser Gelegenheit verschiedene verwundet und getödtet wor-
den. Die Erzherzogin Gouvernantin ist von Jhrer
gefährlichen Unpäslichkeit so weit wieder hergestellet, daß
man nunmehro eine baldige völlige Besserung hoffen
darf. Der Graf von Maldeghem, und der Herr von
Assendelft werden ehestens noch einmahl nach Antwerpen
kehren, allda abermals einer Conferenz beyzuwohnen,
die bereits so oft nichts gefruchtet hat. Gestern ward der
Geburthstag Jhro Maiestät der römischen Kaiserin,
bey Hofe sehr prächtig gefeyert.



Gelehrte Sachen.

Die Lettres sur les francois & sur les Allemands,
machen in ihrer Art ein überaus kurzweilig Buch
aus. Es fehlet dem Verfasser nicht an Munterkeit, al-
lein eben diese verräth einen Franzosen, der in einem Al-
ter schreibt, in welchem es ihm an genugsamer Einsicht
mangelt, und der weit geschwinder urtheilt, als er denkt.
Wir berühren nur dasjenige was die Deutschen angehet,
und wir haben mehr als einmahl lachen müssen, wann
wir gesehen, mit welcher französischen Dreistigkeit der
Verfasser uns lobt und tadelt, erhöht und erniedrigt.
Er unterscheidet niemals, er spricht immer allgemein, und
die Torheiten die einer begehet, werden immer der gan-
zen Nation zugerechnet. Ueberall zeigt sich eine Aus-
schweifung, sodann aber ist er am possierlichsten, wenn er
sagt, daß er sein Vorbringen beweisen will, diese Bewei-
se sind alle französisch, das ist, seichte, übereilt, gezwungen
und oft gar lächerlich. Man würde unrecht thun, wenn
man ein solches Buch ernsthaft wiederlegen wolte, der
Verfasser hat sich gewiß deswegen nicht die Mühe gege-
ben, uns zu ergetzen.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] züge, welche seinem Charackter gehören, eyfersüchtig.
Jn seiner Gottesfurcht findet man endlich nichts gekün-
steltes, seine Liebe gegen die Armen gehet sehr weit, und
seine Demuth hat keine Verstellung. Mit allen diesen
grossen Eigenschaften ist er in das Conclave gegangen,
ohne, daß er sich jemals die geringste Mühe gegeben,
die Cardinäle auf seine Seite zu bringen, und den päpst-
lichen Stuhl zu besteigen. Der Cardinal Coscia hat
seine Freyheit wieder erhalten, und er macht sich grosse
Hofnung auch das Erzbischofthum von Bennevent wieder
zu erlangen, welches durch den Tod des Cardinal Del-
ci erledigt ist. Er hat sich über die Wahl dieses neuen
Papstes ungemein vergnügt bezeigt, und sie als ein gewis-
ses Kennzeichen eines bessern Schicksals für ihn ange-
sehen.

Wien, vom 27. August.

Bisher hat man noch keine Beschreibung von dem Ein-
zuge des türkischen Grosbotschafters bekant gemacht, weil
man nicht weiß, wie man sie einrichten soll, seit dem
der Prinz von Auersperg dem Kaiser entdeckt hat, daß
der Grosbotschafter ungeachtet seines schriftlich ertheilten
Worts unzehliche übel angebrachte Streitigkeiten erregt
hatte. Dieser Prinz hat sich hauptsächlich deßwegen
bey Sr. Kaiserlichen Majestät beschwert, daß der türki-
sche Grosbotschafter, nachdem er von ihm und
von dem General Wurmband in seine Kammer beglei-
tet worden, an statt sie wieder zurück zu führen, wie ver-
abredet war, angefangen hätte, sich in ihrer Gegenwart
auszukleiden, Sorbet zu nehmen, und daß er sich end-
lich in sein Cabinet gezogen, dasselbe wohl verschlossen,
nachdem er zugleich diesen beyden Herren durch seinen
Kiajah sagen lassen, daß er wegen allzu grosser Müdigkeit
sie unmöglich zurück begleiten könnte, und daß sie sich
nur ohne ihn weg begeben mögten. Sie zogen sich auch
würklich zurück, nachdem sie sich zuvor bey dem Kiajah
über den Grosbotschafter beschweret, der sich erboth sie
an der Stelle seines Herrn zu begleiten; welches aber
von dem Prinzen sowohl, als von dem General ausge-
schlagen ward. Der Hof hat sich vorgenommen einen
geschickten Mann nach Persien zu schicken, welcher die
Kräfte, und den politischen und kriegerischen Staat des
Schach=Nadir etwas untersuchen soll, damit man im
Stande ist, von dem Entwurfe den er sich gemacht, und
von seinen Vorstellungen richtig zu urtheilen. Man
hält bey Hofe öftere Berathschlagungen, ein kräftiges
Mittel zu finden den schädlichen Folgen abzuhelfen, wel-
[Spaltenumbruch] che mit den vielen Banquerouten verknüpft sind, die sich
bisher hieselbst herfür gethan, und die alle Kaufleute
dieser Stadt in Verwirrung setzen.

Brüssel, vom 25. August.

Der Hof hat den General= Auditeur Brelem nach
Diest geschickt, die Unruhe zu untersuchen, welche die
Soldaten von dem dritten Bataillon von Heister daselbst
erregt haben. Man sagt, daß die Einwohner die Waf-
fen ergriffen, sich wieder die Gewaltthätigkeiten der Sol-
daten zu wehren, und daß von beyden Theilen bey die-
ser Gelegenheit verschiedene verwundet und getödtet wor-
den. Die Erzherzogin Gouvernantin ist von Jhrer
gefährlichen Unpäslichkeit so weit wieder hergestellet, daß
man nunmehro eine baldige völlige Besserung hoffen
darf. Der Graf von Maldeghem, und der Herr von
Assendelft werden ehestens noch einmahl nach Antwerpen
kehren, allda abermals einer Conferenz beyzuwohnen,
die bereits so oft nichts gefruchtet hat. Gestern ward der
Geburthstag Jhro Maiestät der römischen Kaiserin,
bey Hofe sehr prächtig gefeyert.



Gelehrte Sachen.

Die Lettres ſur les françois & ſur les Allemands,
machen in ihrer Art ein überaus kurzweilig Buch
aus. Es fehlet dem Verfasser nicht an Munterkeit, al-
lein eben diese verräth einen Franzosen, der in einem Al-
ter schreibt, in welchem es ihm an genugsamer Einsicht
mangelt, und der weit geschwinder urtheilt, als er denkt.
Wir berühren nur dasjenige was die Deutschen angehet,
und wir haben mehr als einmahl lachen müssen, wann
wir gesehen, mit welcher französischen Dreistigkeit der
Verfasser uns lobt und tadelt, erhöht und erniedrigt.
Er unterscheidet niemals, er spricht immer allgemein, und
die Torheiten die einer begehet, werden immer der gan-
zen Nation zugerechnet. Ueberall zeigt sich eine Aus-
schweifung, sodann aber ist er am possierlichsten, wenn er
sagt, daß er sein Vorbringen beweisen will, diese Bewei-
se sind alle französisch, das ist, seichte, übereilt, gezwungen
und oft gar lächerlich. Man würde unrecht thun, wenn
man ein solches Buch ernsthaft wiederlegen wolte, der
Verfasser hat sich gewiß deswegen nicht die Mühe gege-
ben, uns zu ergetzen.

[Ende Spaltensatz]
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Zitationshilfe: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 31. Berlin, 8. September 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin031_1740/3>, abgerufen am 16.07.2024.