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Die Bayerische Presse. Nr. 184. Würzburg, 2. August 1850.

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[Spaltenumbruch] Kampfesunfähigen, namentlich Weiber und Kinder,
von dort entfernt würden. Selbst Fußgängern
bleiben die Thore versperrt, was auf eine sehr
nahe Belagerung schließen läßt. Die Garniso-
nen, welche im Jnnern Holsteins lagen, sind --
mit Ausnahme der am Kieler Meerbusen und in
Heiligenhafen aufgestellten 2000 Mann -- nach
Rendsburg geworfen, so daß 4000 M. kampffer-
tig darin sein mögen.

Unter den Offizieren der Eckernförder Gar-
nison war in der Nacht vom 25. zum 26. über
Willisen's Taktik nicht grade eine sehr günstige
Stimmung bemerkbar. Allgemein frug man sich,
warum er denn das Organisiren einer Reserve,
was doch dringend nöthig gewesen und was der
Schlacht einen andern Ausgang zu geben vermocht
hätte, ganz unterlassen habe. Jn der That ging
die Schlacht von Jdstedt aus drei Gründen ver-
loren, deren erster der Mangel an Reserve, der
zweite die schlechte Organisation der schleswig-
holsteinischen Kavallerie gewesen. Diese hat nie
mit der dänischen sich zu messen vermocht, Willisen
aber hat sie noch reducirt, weil er meint, daß
Kavallerie im großen Kriege nichts nütze und nur
zu Patrouillendienst zu brauchen sei. Als nun in
dem Augenblicke, in welchem die Schlacht auf der
kritischen Höhe stand, seinem Centrum ( wie man
sagt durch Mißverständniß ) die Munition ausging,
ließ er, nachdem sein Bayonnetangriff mißlungen
und die Dänen dem Centrum mit der blanken
Waffe zu Leibe gingen, seine zwei Schwadronen
Dragoner dem vorrückenden Feind in die Flanke
fallen -- ein Manöver, das nutzlos war, weil
zwei Schwadronen die starke dänische Sturmko-
lonne eben so wenig aufhalten konnten, wie ein
Hemmschuh eine Lokomotive. Wären zehn Schwa-
dronen vorhanden gewesen, die sich bei dem au-
ßerordentlichen Pferdereichthum Holsteins sehr leicht
hätten aufbringen lassen, so wäre der Ausgang
der Schlacht wahrscheinlich ein anderer gewesen.
Der dritte Fehler war endlich der, daß man in
der Position von Jdstedt überhaupt eine große
Schlacht annahm. Die Stellung ist gut, u. gegen
ein numerisch schwächeres Corps -- also z. B.
gegen das von Schleppegrell, welches den Schles-
wig=Holsteinern anfänglich allein gegenüber stand --
konnte man nichts Besseres thun, als sich auf die
Seen stützen, die den Rücken deckten. Mit der
ganzen dänischen Macht aber hätte man sich auf
diesem Terrain -- was als offenes Heideland der
dänischen Kavallerie den weitesten Spielraum bot --
in keinen Entscheidungskampf einlassen sollen. Das
eigentliche deutsche Schleswig, was zwischen Schley
und Eider liegt, ist mit dichten, jetzt im Blätter-
schmuck prangenden Hecken schachbrettartig durch-
zogen -- hier also wäre für holst. Truppen das
Feld des Sieges gewesen. ( N. Preuß. Z. )

Kiel, 28. Juli. J. Venedey, der frühere
Abgeordnete zur deutschen Nationalversammlung,
hat ein an General von Wrangel, Commandan-
ten der Marken, gerichtetes und von hier aus
unterm 27. d. datirtes Schreiben erlassen und in
der "Ztg. für Norddeutschl." veröffentlicht, in
welchem er den tapferen General an den denk-
würdigen Sturm des Danewerks, so wie an die
dabei an den Tag gegebene Tapferkeit des preu-
ßischen Heeres erinnert. Er habe die feste Ue-
berzeugung, daß die Heere Preußens noch heute
dieselben seien, die bei Fehrbellin, bei Roßbach,
bei Leipzig, bei Waterloo die Fahne Preußens
und den Mannesmuth deutschen Blutes höher
als die aller anderen Völker stellten. Die Sache
aber, für welche der General und sein tapferes
Heer vor Jahr und Tag ihr Blut einsetzten,
werde jetzt mit eisernen Füßen zertreten, die-
selbe Sache, welche vor wie nach die Sache
Preußens und Deutschlands sei! Er fordere
den General auf, da es ihm nicht
erlaubt sei, jetzt für diese Sache zu
kämpfen, sich an die Spitze einer Subscription des
preußischen Heeres für Schleswig=Holstein zu stel-
len. Ein Viertheil der Löhnung der Offiziere
und Soldaten könnte wohl genügen, das ganze
schleswig'sche Heer zu erhalten. Auch könnten
( meint Herr Venedey ganz naiv ) die Hände der
[Spaltenumbruch] preußischen Soldaten wohl Charpie zupfen für die
Wunden ihrer Brüder in Schleswig! Das sei
Alles, was er mit dieser öffentlichen Zuschrift an
General Wrangel beabsichtige.

Altona, 29. Juli. Der heutige Bahnzug hat
keine Neuigkeiten von Bedeutung gebracht. Zwei
Schwadronen schleswig=holsteinische Dragoner stie-
ßen gestern beim Recognosciren in der Gegend
bei Kropp, zwischen Rendsburg und Schleswig,
auf drei Schwadronen dänischer Husaren. Letztere
wurden zum Weichen gebracht und verfolgt, plötz-
lich jedoch sahen die Unsrigen sich im Rücken von
zwei Bataillonen dänischer Jnfanterie bedroht, und
es blieb ihnen daher nichts Anderes übrig, als
sich durchzuhauen, was ihnen auch gelang. Nä-
here Einzelheiten werden nicht angegeben. -- Die
russische Flotte, vermehrt durch eine zweite, vom
Großfürsten Constantin befähligte Abtheilung, die
anfangs irrthümlich für eine englische angesehen
wurde, segelt noch immer vor dem Kieler und
Eckernförder Hafen auf und ab; andere Demon-
strationen hat sie sich bisher nicht erlaubt; ob sie
Truppen ans Land gesetzt hat, ist bis jetzt mit
Gewißheit nicht zu ermitteln gewesen, obgleich die
Gefangennehmung russischer Soldaten in der letz-
ten Schlacht eine solche Vermuthung nicht un-
wahrscheinlich macht. Das Gerücht vom Einlau-
fen einer englischen Flotte in den Kieler Hafen
war gänzlich unbegründet. -- General Willisen,
so wie v. d. Tann sind wohlauf. Die Soldaten,
so wie das ganze schleswig=holsteinische Volk blickt
mit ungeschwächtem Vertrauen auf diese Männer
der That. -- Als die Siegesnachrichten in Ko-
penhagen bekannt wurden, hat man für den Abend
eine allgemeine Jllumination angeordnet. Eckern-
förde ist vom Feinde gestern Mittags besetzt und
unsere Vorposten daher auch nach jener Seite vor-
geschoben worden.

Kiel, Montag, den 29. Juli. Die Statt-
halterschaft hat folgende Proklamation erlassen:
"Mitbürger! Das Glück der Schlachten ist wech-
selnd, es hat dieses Mal unserer in früheren
Kämpfen bewährten Armee nicht zur Seite ge-
standen, aber durch einen Verlust wird ein Volk
gebeugt, das den entscheidenden Kampf für die
Existenz des Vaterlandes begonnen hat. Das
Heer ist zurückgedrängt worden, die Verluste sind
erheblich, aber sie werden ersetzt, eine Position ist
verloren, aber sie kann wieder genommen werden,
unsere Brüder in Schleswig seufzen unter dem
Joche des Feindes, aber zum zweiten Male wird
mit Gottes Hülfe für sie die Stunde der Erlö-
sung schlagen. Unser Heer steht ungeschwächten
Muthes und kampfbereit in fester Stellung. Mit-
bürger, es ist nichts verloren, wenn wir fest zu-
sammen stehen, unerschüttert im Entschlusse, Alles
zu wagen für unser Recht, unsere Ehre, unsere
Freiheit. Nicht die Zahl allein entscheidet im
Kampfe, sondern vielmehr der Muth und die
Führung. Unsere Väter haben sich in widrigen
Geschicken am Größten bewährt, daß die Söhne
nicht kleiner sein werden. Das Vaterland erwar-
tet, daß Jeder seine Pflicht thue.

Kiel, 29. Juli. Die neuerdings in den dä-
nischen Gewässern erschienene zweite Abtheilung
der russischen Ostseeflotte soll dazu bestimmt sein,
die erste abzulösen. Die Flotte steht unter dem
Oberbefehl des Großfürsten Konstantin.

Kiel, 29. Juli. Gestern sah man die ge-
sammte russische Flotte, etwa 14 Linienschiffe und
Fregatten vor dem Hafen.

Rendsburg, 31. Juli. Es heißt, die Armee
rücke wieder vor. Zwei Offiziere sind kriegsrecht-
lich verurtheilt. Das 13. Bataillon wurde be-
straft.

   

Münsingen, 27. Juli. Jn wie weit Rohheit,
Sittenlosigkeit und gründliche Verdorbenheit in
unserer Nachbarschaft Fortschritte gemacht haben,
mag folgender schaudererregende, jedes menschliche
Gefühl empörende Fall genügend beweisen: Gestern
Abend war Pfarrer Dietrich von Böttingen in
Begleitung seines Vikarius, Geyer, hier und ver-
weilten in unserer Freitagsgesellschaft, nichts Bö-
[Spaltenumbruch] ses ahnend, bis nach 9 Uhr. Beim Nachhause-
gehen stießen die Herren zwischen hier und Au-
ingen auf einen Schäfer, der gerade seine Heerde
auf Kleeäckern weidete. Dietrich, als Träger der
Landwirthschaft längst bekannt, konnte diesen Fre-
vel nicht ungerügt lassen, und machte deßwegen
dem Schäfer Vorstellungen, welche aber von Letz-
terem mit den abscheulichsten Flüchen und Schimpf-
worten zurückgewiesen wurden und durch eine Rau-
ferei, wobei der Schäfer den Kürzern gezogen
haben soll, sich endigten. Die verkannten und
mißhandelten Herren gingen nach Auingen und
machten bei dem dortigen Schultheißenamt von
ihrem Erlebnisse Anzeige. Wuthentbrannt und
rachedurstig treibt indessen der Schäfer seine Heerde
in den Pferch, nimmt seine Schippe, die er beim
ersten Zusammentreffen nicht bei sich gehabt haben
soll, zur Hand, springt über Felder und Fluren,
um den Gegenstand seiner Rache zu erlauern.
Als der Pfarrer und Vikarius kaum 10 Minuten
Wegs von Auingen nach Böttingen zurückgelegt
hatten, stürzt plötzlich der Schäfer auf seine Opfer,
schlägt mit einem Schlage den Pfarrer zu Boden,
mit dem andern den Vikarius, und versetzt letzte-
rem, schon lebensgefährlich Verwundeten noch meh-
rere Hiebe, läßt ihn so in seinem Blute schwim-
mend liegen, und geht nach dieser scheußlichen
That, wahrscheinlich in der Meinung, daß Beide
todt seien, beruhigt zu Bette. Nach längerem
todesähnlichem Liegen bekommt Dieterich wieder
die nöthige Kraft, sich aufzuraffen und schleppt
sich mühsamst nach Hause, der Vikarius wurde
von Böttingern noch lebend und bei vollem Be-
wußtsein aufgefunden und nach Hause gebracht.
Der Pfarrer, an welchem keine bedeutenden äu-
ßeren Verletzungen wahrzunehmen sind, befindet
sich bis zur jetzigen Stunde, wahrscheinlich in Folge
einer Hirnerschütterung, besinnungslos, jedoch, nach
Aussage der Aerzte, außer Gefahr. Der Vika-
rius wurde heute früh trepanirt, er hat die Ope-
ration, bei welcher ihm mehrere eingeschlagene
Knochenstücke aus dem Gehirn genommen werden
mußten, glücklich überstanden, und nur ein Wunsch
beseelt uns, daß es mit Gotteshilfe der ärztlichen
Kunst gelingen möchte, auch ihn zu retten. Der
Schäfer ist dem Gerichte überantwortet und soll
bereits seines abscheulichen Verbrechens geständig
sein.

   

Wien, 28. Juli. Der Eindruck, welcher die
heute in der Wiener Zeitung verkündete, mit al-
lerh. Entschließung vom gestrigen Tage erfolgten
Amnestierung der meisten Wiener Oktoberverur-
theilten in der Stadt machte, ist durchweg ein
günstiger und herzerhebender. Man versichert, der
Wiener Gemeinderath werde dießfalls eine feier-
liche Danksagung an den Stufen des Thrones
niederlegen. -- Aus Paris wird vom 24. d.
brieflich gemeldet, daß das Ministerkonseil be-
schlossen habe, die Einverleibung Neufchatels in
die Schweiz über Anregung einer englischen Note
als vollbrachte Thatsache anzusehen, und überhaupt
in dieser Angelegenheit sich im Einklang mit Eng-
land zu benehmen. Wir lassen die Richtigkeit die-
ser Angabe vorläufig dahin gestellt sein, doch wäre
es nützlich, wenn das preußische Kabinet Gelegen-
heit fände, sich über die Zuverlässigkeit und die
Treue brittischer Sympathien jetzt, wo es beson-
deren Werth darauf zu legen scheint, eines Ge-
naueren zu belehren.

   

Wien, 29. Juli. Die so schwer heimgesuchte
Stadt Krakau ist von einem neuerlichen Brand-
Unglück betroffen worden. Am 26., Abends 9 Uhr,
brach in der Vorstadt Kleparz Feuer aus, wodurch
acht der landesüblichen hölzernen Einkehrhäuser in
Asche gelegt wurden. Nur der vollkommenen
Windstille und dem schnellen Niederreißen der be-
nachbarten Häuser, die -- so wie die abgebrann-
ten -- mit Heu, Stroh und Getreide gefüllt wa-
ren, ist es zu verdanken, daß das Uebel nicht
stärker um sich griff.

Dänemark.

Kopenhagen, 27. Juli. Gestern Abend um
10 Uhr wurde vom Kriegsministerium folgende
telegraphische Depesche bekannt gemacht, welche

[Spaltenumbruch] Kampfesunfähigen, namentlich Weiber und Kinder,
von dort entfernt würden. Selbst Fußgängern
bleiben die Thore versperrt, was auf eine sehr
nahe Belagerung schließen läßt. Die Garniso-
nen, welche im Jnnern Holsteins lagen, sind --
mit Ausnahme der am Kieler Meerbusen und in
Heiligenhafen aufgestellten 2000 Mann -- nach
Rendsburg geworfen, so daß 4000 M. kampffer-
tig darin sein mögen.

Unter den Offizieren der Eckernförder Gar-
nison war in der Nacht vom 25. zum 26. über
Willisen's Taktik nicht grade eine sehr günstige
Stimmung bemerkbar. Allgemein frug man sich,
warum er denn das Organisiren einer Reserve,
was doch dringend nöthig gewesen und was der
Schlacht einen andern Ausgang zu geben vermocht
hätte, ganz unterlassen habe. Jn der That ging
die Schlacht von Jdstedt aus drei Gründen ver-
loren, deren erster der Mangel an Reserve, der
zweite die schlechte Organisation der schleswig-
holsteinischen Kavallerie gewesen. Diese hat nie
mit der dänischen sich zu messen vermocht, Willisen
aber hat sie noch reducirt, weil er meint, daß
Kavallerie im großen Kriege nichts nütze und nur
zu Patrouillendienst zu brauchen sei. Als nun in
dem Augenblicke, in welchem die Schlacht auf der
kritischen Höhe stand, seinem Centrum ( wie man
sagt durch Mißverständniß ) die Munition ausging,
ließ er, nachdem sein Bayonnetangriff mißlungen
und die Dänen dem Centrum mit der blanken
Waffe zu Leibe gingen, seine zwei Schwadronen
Dragoner dem vorrückenden Feind in die Flanke
fallen -- ein Manöver, das nutzlos war, weil
zwei Schwadronen die starke dänische Sturmko-
lonne eben so wenig aufhalten konnten, wie ein
Hemmschuh eine Lokomotive. Wären zehn Schwa-
dronen vorhanden gewesen, die sich bei dem au-
ßerordentlichen Pferdereichthum Holsteins sehr leicht
hätten aufbringen lassen, so wäre der Ausgang
der Schlacht wahrscheinlich ein anderer gewesen.
Der dritte Fehler war endlich der, daß man in
der Position von Jdstedt überhaupt eine große
Schlacht annahm. Die Stellung ist gut, u. gegen
ein numerisch schwächeres Corps -- also z. B.
gegen das von Schleppegrell, welches den Schles-
wig=Holsteinern anfänglich allein gegenüber stand --
konnte man nichts Besseres thun, als sich auf die
Seen stützen, die den Rücken deckten. Mit der
ganzen dänischen Macht aber hätte man sich auf
diesem Terrain -- was als offenes Heideland der
dänischen Kavallerie den weitesten Spielraum bot --
in keinen Entscheidungskampf einlassen sollen. Das
eigentliche deutsche Schleswig, was zwischen Schley
und Eider liegt, ist mit dichten, jetzt im Blätter-
schmuck prangenden Hecken schachbrettartig durch-
zogen -- hier also wäre für holst. Truppen das
Feld des Sieges gewesen. ( N. Preuß. Z. )

Kiel, 28. Juli. J. Venedey, der frühere
Abgeordnete zur deutschen Nationalversammlung,
hat ein an General von Wrangel, Commandan-
ten der Marken, gerichtetes und von hier aus
unterm 27. d. datirtes Schreiben erlassen und in
der „Ztg. für Norddeutschl.“ veröffentlicht, in
welchem er den tapferen General an den denk-
würdigen Sturm des Danewerks, so wie an die
dabei an den Tag gegebene Tapferkeit des preu-
ßischen Heeres erinnert. Er habe die feste Ue-
berzeugung, daß die Heere Preußens noch heute
dieselben seien, die bei Fehrbellin, bei Roßbach,
bei Leipzig, bei Waterloo die Fahne Preußens
und den Mannesmuth deutschen Blutes höher
als die aller anderen Völker stellten. Die Sache
aber, für welche der General und sein tapferes
Heer vor Jahr und Tag ihr Blut einsetzten,
werde jetzt mit eisernen Füßen zertreten, die-
selbe Sache, welche vor wie nach die Sache
Preußens und Deutschlands sei! Er fordere
den General auf, da es ihm nicht
erlaubt sei, jetzt für diese Sache zu
kämpfen, sich an die Spitze einer Subscription des
preußischen Heeres für Schleswig=Holstein zu stel-
len. Ein Viertheil der Löhnung der Offiziere
und Soldaten könnte wohl genügen, das ganze
schleswig'sche Heer zu erhalten. Auch könnten
( meint Herr Venedey ganz naiv ) die Hände der
[Spaltenumbruch] preußischen Soldaten wohl Charpie zupfen für die
Wunden ihrer Brüder in Schleswig! Das sei
Alles, was er mit dieser öffentlichen Zuschrift an
General Wrangel beabsichtige.

Altona, 29. Juli. Der heutige Bahnzug hat
keine Neuigkeiten von Bedeutung gebracht. Zwei
Schwadronen schleswig=holsteinische Dragoner stie-
ßen gestern beim Recognosciren in der Gegend
bei Kropp, zwischen Rendsburg und Schleswig,
auf drei Schwadronen dänischer Husaren. Letztere
wurden zum Weichen gebracht und verfolgt, plötz-
lich jedoch sahen die Unsrigen sich im Rücken von
zwei Bataillonen dänischer Jnfanterie bedroht, und
es blieb ihnen daher nichts Anderes übrig, als
sich durchzuhauen, was ihnen auch gelang. Nä-
here Einzelheiten werden nicht angegeben. -- Die
russische Flotte, vermehrt durch eine zweite, vom
Großfürsten Constantin befähligte Abtheilung, die
anfangs irrthümlich für eine englische angesehen
wurde, segelt noch immer vor dem Kieler und
Eckernförder Hafen auf und ab; andere Demon-
strationen hat sie sich bisher nicht erlaubt; ob sie
Truppen ans Land gesetzt hat, ist bis jetzt mit
Gewißheit nicht zu ermitteln gewesen, obgleich die
Gefangennehmung russischer Soldaten in der letz-
ten Schlacht eine solche Vermuthung nicht un-
wahrscheinlich macht. Das Gerücht vom Einlau-
fen einer englischen Flotte in den Kieler Hafen
war gänzlich unbegründet. -- General Willisen,
so wie v. d. Tann sind wohlauf. Die Soldaten,
so wie das ganze schleswig=holsteinische Volk blickt
mit ungeschwächtem Vertrauen auf diese Männer
der That. -- Als die Siegesnachrichten in Ko-
penhagen bekannt wurden, hat man für den Abend
eine allgemeine Jllumination angeordnet. Eckern-
förde ist vom Feinde gestern Mittags besetzt und
unsere Vorposten daher auch nach jener Seite vor-
geschoben worden.

Kiel, Montag, den 29. Juli. Die Statt-
halterschaft hat folgende Proklamation erlassen:
„Mitbürger! Das Glück der Schlachten ist wech-
selnd, es hat dieses Mal unserer in früheren
Kämpfen bewährten Armee nicht zur Seite ge-
standen, aber durch einen Verlust wird ein Volk
gebeugt, das den entscheidenden Kampf für die
Existenz des Vaterlandes begonnen hat. Das
Heer ist zurückgedrängt worden, die Verluste sind
erheblich, aber sie werden ersetzt, eine Position ist
verloren, aber sie kann wieder genommen werden,
unsere Brüder in Schleswig seufzen unter dem
Joche des Feindes, aber zum zweiten Male wird
mit Gottes Hülfe für sie die Stunde der Erlö-
sung schlagen. Unser Heer steht ungeschwächten
Muthes und kampfbereit in fester Stellung. Mit-
bürger, es ist nichts verloren, wenn wir fest zu-
sammen stehen, unerschüttert im Entschlusse, Alles
zu wagen für unser Recht, unsere Ehre, unsere
Freiheit. Nicht die Zahl allein entscheidet im
Kampfe, sondern vielmehr der Muth und die
Führung. Unsere Väter haben sich in widrigen
Geschicken am Größten bewährt, daß die Söhne
nicht kleiner sein werden. Das Vaterland erwar-
tet, daß Jeder seine Pflicht thue.

Kiel, 29. Juli. Die neuerdings in den dä-
nischen Gewässern erschienene zweite Abtheilung
der russischen Ostseeflotte soll dazu bestimmt sein,
die erste abzulösen. Die Flotte steht unter dem
Oberbefehl des Großfürsten Konstantin.

Kiel, 29. Juli. Gestern sah man die ge-
sammte russische Flotte, etwa 14 Linienschiffe und
Fregatten vor dem Hafen.

Rendsburg, 31. Juli. Es heißt, die Armee
rücke wieder vor. Zwei Offiziere sind kriegsrecht-
lich verurtheilt. Das 13. Bataillon wurde be-
straft.

   

Münsingen, 27. Juli. Jn wie weit Rohheit,
Sittenlosigkeit und gründliche Verdorbenheit in
unserer Nachbarschaft Fortschritte gemacht haben,
mag folgender schaudererregende, jedes menschliche
Gefühl empörende Fall genügend beweisen: Gestern
Abend war Pfarrer Dietrich von Böttingen in
Begleitung seines Vikarius, Geyer, hier und ver-
weilten in unserer Freitagsgesellschaft, nichts Bö-
[Spaltenumbruch] ses ahnend, bis nach 9 Uhr. Beim Nachhause-
gehen stießen die Herren zwischen hier und Au-
ingen auf einen Schäfer, der gerade seine Heerde
auf Kleeäckern weidete. Dietrich, als Träger der
Landwirthschaft längst bekannt, konnte diesen Fre-
vel nicht ungerügt lassen, und machte deßwegen
dem Schäfer Vorstellungen, welche aber von Letz-
terem mit den abscheulichsten Flüchen und Schimpf-
worten zurückgewiesen wurden und durch eine Rau-
ferei, wobei der Schäfer den Kürzern gezogen
haben soll, sich endigten. Die verkannten und
mißhandelten Herren gingen nach Auingen und
machten bei dem dortigen Schultheißenamt von
ihrem Erlebnisse Anzeige. Wuthentbrannt und
rachedurstig treibt indessen der Schäfer seine Heerde
in den Pferch, nimmt seine Schippe, die er beim
ersten Zusammentreffen nicht bei sich gehabt haben
soll, zur Hand, springt über Felder und Fluren,
um den Gegenstand seiner Rache zu erlauern.
Als der Pfarrer und Vikarius kaum 10 Minuten
Wegs von Auingen nach Böttingen zurückgelegt
hatten, stürzt plötzlich der Schäfer auf seine Opfer,
schlägt mit einem Schlage den Pfarrer zu Boden,
mit dem andern den Vikarius, und versetzt letzte-
rem, schon lebensgefährlich Verwundeten noch meh-
rere Hiebe, läßt ihn so in seinem Blute schwim-
mend liegen, und geht nach dieser scheußlichen
That, wahrscheinlich in der Meinung, daß Beide
todt seien, beruhigt zu Bette. Nach längerem
todesähnlichem Liegen bekommt Dieterich wieder
die nöthige Kraft, sich aufzuraffen und schleppt
sich mühsamst nach Hause, der Vikarius wurde
von Böttingern noch lebend und bei vollem Be-
wußtsein aufgefunden und nach Hause gebracht.
Der Pfarrer, an welchem keine bedeutenden äu-
ßeren Verletzungen wahrzunehmen sind, befindet
sich bis zur jetzigen Stunde, wahrscheinlich in Folge
einer Hirnerschütterung, besinnungslos, jedoch, nach
Aussage der Aerzte, außer Gefahr. Der Vika-
rius wurde heute früh trepanirt, er hat die Ope-
ration, bei welcher ihm mehrere eingeschlagene
Knochenstücke aus dem Gehirn genommen werden
mußten, glücklich überstanden, und nur ein Wunsch
beseelt uns, daß es mit Gotteshilfe der ärztlichen
Kunst gelingen möchte, auch ihn zu retten. Der
Schäfer ist dem Gerichte überantwortet und soll
bereits seines abscheulichen Verbrechens geständig
sein.

   

Wien, 28. Juli. Der Eindruck, welcher die
heute in der Wiener Zeitung verkündete, mit al-
lerh. Entschließung vom gestrigen Tage erfolgten
Amnestierung der meisten Wiener Oktoberverur-
theilten in der Stadt machte, ist durchweg ein
günstiger und herzerhebender. Man versichert, der
Wiener Gemeinderath werde dießfalls eine feier-
liche Danksagung an den Stufen des Thrones
niederlegen. -- Aus Paris wird vom 24. d.
brieflich gemeldet, daß das Ministerkonseil be-
schlossen habe, die Einverleibung Neufchatels in
die Schweiz über Anregung einer englischen Note
als vollbrachte Thatsache anzusehen, und überhaupt
in dieser Angelegenheit sich im Einklang mit Eng-
land zu benehmen. Wir lassen die Richtigkeit die-
ser Angabe vorläufig dahin gestellt sein, doch wäre
es nützlich, wenn das preußische Kabinet Gelegen-
heit fände, sich über die Zuverlässigkeit und die
Treue brittischer Sympathien jetzt, wo es beson-
deren Werth darauf zu legen scheint, eines Ge-
naueren zu belehren.

   

Wien, 29. Juli. Die so schwer heimgesuchte
Stadt Krakau ist von einem neuerlichen Brand-
Unglück betroffen worden. Am 26., Abends 9 Uhr,
brach in der Vorstadt Kleparz Feuer aus, wodurch
acht der landesüblichen hölzernen Einkehrhäuser in
Asche gelegt wurden. Nur der vollkommenen
Windstille und dem schnellen Niederreißen der be-
nachbarten Häuser, die -- so wie die abgebrann-
ten -- mit Heu, Stroh und Getreide gefüllt wa-
ren, ist es zu verdanken, daß das Uebel nicht
stärker um sich griff.

Dänemark.

Kopenhagen, 27. Juli. Gestern Abend um
10 Uhr wurde vom Kriegsministerium folgende
telegraphische Depesche bekannt gemacht, welche

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[0002] Kampfesunfähigen, namentlich Weiber und Kinder, von dort entfernt würden. Selbst Fußgängern bleiben die Thore versperrt, was auf eine sehr nahe Belagerung schließen läßt. Die Garniso- nen, welche im Jnnern Holsteins lagen, sind -- mit Ausnahme der am Kieler Meerbusen und in Heiligenhafen aufgestellten 2000 Mann -- nach Rendsburg geworfen, so daß 4000 M. kampffer- tig darin sein mögen. Unter den Offizieren der Eckernförder Gar- nison war in der Nacht vom 25. zum 26. über Willisen's Taktik nicht grade eine sehr günstige Stimmung bemerkbar. Allgemein frug man sich, warum er denn das Organisiren einer Reserve, was doch dringend nöthig gewesen und was der Schlacht einen andern Ausgang zu geben vermocht hätte, ganz unterlassen habe. Jn der That ging die Schlacht von Jdstedt aus drei Gründen ver- loren, deren erster der Mangel an Reserve, der zweite die schlechte Organisation der schleswig- holsteinischen Kavallerie gewesen. Diese hat nie mit der dänischen sich zu messen vermocht, Willisen aber hat sie noch reducirt, weil er meint, daß Kavallerie im großen Kriege nichts nütze und nur zu Patrouillendienst zu brauchen sei. Als nun in dem Augenblicke, in welchem die Schlacht auf der kritischen Höhe stand, seinem Centrum ( wie man sagt durch Mißverständniß ) die Munition ausging, ließ er, nachdem sein Bayonnetangriff mißlungen und die Dänen dem Centrum mit der blanken Waffe zu Leibe gingen, seine zwei Schwadronen Dragoner dem vorrückenden Feind in die Flanke fallen -- ein Manöver, das nutzlos war, weil zwei Schwadronen die starke dänische Sturmko- lonne eben so wenig aufhalten konnten, wie ein Hemmschuh eine Lokomotive. Wären zehn Schwa- dronen vorhanden gewesen, die sich bei dem au- ßerordentlichen Pferdereichthum Holsteins sehr leicht hätten aufbringen lassen, so wäre der Ausgang der Schlacht wahrscheinlich ein anderer gewesen. Der dritte Fehler war endlich der, daß man in der Position von Jdstedt überhaupt eine große Schlacht annahm. Die Stellung ist gut, u. gegen ein numerisch schwächeres Corps -- also z. B. gegen das von Schleppegrell, welches den Schles- wig=Holsteinern anfänglich allein gegenüber stand -- konnte man nichts Besseres thun, als sich auf die Seen stützen, die den Rücken deckten. Mit der ganzen dänischen Macht aber hätte man sich auf diesem Terrain -- was als offenes Heideland der dänischen Kavallerie den weitesten Spielraum bot -- in keinen Entscheidungskampf einlassen sollen. Das eigentliche deutsche Schleswig, was zwischen Schley und Eider liegt, ist mit dichten, jetzt im Blätter- schmuck prangenden Hecken schachbrettartig durch- zogen -- hier also wäre für holst. Truppen das Feld des Sieges gewesen. ( N. Preuß. Z. ) Kiel, 28. Juli. J. Venedey, der frühere Abgeordnete zur deutschen Nationalversammlung, hat ein an General von Wrangel, Commandan- ten der Marken, gerichtetes und von hier aus unterm 27. d. datirtes Schreiben erlassen und in der „Ztg. für Norddeutschl.“ veröffentlicht, in welchem er den tapferen General an den denk- würdigen Sturm des Danewerks, so wie an die dabei an den Tag gegebene Tapferkeit des preu- ßischen Heeres erinnert. Er habe die feste Ue- berzeugung, daß die Heere Preußens noch heute dieselben seien, die bei Fehrbellin, bei Roßbach, bei Leipzig, bei Waterloo die Fahne Preußens und den Mannesmuth deutschen Blutes höher als die aller anderen Völker stellten. Die Sache aber, für welche der General und sein tapferes Heer vor Jahr und Tag ihr Blut einsetzten, werde jetzt mit eisernen Füßen zertreten, die- selbe Sache, welche vor wie nach die Sache Preußens und Deutschlands sei! Er fordere den General auf, da es ihm nicht erlaubt sei, jetzt für diese Sache zu kämpfen, sich an die Spitze einer Subscription des preußischen Heeres für Schleswig=Holstein zu stel- len. Ein Viertheil der Löhnung der Offiziere und Soldaten könnte wohl genügen, das ganze schleswig'sche Heer zu erhalten. Auch könnten ( meint Herr Venedey ganz naiv ) die Hände der preußischen Soldaten wohl Charpie zupfen für die Wunden ihrer Brüder in Schleswig! Das sei Alles, was er mit dieser öffentlichen Zuschrift an General Wrangel beabsichtige. Altona, 29. Juli. Der heutige Bahnzug hat keine Neuigkeiten von Bedeutung gebracht. Zwei Schwadronen schleswig=holsteinische Dragoner stie- ßen gestern beim Recognosciren in der Gegend bei Kropp, zwischen Rendsburg und Schleswig, auf drei Schwadronen dänischer Husaren. Letztere wurden zum Weichen gebracht und verfolgt, plötz- lich jedoch sahen die Unsrigen sich im Rücken von zwei Bataillonen dänischer Jnfanterie bedroht, und es blieb ihnen daher nichts Anderes übrig, als sich durchzuhauen, was ihnen auch gelang. Nä- here Einzelheiten werden nicht angegeben. -- Die russische Flotte, vermehrt durch eine zweite, vom Großfürsten Constantin befähligte Abtheilung, die anfangs irrthümlich für eine englische angesehen wurde, segelt noch immer vor dem Kieler und Eckernförder Hafen auf und ab; andere Demon- strationen hat sie sich bisher nicht erlaubt; ob sie Truppen ans Land gesetzt hat, ist bis jetzt mit Gewißheit nicht zu ermitteln gewesen, obgleich die Gefangennehmung russischer Soldaten in der letz- ten Schlacht eine solche Vermuthung nicht un- wahrscheinlich macht. Das Gerücht vom Einlau- fen einer englischen Flotte in den Kieler Hafen war gänzlich unbegründet. -- General Willisen, so wie v. d. Tann sind wohlauf. Die Soldaten, so wie das ganze schleswig=holsteinische Volk blickt mit ungeschwächtem Vertrauen auf diese Männer der That. -- Als die Siegesnachrichten in Ko- penhagen bekannt wurden, hat man für den Abend eine allgemeine Jllumination angeordnet. Eckern- förde ist vom Feinde gestern Mittags besetzt und unsere Vorposten daher auch nach jener Seite vor- geschoben worden. Kiel, Montag, den 29. Juli. Die Statt- halterschaft hat folgende Proklamation erlassen: „Mitbürger! Das Glück der Schlachten ist wech- selnd, es hat dieses Mal unserer in früheren Kämpfen bewährten Armee nicht zur Seite ge- standen, aber durch einen Verlust wird ein Volk gebeugt, das den entscheidenden Kampf für die Existenz des Vaterlandes begonnen hat. Das Heer ist zurückgedrängt worden, die Verluste sind erheblich, aber sie werden ersetzt, eine Position ist verloren, aber sie kann wieder genommen werden, unsere Brüder in Schleswig seufzen unter dem Joche des Feindes, aber zum zweiten Male wird mit Gottes Hülfe für sie die Stunde der Erlö- sung schlagen. Unser Heer steht ungeschwächten Muthes und kampfbereit in fester Stellung. Mit- bürger, es ist nichts verloren, wenn wir fest zu- sammen stehen, unerschüttert im Entschlusse, Alles zu wagen für unser Recht, unsere Ehre, unsere Freiheit. Nicht die Zahl allein entscheidet im Kampfe, sondern vielmehr der Muth und die Führung. Unsere Väter haben sich in widrigen Geschicken am Größten bewährt, daß die Söhne nicht kleiner sein werden. Das Vaterland erwar- tet, daß Jeder seine Pflicht thue. ( T. C. D. ) Kiel, 29. Juli. Die neuerdings in den dä- nischen Gewässern erschienene zweite Abtheilung der russischen Ostseeflotte soll dazu bestimmt sein, die erste abzulösen. Die Flotte steht unter dem Oberbefehl des Großfürsten Konstantin. Kiel, 29. Juli. Gestern sah man die ge- sammte russische Flotte, etwa 14 Linienschiffe und Fregatten vor dem Hafen. Rendsburg, 31. Juli. Es heißt, die Armee rücke wieder vor. Zwei Offiziere sind kriegsrecht- lich verurtheilt. Das 13. Bataillon wurde be- straft. ( D. Z. ) Münsingen, 27. Juli. Jn wie weit Rohheit, Sittenlosigkeit und gründliche Verdorbenheit in unserer Nachbarschaft Fortschritte gemacht haben, mag folgender schaudererregende, jedes menschliche Gefühl empörende Fall genügend beweisen: Gestern Abend war Pfarrer Dietrich von Böttingen in Begleitung seines Vikarius, Geyer, hier und ver- weilten in unserer Freitagsgesellschaft, nichts Bö- ses ahnend, bis nach 9 Uhr. Beim Nachhause- gehen stießen die Herren zwischen hier und Au- ingen auf einen Schäfer, der gerade seine Heerde auf Kleeäckern weidete. Dietrich, als Träger der Landwirthschaft längst bekannt, konnte diesen Fre- vel nicht ungerügt lassen, und machte deßwegen dem Schäfer Vorstellungen, welche aber von Letz- terem mit den abscheulichsten Flüchen und Schimpf- worten zurückgewiesen wurden und durch eine Rau- ferei, wobei der Schäfer den Kürzern gezogen haben soll, sich endigten. Die verkannten und mißhandelten Herren gingen nach Auingen und machten bei dem dortigen Schultheißenamt von ihrem Erlebnisse Anzeige. Wuthentbrannt und rachedurstig treibt indessen der Schäfer seine Heerde in den Pferch, nimmt seine Schippe, die er beim ersten Zusammentreffen nicht bei sich gehabt haben soll, zur Hand, springt über Felder und Fluren, um den Gegenstand seiner Rache zu erlauern. Als der Pfarrer und Vikarius kaum 10 Minuten Wegs von Auingen nach Böttingen zurückgelegt hatten, stürzt plötzlich der Schäfer auf seine Opfer, schlägt mit einem Schlage den Pfarrer zu Boden, mit dem andern den Vikarius, und versetzt letzte- rem, schon lebensgefährlich Verwundeten noch meh- rere Hiebe, läßt ihn so in seinem Blute schwim- mend liegen, und geht nach dieser scheußlichen That, wahrscheinlich in der Meinung, daß Beide todt seien, beruhigt zu Bette. Nach längerem todesähnlichem Liegen bekommt Dieterich wieder die nöthige Kraft, sich aufzuraffen und schleppt sich mühsamst nach Hause, der Vikarius wurde von Böttingern noch lebend und bei vollem Be- wußtsein aufgefunden und nach Hause gebracht. Der Pfarrer, an welchem keine bedeutenden äu- ßeren Verletzungen wahrzunehmen sind, befindet sich bis zur jetzigen Stunde, wahrscheinlich in Folge einer Hirnerschütterung, besinnungslos, jedoch, nach Aussage der Aerzte, außer Gefahr. Der Vika- rius wurde heute früh trepanirt, er hat die Ope- ration, bei welcher ihm mehrere eingeschlagene Knochenstücke aus dem Gehirn genommen werden mußten, glücklich überstanden, und nur ein Wunsch beseelt uns, daß es mit Gotteshilfe der ärztlichen Kunst gelingen möchte, auch ihn zu retten. Der Schäfer ist dem Gerichte überantwortet und soll bereits seines abscheulichen Verbrechens geständig sein. ( Schw. M. ) Wien, 28. Juli. Der Eindruck, welcher die heute in der Wiener Zeitung verkündete, mit al- lerh. Entschließung vom gestrigen Tage erfolgten Amnestierung der meisten Wiener Oktoberverur- theilten in der Stadt machte, ist durchweg ein günstiger und herzerhebender. Man versichert, der Wiener Gemeinderath werde dießfalls eine feier- liche Danksagung an den Stufen des Thrones niederlegen. -- Aus Paris wird vom 24. d. brieflich gemeldet, daß das Ministerkonseil be- schlossen habe, die Einverleibung Neufchatels in die Schweiz über Anregung einer englischen Note als vollbrachte Thatsache anzusehen, und überhaupt in dieser Angelegenheit sich im Einklang mit Eng- land zu benehmen. Wir lassen die Richtigkeit die- ser Angabe vorläufig dahin gestellt sein, doch wäre es nützlich, wenn das preußische Kabinet Gelegen- heit fände, sich über die Zuverlässigkeit und die Treue brittischer Sympathien jetzt, wo es beson- deren Werth darauf zu legen scheint, eines Ge- naueren zu belehren. ( Oe. K. ) Wien, 29. Juli. Die so schwer heimgesuchte Stadt Krakau ist von einem neuerlichen Brand- Unglück betroffen worden. Am 26., Abends 9 Uhr, brach in der Vorstadt Kleparz Feuer aus, wodurch acht der landesüblichen hölzernen Einkehrhäuser in Asche gelegt wurden. Nur der vollkommenen Windstille und dem schnellen Niederreißen der be- nachbarten Häuser, die -- so wie die abgebrann- ten -- mit Heu, Stroh und Getreide gefüllt wa- ren, ist es zu verdanken, daß das Uebel nicht stärker um sich griff. Dänemark. Kopenhagen, 27. Juli. Gestern Abend um 10 Uhr wurde vom Kriegsministerium folgende telegraphische Depesche bekannt gemacht, welche

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 184. Würzburg, 2. August 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische184_1850/2>, abgerufen am 24.11.2024.