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Die Bayerische Presse. Nr. 198. Würzburg, 19. August 1850.

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[Spaltenumbruch] tiven Christenthume, so steht dieser Liberalismus
auch zum positiven Rechte.

   
Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Kiel, 13. August. Gestern Mittag ist der
Dr. Lafaurie gegen Caution vorläufig seiner Haft
entlassen worden.

   

Kiel, 13. August. Eine Abtheilung Dänen,
bestehend aus 1 Oberst, 1 Hauptmann, 2 Lieu-
tenants und 120 Mann, hat heute einen Streif-
zug nach dem Gute des Prinzen von Augusten-
burg Noer gemacht. Dort haben sie die Sachen
des Eigenthümers theilweise zerschlagen sind in
den Keller eingedrungen und haben den dort vor-
gefundenen Wein theils ausgetrunken, theils weg-
geschleppt. Den Gärtner und den Verwalter des
Gutes, die sie zu Anfang an einen Zaun gebun-
den und ihres Geldes beraubt hatten, zwangen
sie, nach Verrichtung ihrer Raubthaten, den Weg
nach Gottorff ihnen zu zeigen, wo sie den Küster
und zwei andere Eingesessene mit sich wegnahmen.
Wahrscheinlich haben sie einen gewissen Carlsen
dort gesucht, den sie indeß nicht fanden.

Kiel, 15. August. Nach sicheren Nachrichten
aus Eckernförde hat sich ein bedeutender Theil der
dänischen Armee in und um Eckernförde conceu-
trirt. Es werden starke Schanzarbeiten vorge-
nommen, namentlich bei der Windebyer Mühle.
Die dazu requirirten Tagelöhner von den adeligen
Gütern erhalten einen sehr hohen Tagelohn für
sehr kurze Arbeitszeit und die Gutsherrschaften
werden bei Vermeidung militärischer Execution
angewiesen, diesen Tagelohn zu bezahlen. Ein
sehr probates Mittel, um bei dem unwiffenden
Proletariate dänische Sympathien zu erwecken, und
ganz im Geiste der jetzigen dänischen Machthaber!

   

Altona, 15. August. Heute Nachmittag 5
Uhr wurden 200 dänische Gefangene nach Glück-
stadt transportirt; der Rest wird morgen folgen.

   

Rendsburg, 16. August. Die Dänen schie-
ben ihre Vorposten allmählig weiter vor.

   
Deutschland.

Aus Frankfurt, 15. August, wird der "N.
M. Z." geschrieben: Das Protokoll der letzten
Plenarsitzung, in welcher die Einsetzung des engern
Rathes beschlossen und dem Präsidialhof die Ein-
berufung desselben anheimgegeben wurde, ist schon
zu Anfang dieser Woche nach Wien abgegangen,
und wird wohl ohne Verzug von dort gemein-
schaftlich mit dem Einberufungsschreiben an alle
deutschen Regierungen gelangen so daß vielleicht
schon in wenigen Tagen der Bundesrath seine
Thätigkeit beginnen kann. Ob Preußen und die
bisher mit ihm unirten Staaten der Einladung
Folge leisten werden, wird vielleicht bezweifelt,
wenn gleich die dermaligen Wirren im Berliner
Ministerium darauf hindeuten, daß man über die
Mittel und Wege, die bisherige Politik weiter zu
verfolgen, dort keineswegs im Klaren ist. Blei-
ben aber die Unionsstaaten sämmtlich oder, wie
es eher den Anschein hat, nur zum Theile dem
engern Rathe fern, so wird die Frage wichtig,
wie es in Bezug auf die Stimmen der Anwesen-
den zu halten sei. Diese Frage wird in dem vor
wenigen Tagen erst erschienenen ersten Hefte des
"Archivs für das öffentliche Recht des deutschen
Bundes" ( Gießen, Ferber'sche Buchhandlung ) von
einem Mitgliede der Bundesversammlung, dem
als Staatsrechtslehrer und Prozeßualisten hochge-
achteten Staatsrath v. Linde beantwortet, daß es
nicht dem mindesten Zweifel unterliege, auf Grund
der provisorischen Geschäftsordnung vom 14. No-
vember 1814 seien die Stimmen der Abwesenden
der Mehrheit, welche sich unter den in der Ver-
sammlung Anwesenden ergeben habe, beizuzählen,
um dadurch die für gewisse Fälle in der Bundes-
akte verlangte Stimmenmehrheit oder Stimmen-
einhelligkeit zu erzielen. Der Wortlaut der betref-
[Spaltenumbruch] fenden Stelle in der Geschäftsordnung sagt aus-
drücklich: "Jedoch soll in dem einen, wie in dem andern
dieser Fälle, wenn bei nicht vollzähliger Versamm-
lung abgestimmt worden, den Anwesenden, welche
keine Vertreter bestellt, zwar das Protokoll zur
Nachbringung ihrer Stimmen in der nächsten Ver-
sammlung offen gehalten werden, indessen, wenn
äuch diese Frist von ihnen versäumt, und nicht
etwa ein weiterer Aufschub aus erheblichen Grun-
den bei der Versammlung nachgesucht und bewirkt
worden, die Zuzählung ihrer Stimmen zur
Vervollständigung der Mehrheit oder
Einstimmigkeit ohne Weiteres stattfin-
den.
" Dieser Satz wird noch besonders wichtig
in der Anwendung auf die Kuriatstimmen. Jm
engeren Rathe sind nämlich wie bekannt, die Klein-
staaten in sechs Kurien vereint, indem die groß-
herzoglich und herzoglich sächsischen Häuser mit
Homburg zusammen nur eine Stimme haben, eben
so Nassau und Braunschweig, dann die beiden
Mecklenburge, sodann Oldenburg, Anhalt und
Schwarzburg, weiter Lichtenstein, Reuß, Lippe und
Waldeck, und endlich die 4 freien Städte. Von
allen diesen Staaten sind zur Zeit Lichtenstein, Hom-
burg, Lippe=Schaumburg u. Strelitz hier anwesend, u.
Nassau steht bestimmt in Aussicht. Nach den
bei Kuriatvertretung geltenden Grund-
sätze repräsentirt die in einer Kurie ab-
gelegte Einzelstimme den Gesammtwil-
len aller Theilhaber;
somit sind im engern
Rathe nicht bos neun, sondern mit Nassau drei-
zehn
Stimmen anwesend, also weitaus mehr als
nöthig sind, um zu berathen und zu beschließen, und
die Zuzählung der noch abwesenden Stimmen wäre
nur in jenen Fällen erforderlich, wo die Bundes-
akte Einstimmigkeit zur Gültigkeit eines Beschlusses
verlangt.

Leipzig, 14. August. Der in der letzten Si-
tzung des akademischen Senats gefaßte Beschluß,
die Ausstellung einer Vollmacht an den zum Ver-
treter der Universität in der 1. Kammer erwähl-
ten Prof. Dr. Tuch zu verweigern, ist, wie das
Dresdener Journal meldet durch Ministerialver-
ordnung kassirt und die Ausstellung der Vollmacht
angeordnet worden.

Wien, 13. August. Wie wir eben erfahren,
werden die beantragten Reducirungen bei den bei-
den Corps in Böhmen und in Vorarlberg vor-
läufig nicht in Ausführung kommen. Das Ge-
rücht von einer Auflösung des Armee=Corps in
Böhmen, welches mehrere Blätter kürzlich brach-
ten, war jedenfalls unrichtig, da dies Corps eben
jetzt nothwendig gewordene Ergänzungsmannschaft,
Waffen und Geschütze an sich zieht.

Wien, 14. Aug. Sie werden sich erinnern,
daß ich früher schon von einer eventuellen Bese-
tzung Badens durch österreichische und württem-
bergische Truppen sprach. Jch kann Jhnen nun
jetzt noch bestimmter versichern, daß die österrei-
chische Regierung dem preuß. Ministerium die An-
zeige gemacht hat: der fernere Ausmarsch von ba-
dischen Truppen nach Preußen werde die unver-
zügliche Besetzung des Großherzogthums durch das
in Vorarlberg stationirte österr. Corps ( 25,000 M.
unter General Legeditsch, dessen Hauptquartier in
Bregenz ist ) zur Folge haben.

   

Wien, 14. August. Oesterreich hat in der
deutschen Frage einen großen Schritt vorwärts
gethan. Die Einberufang des engeren Rathes ist
beschlossen worden. Wir hätten somit bald eine
Antwort auf unsere Frage: Wo ist Deutschland?
Mit der Constituirung des engeren Rathes be-
steht wieder ein deutscher Staat, dessen Eristenz
seit längerer Zeit suspendirt gewesen. Die aus-
wärtigen Mächte werden nicht lange auf sich war-
ten lassen, um dessen factisches Bestehen anzuer-
kennen, und auch "Preußens Ehre" wird sich in
das Unvermeidliche fügen lernen, sobald der Rest
seiner Bundesgenossen ihm den Rücken gekehrt ha-
ben wird. Wir hoffen dieser Ehre wegen, daß
Reuß und Schleiz und Waldeck sich nicht mit der
ganzen Wucht ihrer Macht und mit der ganzen
Schwere ihrer Ehre auf dem Boden vom 26.
Mai aufpflanzen werden, sonst würden diese Län-
der Preußen mit ihren Bindfädchen in solche Fes-
[Spaltenumbruch] seln legen, daß es durchaus die zerfetzte Fahne
der Union ferner in seiner müden Faust schwingen
müßte. Gerüchte durchlaufen viele Blätter, und nicht
nur die österr.=gesinnten, daß auch Braunschweig
daran denke, das lecke Schiff der Union zu ver-
lassen, bevor es sinkt. Es ist wenigstens bemer-
kenswerth an ähnlichen Gerüchten, die auch be-
züglich der Hessen, Nassau's und anderer Staa-
ten ihrer Zeit circulirten, daß sie sich stets be-
wahrheitet haben. Auch das ist ein ominöses Zei-
chen für die Union, daß seit dem Abschlusse der-
selben noch nie selbst ein Gerücht aufgetaucht ist,
daß irgend ein Staat, der nicht zu ihr gehörte,
sich derselben anzuschließen beabsichtige. Die preu-
ßische Journale, besonders diejenigen der Gothaer-
Partei, wetteifern jetzt in den Beschimpfungen, wel-
chen sie auf den Vater der Union häufen. Keine
Benennung ist zu schlecht, um dem General v.
Radowitz beigelegt zu werden. Projektenmacher,
Abenteurer, Taschenspieler, Mann des allgemeinen
Mißtrauens, dem nur Ein Mann in ganz Preußen
traut, das sind noch die glimpflichsten Namen, mit denen
jener Staatsmann jetzt bedacht wird. Dieselben
Journale, welche einst Radowitz vergötterten,
möchten jetzt die Trümmer seines Rufes und gu-
ten Namens zu einem Piedestal für Herrn v.
Manteuffel gebrauchen, der a tout prix zu ei-
nem Heros gemacht werden soll. Sie mögen
selbst empfinden, wie dieses die leichteste Arbeit
nicht ist. Jn der That glauben sie kein Wort
von dem, was sie über jenen Minister sagen;
sie möchten nur ihm selbst etwas Glauben an sich
einflößen. Heute über vierzehn Tagen werden
jedoch dieselben Stimmen, welche Herrn v. Ra-
dowitz beschimpfen, ein Gleiches mit Herrn v.
Manteuffel versuchen. Eine untergehende Partei
ist in dieser Hinsicht ziemlich unparteiisch, nur
daß sie den guteu Ruf aller ihrer Leiter nicht zu
gleicher Zeit verspeist. Die Reihe trifft aber Je-
den derselben nichtsdestoweniger.

Die "Deutsche Reform" wird jetzt von Tag
zu Tag mysteriöser. Jhr Leitartikel vom 12.
August ist so voller "Ehre" daß von Politik,
wie sie uns versichert, in derselben gar keine
Rede sein kann. Das ministerielle Blatt verkün-
det der staunenden Welt, daß bis "die große
Frage von der Ehre Preußens auf eine über je-
den Zweisel erhabene Weise gelöst sei," jener
Staat sich um Politik gar nicht kümmern dürfe.
Wir wußten es bisher nicht, daß Preußens Ehre
eine offene, noch ungelöste Frage bilde, und wäre
die "Deutsche Reform" nicht ein offizielles Blatt
wir würden ihr auch jetzt keinen Glauben schen-
ken. Wer dieselbe in Zweifel gezogen hat, wird
uns noch nicht anvertraut. Nur das versichert
uns die "Reform," daß alle Parteien ohne Un-
terschied es sehnlichst verlangen, daß Preußen Kraft
suche in der -- Entrüstung, und daß es, sobald es
dieselbe gefunden hat, sich -- aufrichte. Dage-
gen läßt sich freilich gar nichts einwenden, ob-
gleich wir für unsern Geschmack vorziehen möch-
ten, daß ein großer Staat auch ohne Entrüstung
kräftig sei, und ohne besondere Kraftanstrengung
stets eine aufgerichtete Stellung einnehme. Auch
sollte ein angesehener Staat von seiner Ehre
ebenso wenig Worte machen, wie ein Mädchen
von ihrer Unschuld. Man zweifelt nicht an sol-
chen Dingen, so lange nicht von ihnen geredet
wird.

   

Krakau, 9. August. Zur allgemeinen Be-
ruhigung macht der hiesige Stadtrath jetzt öffent-
lich die Entstehung des ersten großen Brandes,
nach genauesten Ermittelungen, bekannt. Darnach
haben in der Mühle, wo das Feuer ausbrach, der
Müller und der Lehrling eines Schmieds zur Er-
glühung einer in ein Mühlrad zu bringenden
Welle in einem unangemessenen Raume ein be-
deutendes Feuer angezündet, welches dann um sich
gegriffen, nicht mehr zu bewältigen gewesen und
bei der Hitze, wie dem scharfen Windzuge, den
großen Brand veranlaßt hat.

Berlin, 13. August. Depesche des Hrn. Mi-
nisters von Schleinitz an den Grafen Bernstorff
zu Wien. Sie lautet folgendermaßen: Ew. Hoch-
geboren wird aus den öffentlichen Blättern die

[Spaltenumbruch] tiven Christenthume, so steht dieser Liberalismus
auch zum positiven Rechte.

   
Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Kiel, 13. August. Gestern Mittag ist der
Dr. Lafaurie gegen Caution vorläufig seiner Haft
entlassen worden.

   

Kiel, 13. August. Eine Abtheilung Dänen,
bestehend aus 1 Oberst, 1 Hauptmann, 2 Lieu-
tenants und 120 Mann, hat heute einen Streif-
zug nach dem Gute des Prinzen von Augusten-
burg Noer gemacht. Dort haben sie die Sachen
des Eigenthümers theilweise zerschlagen sind in
den Keller eingedrungen und haben den dort vor-
gefundenen Wein theils ausgetrunken, theils weg-
geschleppt. Den Gärtner und den Verwalter des
Gutes, die sie zu Anfang an einen Zaun gebun-
den und ihres Geldes beraubt hatten, zwangen
sie, nach Verrichtung ihrer Raubthaten, den Weg
nach Gottorff ihnen zu zeigen, wo sie den Küster
und zwei andere Eingesessene mit sich wegnahmen.
Wahrscheinlich haben sie einen gewissen Carlsen
dort gesucht, den sie indeß nicht fanden.

Kiel, 15. August. Nach sicheren Nachrichten
aus Eckernförde hat sich ein bedeutender Theil der
dänischen Armee in und um Eckernförde conceu-
trirt. Es werden starke Schanzarbeiten vorge-
nommen, namentlich bei der Windebyer Mühle.
Die dazu requirirten Tagelöhner von den adeligen
Gütern erhalten einen sehr hohen Tagelohn für
sehr kurze Arbeitszeit und die Gutsherrschaften
werden bei Vermeidung militärischer Execution
angewiesen, diesen Tagelohn zu bezahlen. Ein
sehr probates Mittel, um bei dem unwiffenden
Proletariate dänische Sympathien zu erwecken, und
ganz im Geiste der jetzigen dänischen Machthaber!

   

Altona, 15. August. Heute Nachmittag 5
Uhr wurden 200 dänische Gefangene nach Glück-
stadt transportirt; der Rest wird morgen folgen.

   

Rendsburg, 16. August. Die Dänen schie-
ben ihre Vorposten allmählig weiter vor.

   
Deutschland.

Aus Frankfurt, 15. August, wird der „N.
M. Z.“ geschrieben: Das Protokoll der letzten
Plenarsitzung, in welcher die Einsetzung des engern
Rathes beschlossen und dem Präsidialhof die Ein-
berufung desselben anheimgegeben wurde, ist schon
zu Anfang dieser Woche nach Wien abgegangen,
und wird wohl ohne Verzug von dort gemein-
schaftlich mit dem Einberufungsschreiben an alle
deutschen Regierungen gelangen so daß vielleicht
schon in wenigen Tagen der Bundesrath seine
Thätigkeit beginnen kann. Ob Preußen und die
bisher mit ihm unirten Staaten der Einladung
Folge leisten werden, wird vielleicht bezweifelt,
wenn gleich die dermaligen Wirren im Berliner
Ministerium darauf hindeuten, daß man über die
Mittel und Wege, die bisherige Politik weiter zu
verfolgen, dort keineswegs im Klaren ist. Blei-
ben aber die Unionsstaaten sämmtlich oder, wie
es eher den Anschein hat, nur zum Theile dem
engern Rathe fern, so wird die Frage wichtig,
wie es in Bezug auf die Stimmen der Anwesen-
den zu halten sei. Diese Frage wird in dem vor
wenigen Tagen erst erschienenen ersten Hefte des
„Archivs für das öffentliche Recht des deutschen
Bundes“ ( Gießen, Ferber'sche Buchhandlung ) von
einem Mitgliede der Bundesversammlung, dem
als Staatsrechtslehrer und Prozeßualisten hochge-
achteten Staatsrath v. Linde beantwortet, daß es
nicht dem mindesten Zweifel unterliege, auf Grund
der provisorischen Geschäftsordnung vom 14. No-
vember 1814 seien die Stimmen der Abwesenden
der Mehrheit, welche sich unter den in der Ver-
sammlung Anwesenden ergeben habe, beizuzählen,
um dadurch die für gewisse Fälle in der Bundes-
akte verlangte Stimmenmehrheit oder Stimmen-
einhelligkeit zu erzielen. Der Wortlaut der betref-
[Spaltenumbruch] fenden Stelle in der Geschäftsordnung sagt aus-
drücklich: „Jedoch soll in dem einen, wie in dem andern
dieser Fälle, wenn bei nicht vollzähliger Versamm-
lung abgestimmt worden, den Anwesenden, welche
keine Vertreter bestellt, zwar das Protokoll zur
Nachbringung ihrer Stimmen in der nächsten Ver-
sammlung offen gehalten werden, indessen, wenn
äuch diese Frist von ihnen versäumt, und nicht
etwa ein weiterer Aufschub aus erheblichen Grun-
den bei der Versammlung nachgesucht und bewirkt
worden, die Zuzählung ihrer Stimmen zur
Vervollständigung der Mehrheit oder
Einstimmigkeit ohne Weiteres stattfin-
den.
“ Dieser Satz wird noch besonders wichtig
in der Anwendung auf die Kuriatstimmen. Jm
engeren Rathe sind nämlich wie bekannt, die Klein-
staaten in sechs Kurien vereint, indem die groß-
herzoglich und herzoglich sächsischen Häuser mit
Homburg zusammen nur eine Stimme haben, eben
so Nassau und Braunschweig, dann die beiden
Mecklenburge, sodann Oldenburg, Anhalt und
Schwarzburg, weiter Lichtenstein, Reuß, Lippe und
Waldeck, und endlich die 4 freien Städte. Von
allen diesen Staaten sind zur Zeit Lichtenstein, Hom-
burg, Lippe=Schaumburg u. Strelitz hier anwesend, u.
Nassau steht bestimmt in Aussicht. Nach den
bei Kuriatvertretung geltenden Grund-
sätze repräsentirt die in einer Kurie ab-
gelegte Einzelstimme den Gesammtwil-
len aller Theilhaber;
somit sind im engern
Rathe nicht bos neun, sondern mit Nassau drei-
zehn
Stimmen anwesend, also weitaus mehr als
nöthig sind, um zu berathen und zu beschließen, und
die Zuzählung der noch abwesenden Stimmen wäre
nur in jenen Fällen erforderlich, wo die Bundes-
akte Einstimmigkeit zur Gültigkeit eines Beschlusses
verlangt.

Leipzig, 14. August. Der in der letzten Si-
tzung des akademischen Senats gefaßte Beschluß,
die Ausstellung einer Vollmacht an den zum Ver-
treter der Universität in der 1. Kammer erwähl-
ten Prof. Dr. Tuch zu verweigern, ist, wie das
Dresdener Journal meldet durch Ministerialver-
ordnung kassirt und die Ausstellung der Vollmacht
angeordnet worden.

Wien, 13. August. Wie wir eben erfahren,
werden die beantragten Reducirungen bei den bei-
den Corps in Böhmen und in Vorarlberg vor-
läufig nicht in Ausführung kommen. Das Ge-
rücht von einer Auflösung des Armee=Corps in
Böhmen, welches mehrere Blätter kürzlich brach-
ten, war jedenfalls unrichtig, da dies Corps eben
jetzt nothwendig gewordene Ergänzungsmannschaft,
Waffen und Geschütze an sich zieht.

Wien, 14. Aug. Sie werden sich erinnern,
daß ich früher schon von einer eventuellen Bese-
tzung Badens durch österreichische und württem-
bergische Truppen sprach. Jch kann Jhnen nun
jetzt noch bestimmter versichern, daß die österrei-
chische Regierung dem preuß. Ministerium die An-
zeige gemacht hat: der fernere Ausmarsch von ba-
dischen Truppen nach Preußen werde die unver-
zügliche Besetzung des Großherzogthums durch das
in Vorarlberg stationirte österr. Corps ( 25,000 M.
unter General Legeditsch, dessen Hauptquartier in
Bregenz ist ) zur Folge haben.

   

Wien, 14. August. Oesterreich hat in der
deutschen Frage einen großen Schritt vorwärts
gethan. Die Einberufang des engeren Rathes ist
beschlossen worden. Wir hätten somit bald eine
Antwort auf unsere Frage: Wo ist Deutschland?
Mit der Constituirung des engeren Rathes be-
steht wieder ein deutscher Staat, dessen Eristenz
seit längerer Zeit suspendirt gewesen. Die aus-
wärtigen Mächte werden nicht lange auf sich war-
ten lassen, um dessen factisches Bestehen anzuer-
kennen, und auch „Preußens Ehre“ wird sich in
das Unvermeidliche fügen lernen, sobald der Rest
seiner Bundesgenossen ihm den Rücken gekehrt ha-
ben wird. Wir hoffen dieser Ehre wegen, daß
Reuß und Schleiz und Waldeck sich nicht mit der
ganzen Wucht ihrer Macht und mit der ganzen
Schwere ihrer Ehre auf dem Boden vom 26.
Mai aufpflanzen werden, sonst würden diese Län-
der Preußen mit ihren Bindfädchen in solche Fes-
[Spaltenumbruch] seln legen, daß es durchaus die zerfetzte Fahne
der Union ferner in seiner müden Faust schwingen
müßte. Gerüchte durchlaufen viele Blätter, und nicht
nur die österr.=gesinnten, daß auch Braunschweig
daran denke, das lecke Schiff der Union zu ver-
lassen, bevor es sinkt. Es ist wenigstens bemer-
kenswerth an ähnlichen Gerüchten, die auch be-
züglich der Hessen, Nassau's und anderer Staa-
ten ihrer Zeit circulirten, daß sie sich stets be-
wahrheitet haben. Auch das ist ein ominöses Zei-
chen für die Union, daß seit dem Abschlusse der-
selben noch nie selbst ein Gerücht aufgetaucht ist,
daß irgend ein Staat, der nicht zu ihr gehörte,
sich derselben anzuschließen beabsichtige. Die preu-
ßische Journale, besonders diejenigen der Gothaer-
Partei, wetteifern jetzt in den Beschimpfungen, wel-
chen sie auf den Vater der Union häufen. Keine
Benennung ist zu schlecht, um dem General v.
Radowitz beigelegt zu werden. Projektenmacher,
Abenteurer, Taschenspieler, Mann des allgemeinen
Mißtrauens, dem nur Ein Mann in ganz Preußen
traut, das sind noch die glimpflichsten Namen, mit denen
jener Staatsmann jetzt bedacht wird. Dieselben
Journale, welche einst Radowitz vergötterten,
möchten jetzt die Trümmer seines Rufes und gu-
ten Namens zu einem Piedestal für Herrn v.
Manteuffel gebrauchen, der à tout prix zu ei-
nem Heros gemacht werden soll. Sie mögen
selbst empfinden, wie dieses die leichteste Arbeit
nicht ist. Jn der That glauben sie kein Wort
von dem, was sie über jenen Minister sagen;
sie möchten nur ihm selbst etwas Glauben an sich
einflößen. Heute über vierzehn Tagen werden
jedoch dieselben Stimmen, welche Herrn v. Ra-
dowitz beschimpfen, ein Gleiches mit Herrn v.
Manteuffel versuchen. Eine untergehende Partei
ist in dieser Hinsicht ziemlich unparteiisch, nur
daß sie den guteu Ruf aller ihrer Leiter nicht zu
gleicher Zeit verspeist. Die Reihe trifft aber Je-
den derselben nichtsdestoweniger.

Die „Deutsche Reform“ wird jetzt von Tag
zu Tag mysteriöser. Jhr Leitartikel vom 12.
August ist so voller „Ehre“ daß von Politik,
wie sie uns versichert, in derselben gar keine
Rede sein kann. Das ministerielle Blatt verkün-
det der staunenden Welt, daß bis „die große
Frage von der Ehre Preußens auf eine über je-
den Zweisel erhabene Weise gelöst sei,“ jener
Staat sich um Politik gar nicht kümmern dürfe.
Wir wußten es bisher nicht, daß Preußens Ehre
eine offene, noch ungelöste Frage bilde, und wäre
die „Deutsche Reform“ nicht ein offizielles Blatt
wir würden ihr auch jetzt keinen Glauben schen-
ken. Wer dieselbe in Zweifel gezogen hat, wird
uns noch nicht anvertraut. Nur das versichert
uns die „Reform,“ daß alle Parteien ohne Un-
terschied es sehnlichst verlangen, daß Preußen Kraft
suche in der -- Entrüstung, und daß es, sobald es
dieselbe gefunden hat, sich -- aufrichte. Dage-
gen läßt sich freilich gar nichts einwenden, ob-
gleich wir für unsern Geschmack vorziehen möch-
ten, daß ein großer Staat auch ohne Entrüstung
kräftig sei, und ohne besondere Kraftanstrengung
stets eine aufgerichtete Stellung einnehme. Auch
sollte ein angesehener Staat von seiner Ehre
ebenso wenig Worte machen, wie ein Mädchen
von ihrer Unschuld. Man zweifelt nicht an sol-
chen Dingen, so lange nicht von ihnen geredet
wird.

   

Krakau, 9. August. Zur allgemeinen Be-
ruhigung macht der hiesige Stadtrath jetzt öffent-
lich die Entstehung des ersten großen Brandes,
nach genauesten Ermittelungen, bekannt. Darnach
haben in der Mühle, wo das Feuer ausbrach, der
Müller und der Lehrling eines Schmieds zur Er-
glühung einer in ein Mühlrad zu bringenden
Welle in einem unangemessenen Raume ein be-
deutendes Feuer angezündet, welches dann um sich
gegriffen, nicht mehr zu bewältigen gewesen und
bei der Hitze, wie dem scharfen Windzuge, den
großen Brand veranlaßt hat.

Berlin, 13. August. Depesche des Hrn. Mi-
nisters von Schleinitz an den Grafen Bernstorff
zu Wien. Sie lautet folgendermaßen: Ew. Hoch-
geboren wird aus den öffentlichen Blättern die

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[0002] tiven Christenthume, so steht dieser Liberalismus auch zum positiven Rechte. ( M. J. ) Schleswig=holsteinische Ange- legenheiten . Kiel, 13. August. Gestern Mittag ist der Dr. Lafaurie gegen Caution vorläufig seiner Haft entlassen worden. ( H. R. ) Kiel, 13. August. Eine Abtheilung Dänen, bestehend aus 1 Oberst, 1 Hauptmann, 2 Lieu- tenants und 120 Mann, hat heute einen Streif- zug nach dem Gute des Prinzen von Augusten- burg Noer gemacht. Dort haben sie die Sachen des Eigenthümers theilweise zerschlagen sind in den Keller eingedrungen und haben den dort vor- gefundenen Wein theils ausgetrunken, theils weg- geschleppt. Den Gärtner und den Verwalter des Gutes, die sie zu Anfang an einen Zaun gebun- den und ihres Geldes beraubt hatten, zwangen sie, nach Verrichtung ihrer Raubthaten, den Weg nach Gottorff ihnen zu zeigen, wo sie den Küster und zwei andere Eingesessene mit sich wegnahmen. Wahrscheinlich haben sie einen gewissen Carlsen dort gesucht, den sie indeß nicht fanden. ( H. N. ) Kiel, 15. August. Nach sicheren Nachrichten aus Eckernförde hat sich ein bedeutender Theil der dänischen Armee in und um Eckernförde conceu- trirt. Es werden starke Schanzarbeiten vorge- nommen, namentlich bei der Windebyer Mühle. Die dazu requirirten Tagelöhner von den adeligen Gütern erhalten einen sehr hohen Tagelohn für sehr kurze Arbeitszeit und die Gutsherrschaften werden bei Vermeidung militärischer Execution angewiesen, diesen Tagelohn zu bezahlen. Ein sehr probates Mittel, um bei dem unwiffenden Proletariate dänische Sympathien zu erwecken, und ganz im Geiste der jetzigen dänischen Machthaber! ( H. C. ) Altona, 15. August. Heute Nachmittag 5 Uhr wurden 200 dänische Gefangene nach Glück- stadt transportirt; der Rest wird morgen folgen. ( H. N. ) Rendsburg, 16. August. Die Dänen schie- ben ihre Vorposten allmählig weiter vor. ( Berl. telegr. Bür. ) Deutschland. Aus Frankfurt, 15. August, wird der „N. M. Z.“ geschrieben: Das Protokoll der letzten Plenarsitzung, in welcher die Einsetzung des engern Rathes beschlossen und dem Präsidialhof die Ein- berufung desselben anheimgegeben wurde, ist schon zu Anfang dieser Woche nach Wien abgegangen, und wird wohl ohne Verzug von dort gemein- schaftlich mit dem Einberufungsschreiben an alle deutschen Regierungen gelangen so daß vielleicht schon in wenigen Tagen der Bundesrath seine Thätigkeit beginnen kann. Ob Preußen und die bisher mit ihm unirten Staaten der Einladung Folge leisten werden, wird vielleicht bezweifelt, wenn gleich die dermaligen Wirren im Berliner Ministerium darauf hindeuten, daß man über die Mittel und Wege, die bisherige Politik weiter zu verfolgen, dort keineswegs im Klaren ist. Blei- ben aber die Unionsstaaten sämmtlich oder, wie es eher den Anschein hat, nur zum Theile dem engern Rathe fern, so wird die Frage wichtig, wie es in Bezug auf die Stimmen der Anwesen- den zu halten sei. Diese Frage wird in dem vor wenigen Tagen erst erschienenen ersten Hefte des „Archivs für das öffentliche Recht des deutschen Bundes“ ( Gießen, Ferber'sche Buchhandlung ) von einem Mitgliede der Bundesversammlung, dem als Staatsrechtslehrer und Prozeßualisten hochge- achteten Staatsrath v. Linde beantwortet, daß es nicht dem mindesten Zweifel unterliege, auf Grund der provisorischen Geschäftsordnung vom 14. No- vember 1814 seien die Stimmen der Abwesenden der Mehrheit, welche sich unter den in der Ver- sammlung Anwesenden ergeben habe, beizuzählen, um dadurch die für gewisse Fälle in der Bundes- akte verlangte Stimmenmehrheit oder Stimmen- einhelligkeit zu erzielen. Der Wortlaut der betref- fenden Stelle in der Geschäftsordnung sagt aus- drücklich: „Jedoch soll in dem einen, wie in dem andern dieser Fälle, wenn bei nicht vollzähliger Versamm- lung abgestimmt worden, den Anwesenden, welche keine Vertreter bestellt, zwar das Protokoll zur Nachbringung ihrer Stimmen in der nächsten Ver- sammlung offen gehalten werden, indessen, wenn äuch diese Frist von ihnen versäumt, und nicht etwa ein weiterer Aufschub aus erheblichen Grun- den bei der Versammlung nachgesucht und bewirkt worden, die Zuzählung ihrer Stimmen zur Vervollständigung der Mehrheit oder Einstimmigkeit ohne Weiteres stattfin- den. “ Dieser Satz wird noch besonders wichtig in der Anwendung auf die Kuriatstimmen. Jm engeren Rathe sind nämlich wie bekannt, die Klein- staaten in sechs Kurien vereint, indem die groß- herzoglich und herzoglich sächsischen Häuser mit Homburg zusammen nur eine Stimme haben, eben so Nassau und Braunschweig, dann die beiden Mecklenburge, sodann Oldenburg, Anhalt und Schwarzburg, weiter Lichtenstein, Reuß, Lippe und Waldeck, und endlich die 4 freien Städte. Von allen diesen Staaten sind zur Zeit Lichtenstein, Hom- burg, Lippe=Schaumburg u. Strelitz hier anwesend, u. Nassau steht bestimmt in Aussicht. Nach den bei Kuriatvertretung geltenden Grund- sätze repräsentirt die in einer Kurie ab- gelegte Einzelstimme den Gesammtwil- len aller Theilhaber; somit sind im engern Rathe nicht bos neun, sondern mit Nassau drei- zehn Stimmen anwesend, also weitaus mehr als nöthig sind, um zu berathen und zu beschließen, und die Zuzählung der noch abwesenden Stimmen wäre nur in jenen Fällen erforderlich, wo die Bundes- akte Einstimmigkeit zur Gültigkeit eines Beschlusses verlangt. Leipzig, 14. August. Der in der letzten Si- tzung des akademischen Senats gefaßte Beschluß, die Ausstellung einer Vollmacht an den zum Ver- treter der Universität in der 1. Kammer erwähl- ten Prof. Dr. Tuch zu verweigern, ist, wie das Dresdener Journal meldet durch Ministerialver- ordnung kassirt und die Ausstellung der Vollmacht angeordnet worden. Wien, 13. August. Wie wir eben erfahren, werden die beantragten Reducirungen bei den bei- den Corps in Böhmen und in Vorarlberg vor- läufig nicht in Ausführung kommen. Das Ge- rücht von einer Auflösung des Armee=Corps in Böhmen, welches mehrere Blätter kürzlich brach- ten, war jedenfalls unrichtig, da dies Corps eben jetzt nothwendig gewordene Ergänzungsmannschaft, Waffen und Geschütze an sich zieht. ( Schl. Z. ) Wien, 14. Aug. Sie werden sich erinnern, daß ich früher schon von einer eventuellen Bese- tzung Badens durch österreichische und württem- bergische Truppen sprach. Jch kann Jhnen nun jetzt noch bestimmter versichern, daß die österrei- chische Regierung dem preuß. Ministerium die An- zeige gemacht hat: der fernere Ausmarsch von ba- dischen Truppen nach Preußen werde die unver- zügliche Besetzung des Großherzogthums durch das in Vorarlberg stationirte österr. Corps ( 25,000 M. unter General Legeditsch, dessen Hauptquartier in Bregenz ist ) zur Folge haben. ( A. Z. ) Wien, 14. August. Oesterreich hat in der deutschen Frage einen großen Schritt vorwärts gethan. Die Einberufang des engeren Rathes ist beschlossen worden. Wir hätten somit bald eine Antwort auf unsere Frage: Wo ist Deutschland? Mit der Constituirung des engeren Rathes be- steht wieder ein deutscher Staat, dessen Eristenz seit längerer Zeit suspendirt gewesen. Die aus- wärtigen Mächte werden nicht lange auf sich war- ten lassen, um dessen factisches Bestehen anzuer- kennen, und auch „Preußens Ehre“ wird sich in das Unvermeidliche fügen lernen, sobald der Rest seiner Bundesgenossen ihm den Rücken gekehrt ha- ben wird. Wir hoffen dieser Ehre wegen, daß Reuß und Schleiz und Waldeck sich nicht mit der ganzen Wucht ihrer Macht und mit der ganzen Schwere ihrer Ehre auf dem Boden vom 26. Mai aufpflanzen werden, sonst würden diese Län- der Preußen mit ihren Bindfädchen in solche Fes- seln legen, daß es durchaus die zerfetzte Fahne der Union ferner in seiner müden Faust schwingen müßte. Gerüchte durchlaufen viele Blätter, und nicht nur die österr.=gesinnten, daß auch Braunschweig daran denke, das lecke Schiff der Union zu ver- lassen, bevor es sinkt. Es ist wenigstens bemer- kenswerth an ähnlichen Gerüchten, die auch be- züglich der Hessen, Nassau's und anderer Staa- ten ihrer Zeit circulirten, daß sie sich stets be- wahrheitet haben. Auch das ist ein ominöses Zei- chen für die Union, daß seit dem Abschlusse der- selben noch nie selbst ein Gerücht aufgetaucht ist, daß irgend ein Staat, der nicht zu ihr gehörte, sich derselben anzuschließen beabsichtige. Die preu- ßische Journale, besonders diejenigen der Gothaer- Partei, wetteifern jetzt in den Beschimpfungen, wel- chen sie auf den Vater der Union häufen. Keine Benennung ist zu schlecht, um dem General v. Radowitz beigelegt zu werden. Projektenmacher, Abenteurer, Taschenspieler, Mann des allgemeinen Mißtrauens, dem nur Ein Mann in ganz Preußen traut, das sind noch die glimpflichsten Namen, mit denen jener Staatsmann jetzt bedacht wird. Dieselben Journale, welche einst Radowitz vergötterten, möchten jetzt die Trümmer seines Rufes und gu- ten Namens zu einem Piedestal für Herrn v. Manteuffel gebrauchen, der à tout prix zu ei- nem Heros gemacht werden soll. Sie mögen selbst empfinden, wie dieses die leichteste Arbeit nicht ist. Jn der That glauben sie kein Wort von dem, was sie über jenen Minister sagen; sie möchten nur ihm selbst etwas Glauben an sich einflößen. Heute über vierzehn Tagen werden jedoch dieselben Stimmen, welche Herrn v. Ra- dowitz beschimpfen, ein Gleiches mit Herrn v. Manteuffel versuchen. Eine untergehende Partei ist in dieser Hinsicht ziemlich unparteiisch, nur daß sie den guteu Ruf aller ihrer Leiter nicht zu gleicher Zeit verspeist. Die Reihe trifft aber Je- den derselben nichtsdestoweniger. Die „Deutsche Reform“ wird jetzt von Tag zu Tag mysteriöser. Jhr Leitartikel vom 12. August ist so voller „Ehre“ daß von Politik, wie sie uns versichert, in derselben gar keine Rede sein kann. Das ministerielle Blatt verkün- det der staunenden Welt, daß bis „die große Frage von der Ehre Preußens auf eine über je- den Zweisel erhabene Weise gelöst sei,“ jener Staat sich um Politik gar nicht kümmern dürfe. Wir wußten es bisher nicht, daß Preußens Ehre eine offene, noch ungelöste Frage bilde, und wäre die „Deutsche Reform“ nicht ein offizielles Blatt wir würden ihr auch jetzt keinen Glauben schen- ken. Wer dieselbe in Zweifel gezogen hat, wird uns noch nicht anvertraut. Nur das versichert uns die „Reform,“ daß alle Parteien ohne Un- terschied es sehnlichst verlangen, daß Preußen Kraft suche in der -- Entrüstung, und daß es, sobald es dieselbe gefunden hat, sich -- aufrichte. Dage- gen läßt sich freilich gar nichts einwenden, ob- gleich wir für unsern Geschmack vorziehen möch- ten, daß ein großer Staat auch ohne Entrüstung kräftig sei, und ohne besondere Kraftanstrengung stets eine aufgerichtete Stellung einnehme. Auch sollte ein angesehener Staat von seiner Ehre ebenso wenig Worte machen, wie ein Mädchen von ihrer Unschuld. Man zweifelt nicht an sol- chen Dingen, so lange nicht von ihnen geredet wird. ( Lloyd. ) Krakau, 9. August. Zur allgemeinen Be- ruhigung macht der hiesige Stadtrath jetzt öffent- lich die Entstehung des ersten großen Brandes, nach genauesten Ermittelungen, bekannt. Darnach haben in der Mühle, wo das Feuer ausbrach, der Müller und der Lehrling eines Schmieds zur Er- glühung einer in ein Mühlrad zu bringenden Welle in einem unangemessenen Raume ein be- deutendes Feuer angezündet, welches dann um sich gegriffen, nicht mehr zu bewältigen gewesen und bei der Hitze, wie dem scharfen Windzuge, den großen Brand veranlaßt hat. Berlin, 13. August. Depesche des Hrn. Mi- nisters von Schleinitz an den Grafen Bernstorff zu Wien. Sie lautet folgendermaßen: Ew. Hoch- geboren wird aus den öffentlichen Blättern die

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 198. Würzburg, 19. August 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische198_1850/2>, abgerufen am 24.11.2024.