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Die Bayerische Presse. Nr. 156. Würzburg, 1. Juli 1850.

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Die Bayerische Presse.
[Beginn Spaltensatz]
Abonnement:
Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.
[Spaltenumbruch]
Eine constitutionell-monarchische Zeitung.
[Spaltenumbruch]

Erpedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]
Nr. 156.
Würzburg, Montag den 1. Juli. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Thiers über das allgemeine
Stimmrecht.

( Schluß. )

Aber, sagt man uns, Jhr fehlt gegen den
Geist der Constitution; diese will ja das allge-
meine Stimmrecht. Trauriges Spiel mit Wor-
ten! Was will das Wort "allgemein" sagen?
Entweder es beweist zu viel, oder es beweist
Nichts. Wenn es beweist, daß man alle Welt
stimmen lassen soll, so frage ich, warum die Ver-
fassung in Wirklichkeit nur 6 Millionen Jndivi-
duen stimmen läßt. Jch weiß wohl, man wird
mir einwenden, daß ja die Frauen ausgeschlossen
sind, und warum sind sie Dieß? Weil ihnen die
Kenntniß des Landes nicht zugetraut wird. Au-
ßer diesen 18 Millionen sind aber noch 9 andere
Millionen ausgeschlossen, weil sie ihres Alters
wegen eben so wenig die Jnteressen des Landes
kennen. Es sind ja Kinder, werden Sie sagen.
Allein, warum schließen Sie den emanzipirten
Jüngling von 18 Jahren aus? Warum? weil
es Jhnen gefallen hat, das Alter von 21 Jah-
ren zu wählen. Es bleiben 9 Millionen, aber
auch von diesen sind 3 Millionen so einfältig,
daß sie nicht wissen, daß das Gesetz sie zu Sou-
veränen gemacht hat, oder so gleichgültig, daß sie
der Gesellschaft nicht die Wohlthat erweisen, nach
ihrer Ueberzeugung zu stimmen. So sind Sie
von 36 Millionen bis zu 6 Millionen herabge-
stiegen. Aus welchem Grund? Weil Sie in
diesen 6 Millionen die Kenntniß der Jnteressen
des Landes finden. Dieses ist das allgemeine
Prinzip, dieses ist der Geist der Verfassung; er
berechtigt uns nach dem Maße der Befähigung
die guten oder schlimmen Beförderer des öffent-
lichen Wohls zu wählen. Jn diesem Sinne muß
das Wort "allgemein gedeutet werden; es bedeu-
tet gar Nichts, wenn es Alles bedeuten soll. --
Sie, meine Herren, nennen sich die aufrichtigen,
begeisterten, ausschließlichen Anhänger des allge-
meinen Stimmrechts; es ist über Alles erhaben,
ihm muß Alles gehorchen. Welche Fragen aber
hat man in diesen letzten Tagen in den Wahl-
versammlungen aufgeworfen? Man hat gefragt,
wenn zwischen der Republik und dem allgemeinen
Stimmrecht zu wählen ist, wer muß da siegen?
Wenn z. B. das allgemeine Stimmrecht die Re-
publik beseitigen wolle, würde es Dieß im Stande
sein? Was hat man geantwortet? Nein! die
Republik steht über dem allgemeinen Stimmrecht.
Was beweist Das? Daß das allgemeine Stimm-
recht Euch weiter Nichts ist, als ein Sklave in
Eurem Dienst, den Jhr achtet, wenn er Euch zu
Willen ist, den Jhr nicht mehr achtet, wenn er
anderer Meinung ist, als Jhr. Was sagte man,
als die konstituirende Versammlung sich bildete?
Daß, wenn sie nicht Eurer Meinung wäre, man
sie in die Seine werfen würde. Und diese aus
dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangene Ver-
sammlung, hat man nicht versucht, sie zu vernich-
ten am 15 Mai? Hat man nicht ihre Entschei-
dungen angegriffen im Juni 1848? Nicht im
Juni 1849 sie außer dem Gesetz erklären wol-
len? Frankreich weiß, daß diese angebliche Ach-
tung vor dem allgemeinen Stimmrecht Nichts ist,
als die Anbetung, die Jhr Euch selber widmet.
[Spaltenumbruch] So wie das allgemeine Stimmrecht Euch zuwider
sein wird, so werdet Jhr Nichts mehr davon wis-
sen wollen. Jhr nennt das allgemeine Stimm-
recht, in Eurem Sinne verstanden, den öffentlichen
Frieden. Wir verstehen Euch. Es ist der Friede,
so lange es Euch gefällt, in der Gesellschaft zu
bewilligen; es ist der Krieg an dem Tage, wo
Jhr glaubt, daß er Euch nützlich sei. Keiner von
uns ist naiv genug, um sich über diese Wahrheit
zu täuschen.

Zum Schlusse erlauben Sie mir noch eine
Betrachtung. Sie sagen, das Gesetz ist unwirk-
sam, allein es ist eine Herausforderung. Gut!
was verstehen Sie unter einer Herausforderung?
Wenn Sie sagen wollen, eine Voraussicht, o! ja!
Gibt es doch Orte, wo man die Frage erörtert,
ob man den gesetzlichen Gewalten den Krieg er-
klären soll oder nicht, ob eine Steuerverweigerung
einer Kriegserklärung vorzuziehen sei? Angesichts
dieser Thatsachen, die für die Gesellschaft die
grausamste und die frechste Herausforderung sind,
mußte die Regierung Vorkehrung treffen! Ja, die
Armee, welcher diese Menschen die Schmach an-
gethan hatten, Hoffnungen auf sie zu bauen, ist
bereit, ihre Schuldigkeit zu thun; sie hat Anfüh-
rer voll Energie, voll Vaterlandsliebe, Verehrung
und Hingebung für das Gesetz, und man weiß
wohl, daß, wenn man nicht klug wäre, man es
wahrscheinlich lernen würde, es zu werden, Ange-
sichts der Vereinigung aller Kräfte der Gesell-
schaft. Wo ist die Herausforderung? Jch will
es Jhnen sagen. Nicht allein von einer Maßre-
gel der Voraussicht handelt es sich in dieser un-
glücklichen Gesellschaft, die jeden Tag neuen Auf-
regungen hingegeben ist, wo der Vater, der für
seine Kinder ein Vermögen erworben hat, nicht
weiß, ob er es erhalten kann, wo Derjenige, wel-
cher arbeitet, um ein Vermögen zu gründen, in
dem Augenblick, wo es ihm gelungen ist, seinen
Kindern das Brod zu reichen, dieses Brod unter
den stets erneuerten Drohungen eines Aufruhrs
in seinen Händen zerrinnen sieht; ja in dieser so
glänzenden Gesellschaft, welche durch Sie so un-
glücklich und so aufgeregt ist, ja da habe ich nicht
selten das Gefühl der Verzweiflung in den Wor-
ten hervorbrechen sehen: Da wir nun einmal
angegriffen werden sollen, da einmal unser Blut
eines Tages vielleicht für die Vertheidigung der
Gesetze fließen soll; in dieser Gesellschaft, sage ich,
habe ich die Worte gehört: Wohlan, da wir ein-
mal dem Bürgerkrieg ausgesetzt sein sollen, so
möge er kommen je eher je lieber! Einen Schrei
der Verzweiflung habe ich vernommen, Sie neh-
men ihn für eine Herausforderung. Aber wer
bringt sie hervor, diese Verzweiflung? Keine
Herausforderung ist es; es ist die furchtbarste der
Anklagen gegen Diejenigen, welche die Gesellschaft
zu dieser Verzweiflung gebracht, zu diesem furcht-
baren Ausrufe "je eher je lieber" hingedrängt
haben. Rühmen Sie sich dieser Herausforderung
nicht, denn sie klagt Sie an; sie klagt Diejeni-
gen an, welche die Gesellschaft zur Verzweiflung
gebracht haben und die unabläßlich über ihren
Häuptern die Drohung eines Blutbades schweben
lassen. Diese furchtbare Anklage wird einst schwer
in der Geschichte auf Jhnen lasten. Doch nein!
ich habe Unrecht, zu sagen auf Jhnen. Jch soll
[Spaltenumbruch] sagen auf Denen, zu deren Vertheidiger Sie sich
aufwerfen; auf Denen, für welche Sie die Bürg-
schaft übernehmen: Diese sind es, welche die Ge-
sellschaft in die Verzweiflung stürzen; Diese sind
es, welche sie anklagt; sie sind es, welche wir
anklagen; sie sind es, auf welchen das Gewicht
dieser Anklage vor dem Lande und der Nachwelt
ruhen wird. -- ( Nach diesen Worten verließ der
Redner unter dem stürmischsten Beifall der Mehr-
heit der Versammlung die Tribüne. )

Landtagsverhandlungen.

München, 27. Juni. ( CXXXVI. Sitzung
der Kammer der Abgeordneten.
) Die
Gallerien sind schwach besetzt. Am Ministertische
Staatsminister v. Ringelmann, v. Zwehl v. Aschen-
brenner und mehrere Ministerialräthe; später
Staatsminister v. d. Pfordten. Der I. Präsident
eröffnet um halb 5 Uhr die Sitzung. Nach Be-
kanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls verliest
Referent Hirschberger den Gesammtbeschluß
über den Gesetzentwurf: die Einrichtung der die
Kunststraßen befahrenden Fuhrwerke. Hierauf er-
stattet der Referent im II. Ausschusse, v. Koch,
Vortrag über Straßen=, Brücken=, Wasser=, dann
über Landbauten pro 1845/46 und 1846/47, wo-
rauf der Präsident zur Fortsetzung der Berathung
und Schlußfassung des Ausgaben = Budgets über-
geht. -- IV. Zuschüsse an die Universitäten. Die
Regg. beantragt im ordentlichen Budet 112,760
fl. und im außerordentlichen Budget 10,000 fl.
Der Ausschuß schlägt vor 103,760 fl. ins ordent-
liche und 29,000 fl. ( 10,000 fl. für München,
9000 fl, für Würzburg, 10,000 für Erlangen ) ,
ins außerordentliche Budget zu setzen. -- Dr.
Narr beantragt für einen Neubau der Univesi-
tät Würzburg eine Summe von 20,000 fl. zur
Unterstützung zugeben. -- Ruland empfiehlt
diesen Antrag. -- Dr. Bayer und Dr. Narr
sprechen sich über die Leistungen der dortigen Uni-
versitäten aus. -- Lassaulx weist nach, was
Preußen für seine sechs Universitäten leistet, näm-
lich 800,000 fl., gerade 16mal so viel wie Bay-
ern. Er würde daher den Antrag recht sehr em-
pfehlen, wenn nicht die dermalige Finanzlage eine
solche wäre, welche nur die dringendsten Ausga-
ben erlaubt. Lerchenfeld spricht sich entschieden
gegen den Antrag Narr's aus, indem der Aus-
schuß gewiß schon das Seinige gethan habe. --
Bei erfolgter Abstimmung wird der Ausschußan-
trag angenommen, der Antrag Narr's verworfen.
Das III. Kapitel bezieht sich auf wissenschaftliche
und praktische Ausbildung. Der einzige Posten
dieser Abtheilung sind Stipendien der Candidaten
der Medicin und Chirurgie mit 5000 fl., welche
Summe von der Kammer bewilligt wird. Das
IV. Kapitel bezweckt die Kunstausbildung. Für
die Filialgemäldegallerie und Kunstschulen in Augs-
burg und Nürnberg bestimmt die Kammer die
Summe von 3824. V. Kapitel. Besondere Unter-
richtsanstalten. Für die Hebammenschulen postulirt
die Regierung 3497 fl., für die Veterinärschulen
die Summe von 16,021 fl., für den historischen
Verein in Würzburg 300 fl. Der Ausschuß
streicht diesen letzten Posten, welchen jedoch Ru-
land wieder einzusetzen beantragt; derselbe wird

Die Bayerische Presse.
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Würzburg, Montag den 1. Juli. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Thiers über das allgemeine
Stimmrecht.

( Schluß. )

Aber, sagt man uns, Jhr fehlt gegen den
Geist der Constitution; diese will ja das allge-
meine Stimmrecht. Trauriges Spiel mit Wor-
ten! Was will das Wort „allgemein“ sagen?
Entweder es beweist zu viel, oder es beweist
Nichts. Wenn es beweist, daß man alle Welt
stimmen lassen soll, so frage ich, warum die Ver-
fassung in Wirklichkeit nur 6 Millionen Jndivi-
duen stimmen läßt. Jch weiß wohl, man wird
mir einwenden, daß ja die Frauen ausgeschlossen
sind, und warum sind sie Dieß? Weil ihnen die
Kenntniß des Landes nicht zugetraut wird. Au-
ßer diesen 18 Millionen sind aber noch 9 andere
Millionen ausgeschlossen, weil sie ihres Alters
wegen eben so wenig die Jnteressen des Landes
kennen. Es sind ja Kinder, werden Sie sagen.
Allein, warum schließen Sie den emanzipirten
Jüngling von 18 Jahren aus? Warum? weil
es Jhnen gefallen hat, das Alter von 21 Jah-
ren zu wählen. Es bleiben 9 Millionen, aber
auch von diesen sind 3 Millionen so einfältig,
daß sie nicht wissen, daß das Gesetz sie zu Sou-
veränen gemacht hat, oder so gleichgültig, daß sie
der Gesellschaft nicht die Wohlthat erweisen, nach
ihrer Ueberzeugung zu stimmen. So sind Sie
von 36 Millionen bis zu 6 Millionen herabge-
stiegen. Aus welchem Grund? Weil Sie in
diesen 6 Millionen die Kenntniß der Jnteressen
des Landes finden. Dieses ist das allgemeine
Prinzip, dieses ist der Geist der Verfassung; er
berechtigt uns nach dem Maße der Befähigung
die guten oder schlimmen Beförderer des öffent-
lichen Wohls zu wählen. Jn diesem Sinne muß
das Wort „allgemein gedeutet werden; es bedeu-
tet gar Nichts, wenn es Alles bedeuten soll. --
Sie, meine Herren, nennen sich die aufrichtigen,
begeisterten, ausschließlichen Anhänger des allge-
meinen Stimmrechts; es ist über Alles erhaben,
ihm muß Alles gehorchen. Welche Fragen aber
hat man in diesen letzten Tagen in den Wahl-
versammlungen aufgeworfen? Man hat gefragt,
wenn zwischen der Republik und dem allgemeinen
Stimmrecht zu wählen ist, wer muß da siegen?
Wenn z. B. das allgemeine Stimmrecht die Re-
publik beseitigen wolle, würde es Dieß im Stande
sein? Was hat man geantwortet? Nein! die
Republik steht über dem allgemeinen Stimmrecht.
Was beweist Das? Daß das allgemeine Stimm-
recht Euch weiter Nichts ist, als ein Sklave in
Eurem Dienst, den Jhr achtet, wenn er Euch zu
Willen ist, den Jhr nicht mehr achtet, wenn er
anderer Meinung ist, als Jhr. Was sagte man,
als die konstituirende Versammlung sich bildete?
Daß, wenn sie nicht Eurer Meinung wäre, man
sie in die Seine werfen würde. Und diese aus
dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangene Ver-
sammlung, hat man nicht versucht, sie zu vernich-
ten am 15 Mai? Hat man nicht ihre Entschei-
dungen angegriffen im Juni 1848? Nicht im
Juni 1849 sie außer dem Gesetz erklären wol-
len? Frankreich weiß, daß diese angebliche Ach-
tung vor dem allgemeinen Stimmrecht Nichts ist,
als die Anbetung, die Jhr Euch selber widmet.
[Spaltenumbruch] So wie das allgemeine Stimmrecht Euch zuwider
sein wird, so werdet Jhr Nichts mehr davon wis-
sen wollen. Jhr nennt das allgemeine Stimm-
recht, in Eurem Sinne verstanden, den öffentlichen
Frieden. Wir verstehen Euch. Es ist der Friede,
so lange es Euch gefällt, in der Gesellschaft zu
bewilligen; es ist der Krieg an dem Tage, wo
Jhr glaubt, daß er Euch nützlich sei. Keiner von
uns ist naiv genug, um sich über diese Wahrheit
zu täuschen.

Zum Schlusse erlauben Sie mir noch eine
Betrachtung. Sie sagen, das Gesetz ist unwirk-
sam, allein es ist eine Herausforderung. Gut!
was verstehen Sie unter einer Herausforderung?
Wenn Sie sagen wollen, eine Voraussicht, o! ja!
Gibt es doch Orte, wo man die Frage erörtert,
ob man den gesetzlichen Gewalten den Krieg er-
klären soll oder nicht, ob eine Steuerverweigerung
einer Kriegserklärung vorzuziehen sei? Angesichts
dieser Thatsachen, die für die Gesellschaft die
grausamste und die frechste Herausforderung sind,
mußte die Regierung Vorkehrung treffen! Ja, die
Armee, welcher diese Menschen die Schmach an-
gethan hatten, Hoffnungen auf sie zu bauen, ist
bereit, ihre Schuldigkeit zu thun; sie hat Anfüh-
rer voll Energie, voll Vaterlandsliebe, Verehrung
und Hingebung für das Gesetz, und man weiß
wohl, daß, wenn man nicht klug wäre, man es
wahrscheinlich lernen würde, es zu werden, Ange-
sichts der Vereinigung aller Kräfte der Gesell-
schaft. Wo ist die Herausforderung? Jch will
es Jhnen sagen. Nicht allein von einer Maßre-
gel der Voraussicht handelt es sich in dieser un-
glücklichen Gesellschaft, die jeden Tag neuen Auf-
regungen hingegeben ist, wo der Vater, der für
seine Kinder ein Vermögen erworben hat, nicht
weiß, ob er es erhalten kann, wo Derjenige, wel-
cher arbeitet, um ein Vermögen zu gründen, in
dem Augenblick, wo es ihm gelungen ist, seinen
Kindern das Brod zu reichen, dieses Brod unter
den stets erneuerten Drohungen eines Aufruhrs
in seinen Händen zerrinnen sieht; ja in dieser so
glänzenden Gesellschaft, welche durch Sie so un-
glücklich und so aufgeregt ist, ja da habe ich nicht
selten das Gefühl der Verzweiflung in den Wor-
ten hervorbrechen sehen: Da wir nun einmal
angegriffen werden sollen, da einmal unser Blut
eines Tages vielleicht für die Vertheidigung der
Gesetze fließen soll; in dieser Gesellschaft, sage ich,
habe ich die Worte gehört: Wohlan, da wir ein-
mal dem Bürgerkrieg ausgesetzt sein sollen, so
möge er kommen je eher je lieber! Einen Schrei
der Verzweiflung habe ich vernommen, Sie neh-
men ihn für eine Herausforderung. Aber wer
bringt sie hervor, diese Verzweiflung? Keine
Herausforderung ist es; es ist die furchtbarste der
Anklagen gegen Diejenigen, welche die Gesellschaft
zu dieser Verzweiflung gebracht, zu diesem furcht-
baren Ausrufe „je eher je lieber“ hingedrängt
haben. Rühmen Sie sich dieser Herausforderung
nicht, denn sie klagt Sie an; sie klagt Diejeni-
gen an, welche die Gesellschaft zur Verzweiflung
gebracht haben und die unabläßlich über ihren
Häuptern die Drohung eines Blutbades schweben
lassen. Diese furchtbare Anklage wird einst schwer
in der Geschichte auf Jhnen lasten. Doch nein!
ich habe Unrecht, zu sagen auf Jhnen. Jch soll
[Spaltenumbruch] sagen auf Denen, zu deren Vertheidiger Sie sich
aufwerfen; auf Denen, für welche Sie die Bürg-
schaft übernehmen: Diese sind es, welche die Ge-
sellschaft in die Verzweiflung stürzen; Diese sind
es, welche sie anklagt; sie sind es, welche wir
anklagen; sie sind es, auf welchen das Gewicht
dieser Anklage vor dem Lande und der Nachwelt
ruhen wird. -- ( Nach diesen Worten verließ der
Redner unter dem stürmischsten Beifall der Mehr-
heit der Versammlung die Tribüne. )

Landtagsverhandlungen.

München, 27. Juni. ( CXXXVI. Sitzung
der Kammer der Abgeordneten.
) Die
Gallerien sind schwach besetzt. Am Ministertische
Staatsminister v. Ringelmann, v. Zwehl v. Aschen-
brenner und mehrere Ministerialräthe; später
Staatsminister v. d. Pfordten. Der I. Präsident
eröffnet um halb 5 Uhr die Sitzung. Nach Be-
kanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls verliest
Referent Hirschberger den Gesammtbeschluß
über den Gesetzentwurf: die Einrichtung der die
Kunststraßen befahrenden Fuhrwerke. Hierauf er-
stattet der Referent im II. Ausschusse, v. Koch,
Vortrag über Straßen=, Brücken=, Wasser=, dann
über Landbauten pro 1845/46 und 1846/47, wo-
rauf der Präsident zur Fortsetzung der Berathung
und Schlußfassung des Ausgaben = Budgets über-
geht. -- IV. Zuschüsse an die Universitäten. Die
Regg. beantragt im ordentlichen Budet 112,760
fl. und im außerordentlichen Budget 10,000 fl.
Der Ausschuß schlägt vor 103,760 fl. ins ordent-
liche und 29,000 fl. ( 10,000 fl. für München,
9000 fl, für Würzburg, 10,000 für Erlangen ) ,
ins außerordentliche Budget zu setzen. -- Dr.
Narr beantragt für einen Neubau der Univesi-
tät Würzburg eine Summe von 20,000 fl. zur
Unterstützung zugeben. -- Ruland empfiehlt
diesen Antrag. -- Dr. Bayer und Dr. Narr
sprechen sich über die Leistungen der dortigen Uni-
versitäten aus. -- Lassaulx weist nach, was
Preußen für seine sechs Universitäten leistet, näm-
lich 800,000 fl., gerade 16mal so viel wie Bay-
ern. Er würde daher den Antrag recht sehr em-
pfehlen, wenn nicht die dermalige Finanzlage eine
solche wäre, welche nur die dringendsten Ausga-
ben erlaubt. Lerchenfeld spricht sich entschieden
gegen den Antrag Narr's aus, indem der Aus-
schuß gewiß schon das Seinige gethan habe. --
Bei erfolgter Abstimmung wird der Ausschußan-
trag angenommen, der Antrag Narr's verworfen.
Das III. Kapitel bezieht sich auf wissenschaftliche
und praktische Ausbildung. Der einzige Posten
dieser Abtheilung sind Stipendien der Candidaten
der Medicin und Chirurgie mit 5000 fl., welche
Summe von der Kammer bewilligt wird. Das
IV. Kapitel bezweckt die Kunstausbildung. Für
die Filialgemäldegallerie und Kunstschulen in Augs-
burg und Nürnberg bestimmt die Kammer die
Summe von 3824. V. Kapitel. Besondere Unter-
richtsanstalten. Für die Hebammenschulen postulirt
die Regierung 3497 fl., für die Veterinärschulen
die Summe von 16,021 fl., für den historischen
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streicht diesen letzten Posten, welchen jedoch Ru-
land wieder einzusetzen beantragt; derselbe wird

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Erpedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 156. Würzburg, Montag den 1. Juli. 1850. Thiers über das allgemeine Stimmrecht. ( Schluß. ) Aber, sagt man uns, Jhr fehlt gegen den Geist der Constitution; diese will ja das allge- meine Stimmrecht. Trauriges Spiel mit Wor- ten! Was will das Wort „allgemein“ sagen? Entweder es beweist zu viel, oder es beweist Nichts. Wenn es beweist, daß man alle Welt stimmen lassen soll, so frage ich, warum die Ver- fassung in Wirklichkeit nur 6 Millionen Jndivi- duen stimmen läßt. Jch weiß wohl, man wird mir einwenden, daß ja die Frauen ausgeschlossen sind, und warum sind sie Dieß? Weil ihnen die Kenntniß des Landes nicht zugetraut wird. Au- ßer diesen 18 Millionen sind aber noch 9 andere Millionen ausgeschlossen, weil sie ihres Alters wegen eben so wenig die Jnteressen des Landes kennen. Es sind ja Kinder, werden Sie sagen. Allein, warum schließen Sie den emanzipirten Jüngling von 18 Jahren aus? Warum? weil es Jhnen gefallen hat, das Alter von 21 Jah- ren zu wählen. Es bleiben 9 Millionen, aber auch von diesen sind 3 Millionen so einfältig, daß sie nicht wissen, daß das Gesetz sie zu Sou- veränen gemacht hat, oder so gleichgültig, daß sie der Gesellschaft nicht die Wohlthat erweisen, nach ihrer Ueberzeugung zu stimmen. So sind Sie von 36 Millionen bis zu 6 Millionen herabge- stiegen. Aus welchem Grund? Weil Sie in diesen 6 Millionen die Kenntniß der Jnteressen des Landes finden. Dieses ist das allgemeine Prinzip, dieses ist der Geist der Verfassung; er berechtigt uns nach dem Maße der Befähigung die guten oder schlimmen Beförderer des öffent- lichen Wohls zu wählen. Jn diesem Sinne muß das Wort „allgemein gedeutet werden; es bedeu- tet gar Nichts, wenn es Alles bedeuten soll. -- Sie, meine Herren, nennen sich die aufrichtigen, begeisterten, ausschließlichen Anhänger des allge- meinen Stimmrechts; es ist über Alles erhaben, ihm muß Alles gehorchen. Welche Fragen aber hat man in diesen letzten Tagen in den Wahl- versammlungen aufgeworfen? Man hat gefragt, wenn zwischen der Republik und dem allgemeinen Stimmrecht zu wählen ist, wer muß da siegen? Wenn z. B. das allgemeine Stimmrecht die Re- publik beseitigen wolle, würde es Dieß im Stande sein? Was hat man geantwortet? Nein! die Republik steht über dem allgemeinen Stimmrecht. Was beweist Das? Daß das allgemeine Stimm- recht Euch weiter Nichts ist, als ein Sklave in Eurem Dienst, den Jhr achtet, wenn er Euch zu Willen ist, den Jhr nicht mehr achtet, wenn er anderer Meinung ist, als Jhr. Was sagte man, als die konstituirende Versammlung sich bildete? Daß, wenn sie nicht Eurer Meinung wäre, man sie in die Seine werfen würde. Und diese aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangene Ver- sammlung, hat man nicht versucht, sie zu vernich- ten am 15 Mai? Hat man nicht ihre Entschei- dungen angegriffen im Juni 1848? Nicht im Juni 1849 sie außer dem Gesetz erklären wol- len? Frankreich weiß, daß diese angebliche Ach- tung vor dem allgemeinen Stimmrecht Nichts ist, als die Anbetung, die Jhr Euch selber widmet. So wie das allgemeine Stimmrecht Euch zuwider sein wird, so werdet Jhr Nichts mehr davon wis- sen wollen. Jhr nennt das allgemeine Stimm- recht, in Eurem Sinne verstanden, den öffentlichen Frieden. Wir verstehen Euch. Es ist der Friede, so lange es Euch gefällt, in der Gesellschaft zu bewilligen; es ist der Krieg an dem Tage, wo Jhr glaubt, daß er Euch nützlich sei. Keiner von uns ist naiv genug, um sich über diese Wahrheit zu täuschen. Zum Schlusse erlauben Sie mir noch eine Betrachtung. Sie sagen, das Gesetz ist unwirk- sam, allein es ist eine Herausforderung. Gut! was verstehen Sie unter einer Herausforderung? Wenn Sie sagen wollen, eine Voraussicht, o! ja! Gibt es doch Orte, wo man die Frage erörtert, ob man den gesetzlichen Gewalten den Krieg er- klären soll oder nicht, ob eine Steuerverweigerung einer Kriegserklärung vorzuziehen sei? Angesichts dieser Thatsachen, die für die Gesellschaft die grausamste und die frechste Herausforderung sind, mußte die Regierung Vorkehrung treffen! Ja, die Armee, welcher diese Menschen die Schmach an- gethan hatten, Hoffnungen auf sie zu bauen, ist bereit, ihre Schuldigkeit zu thun; sie hat Anfüh- rer voll Energie, voll Vaterlandsliebe, Verehrung und Hingebung für das Gesetz, und man weiß wohl, daß, wenn man nicht klug wäre, man es wahrscheinlich lernen würde, es zu werden, Ange- sichts der Vereinigung aller Kräfte der Gesell- schaft. Wo ist die Herausforderung? Jch will es Jhnen sagen. Nicht allein von einer Maßre- gel der Voraussicht handelt es sich in dieser un- glücklichen Gesellschaft, die jeden Tag neuen Auf- regungen hingegeben ist, wo der Vater, der für seine Kinder ein Vermögen erworben hat, nicht weiß, ob er es erhalten kann, wo Derjenige, wel- cher arbeitet, um ein Vermögen zu gründen, in dem Augenblick, wo es ihm gelungen ist, seinen Kindern das Brod zu reichen, dieses Brod unter den stets erneuerten Drohungen eines Aufruhrs in seinen Händen zerrinnen sieht; ja in dieser so glänzenden Gesellschaft, welche durch Sie so un- glücklich und so aufgeregt ist, ja da habe ich nicht selten das Gefühl der Verzweiflung in den Wor- ten hervorbrechen sehen: Da wir nun einmal angegriffen werden sollen, da einmal unser Blut eines Tages vielleicht für die Vertheidigung der Gesetze fließen soll; in dieser Gesellschaft, sage ich, habe ich die Worte gehört: Wohlan, da wir ein- mal dem Bürgerkrieg ausgesetzt sein sollen, so möge er kommen je eher je lieber! Einen Schrei der Verzweiflung habe ich vernommen, Sie neh- men ihn für eine Herausforderung. Aber wer bringt sie hervor, diese Verzweiflung? Keine Herausforderung ist es; es ist die furchtbarste der Anklagen gegen Diejenigen, welche die Gesellschaft zu dieser Verzweiflung gebracht, zu diesem furcht- baren Ausrufe „je eher je lieber“ hingedrängt haben. Rühmen Sie sich dieser Herausforderung nicht, denn sie klagt Sie an; sie klagt Diejeni- gen an, welche die Gesellschaft zur Verzweiflung gebracht haben und die unabläßlich über ihren Häuptern die Drohung eines Blutbades schweben lassen. Diese furchtbare Anklage wird einst schwer in der Geschichte auf Jhnen lasten. Doch nein! ich habe Unrecht, zu sagen auf Jhnen. Jch soll sagen auf Denen, zu deren Vertheidiger Sie sich aufwerfen; auf Denen, für welche Sie die Bürg- schaft übernehmen: Diese sind es, welche die Ge- sellschaft in die Verzweiflung stürzen; Diese sind es, welche sie anklagt; sie sind es, welche wir anklagen; sie sind es, auf welchen das Gewicht dieser Anklage vor dem Lande und der Nachwelt ruhen wird. -- ( Nach diesen Worten verließ der Redner unter dem stürmischsten Beifall der Mehr- heit der Versammlung die Tribüne. ) Landtagsverhandlungen. München, 27. Juni. ( CXXXVI. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die Gallerien sind schwach besetzt. Am Ministertische Staatsminister v. Ringelmann, v. Zwehl v. Aschen- brenner und mehrere Ministerialräthe; später Staatsminister v. d. Pfordten. Der I. Präsident eröffnet um halb 5 Uhr die Sitzung. Nach Be- kanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls verliest Referent Hirschberger den Gesammtbeschluß über den Gesetzentwurf: die Einrichtung der die Kunststraßen befahrenden Fuhrwerke. Hierauf er- stattet der Referent im II. Ausschusse, v. Koch, Vortrag über Straßen=, Brücken=, Wasser=, dann über Landbauten pro 1845/46 und 1846/47, wo- rauf der Präsident zur Fortsetzung der Berathung und Schlußfassung des Ausgaben = Budgets über- geht. -- IV. Zuschüsse an die Universitäten. Die Regg. beantragt im ordentlichen Budet 112,760 fl. und im außerordentlichen Budget 10,000 fl. Der Ausschuß schlägt vor 103,760 fl. ins ordent- liche und 29,000 fl. ( 10,000 fl. für München, 9000 fl, für Würzburg, 10,000 für Erlangen ) , ins außerordentliche Budget zu setzen. -- Dr. Narr beantragt für einen Neubau der Univesi- tät Würzburg eine Summe von 20,000 fl. zur Unterstützung zugeben. -- Ruland empfiehlt diesen Antrag. -- Dr. Bayer und Dr. Narr sprechen sich über die Leistungen der dortigen Uni- versitäten aus. -- Lassaulx weist nach, was Preußen für seine sechs Universitäten leistet, näm- lich 800,000 fl., gerade 16mal so viel wie Bay- ern. Er würde daher den Antrag recht sehr em- pfehlen, wenn nicht die dermalige Finanzlage eine solche wäre, welche nur die dringendsten Ausga- ben erlaubt. Lerchenfeld spricht sich entschieden gegen den Antrag Narr's aus, indem der Aus- schuß gewiß schon das Seinige gethan habe. -- Bei erfolgter Abstimmung wird der Ausschußan- trag angenommen, der Antrag Narr's verworfen. Das III. Kapitel bezieht sich auf wissenschaftliche und praktische Ausbildung. Der einzige Posten dieser Abtheilung sind Stipendien der Candidaten der Medicin und Chirurgie mit 5000 fl., welche Summe von der Kammer bewilligt wird. Das IV. Kapitel bezweckt die Kunstausbildung. Für die Filialgemäldegallerie und Kunstschulen in Augs- burg und Nürnberg bestimmt die Kammer die Summe von 3824. V. Kapitel. Besondere Unter- richtsanstalten. Für die Hebammenschulen postulirt die Regierung 3497 fl., für die Veterinärschulen die Summe von 16,021 fl., für den historischen Verein in Würzburg 300 fl. Der Ausschuß streicht diesen letzten Posten, welchen jedoch Ru- land wieder einzusetzen beantragt; derselbe wird

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 156. Würzburg, 1. Juli 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische156_1850/1>, abgerufen am 23.11.2024.