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Die Bayerische Presse. Nr. 208. Würzburg, 30. August 1850.

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Die Bayerische Presse.
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Ganzjährig 6 fl.
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Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 208.
Würzburg, Freitag den 30. August. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 27. August. Se. Maj. der König
haben unterm 24. Aug. l. Js. Allerhöchst be-
schlossen, an die Stelle des auf die Pfarrei Ste-
ben in Oberfranken ernannten protestantischen
Pfarrers in Rügheim, Joh. Michael. Mayer, den
Dekan und Kirchenrath in Würzburg, Dr. Ernst
Wilhelm Fabri, sodann an die Stelle des ver-
storbenen Weinhändlers Franz Marzell von
Aschaffenburg, den Kaufmann Franz Joseph Petz
daselbst, endlich an die Stelle des verstorbenen
Posthalters Lorenz Horn zu Roßbrunn, den Guts-
besitzer Ferdinand Broili zu Mühlbach zu Mit-
gliedern des Landraths von Unterfranken und
Aschaffenburg zu ernennen.

München, 28. August. Nach heute erschie-
nenem allerhöchsten Reskript wurden folgende 18
Fahnenkadetten der letzten Klasse des k. Kadetten-
korps zu Junkern ernannt: 1 ) Hermann v. Be-
zold und Friedrich Schubert im 1., Konstantin
Frhr. v. Beulwitz im 3. und Friedrich Blume
im 1. Artillerie=Regiment, Karl Frhr. v. Reitzen-
stein im 9., Moritz Orff im 3. und Klemens
Eberhard im 13. Jnfanterie=Regiment, Emil
Pauli im 1. Jägerbataillon, Hubert Bernhold
und Leon von der Mark im Jnfanterie=Leibregi-
ment, Georg Faulhaber im 5. Chevaulegers=Re-
giment, Ernst v. Mayerhofer im 2. Jnfanterie-
Regiment, Maximilian Frhr. v. Malsen im 5.
und Albert Luisenthal Frhr. v. Lasalle im 2.
Chevaulegers=Regiment, August Frhr. v. Bibra
im 6., Michael Dillmann im 7., Hugo Frhr. v.
Sainte Marie=Eglise im 1. und Gustav Kraus
im 2. Jnfanterie=Regiment.



Die Reise des Präsidenten der franz.
Republik.

Die "Times", dieses Hauptorgan der öffent-
lichen Meinung in England liefert eine interessante
Betrachtung folgengendermaßen: "Die Reise des
Präsidenten der französischen Republik durch die
Departements von Burgund und Ost=Frankreich
ist sicherlich die sonderbarste Manifestation seines
persönlichen Einflusses und seiner Stellung, die,
seitdem er die Exekutiv=Regierung der Republik
übernommen hat, gegeben worden ist. Die für
seine erste Erscheinung in den Provinzen gewähl-
ten Städte waren offenkundig schlecht gestimmt für
seine Regierung und allgemein als solche bekannt,
in denen die rothe Republik die größte Anzahl
leidenschaftlicher Anhänger hat. Mehrere von die-
sen Distrikten stehen noch unter dem Kriegsgesetze;
die Nationalgarde ist in einigen derselben ihrer
revolutionären Tendenzen halber aufgelöst worden,
und haben größtentheils ultra=republikanische Mit-
glieder in die Nationalversammlung gewählt. Als
aber in Dijon, in Montbard, in Chalons=sur-
Saone ein Versuch gemacht wurde, den einhelli-
gen Volksjubel zu stören, zeigte es sich klar, daß
während eine Rotte liederlichen Gesellen die de-
mokratisch=sociale Republik hoch leben ließ, die
Masse des Volks ihre Theilnahme und ihre Zu-
neigung ganz dem Manne zugewendet hatte, zu
dessen Empfang und Bewillkommung sie herbei
geströmt war. Demnach konnte nichts weniger
[Spaltenumbruch] die bescheidene Reise des ersten Beamten einer
Republik gleichen und nichts sich mehr dem Glanze
eines kais. Zuges nähern. Allenthalben wurden
die Erinnerungen an das Kaiserreich und an den
Kaiser Napolen aufgefrischt und dem Volke vor
Augen gestellt. Hier mit Feierlichkeit ein Denk-
mal besucht, welches den berühmten Feldherrn auf
St. Helene vorstellte und die Jnschrift trägt:
"Für Napoleon, Noizot, ein Grenadier von Elba."
Dort wurde eine Stadt daran erinnert, daß der
große Kaiser ihr Wappenschild mit dem großen
Stern der Ehrenlegion bereicherte. Als die Ge-
sundheit des Präsidenten von dem Präfekten von
Macon ausgebracht, wurde sie mit dem " glor-
reichen und unsterblichen Andenken an den Oheim,"
eröffnet, und zu Ehren "seines würdigen und po-
pulären Erben Louis Napoleon," geschlossen. Der
Prinz, wie er von eifrigen Anbetern der aufgehen-
den Sonne betitelt wurde, nahm alle diese Ehren-
bezeugungen, als weder ihm selbst, noch seinem
gegenwärtigen Amte in der Republik ( denn, in
der That, dieser anstößige Ausdruck wurde selten
gebraucht ) sondern als dem Ruhme seiner Familie
und ihres großen Hauptes gebührend, an; wäh-
rend die einzige Erwähnung der Konstitution nur
gemacht worden zu sein scheint, als ein unzeitiges Be-
gehren um Amnestie für einen seiner besten Freunde,
von Noizot, dem Grenadier von Elba, gewagt
wurde, welche Louis Napoleon, ohne Mitwirkung
der Nationalversammlung, der Konstitution gemäß
nicht zu gewähren können erklärte. Jn einem
Dorfe äußerte die Municipalgarde ausdrücklich
die Ansicht, daß eine Verlängerung der Periode
der Amtsgewalt des Präsidenten für Frankreich
unumgänglich nothwendig sei." "Vielleicht spricht
diese letztere Erklärung hinlänglich genau den vor-
herrschenden Wunsch des Landvolkes und eines
beträchtlichen Theiles der mittleren und niedrigeren
Stände in Frankreich aus. Niemand will von
einem Staatsstreich oder einer neuen Revolution,
selbst um den Folgen der letzten Revolution zu
entrinnen, hören; aber ein stufenweises Auffteigen
Schritt für Schritt, von dem Range eines Prä-
sidenten zu der in der Ferne liegenden Größe des
Kaiserreichs würde wahrscheinlich Unterstützung bei
dem Volke finden, denn, wenn auch diese Verän-
derungen, da sie eine Aenderung der Konstitution
von 1848 voraussetzen, schwierig und gefährlich
zu sein scheinen, so darf man nicht vergessen, daß
die unvermeidliche Wirkung dieser Konstitution von
der Nation noch weit mehr gefürchtet und das
Jahr 1852 als eine unheilvolle Frist betrachtet
wird. über welche hinaus keine Gewißheit, viel-
leicht keine Rettung zu finden ist. Der Weg,
der dem Lande nun offen liegt, und den Louis
Napoleon natürlich so breit und lockend als mög-
lich zu machen sucht, empfiehlt sich dadurch um so
mehr, als eine Verletzung des Gesetzes zu seinen
Gunsten aller Wahrscheinlichkeit nach weniger nach-
theilige Folgen haben wird, als die Wirkungen
des Gesetzes gegen ihn, oder zu Gunsten irgend
eines republikanischen oder royalistischen Kandida-
ten." "Die Erinnerungen an die kaiserliche Re-
gierung in Frankreich sind wesentlich populär in
ihrem Charakter, obschon sie in ihren politischen
Resultaten despotisch waren, und bei einigem Nach-
denken wird man finden, daß diese beiden Dinge
[Spaltenumbruch] nicht unvereinbar sind. Jn mancher Hinsicht kann
die Politik des Bonaparte's mit der, der ersten
Cäsaren verglichen werden, als sie auf der Grund-
lage der Partei des Marius in der römischen
Republik eine dauernde Gewalt zu errichten such-
ten. Jhrem Plane widersetzte sich unvermeidlich
Alles, was noch von senatorischer Größe übrig
war; einem wesentlichen Plane widersetzten sich in
Frankreich die Anhänger der royalistischen Sekte,
die Ueberreste der Aristokratie, die Staatsmänner,
die ihr Leben im Dienste der konstitutionellen Mo-
narchie zugebracht, und die Klassen, welche bisher
durch ihren Verstand oder durch ihre Wohlhaben-
heit einen bedeutenden, wenn nicht ausschließenden
Antheil an der Regierung in Anspruch genommen
haben. Gegen diese persönlichen Auszeichnungen,
welche Louis Napoleon nie ganz für sich zu ge-
winnen hoffen kann, hat er die Stimmung der
Masse des Landvolks, die sich auf bedeutende
Volksklassen erstreckt, die Armee durchdringt und
von der Kirche sanktionirt wird, für sich. Seine
Macht ruht auf einer breiten Grundlage; aber
sie bedarf der Erhöhung; und die höhern Klassen,
die ihm allein diese Art von Beistand geben könn-
ten, sind seine natürlichen Widersacher. Mit an-
dern Worten, die Fürsten aus dem Hause Bour-
bon beider Branchen fielen, weil ihre Regierung
sich auf den Beistand gewisser Klassen stützte, und
sich zu wenig um eine Masse des Volkes kümmerte.
Die Bonaparte's, im Gegentheile, haben auf jede
Gefahr hin versucht, ihre Regierung populär zu
machen, und sich gegen die Feinde, die diese Po-
litik ihnen bereitete, zu vertheidigen. Es ist in
Frankreich ein ungeheurer Unterschied zu beobach-
ten zwischen einer Regierung, welche populär, und
einer Regierung, welche frei ist. Die Maßregeln,
welche wir unleidlich despotisch nennen würden,
als Beschränkungen der öffentlichen Discussionen,
Polizei=Regulirungen, Verhaftungen wegen politi-
schen Meinungen, und die unablässige Einmischung
der Administration in die Geschäfte des täglichen
Lebens fallen mit zehnfach schwerem Gewichte auf
die höheren Stände. Jhre Stellung im Leben
gibt ihnen mehr Freiheit zu denken und zu han-
deln, und sie leiden daher am meisten durch die
Beraubung derselben. Aber diese Formen der
Autorität werden von der Masse der Bevölkerung
im Vergleich weit weniger gefühlt. Ein Mann,
der keine Zeitung lesen kann, leidet unvergleichs-
weise wenig durch die Gesetze gegen die Freiheit
der Presse, und es läßt sich ein Regierungssystem
denken, welches allgemein drückend für alle Klas-
sen, welche Rang, Reichthum und Jntelligenz be-
sitzen, sein würde, obgleich es dem Landvolke und
den zahlreichen Volksklassen nur sehr wenig zur
Last fällt. So war faktisch der Charakter der
Regierung der römischen Kaiser, und so ( mit Aus-
nahme des Mißbrauchs des Militär=Konskription ) ,
war auch der Despotismus Napoleon's beschaf-
fen." "Wie wenig auch sein Neffe von seinem
Genie geerbt haben mag, Louis Napoleon hat
beständig die Absicht an den Tag gelegt, das
große Prinzip seiner Politik, mit Ausnahme des
Theils derselben, der aus seinen immerwährenden
militärischen Unternehmungen hervorging, nachzu-
ahmen. Und obgleich wir dem Präsidenten die
geflissentliche Abneigung gegen liberale Jnstitutio-

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haben unterm 24. Aug. l. Js. Allerhöchst be-
schlossen, an die Stelle des auf die Pfarrei Ste-
ben in Oberfranken ernannten protestantischen
Pfarrers in Rügheim, Joh. Michael. Mayer, den
Dekan und Kirchenrath in Würzburg, Dr. Ernst
Wilhelm Fabri, sodann an die Stelle des ver-
storbenen Weinhändlers Franz Marzell von
Aschaffenburg, den Kaufmann Franz Joseph Petz
daselbst, endlich an die Stelle des verstorbenen
Posthalters Lorenz Horn zu Roßbrunn, den Guts-
besitzer Ferdinand Broili zu Mühlbach zu Mit-
gliedern des Landraths von Unterfranken und
Aschaffenburg zu ernennen.

München, 28. August. Nach heute erschie-
nenem allerhöchsten Reskript wurden folgende 18
Fahnenkadetten der letzten Klasse des k. Kadetten-
korps zu Junkern ernannt: 1 ) Hermann v. Be-
zold und Friedrich Schubert im 1., Konstantin
Frhr. v. Beulwitz im 3. und Friedrich Blume
im 1. Artillerie=Regiment, Karl Frhr. v. Reitzen-
stein im 9., Moritz Orff im 3. und Klemens
Eberhard im 13. Jnfanterie=Regiment, Emil
Pauli im 1. Jägerbataillon, Hubert Bernhold
und Leon von der Mark im Jnfanterie=Leibregi-
ment, Georg Faulhaber im 5. Chevaulegers=Re-
giment, Ernst v. Mayerhofer im 2. Jnfanterie-
Regiment, Maximilian Frhr. v. Malsen im 5.
und Albert Luisenthal Frhr. v. Lasalle im 2.
Chevaulegers=Regiment, August Frhr. v. Bibra
im 6., Michael Dillmann im 7., Hugo Frhr. v.
Sainte Marie=Eglise im 1. und Gustav Kraus
im 2. Jnfanterie=Regiment.



Die Reise des Präsidenten der franz.
Republik.

Die „Times“, dieses Hauptorgan der öffent-
lichen Meinung in England liefert eine interessante
Betrachtung folgengendermaßen: „Die Reise des
Präsidenten der französischen Republik durch die
Departements von Burgund und Ost=Frankreich
ist sicherlich die sonderbarste Manifestation seines
persönlichen Einflusses und seiner Stellung, die,
seitdem er die Exekutiv=Regierung der Republik
übernommen hat, gegeben worden ist. Die für
seine erste Erscheinung in den Provinzen gewähl-
ten Städte waren offenkundig schlecht gestimmt für
seine Regierung und allgemein als solche bekannt,
in denen die rothe Republik die größte Anzahl
leidenschaftlicher Anhänger hat. Mehrere von die-
sen Distrikten stehen noch unter dem Kriegsgesetze;
die Nationalgarde ist in einigen derselben ihrer
revolutionären Tendenzen halber aufgelöst worden,
und haben größtentheils ultra=republikanische Mit-
glieder in die Nationalversammlung gewählt. Als
aber in Dijon, in Montbard, in Chalons=sur-
Saone ein Versuch gemacht wurde, den einhelli-
gen Volksjubel zu stören, zeigte es sich klar, daß
während eine Rotte liederlichen Gesellen die de-
mokratisch=sociale Republik hoch leben ließ, die
Masse des Volks ihre Theilnahme und ihre Zu-
neigung ganz dem Manne zugewendet hatte, zu
dessen Empfang und Bewillkommung sie herbei
geströmt war. Demnach konnte nichts weniger
[Spaltenumbruch] die bescheidene Reise des ersten Beamten einer
Republik gleichen und nichts sich mehr dem Glanze
eines kais. Zuges nähern. Allenthalben wurden
die Erinnerungen an das Kaiserreich und an den
Kaiser Napolen aufgefrischt und dem Volke vor
Augen gestellt. Hier mit Feierlichkeit ein Denk-
mal besucht, welches den berühmten Feldherrn auf
St. Helene vorstellte und die Jnschrift trägt:
„Für Napoleon, Noizot, ein Grenadier von Elba.“
Dort wurde eine Stadt daran erinnert, daß der
große Kaiser ihr Wappenschild mit dem großen
Stern der Ehrenlegion bereicherte. Als die Ge-
sundheit des Präsidenten von dem Präfekten von
Macon ausgebracht, wurde sie mit dem „ glor-
reichen und unsterblichen Andenken an den Oheim,“
eröffnet, und zu Ehren „seines würdigen und po-
pulären Erben Louis Napoleon,“ geschlossen. Der
Prinz, wie er von eifrigen Anbetern der aufgehen-
den Sonne betitelt wurde, nahm alle diese Ehren-
bezeugungen, als weder ihm selbst, noch seinem
gegenwärtigen Amte in der Republik ( denn, in
der That, dieser anstößige Ausdruck wurde selten
gebraucht ) sondern als dem Ruhme seiner Familie
und ihres großen Hauptes gebührend, an; wäh-
rend die einzige Erwähnung der Konstitution nur
gemacht worden zu sein scheint, als ein unzeitiges Be-
gehren um Amnestie für einen seiner besten Freunde,
von Noizot, dem Grenadier von Elba, gewagt
wurde, welche Louis Napoleon, ohne Mitwirkung
der Nationalversammlung, der Konstitution gemäß
nicht zu gewähren können erklärte. Jn einem
Dorfe äußerte die Municipalgarde ausdrücklich
die Ansicht, daß eine Verlängerung der Periode
der Amtsgewalt des Präsidenten für Frankreich
unumgänglich nothwendig sei.“ „Vielleicht spricht
diese letztere Erklärung hinlänglich genau den vor-
herrschenden Wunsch des Landvolkes und eines
beträchtlichen Theiles der mittleren und niedrigeren
Stände in Frankreich aus. Niemand will von
einem Staatsstreich oder einer neuen Revolution,
selbst um den Folgen der letzten Revolution zu
entrinnen, hören; aber ein stufenweises Auffteigen
Schritt für Schritt, von dem Range eines Prä-
sidenten zu der in der Ferne liegenden Größe des
Kaiserreichs würde wahrscheinlich Unterstützung bei
dem Volke finden, denn, wenn auch diese Verän-
derungen, da sie eine Aenderung der Konstitution
von 1848 voraussetzen, schwierig und gefährlich
zu sein scheinen, so darf man nicht vergessen, daß
die unvermeidliche Wirkung dieser Konstitution von
der Nation noch weit mehr gefürchtet und das
Jahr 1852 als eine unheilvolle Frist betrachtet
wird. über welche hinaus keine Gewißheit, viel-
leicht keine Rettung zu finden ist. Der Weg,
der dem Lande nun offen liegt, und den Louis
Napoleon natürlich so breit und lockend als mög-
lich zu machen sucht, empfiehlt sich dadurch um so
mehr, als eine Verletzung des Gesetzes zu seinen
Gunsten aller Wahrscheinlichkeit nach weniger nach-
theilige Folgen haben wird, als die Wirkungen
des Gesetzes gegen ihn, oder zu Gunsten irgend
eines republikanischen oder royalistischen Kandida-
ten.“ „Die Erinnerungen an die kaiserliche Re-
gierung in Frankreich sind wesentlich populär in
ihrem Charakter, obschon sie in ihren politischen
Resultaten despotisch waren, und bei einigem Nach-
denken wird man finden, daß diese beiden Dinge
[Spaltenumbruch] nicht unvereinbar sind. Jn mancher Hinsicht kann
die Politik des Bonaparte's mit der, der ersten
Cäsaren verglichen werden, als sie auf der Grund-
lage der Partei des Marius in der römischen
Republik eine dauernde Gewalt zu errichten such-
ten. Jhrem Plane widersetzte sich unvermeidlich
Alles, was noch von senatorischer Größe übrig
war; einem wesentlichen Plane widersetzten sich in
Frankreich die Anhänger der royalistischen Sekte,
die Ueberreste der Aristokratie, die Staatsmänner,
die ihr Leben im Dienste der konstitutionellen Mo-
narchie zugebracht, und die Klassen, welche bisher
durch ihren Verstand oder durch ihre Wohlhaben-
heit einen bedeutenden, wenn nicht ausschließenden
Antheil an der Regierung in Anspruch genommen
haben. Gegen diese persönlichen Auszeichnungen,
welche Louis Napoleon nie ganz für sich zu ge-
winnen hoffen kann, hat er die Stimmung der
Masse des Landvolks, die sich auf bedeutende
Volksklassen erstreckt, die Armee durchdringt und
von der Kirche sanktionirt wird, für sich. Seine
Macht ruht auf einer breiten Grundlage; aber
sie bedarf der Erhöhung; und die höhern Klassen,
die ihm allein diese Art von Beistand geben könn-
ten, sind seine natürlichen Widersacher. Mit an-
dern Worten, die Fürsten aus dem Hause Bour-
bon beider Branchen fielen, weil ihre Regierung
sich auf den Beistand gewisser Klassen stützte, und
sich zu wenig um eine Masse des Volkes kümmerte.
Die Bonaparte's, im Gegentheile, haben auf jede
Gefahr hin versucht, ihre Regierung populär zu
machen, und sich gegen die Feinde, die diese Po-
litik ihnen bereitete, zu vertheidigen. Es ist in
Frankreich ein ungeheurer Unterschied zu beobach-
ten zwischen einer Regierung, welche populär, und
einer Regierung, welche frei ist. Die Maßregeln,
welche wir unleidlich despotisch nennen würden,
als Beschränkungen der öffentlichen Discussionen,
Polizei=Regulirungen, Verhaftungen wegen politi-
schen Meinungen, und die unablässige Einmischung
der Administration in die Geschäfte des täglichen
Lebens fallen mit zehnfach schwerem Gewichte auf
die höheren Stände. Jhre Stellung im Leben
gibt ihnen mehr Freiheit zu denken und zu han-
deln, und sie leiden daher am meisten durch die
Beraubung derselben. Aber diese Formen der
Autorität werden von der Masse der Bevölkerung
im Vergleich weit weniger gefühlt. Ein Mann,
der keine Zeitung lesen kann, leidet unvergleichs-
weise wenig durch die Gesetze gegen die Freiheit
der Presse, und es läßt sich ein Regierungssystem
denken, welches allgemein drückend für alle Klas-
sen, welche Rang, Reichthum und Jntelligenz be-
sitzen, sein würde, obgleich es dem Landvolke und
den zahlreichen Volksklassen nur sehr wenig zur
Last fällt. So war faktisch der Charakter der
Regierung der römischen Kaiser, und so ( mit Aus-
nahme des Mißbrauchs des Militär=Konskription ) ,
war auch der Despotismus Napoleon's beschaf-
fen.“ „Wie wenig auch sein Neffe von seinem
Genie geerbt haben mag, Louis Napoleon hat
beständig die Absicht an den Tag gelegt, das
große Prinzip seiner Politik, mit Ausnahme des
Theils derselben, der aus seinen immerwährenden
militärischen Unternehmungen hervorging, nachzu-
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geflissentliche Abneigung gegen liberale Jnstitutio-

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 208. Würzburg, Freitag den 30. August. 1850. Amtliche Nachrichten. München, 27. August. Se. Maj. der König haben unterm 24. Aug. l. Js. Allerhöchst be- schlossen, an die Stelle des auf die Pfarrei Ste- ben in Oberfranken ernannten protestantischen Pfarrers in Rügheim, Joh. Michael. Mayer, den Dekan und Kirchenrath in Würzburg, Dr. Ernst Wilhelm Fabri, sodann an die Stelle des ver- storbenen Weinhändlers Franz Marzell von Aschaffenburg, den Kaufmann Franz Joseph Petz daselbst, endlich an die Stelle des verstorbenen Posthalters Lorenz Horn zu Roßbrunn, den Guts- besitzer Ferdinand Broili zu Mühlbach zu Mit- gliedern des Landraths von Unterfranken und Aschaffenburg zu ernennen. München, 28. August. Nach heute erschie- nenem allerhöchsten Reskript wurden folgende 18 Fahnenkadetten der letzten Klasse des k. Kadetten- korps zu Junkern ernannt: 1 ) Hermann v. Be- zold und Friedrich Schubert im 1., Konstantin Frhr. v. Beulwitz im 3. und Friedrich Blume im 1. Artillerie=Regiment, Karl Frhr. v. Reitzen- stein im 9., Moritz Orff im 3. und Klemens Eberhard im 13. Jnfanterie=Regiment, Emil Pauli im 1. Jägerbataillon, Hubert Bernhold und Leon von der Mark im Jnfanterie=Leibregi- ment, Georg Faulhaber im 5. Chevaulegers=Re- giment, Ernst v. Mayerhofer im 2. Jnfanterie- Regiment, Maximilian Frhr. v. Malsen im 5. und Albert Luisenthal Frhr. v. Lasalle im 2. Chevaulegers=Regiment, August Frhr. v. Bibra im 6., Michael Dillmann im 7., Hugo Frhr. v. Sainte Marie=Eglise im 1. und Gustav Kraus im 2. Jnfanterie=Regiment. Die Reise des Präsidenten der franz. Republik. Die „Times“, dieses Hauptorgan der öffent- lichen Meinung in England liefert eine interessante Betrachtung folgengendermaßen: „Die Reise des Präsidenten der französischen Republik durch die Departements von Burgund und Ost=Frankreich ist sicherlich die sonderbarste Manifestation seines persönlichen Einflusses und seiner Stellung, die, seitdem er die Exekutiv=Regierung der Republik übernommen hat, gegeben worden ist. Die für seine erste Erscheinung in den Provinzen gewähl- ten Städte waren offenkundig schlecht gestimmt für seine Regierung und allgemein als solche bekannt, in denen die rothe Republik die größte Anzahl leidenschaftlicher Anhänger hat. Mehrere von die- sen Distrikten stehen noch unter dem Kriegsgesetze; die Nationalgarde ist in einigen derselben ihrer revolutionären Tendenzen halber aufgelöst worden, und haben größtentheils ultra=republikanische Mit- glieder in die Nationalversammlung gewählt. Als aber in Dijon, in Montbard, in Chalons=sur- Saone ein Versuch gemacht wurde, den einhelli- gen Volksjubel zu stören, zeigte es sich klar, daß während eine Rotte liederlichen Gesellen die de- mokratisch=sociale Republik hoch leben ließ, die Masse des Volks ihre Theilnahme und ihre Zu- neigung ganz dem Manne zugewendet hatte, zu dessen Empfang und Bewillkommung sie herbei geströmt war. Demnach konnte nichts weniger die bescheidene Reise des ersten Beamten einer Republik gleichen und nichts sich mehr dem Glanze eines kais. Zuges nähern. Allenthalben wurden die Erinnerungen an das Kaiserreich und an den Kaiser Napolen aufgefrischt und dem Volke vor Augen gestellt. Hier mit Feierlichkeit ein Denk- mal besucht, welches den berühmten Feldherrn auf St. Helene vorstellte und die Jnschrift trägt: „Für Napoleon, Noizot, ein Grenadier von Elba.“ Dort wurde eine Stadt daran erinnert, daß der große Kaiser ihr Wappenschild mit dem großen Stern der Ehrenlegion bereicherte. Als die Ge- sundheit des Präsidenten von dem Präfekten von Macon ausgebracht, wurde sie mit dem „ glor- reichen und unsterblichen Andenken an den Oheim,“ eröffnet, und zu Ehren „seines würdigen und po- pulären Erben Louis Napoleon,“ geschlossen. Der Prinz, wie er von eifrigen Anbetern der aufgehen- den Sonne betitelt wurde, nahm alle diese Ehren- bezeugungen, als weder ihm selbst, noch seinem gegenwärtigen Amte in der Republik ( denn, in der That, dieser anstößige Ausdruck wurde selten gebraucht ) sondern als dem Ruhme seiner Familie und ihres großen Hauptes gebührend, an; wäh- rend die einzige Erwähnung der Konstitution nur gemacht worden zu sein scheint, als ein unzeitiges Be- gehren um Amnestie für einen seiner besten Freunde, von Noizot, dem Grenadier von Elba, gewagt wurde, welche Louis Napoleon, ohne Mitwirkung der Nationalversammlung, der Konstitution gemäß nicht zu gewähren können erklärte. Jn einem Dorfe äußerte die Municipalgarde ausdrücklich die Ansicht, daß eine Verlängerung der Periode der Amtsgewalt des Präsidenten für Frankreich unumgänglich nothwendig sei.“ „Vielleicht spricht diese letztere Erklärung hinlänglich genau den vor- herrschenden Wunsch des Landvolkes und eines beträchtlichen Theiles der mittleren und niedrigeren Stände in Frankreich aus. Niemand will von einem Staatsstreich oder einer neuen Revolution, selbst um den Folgen der letzten Revolution zu entrinnen, hören; aber ein stufenweises Auffteigen Schritt für Schritt, von dem Range eines Prä- sidenten zu der in der Ferne liegenden Größe des Kaiserreichs würde wahrscheinlich Unterstützung bei dem Volke finden, denn, wenn auch diese Verän- derungen, da sie eine Aenderung der Konstitution von 1848 voraussetzen, schwierig und gefährlich zu sein scheinen, so darf man nicht vergessen, daß die unvermeidliche Wirkung dieser Konstitution von der Nation noch weit mehr gefürchtet und das Jahr 1852 als eine unheilvolle Frist betrachtet wird. über welche hinaus keine Gewißheit, viel- leicht keine Rettung zu finden ist. Der Weg, der dem Lande nun offen liegt, und den Louis Napoleon natürlich so breit und lockend als mög- lich zu machen sucht, empfiehlt sich dadurch um so mehr, als eine Verletzung des Gesetzes zu seinen Gunsten aller Wahrscheinlichkeit nach weniger nach- theilige Folgen haben wird, als die Wirkungen des Gesetzes gegen ihn, oder zu Gunsten irgend eines republikanischen oder royalistischen Kandida- ten.“ „Die Erinnerungen an die kaiserliche Re- gierung in Frankreich sind wesentlich populär in ihrem Charakter, obschon sie in ihren politischen Resultaten despotisch waren, und bei einigem Nach- denken wird man finden, daß diese beiden Dinge nicht unvereinbar sind. Jn mancher Hinsicht kann die Politik des Bonaparte's mit der, der ersten Cäsaren verglichen werden, als sie auf der Grund- lage der Partei des Marius in der römischen Republik eine dauernde Gewalt zu errichten such- ten. Jhrem Plane widersetzte sich unvermeidlich Alles, was noch von senatorischer Größe übrig war; einem wesentlichen Plane widersetzten sich in Frankreich die Anhänger der royalistischen Sekte, die Ueberreste der Aristokratie, die Staatsmänner, die ihr Leben im Dienste der konstitutionellen Mo- narchie zugebracht, und die Klassen, welche bisher durch ihren Verstand oder durch ihre Wohlhaben- heit einen bedeutenden, wenn nicht ausschließenden Antheil an der Regierung in Anspruch genommen haben. Gegen diese persönlichen Auszeichnungen, welche Louis Napoleon nie ganz für sich zu ge- winnen hoffen kann, hat er die Stimmung der Masse des Landvolks, die sich auf bedeutende Volksklassen erstreckt, die Armee durchdringt und von der Kirche sanktionirt wird, für sich. Seine Macht ruht auf einer breiten Grundlage; aber sie bedarf der Erhöhung; und die höhern Klassen, die ihm allein diese Art von Beistand geben könn- ten, sind seine natürlichen Widersacher. Mit an- dern Worten, die Fürsten aus dem Hause Bour- bon beider Branchen fielen, weil ihre Regierung sich auf den Beistand gewisser Klassen stützte, und sich zu wenig um eine Masse des Volkes kümmerte. Die Bonaparte's, im Gegentheile, haben auf jede Gefahr hin versucht, ihre Regierung populär zu machen, und sich gegen die Feinde, die diese Po- litik ihnen bereitete, zu vertheidigen. Es ist in Frankreich ein ungeheurer Unterschied zu beobach- ten zwischen einer Regierung, welche populär, und einer Regierung, welche frei ist. Die Maßregeln, welche wir unleidlich despotisch nennen würden, als Beschränkungen der öffentlichen Discussionen, Polizei=Regulirungen, Verhaftungen wegen politi- schen Meinungen, und die unablässige Einmischung der Administration in die Geschäfte des täglichen Lebens fallen mit zehnfach schwerem Gewichte auf die höheren Stände. Jhre Stellung im Leben gibt ihnen mehr Freiheit zu denken und zu han- deln, und sie leiden daher am meisten durch die Beraubung derselben. Aber diese Formen der Autorität werden von der Masse der Bevölkerung im Vergleich weit weniger gefühlt. Ein Mann, der keine Zeitung lesen kann, leidet unvergleichs- weise wenig durch die Gesetze gegen die Freiheit der Presse, und es läßt sich ein Regierungssystem denken, welches allgemein drückend für alle Klas- sen, welche Rang, Reichthum und Jntelligenz be- sitzen, sein würde, obgleich es dem Landvolke und den zahlreichen Volksklassen nur sehr wenig zur Last fällt. So war faktisch der Charakter der Regierung der römischen Kaiser, und so ( mit Aus- nahme des Mißbrauchs des Militär=Konskription ) , war auch der Despotismus Napoleon's beschaf- fen.“ „Wie wenig auch sein Neffe von seinem Genie geerbt haben mag, Louis Napoleon hat beständig die Absicht an den Tag gelegt, das große Prinzip seiner Politik, mit Ausnahme des Theils derselben, der aus seinen immerwährenden militärischen Unternehmungen hervorging, nachzu- ahmen. Und obgleich wir dem Präsidenten die geflissentliche Abneigung gegen liberale Jnstitutio-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 208. Würzburg, 30. August 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische208_1850/1>, abgerufen am 23.11.2024.