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Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 26. Berlin, 27. August 1740.

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[Beginn Spaltensatz] sen, weil man sich vermöge dessen auch mit den Regierun-
gen von Algier, Tripolis und Tunis in einen Vergleich
einlassen wird, der die Kaperey der Barbaren an un-
sern Küsten um so viel sicherer macht, da sie von den
sicilianischen Schiffen nichts weiter zu befürchten haben,
von welchen sie bisher zugleich ziemlich abgeschreckt wor-
den. Die Republick Venedig hat daher den Entschluß
gefaßt, sich mit den barbarischen Regierungen gleich-
falls zu setzen, und man sagt, daß sie den Großsultan
ersucht hat, die Vermittelung dieser Tractaten über
sich zu nehmen.

Venedig, vom 6. August.

Die Republick hat mit nicht geringem Mißvergnügen
vernommen, daß sich zweene barbarische Kaper ungeach-
tet der Menge von Schiffen, welche den Golfo bewah-
ren, bis auf die Höhe von Vacca Magna gemacht,
und daselbst zwey von unsern Schiffen genommen, die
aus dem Kirchen= Staat zurück kamen. Die Briefe von
Constantinopel können die Unruhe nicht groß genug be-
schreiben, welche sich unter dem Volke merken läßt. Man
vermuthet einen allgemeinen Aufstand, zu dessen Ver-
hinderung der Hof alle mögliche Mittel anwendet.

Wien, vom 17. August.

Man spricht hier fast von nichts, als von der Hals-
starrigkeit des türkischen Grosbothschafters, der mit sei-
nen Forderungen so unerträglich wird, daß der Hof ge-
stern einen Curier nach Constantinopel geschickt, um sich
über sein Betragen zu beschweren. Der hiesige Franzö-
sische Gesandte hat sich zwar bisher alle Mühe gegeben,
den Tshaniby Aly auf andere Gedanken zu bringen, al-
lein man sagt, daß alle seine Vorstellungen nichts aus-
richten können. Man weiß also noch nichts zu sagen,
wann endlich aus dem Einzuge ein Ernst werden dürfte.
Von dem Kaiserlichen Gesandten, dem Grafen von
Uhlefeld hat man erfahren, daß er wegen des Aufruhrs,
der zu Constantinopel entstanden, sich dieser Stadt noch
nicht genähert. Man vermuthet, daß er überdem von
der Gemüthsbeschaffenheit, und von dem Ansehen des
neuen Großveziers zuvor einige Nachricht einziehen wol-
len Die Staatsversammlungen, welche die Reichs-
Angelegenheiten betreffen, werden hier fast täglich fort
gesetzt. Man kann aber von ihren Würkungen noch zur
Zeit nichts zuverlässiges melden.

[Spaltenumbruch]
Gelehrte Sachen

Die vier Bände, welche unter dem Titel: Specta-
cle de la Nature
zu Utrecht an das Licht getre-
ten sind, verdienen allerdings die Aufmerksamkeit derer-
jenigen, welche die Natur und ihre Schönheiten nicht
mit flüchtigen Augen ansehen. Doch wir werden unsern
Lesern von diesem Buche selbst ein andermahl mehr sa-
gen, weil wir ihnen hente nach unserer Art einen Brief
mittheilen wollen, welcher dem ersten Theile beygefügt
ist, und der von den Grenzen und von der Grösse der
Vernunft handeit. Er hat den Herrn von Jonval zum
Verfasser, der ihn an den Rittet von Breuil geschrie-
ben.

Die mehrersten von unsern Lesern werden wissen, wie
sehr es sich verschiedene Menschen angelegen seyn lassen,
die Vernunft zu verachten, zu verwerfen und zu verke-
tzern. Man hat ihr, GOtt weiß, was für schimpfliche
Namen beygelegt, und man ist oft gar so weit gegangen,
daß man sie als eine Hinderung der Religion, und als
einen Schandflecken der Christen ausgeschrien.

Laßt uns aber einmahl sehen, ob sie diesen Vorwurf
in der That verdient Wofern uns die Vernunft an der
Erreichung unserer wahren Glückseligkeit hindert, wo-
fern sie von der wahren Religion abführet, so wollen
wir die ersten seyn, welche sie verwerfen: allein, wofern
sie uns bey beyden zu statten kommt, so wollen wir ihr
Recht wiederfahren lassen, und gestehen, daß sie alle die
Vorzüge hat, welche ihr von den Vertheidigern zuge-
schrieben worden. Wir schreiten zur Sache.

Es ist sehr gut, daß der Mensch viel zu wissen verlaugt,
allein dieses Verlangen, soll mit einer Mässigkeit ver-
knüpft seyn, und seine Grenzen haben, die man kennen
muß.

Die Grenzen dieser Neugierde sind eben dieselben,
welche der Vernunft des Menschen überhaupt, und nach
den Umständen eines jeden vorgeschrieben worden. Al-
lein da wir oft die Maaß, und die Bestimmung unse-
rer Vernunft nicht kennen, so irren wir in der Wahl der
Dinge, welche wir wissen wollen, und in der Höhe, zu
welcher wir in der Erkenntniß zu gelangen suchen.

Jnzwischen ist uns gleichwohl sehr viel daran gelegen,
daß wir in diesem Stücke in keine Verachtung verfallen,
und daß wir sehr wohl unterscheiden, was die Vernunft
kann, und was sie nicht kann. Alles wissen wollen, ist
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] sen, weil man sich vermöge dessen auch mit den Regierun-
gen von Algier, Tripolis und Tunis in einen Vergleich
einlassen wird, der die Kaperey der Barbaren an un-
sern Küsten um so viel sicherer macht, da sie von den
sicilianischen Schiffen nichts weiter zu befürchten haben,
von welchen sie bisher zugleich ziemlich abgeschreckt wor-
den. Die Republick Venedig hat daher den Entschluß
gefaßt, sich mit den barbarischen Regierungen gleich-
falls zu setzen, und man sagt, daß sie den Großsultan
ersucht hat, die Vermittelung dieser Tractaten über
sich zu nehmen.

Venedig, vom 6. August.

Die Republick hat mit nicht geringem Mißvergnügen
vernommen, daß sich zweene barbarische Kaper ungeach-
tet der Menge von Schiffen, welche den Golfo bewah-
ren, bis auf die Höhe von Vacca Magna gemacht,
und daselbst zwey von unsern Schiffen genommen, die
aus dem Kirchen= Staat zurück kamen. Die Briefe von
Constantinopel können die Unruhe nicht groß genug be-
schreiben, welche sich unter dem Volke merken läßt. Man
vermuthet einen allgemeinen Aufstand, zu dessen Ver-
hinderung der Hof alle mögliche Mittel anwendet.

Wien, vom 17. August.

Man spricht hier fast von nichts, als von der Hals-
starrigkeit des türkischen Grosbothschafters, der mit sei-
nen Forderungen so unerträglich wird, daß der Hof ge-
stern einen Curier nach Constantinopel geschickt, um sich
über sein Betragen zu beschweren. Der hiesige Franzö-
sische Gesandte hat sich zwar bisher alle Mühe gegeben,
den Tshaniby Aly auf andere Gedanken zu bringen, al-
lein man sagt, daß alle seine Vorstellungen nichts aus-
richten können. Man weiß also noch nichts zu sagen,
wann endlich aus dem Einzuge ein Ernst werden dürfte.
Von dem Kaiserlichen Gesandten, dem Grafen von
Uhlefeld hat man erfahren, daß er wegen des Aufruhrs,
der zu Constantinopel entstanden, sich dieser Stadt noch
nicht genähert. Man vermuthet, daß er überdem von
der Gemüthsbeschaffenheit, und von dem Ansehen des
neuen Großveziers zuvor einige Nachricht einziehen wol-
len Die Staatsversammlungen, welche die Reichs-
Angelegenheiten betreffen, werden hier fast täglich fort
gesetzt. Man kann aber von ihren Würkungen noch zur
Zeit nichts zuverlässiges melden.

[Spaltenumbruch]
Gelehrte Sachen

Die vier Bände, welche unter dem Titel: Specta-
cle de la Nature
zu Utrecht an das Licht getre-
ten sind, verdienen allerdings die Aufmerksamkeit derer-
jenigen, welche die Natur und ihre Schönheiten nicht
mit flüchtigen Augen ansehen. Doch wir werden unsern
Lesern von diesem Buche selbst ein andermahl mehr sa-
gen, weil wir ihnen hente nach unserer Art einen Brief
mittheilen wollen, welcher dem ersten Theile beygefügt
ist, und der von den Grenzen und von der Grösse der
Vernunft handeit. Er hat den Herrn von Jonval zum
Verfasser, der ihn an den Rittet von Breuil geschrie-
ben.

Die mehrersten von unsern Lesern werden wissen, wie
sehr es sich verschiedene Menschen angelegen seyn lassen,
die Vernunft zu verachten, zu verwerfen und zu verke-
tzern. Man hat ihr, GOtt weiß, was für schimpfliche
Namen beygelegt, und man ist oft gar so weit gegangen,
daß man sie als eine Hinderung der Religion, und als
einen Schandflecken der Christen ausgeschrien.

Laßt uns aber einmahl sehen, ob sie diesen Vorwurf
in der That verdient Wofern uns die Vernunft an der
Erreichung unserer wahren Glückseligkeit hindert, wo-
fern sie von der wahren Religion abführet, so wollen
wir die ersten seyn, welche sie verwerfen: allein, wofern
sie uns bey beyden zu statten kommt, so wollen wir ihr
Recht wiederfahren lassen, und gestehen, daß sie alle die
Vorzüge hat, welche ihr von den Vertheidigern zuge-
schrieben worden. Wir schreiten zur Sache.

Es ist sehr gut, daß der Mensch viel zu wissen verlaugt,
allein dieses Verlangen, soll mit einer Mässigkeit ver-
knüpft seyn, und seine Grenzen haben, die man kennen
muß.

Die Grenzen dieser Neugierde sind eben dieselben,
welche der Vernunft des Menschen überhaupt, und nach
den Umständen eines jeden vorgeschrieben worden. Al-
lein da wir oft die Maaß, und die Bestimmung unse-
rer Vernunft nicht kennen, so irren wir in der Wahl der
Dinge, welche wir wissen wollen, und in der Höhe, zu
welcher wir in der Erkenntniß zu gelangen suchen.

Jnzwischen ist uns gleichwohl sehr viel daran gelegen,
daß wir in diesem Stücke in keine Verachtung verfallen,
und daß wir sehr wohl unterscheiden, was die Vernunft
kann, und was sie nicht kann. Alles wissen wollen, ist
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Zitationshilfe: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 26. Berlin, 27. August 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin026_1740/3>, abgerufen am 26.12.2024.