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Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 26. Berlin, 27. August 1740.

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[Beginn Spaltensatz]

Die Manna= Körner, ( oder Schwaden, ) sind eine
Frucht eines gewissen Grases, welches denen Botanicis
seinen Arten und Veränderungen, ( Speciebus & Varie-
tatibus
, ) nach, sattsam bekannt ist. Dieses Gras wäch-
set in sumpfichten und niedrigen Oertern, an denen Was-
sergraben und Teichen, durch den grösten Theil von
Deutschland, Ungarn, Pohlen und Preussen. Zwar
sindet sich dieses in andern Abend= Ländern und deren
sumpfichten Gegenden ebenfalls, doch entweder etwas
sparsam, oder es wird daselbst nicht erkannt, und zum
gemeinen Gebrauch, wie in vorgedachten Ländern ge-
schiehet, angewendet. Der Saame dieses Grases ist in
Ansehung seiner Grösse, Gestalt und Farbe in etwas ver-
änderlich, und gelanget ordentlicher Weise bey uns im
Junio und Julio zur Reiffe; da er gleich andern Saa-
men aus seinen Behältnissen heraus fällt, und also gesäet
wird. Man sammlet ihn aber in unsern Gegenden z. E.
an der Oder, in Preussen, Pohlen, auf der Jnsul Laa-
land in grosser Menge zur Speise, weil er sehr ange-
nehm zu essen, und besonders nahrhaft befunden wird.
Die Zeit, wenn er gesammlet wird, sind die Morgen-
Stunden, in welchen das Gras noch betauet ist, ausser
dem pfleget er bey dem Steigen der Sonne und deren
Hitze in beträchtlicher Menge auszufallen, und entweder
neue Pflanzen hervor zu bringen, oder den Vögeln
und dem Gewürme zur Beute zu werden. Zuweilen fü-
get sichs, daß nach lange anhaltendem Regen, geschwinde
Sonnen= Hitze auch wohl ein austrucknender starker
Wind folget, welche dem beschäftigten Haus= Vater da-
mit verdrießlich sind, daß sie dessen Hirse und Schwaden
auf einmahl dergestalt und in solcher Menge auf Aecker
und Wiesen streuen, daß er wenig oder nichts davon
bekommt. Das abergläubische Alterthum hat diesen
Saamen Himmel= Thau genennet; weil es geglaubet
und vorgegeben, als käme dieser würklich mit dem Thau
zur Nachtzeit vom Himmel, und hienge sich an das Gras,
von welchem er deßhalb vor Sonnen= Aufgang gesamm-
let werden müste, damit er nicht etwa von der Sonnen-
Hitze zerschmeltze. Wir finden nicht nöthig, dieser un-
gereimten Meinung mühsam zu begegnen, da die Erfah-
rung als die beste Lehrmeisterin uns von dem Gegentheil
deutlich überführet. Wir zweifeln inzwischen an dem
angegebenen Berichte aus der Ober= Steuermark gar
nicht, versichern vielmehr, daß alles der Wahrheit ge-
mäß befunden wird, und versprechen denen Einwohnern
dasiger Gegend, wenn sie das Gras dieses schönen Saa-
mens genauer kennen lernen, und dem Exempel unserer
[Spaltenumbruch] Märkischen Einwohner an der Oder folgen werden, sie
jährlich gewiß eine zehnfach reichere Erndte davon zu ge-
warten haben sollen, als ihnen jetzo die durch einen Zufall
herum gestreuete Körner haben geben können. Dieje-
nigen aber, welche man mit Fleiß überreden will, daß es
ein würkliches Wunderwerk sey, bitten wir, ein wenig Ach-
tung zu geben, ob dieses nicht von solchen Leuten geschehe,
welche, wenn sie dergleichen vorgeben, davon in Anse-
hung ihres Beutels einen grössern Nutzen sich zu verspre-
chen haben, als andere rechtschaffene Kenner und Lieb-
haber der Natur= Geschichte, welche in solchen Fällen
nichts ohne den Satz des Wiederspruchs zu untersuchen,
und ohne zureichenden Grund, wie und warum etwas
möglich sey, anzunehmen pflegen.

Genua, vom 23. Julii.

Die 400. Mann, welche der König von Sardinien
gegen Sassello marschiren lassen, sollen wirklich in den
Gegenden campiren, über welche zwischen diesem Prin-
zen und der Republick Streit entstanden. Dieser Be-
such macht den Genuesern neue Sorgen, und es scheint
als wenn sie wenig dadurch gewinnen würden. Ein
Curier, welcher von Madrid nach Neapolis hier durch
gieng, hat die Nachricht mitgebracht, daß sich eine eng-
lische Escadre von 16. Schiffen auf der Höhe von Bar-
cellona sehen lassen.

Neapolis, vom 26. Julii.

Der türkische Abgeordnete, welcher unserm Könige
vor einiger Zeit die Ratification des Commercientra-
ctats überbrachte, den unser Hof mit dem Großsultan
geschlossen, ist mit seinem Gefolge nunmehro wieder
nach Constantinopel aufgebrochen. Der Vorschlag
zwischen Gaetta und Pescara einen Canal zu machen,
damit man in das adriatische Meer kommen kann,
hat bey dem Commercienrathe Beyfall gefunden, und
man hat bereits einen Jngenieur bestimmt, unter dessen
Aufsicht diese Arbeit vorgenommen werden soll. Das
Handlungscollegium, welches der König aufrichten
will, soll zwar auf den Fuß gesetzt werden, wie es in
vielen andern Ländern ist, allein der König wird dem-
selben ganz besondere Freyheiten zugestehen, worunter
diese keine von dem geringsten ist, daß es den Gliedern
dieses Collegii mit gewissen Waaren ganz allein zu han-
deln erlaubt seyn soll. Die mehrersten italiänischen
Staaten sollen mit dem Commercientractat gar nicht
zu frieden seyn, den unser Hof mit der Pforte geschlos-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz]

Die Manna= Körner, ( oder Schwaden, ) sind eine
Frucht eines gewissen Grases, welches denen Botanicis
seinen Arten und Veränderungen, ( Speciebus & Varie-
tatibus
, ) nach, sattsam bekannt ist. Dieses Gras wäch-
set in sumpfichten und niedrigen Oertern, an denen Was-
sergraben und Teichen, durch den grösten Theil von
Deutschland, Ungarn, Pohlen und Preussen. Zwar
sindet sich dieses in andern Abend= Ländern und deren
sumpfichten Gegenden ebenfalls, doch entweder etwas
sparsam, oder es wird daselbst nicht erkannt, und zum
gemeinen Gebrauch, wie in vorgedachten Ländern ge-
schiehet, angewendet. Der Saame dieses Grases ist in
Ansehung seiner Grösse, Gestalt und Farbe in etwas ver-
änderlich, und gelanget ordentlicher Weise bey uns im
Junio und Julio zur Reiffe; da er gleich andern Saa-
men aus seinen Behältnissen heraus fällt, und also gesäet
wird. Man sammlet ihn aber in unsern Gegenden z. E.
an der Oder, in Preussen, Pohlen, auf der Jnsul Laa-
land in grosser Menge zur Speise, weil er sehr ange-
nehm zu essen, und besonders nahrhaft befunden wird.
Die Zeit, wenn er gesammlet wird, sind die Morgen-
Stunden, in welchen das Gras noch betauet ist, ausser
dem pfleget er bey dem Steigen der Sonne und deren
Hitze in beträchtlicher Menge auszufallen, und entweder
neue Pflanzen hervor zu bringen, oder den Vögeln
und dem Gewürme zur Beute zu werden. Zuweilen fü-
get sichs, daß nach lange anhaltendem Regen, geschwinde
Sonnen= Hitze auch wohl ein austrucknender starker
Wind folget, welche dem beschäftigten Haus= Vater da-
mit verdrießlich sind, daß sie dessen Hirse und Schwaden
auf einmahl dergestalt und in solcher Menge auf Aecker
und Wiesen streuen, daß er wenig oder nichts davon
bekommt. Das abergläubische Alterthum hat diesen
Saamen Himmel= Thau genennet; weil es geglaubet
und vorgegeben, als käme dieser würklich mit dem Thau
zur Nachtzeit vom Himmel, und hienge sich an das Gras,
von welchem er deßhalb vor Sonnen= Aufgang gesamm-
let werden müste, damit er nicht etwa von der Sonnen-
Hitze zerschmeltze. Wir finden nicht nöthig, dieser un-
gereimten Meinung mühsam zu begegnen, da die Erfah-
rung als die beste Lehrmeisterin uns von dem Gegentheil
deutlich überführet. Wir zweifeln inzwischen an dem
angegebenen Berichte aus der Ober= Steuermark gar
nicht, versichern vielmehr, daß alles der Wahrheit ge-
mäß befunden wird, und versprechen denen Einwohnern
dasiger Gegend, wenn sie das Gras dieses schönen Saa-
mens genauer kennen lernen, und dem Exempel unserer
[Spaltenumbruch] Märkischen Einwohner an der Oder folgen werden, sie
jährlich gewiß eine zehnfach reichere Erndte davon zu ge-
warten haben sollen, als ihnen jetzo die durch einen Zufall
herum gestreuete Körner haben geben können. Dieje-
nigen aber, welche man mit Fleiß überreden will, daß es
ein würkliches Wunderwerk sey, bitten wir, ein wenig Ach-
tung zu geben, ob dieses nicht von solchen Leuten geschehe,
welche, wenn sie dergleichen vorgeben, davon in Anse-
hung ihres Beutels einen grössern Nutzen sich zu verspre-
chen haben, als andere rechtschaffene Kenner und Lieb-
haber der Natur= Geschichte, welche in solchen Fällen
nichts ohne den Satz des Wiederspruchs zu untersuchen,
und ohne zureichenden Grund, wie und warum etwas
möglich sey, anzunehmen pflegen.

Genua, vom 23. Julii.

Die 400. Mann, welche der König von Sardinien
gegen Sassello marschiren lassen, sollen wirklich in den
Gegenden campiren, über welche zwischen diesem Prin-
zen und der Republick Streit entstanden. Dieser Be-
such macht den Genuesern neue Sorgen, und es scheint
als wenn sie wenig dadurch gewinnen würden. Ein
Curier, welcher von Madrid nach Neapolis hier durch
gieng, hat die Nachricht mitgebracht, daß sich eine eng-
lische Escadre von 16. Schiffen auf der Höhe von Bar-
cellona sehen lassen.

Neapolis, vom 26. Julii.

Der türkische Abgeordnete, welcher unserm Könige
vor einiger Zeit die Ratification des Commercientra-
ctats überbrachte, den unser Hof mit dem Großsultan
geschlossen, ist mit seinem Gefolge nunmehro wieder
nach Constantinopel aufgebrochen. Der Vorschlag
zwischen Gaetta und Pescara einen Canal zu machen,
damit man in das adriatische Meer kommen kann,
hat bey dem Commercienrathe Beyfall gefunden, und
man hat bereits einen Jngenieur bestimmt, unter dessen
Aufsicht diese Arbeit vorgenommen werden soll. Das
Handlungscollegium, welches der König aufrichten
will, soll zwar auf den Fuß gesetzt werden, wie es in
vielen andern Ländern ist, allein der König wird dem-
selben ganz besondere Freyheiten zugestehen, worunter
diese keine von dem geringsten ist, daß es den Gliedern
dieses Collegii mit gewissen Waaren ganz allein zu han-
deln erlaubt seyn soll. Die mehrersten italiänischen
Staaten sollen mit dem Commercientractat gar nicht
zu frieden seyn, den unser Hof mit der Pforte geschlos-
[Ende Spaltensatz]

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Zitationshilfe: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 26. Berlin, 27. August 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin026_1740/2>, abgerufen am 23.11.2024.