Badener Zeitung. Nr. 91, Baden (Niederösterreich), 14.11.1900. Mittwoch Badener Zeitung 14. November 1900. Nr. 91. [Spaltenumbruch] 244 Kranke. Die Zahl der Verpflegstage betrug 3349, Gemeindeausschusssitzung in Perch- toldsdorf. Oeffentliche Sitzung vom 25. October 1900. Anwesend: Herr Bürgermeister Johann Reicher Der Herr Bürgermeister constatiert die Beschluss- 1. Das Protocoll der letzten Sitzung vom Anknüpfend berichtet der Herr Bürgermeister, Weiters wurde ihm bezüglich der Concession Ferner theilt der Herr Bürgermeister mit, dass Diese Mittheilungen werden zur Kenntnis 2. Die Gemeinderechnung für den Monat Die Gebarung stellt sich wie folgt dar: An Anschließend hieran berichtet Herr GR. Rosenthal, Dieser Bericht wird befriedigend zur Kenntnis 3. Die Bürgerspitalrechnung pro September 1900 4. Ueber das von der k. k. Bezirkshauptmannschaft Herr GA. Biegler interpelliert den Herrn Bürger- 5. Der Localbedarf über das gleichfalls von der 6. Ueber das Ansuchen des Herrn Wilhelm Ad. Bei diesem Anlasse theilt der Herr Bürgermeister 7. Der Bericht der Bau-Section über den infolge Nach längerer Debatte über diesen Gegenstand Die Regulierung des Schirgengrabens hat, weil Die auszuführenden Arbeiten sind im Offert- Sämmtliche Arbeiten sind unter Aufsicht der Zu den Kosten der Regulierung sind die Anrainer Die Kosten der Regulierung sind bei Feststellung 8. Der Obmann der Bau-Section, Herr GA. Nachdem aber die Bau-Section nicht dafür ist, Der Bürgermeister stellt nunmehr den Antrag, [Spaltenumbruch] Dichter der "Fredegundis" nach langen und aben- "So wird man berühmt!" murmelte der Dichter. "Es geht gut, lieber Meister", rief er trium- Wohl oder übel musste der Dichter dem Director [Spaltenumbruch] "Alles Vorschuss!" Ganz erschöpft vor Aufregung gelangte der Gegen 71/4 Uhr entschloss er sich endlich, ob- Das Haus war bis auf das letzte Gallerie- "Kommen Sie", sagte der Director zu dem "Ich kann nicht", erwiderte Neumeister, "mir Der Director trat vor und dankte im Namen Auch nach dem dritten Acte, dessen machtvoller "Kommen Sie, kommen Sie", sagte der Director, Beide erschienen vor der Gardine, immer wieder "Erreicht!" flüsterten seine blutleeren Lippen. Schon nach wenigen Minuten erschien der Mittwoch Badener Zeitung 14. November 1900. Nr. 91. [Spaltenumbruch] 244 Kranke. Die Zahl der Verpflegstage betrug 3349, Gemeindeausſchuſsſitzung in Perch- toldsdorf. Oeffentliche Sitzung vom 25. October 1900. Anweſend: Herr Bürgermeiſter Johann Reicher Der Herr Bürgermeiſter conſtatiert die Beſchluſs- 1. Das Protocoll der letzten Sitzung vom Anknüpfend berichtet der Herr Bürgermeiſter, Weiters wurde ihm bezüglich der Conceſſion Ferner theilt der Herr Bürgermeiſter mit, daſs Dieſe Mittheilungen werden zur Kenntnis 2. Die Gemeinderechnung für den Monat Die Gebarung ſtellt ſich wie folgt dar: An Anſchließend hieran berichtet Herr GR. Roſenthal, Dieſer Bericht wird befriedigend zur Kenntnis 3. Die Bürgerſpitalrechnung pro September 1900 4. Ueber das von der k. k. Bezirkshauptmannſchaft Herr GA. Biegler interpelliert den Herrn Bürger- 5. Der Localbedarf über das gleichfalls von der 6. Ueber das Anſuchen des Herrn Wilhelm Ad. Bei dieſem Anlaſſe theilt der Herr Bürgermeiſter 7. Der Bericht der Bau-Section über den infolge Nach längerer Debatte über dieſen Gegenſtand Die Regulierung des Schirgengrabens hat, weil Die auszuführenden Arbeiten ſind im Offert- Sämmtliche Arbeiten ſind unter Aufſicht der Zu den Koſten der Regulierung ſind die Anrainer Die Koſten der Regulierung ſind bei Feſtſtellung 8. Der Obmann der Bau-Section, Herr GA. Nachdem aber die Bau-Section nicht dafür iſt, Der Bürgermeiſter ſtellt nunmehr den Antrag, [Spaltenumbruch] Dichter der „Fredegundis“ nach langen und aben- „So wird man berühmt!“ murmelte der Dichter. „Es geht gut, lieber Meiſter“, rief er trium- Wohl oder übel muſste der Dichter dem Director [Spaltenumbruch] „Alles Vorſchuſs!“ Ganz erſchöpft vor Aufregung gelangte der Gegen 7¼ Uhr entſchloſs er ſich endlich, ob- Das Haus war bis auf das letzte Gallerie- „Kommen Sie“, ſagte der Director zu dem „Ich kann nicht“, erwiderte Neumeiſter, „mir Der Director trat vor und dankte im Namen Auch nach dem dritten Acte, deſſen machtvoller „Kommen Sie, kommen Sie“, ſagte der Director, Beide erſchienen vor der Gardine, immer wieder „Erreicht!“ flüſterten ſeine blutleeren Lippen. Schon nach wenigen Minuten erſchien der <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0004" n="4"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Mittwoch Badener Zeitung 14. November 1900. Nr. 91.</hi> </hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jLocal" n="1"> <div xml:id="rath2" prev="#rath1" type="jArticle" n="2"> <p>244 Kranke. Die Zahl der Verpflegstage betrug 3349,<lb/> im Vormonate 3563, mithin weniger um 214; durch-<lb/> ſchnittlicher Krankenſtand per Tag 108·03, durch-<lb/> ſchnittliche Verpflegsdauer für einen Kranken 15·72<lb/> Tage. Der vorherrſchende Krankheits-Charakter be-<lb/> ſtand in Erkrankungen der Haut, der Digeſtions-<lb/> organe und Verletzungen. — Wegen Raummangel<lb/> abgewieſen wurde 1 Perſon. Folgende Verletzungen<lb/> gelangten zur Aufnahme: Gehirnerſchütterungen:<lb/> 1 leichte; Contuſionen: 1 ſchwere, 2 leichte; Schnitt-<lb/> wunden: 3 ſchwere, 1 leichte; Schlüſſelbeinbrüche:<lb/> 3 ſchwere; Verbrennungen 1. und 2. Grades: 1 ſchwere;<lb/> Blutbeulen: 1 leichte; Morphiumvergiftung: 1 leichte;<lb/> zuſammen 10 ſchwere und 5 leichte. — Operationen<lb/> wurden vorgenommen 27 größere, 7 kleinere, zuſammen<lb/> 34; hievon in der Chloroform-Narcoſe 9, in der<lb/> Aether-Narcoſe 4, in der Bromäthyl-Narcoſe 2, in<lb/> der Cocain-Anäſtheſie 3, in der Chloraneſtille 4, in<lb/> der Schleich’ſchen Anäſtheſie 3, ohne Narcoticum 9.<lb/> — In dieſem Krankenhauſe findet täglich von<lb/> 10—11 Uhr vormittags für Mittelloſe, welche nicht<lb/> Mitglieder von Krankencaſſen ſind, unentgeltliche<lb/> ambulatoriſche Ordination ſtatt.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="gemeinde1" next="#gemeinde2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gemeindeausſchuſsſitzung in Perch-<lb/> toldsdorf.</hi> </head><lb/> <dateline>Oeffentliche Sitzung vom 25. October 1900.</dateline><lb/> <p>Anweſend: Herr Bürgermeiſter Johann Reicher<lb/> und die Herren Gemeindevertreter mit Ausnahme<lb/> des nicht entſchuldigten Gemeindeausſchuſſes Joh. Höller.</p><lb/> <p>Der Herr Bürgermeiſter conſtatiert die Beſchluſs-<lb/> fähigkeit und eröffnet die Sitzung.</p><lb/> <p>1. Das Protocoll der letzten Sitzung vom<lb/> 27. September wird verleſen, genehmigt und verificiert.</p><lb/> <p>Anknüpfend berichtet der Herr Bürgermeiſter,<lb/> daſs nach den von ihm in Ausführung der letzten<lb/> Sitzungsbeſchlüſſe gepflogenen Erhebungen wegen<lb/> Abänderung der n.-ö. Bauordnung nicht der n.-ö.<lb/> Landesausſchuſs, ſondern die k. k. n.-ö. Statthalterei<lb/> competent ſei, daher ein diesfälliges Anſuchen bei<lb/> letzterer Behörde einzubringen ſei, was nunmehr auch<lb/> veranlaſst werden wird.</p><lb/> <p>Weiters wurde ihm bezüglich der Conceſſion<lb/> für Realitätenverkehr des Herrn J. W. Dwarsky<lb/> bei der Gewerbebehörde bedeutet, daſs derſelbe nach<lb/> den beſtehenden Geſetzen, infolge Abweſenheit vom<lb/> Betriebsorte nicht gezwungen werden kann, dieſe Con-<lb/> ceſſion zurückzulegen und eine Löſchung dieſer Conceſſion<lb/> von amtswegen unzuläſſig ſei. Er werde jedoch noch<lb/> bei der k. k. n.-ö. Statthalterei dieſerwegen darüber<lb/> anfragen.</p><lb/> <p>Ferner theilt der Herr Bürgermeiſter mit, daſs<lb/> ihm bereits ein Proſpect der neu creierten Landes-<lb/> Unfall- und Haftpflichtverſicherung zugekommen ſei,<lb/> welches der Finanz-Section zur Durchberathung und<lb/><cb/> Antragſtellung bis zur nächſten Sitzung zugewieſen<lb/> werden wird.</p><lb/> <p>Dieſe Mittheilungen werden zur Kenntnis<lb/> genommen.</p><lb/> <p>2. Die Gemeinderechnung für den Monat<lb/> September l. J. wird über Bericht des Obmannes<lb/> der Finanz-Section Herrn GR. Roſenthal genehmigt.</p><lb/> <p>Die Gebarung ſtellt ſich wie folgt dar: An<lb/> Caſſareſt verblieb Ende Auguſt 1900 Kr. 2.435·25.<lb/> Einnahmen pro September 1900 Kr. 13.534·35, zu-<lb/> ſammen Kr. 15.969·60. Ausgaben pro September 1900<lb/> Kr. 8.095·89, ſonach verblieb Ende September 1900<lb/> Kr. 7.873·71.</p><lb/> <p>Anſchließend hieran berichtet Herr GR. Roſenthal,<lb/> daſs im October l. J. von der Finanz-Section eine<lb/> unvermuthete Scontierung ſämmtlicher Caſſabeſtände,<lb/> Werteffecten und Depots der Gemeinde vorgenommen<lb/> und alles in beſter Ordnung gefunden wurde. Die<lb/> vorgenommene Scontierung ſelbſt wurde in dem Caſſa-<lb/> buche, nach Vorſchrift des Landes-Ausſchuſſes, er-<lb/> ſichtlich gemacht.</p><lb/> <p>Dieſer Bericht wird befriedigend zur Kenntnis<lb/> genommen.</p><lb/> <p>3. Die Bürgerſpitalrechnung pro September 1900<lb/> wird über Bericht der Reviſoren genehmigt.</p><lb/> <p>4. Ueber das von der k. k. Bezirkshauptmannſchaft<lb/> Mödling zur Aeußerung herabgelangte Einſchreiten<lb/> des Herrn Wilhelm Adolf Hanſt „Firma Perchtolds-<lb/> dorfer Kryſtalleisfabrik“ um Conceſſion zum Betriebe<lb/> des Gaſtwirtgeſchäftes für die Bedienſteten der Fabrlk<lb/> wird der Localbedarf einſtimmig bejaht.</p><lb/> <p>Herr GA. Biegler interpelliert den Herrn Bürger-<lb/> meiſter, warum dieſes Anſuchen nicht vorher der<lb/> Gewerbe-Section zur Vorberathung zugewieſen wurde,<lb/> worauf der Herr Bürgermeiſter erwiderte, daſs dieſe<lb/> Angelegenheit ſchon früher einmal von dem Gemeinde-<lb/> ausſchuſſe berathen wurde und die heutige Beſchluſs-<lb/> faſſung hierüber nur mehr eine formelle ſei, er werde<lb/> jedoch von nun an alle die beſtehenden Sectionen<lb/> betreffenden Geſchäftsſtücke den betreffenden Sectionen<lb/> zur Berathung und Berichterſtattung zuweiſen.</p><lb/> <p>5. Der Localbedarf über das gleichfalls von der<lb/> k. k. Bezirkshauptmannſchaft Mödling zur Aeußerung<lb/> herabgelangte Anſuchen des Johann Biewald, Nach-<lb/> folger des Franz Karl, um die Conceſſion zum Be-<lb/> triebe des Gaſt- und Schankgewerbes nach § 16<lb/><hi rendition="#aq">lit. b, c, e, f</hi> der Gemeindeordnung in dem Hauſe<lb/> Cſc.-N. 415, Wienergaſſe, wird, nachdem dies ein<lb/> bereits beſtehendes Geſchäft iſt, einſtimmig bejaht.</p><lb/> <p>6. Ueber das Anſuchen des Herrn Wilhelm Ad.<lb/> Hanſt um Genehmigung des von ihm vorgelegten<lb/> Theilregulierungsplanes für die zwiſchen der Mühl-,<lb/> Schweglergaſſe, der Lieſinger und Perchtoldsdorfer<lb/> Grenze und der Südbahn gelegenen Gründe wird<lb/> nach eingehender Berathung, an welcher ſich viele der<lb/> Herren Gemeindevertreter betheiligten, mit über-<lb/> wiegender Majorität beſchloſſen, vorerſt einen Koſten-<lb/> voranſchlag über die nächſt der Eisfabrik projectierte<lb/><cb/> Straße ausarbeiten zu laſſen und ſodann ſicher zu<lb/> ſtellen, welche Beiträge hiezu von den Intereſſenten<lb/> geleiſtet werden.</p><lb/> <p>Bei dieſem Anlaſſe theilt der Herr Bürgermeiſter<lb/> mit, daſs der bisher fertiggeſtellte Theil des neuen<lb/> General-Regulierungsplanes, Aufnahme des Terrains,<lb/> bei Herrn Profeſſor Zajicek in Mödling zur Einſicht<lb/> aufliege, und ladet die Bau-Section zur Beſichtigung<lb/> desſelben ein.</p><lb/> <p>7. Der Bericht der Bau-Section über den infolge<lb/> des letzten Sitzungsbeſchluſſes abgehaltenen Local-<lb/> augenſchein wegen Feſtſtellung des Ausmaßes der<lb/> unbedingt nothwendigen Regulierungsarbeiten des<lb/> Schirgenbaches und der zu dieſem Behufe ausge-<lb/> arbeitete Koſtenvoranſchlag wird zur Kenntnis ge-<lb/> nommen.</p><lb/> <p>Nach längerer Debatte über dieſen Gegenſtand<lb/> wurden folgende Anträge angenommen:</p><lb/> <p>Die Regulierung des Schirgengrabens hat, weil<lb/> dringend nothwendig, noch heuer zu erfolgen, und<lb/> iſt zu dieſem Behufe vor allem ſowohl dieſer Graben,<lb/> als auch die Grenzen der anrainenden Gemeinde-<lb/> parzelle Nr. 1804 durch den Geometer Friedrich<lb/> Zajicek feſtzuſtellen und auszupflöckeln.</p><lb/> <p>Die auszuführenden Arbeiten ſind im Offert-<lb/> wege zu vergeben und der Termin für die Ein-<lb/> bringung der Offerte bis 1. November 1900, vor-<lb/> mittags 9 Uhr, feſtzuſetzen. Die Entſcheidung über<lb/> die einlaufenden Offerte wird dem Gemeinderathe<lb/> übertragen.</p><lb/> <p>Sämmtliche Arbeiten ſind unter Aufſicht der<lb/> Bau-Section durchzuführen.</p><lb/> <p>Zu den Koſten der Regulierung ſind die Anrainer<lb/> mit ein Drittheil heranzuziehen und diesbezüglich die-<lb/> ſelben zu einer Beſprechung einzuberufen.</p><lb/> <p>Die Koſten der Regulierung ſind bei Feſtſtellung<lb/> des Präliminares für das nächſte Jahr in Betracht<lb/> zu ziehen und können demgemäß erſt im nächſten<lb/> Jahre zur Verrechnung gelangen.</p><lb/> <p>8. Der Obmann der Bau-Section, Herr GA.<lb/> Johann Marz, berichtet, daſs die Bau-Section behufs<lb/> Feſtſtellung des der Firma Meysgeier & Comp. in<lb/> der letzten Sitzung, im Gemeindewalde bewilligten<lb/> Schurfrechtes einen Localaugenſchein an Ort und<lb/> Stelle vorgenommen und hiefür 2 Stellen in Ausſicht<lb/> genommen hat, an welchen dem Gemeindewalde kein<lb/> namhafter Schaden zugefügt würde.</p><lb/> <p>Nachdem aber die Bau-Section nicht dafür iſt,<lb/> daſs der Gemeindewald durch Eröffnung eines neuen<lb/> Bruches noch mehr devaſtiert wird, wurden gleichzeitig<lb/> mit Herrn Polſterer und dem Vertreter der Firma<lb/> Meysgeier & Comp. Verhandlungen gepflogen, um<lb/> zwiſchen beiden einen Ausgleich herbeizuführen,<lb/> wodurch der Beſtand des alten Schotterbruches ge-<lb/> ſichert werden ſollte.</p><lb/> <p>Der Bürgermeiſter ſtellt nunmehr den Antrag,<lb/> es ſei dem Antrage der Bau-Section beizuſtimmen<lb/> und der Firma Meysgeier & Comp. ab 1. Jänner</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="erreicht4" prev="#erreicht3" type="jArticle" n="2"> <p>Dichter der „Fredegundis“ nach langen und aben-<lb/> teuerlichen Irrfahrten geſtern Abend plötzlich in Wien<lb/> aufgetaucht ſei, beim Director zu Gaſt weile und<lb/> der Premiere beiwohnen werde. Auch habe er dem<lb/> Director ein zweites Stück, „Frühlingshoffen“, über-<lb/> geben, das dieſer im Manuſcript angenommen babe<lb/> und noch in dieſer Spielzeit zur Aufführung<lb/> bringen werde.</p><lb/> <p>„So wird man berühmt!“ murmelte der Dichter.<lb/> „Jetzt bin ich ſchon zum ‚Ranreißer‘ avanciert! —<lb/> Einerlei“, fügte er hinzu, „ich hab’s erreicht! Jetzt<lb/> kann ich ſchreiben, was ich will — jetzt —“. Ein<lb/> furchtbarer Huſtenanfall durchſchütterte ſeinen ganzen<lb/> Körper. Als das vorüber war, ſank Neumeiſter in<lb/> den Stuhl zurück, ſeine Lippen waren blutlos, ſeine<lb/> Augen ſtarr und ſeine Wangen erdfahl. So fand<lb/> ihn der Director, der nach einer halben Stunde<lb/> hereinſtürmte.</p><lb/> <p>„Es geht gut, lieber Meiſter“, rief er trium-<lb/> phierend. „Das Publicum ſtürmt die Caſſe, ſchlägt<lb/> ſich um die Billets, für fünf Vorſtellungen iſt das<lb/> Haus im voraus ausverkauft! — Und dies“, ſagte<lb/> er, einen blauen Schein aus ſeiner Brieftaſche nehmend<lb/> und ihn Neumeiſter aufdrängend, „nehmen Sie<lb/> freudlichſt als Vorſchuſs. Doch nun kommen Sie,<lb/> wir wollen Ihren äußeren Menſchen in Ordnung<lb/> bringen!“</p><lb/> <p>Wohl oder übel muſste der Dichter dem Director<lb/> folgen, der ihn in einen Wagen ſchob, von Geſchäft<lb/> zu Geſchäft ſchleppte und ihn von Kopf bis zu Fuß<lb/> neu einkleidete. Alles bezahlte der ſtrahlende Bühnen-<lb/> leiter mit funkelndem Golde oder verheißungsvollen<lb/> blauen und grünen Scheinen und raunte ſeinem Gaſt<lb/> dabei vertraulich ins Ohr:</p><lb/> <cb/> <p>„Alles Vorſchuſs!“</p><lb/> <p>Ganz erſchöpft vor Aufregung gelangte der<lb/> Dichter gegen zwei Uhr mit dem Director in deſſen<lb/> Wohnung an und muſste ſich nach dem Eſſen ſofort<lb/> niederlegen. Wiederum dieſer ſchwere bleierne Schlaf,<lb/> wiederum nach dem Erwachen der entſetzliche Huſten!</p><lb/> <p>Gegen 7¼ Uhr entſchloſs er ſich endlich, ob-<lb/> gleich ihm ſchrecklich zumuthe war, mit dem Director<lb/> ins Theater zu fahren.</p><lb/> <p>Das Haus war bis auf das letzte Gallerie-<lb/> plätzchen ausverkauft, und durch das Publicum gieng<lb/> jenes erwartungsvolle Murmeln, das jedem Premieren-<lb/> beſucher ſo wohlbekannt iſt. Endlich gieng der Vor-<lb/> hang empor, und von ſeinem Logenplatze aus, von<lb/> dem er, ſelbſt ungeſehen, das ganze Haus überblicken<lb/> konnte, nahm der Autor, als ſein Auge ſich an das<lb/> Dämmerlicht im Zuſchauerraume gewöhnt, mit Genug-<lb/> thuung wahr, daſs das Publicum bereits nach den<lb/> erſten Scenen der Expoſition mit Aufmerkſamkeit<lb/> folgte. Als der Vorhang gefallen, regte bereits ein<lb/> großer Theil der Zuſchauer die Hände, während eine<lb/> kleine Minderheit mit dem Applaus noch erwartungs-<lb/> voll zurückhielt. Nirgends aber meldete ſich auch nur<lb/> der geringſte Widerſpruch. Nach dem zweiten Acte<lb/> folgte bereits lebhafter Hervorruf des Dichters.</p><lb/> <p>„Kommen Sie“, ſagte der Director zu dem<lb/> neben ihm Sitzenden.</p><lb/> <p>„Ich kann nicht“, erwiderte Neumeiſter, „mir<lb/> wird ſo übel, bitte gehen Sie vor — vielleicht nach-<lb/> her“. Matt lehnte er ſich in den Fauteuil zurück,<lb/> dicke Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn.</p><lb/> <p>Der Director trat vor und dankte im Namen<lb/> des Autors, der ſich nachher noch perſönlich bedanken<lb/> werde. Dieſer ſaß wie betäubt, wie geiſtesabweſend<lb/><cb/> in ſeiner Loge. Vor ſeinen Augen lag es wie ein<lb/> Nebel und gedankenlos ſtarrte er ins Leere.</p><lb/> <p>Auch nach dem dritten Acte, deſſen machtvoller<lb/> Schluſs zu allgemeiner Begeiſterung hinriſs, gab ſich<lb/> das Publicum mit dem erſten Beſcheide zufrieden.<lb/> Aber am Schluſſe des Stückes war kein Halten mehr,<lb/> frenetiſcher Jubel durchbrauste das Haus und immer<lb/> lauter verlangte man nach Neumeiſter. Da durfte<lb/> dieſer nicht länger zaudern.</p><lb/> <p>„Kommen Sie, kommen Sie“, ſagte der Director,<lb/> und zog den Dichter, der aus tiefem Schlafe zu er-<lb/> wachen ſchien, auf die Bühne. „Aber kommen Sie<lb/> mit — mir iſt ſo elend! Man kann nicht wiſſen“.</p><lb/> <p>Beide erſchienen vor der Gardine, immer wieder<lb/> muſste ſich der Dichter verbeugen, während der Di-<lb/> rector beſcheiden zur Seite trat. Ein rieſiger Lorbeer-<lb/> kranz ſenkte ſich zu Theobald’s Füßen nieder — eine<lb/> Spende des Directors. Das Auge des Dichters<lb/> ſtrahlte im Fieberglanz, ſeine bleichen Züge verklärte<lb/> ein ſeliges Lächeln.</p><lb/> <p>„Erreicht!“ flüſterten ſeine blutleeren Lippen.<lb/> Aber während er ſich bückte, um den Kranz aufzu-<lb/> heben, wieder dieſe krampfhafte Huſtenanfall — und<lb/> — was war das! — Ein dicker Blutſtrom brach<lb/> aus ſeinem Munde, ein pfeifender Laut drang ans<lb/> ſeiner Kehle, ſeine gekrampften Hände fuhren nach<lb/> der Bruſt, er taumelte. Beſtürzt ſprang der Director<lb/> hinzu, fieng ihn auf und zog ihn hinter die Gar-<lb/> dine zurück. Zwei Theaterarbeiter betteten den leb-<lb/> loſen Körper auf einen Divan.</p><lb/> <p>Schon nach wenigen Minuten erſchien der<lb/> Theaterarzt, aber er konnte nur noch conſtatieren,<lb/> daſs der Dichter Theobald Neumeiſter verſchieden war.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Mittwoch Badener Zeitung 14. November 1900. Nr. 91.
244 Kranke. Die Zahl der Verpflegstage betrug 3349,
im Vormonate 3563, mithin weniger um 214; durch-
ſchnittlicher Krankenſtand per Tag 108·03, durch-
ſchnittliche Verpflegsdauer für einen Kranken 15·72
Tage. Der vorherrſchende Krankheits-Charakter be-
ſtand in Erkrankungen der Haut, der Digeſtions-
organe und Verletzungen. — Wegen Raummangel
abgewieſen wurde 1 Perſon. Folgende Verletzungen
gelangten zur Aufnahme: Gehirnerſchütterungen:
1 leichte; Contuſionen: 1 ſchwere, 2 leichte; Schnitt-
wunden: 3 ſchwere, 1 leichte; Schlüſſelbeinbrüche:
3 ſchwere; Verbrennungen 1. und 2. Grades: 1 ſchwere;
Blutbeulen: 1 leichte; Morphiumvergiftung: 1 leichte;
zuſammen 10 ſchwere und 5 leichte. — Operationen
wurden vorgenommen 27 größere, 7 kleinere, zuſammen
34; hievon in der Chloroform-Narcoſe 9, in der
Aether-Narcoſe 4, in der Bromäthyl-Narcoſe 2, in
der Cocain-Anäſtheſie 3, in der Chloraneſtille 4, in
der Schleich’ſchen Anäſtheſie 3, ohne Narcoticum 9.
— In dieſem Krankenhauſe findet täglich von
10—11 Uhr vormittags für Mittelloſe, welche nicht
Mitglieder von Krankencaſſen ſind, unentgeltliche
ambulatoriſche Ordination ſtatt.
Gemeindeausſchuſsſitzung in Perch-
toldsdorf.
Oeffentliche Sitzung vom 25. October 1900.
Anweſend: Herr Bürgermeiſter Johann Reicher
und die Herren Gemeindevertreter mit Ausnahme
des nicht entſchuldigten Gemeindeausſchuſſes Joh. Höller.
Der Herr Bürgermeiſter conſtatiert die Beſchluſs-
fähigkeit und eröffnet die Sitzung.
1. Das Protocoll der letzten Sitzung vom
27. September wird verleſen, genehmigt und verificiert.
Anknüpfend berichtet der Herr Bürgermeiſter,
daſs nach den von ihm in Ausführung der letzten
Sitzungsbeſchlüſſe gepflogenen Erhebungen wegen
Abänderung der n.-ö. Bauordnung nicht der n.-ö.
Landesausſchuſs, ſondern die k. k. n.-ö. Statthalterei
competent ſei, daher ein diesfälliges Anſuchen bei
letzterer Behörde einzubringen ſei, was nunmehr auch
veranlaſst werden wird.
Weiters wurde ihm bezüglich der Conceſſion
für Realitätenverkehr des Herrn J. W. Dwarsky
bei der Gewerbebehörde bedeutet, daſs derſelbe nach
den beſtehenden Geſetzen, infolge Abweſenheit vom
Betriebsorte nicht gezwungen werden kann, dieſe Con-
ceſſion zurückzulegen und eine Löſchung dieſer Conceſſion
von amtswegen unzuläſſig ſei. Er werde jedoch noch
bei der k. k. n.-ö. Statthalterei dieſerwegen darüber
anfragen.
Ferner theilt der Herr Bürgermeiſter mit, daſs
ihm bereits ein Proſpect der neu creierten Landes-
Unfall- und Haftpflichtverſicherung zugekommen ſei,
welches der Finanz-Section zur Durchberathung und
Antragſtellung bis zur nächſten Sitzung zugewieſen
werden wird.
Dieſe Mittheilungen werden zur Kenntnis
genommen.
2. Die Gemeinderechnung für den Monat
September l. J. wird über Bericht des Obmannes
der Finanz-Section Herrn GR. Roſenthal genehmigt.
Die Gebarung ſtellt ſich wie folgt dar: An
Caſſareſt verblieb Ende Auguſt 1900 Kr. 2.435·25.
Einnahmen pro September 1900 Kr. 13.534·35, zu-
ſammen Kr. 15.969·60. Ausgaben pro September 1900
Kr. 8.095·89, ſonach verblieb Ende September 1900
Kr. 7.873·71.
Anſchließend hieran berichtet Herr GR. Roſenthal,
daſs im October l. J. von der Finanz-Section eine
unvermuthete Scontierung ſämmtlicher Caſſabeſtände,
Werteffecten und Depots der Gemeinde vorgenommen
und alles in beſter Ordnung gefunden wurde. Die
vorgenommene Scontierung ſelbſt wurde in dem Caſſa-
buche, nach Vorſchrift des Landes-Ausſchuſſes, er-
ſichtlich gemacht.
Dieſer Bericht wird befriedigend zur Kenntnis
genommen.
3. Die Bürgerſpitalrechnung pro September 1900
wird über Bericht der Reviſoren genehmigt.
4. Ueber das von der k. k. Bezirkshauptmannſchaft
Mödling zur Aeußerung herabgelangte Einſchreiten
des Herrn Wilhelm Adolf Hanſt „Firma Perchtolds-
dorfer Kryſtalleisfabrik“ um Conceſſion zum Betriebe
des Gaſtwirtgeſchäftes für die Bedienſteten der Fabrlk
wird der Localbedarf einſtimmig bejaht.
Herr GA. Biegler interpelliert den Herrn Bürger-
meiſter, warum dieſes Anſuchen nicht vorher der
Gewerbe-Section zur Vorberathung zugewieſen wurde,
worauf der Herr Bürgermeiſter erwiderte, daſs dieſe
Angelegenheit ſchon früher einmal von dem Gemeinde-
ausſchuſſe berathen wurde und die heutige Beſchluſs-
faſſung hierüber nur mehr eine formelle ſei, er werde
jedoch von nun an alle die beſtehenden Sectionen
betreffenden Geſchäftsſtücke den betreffenden Sectionen
zur Berathung und Berichterſtattung zuweiſen.
5. Der Localbedarf über das gleichfalls von der
k. k. Bezirkshauptmannſchaft Mödling zur Aeußerung
herabgelangte Anſuchen des Johann Biewald, Nach-
folger des Franz Karl, um die Conceſſion zum Be-
triebe des Gaſt- und Schankgewerbes nach § 16
lit. b, c, e, f der Gemeindeordnung in dem Hauſe
Cſc.-N. 415, Wienergaſſe, wird, nachdem dies ein
bereits beſtehendes Geſchäft iſt, einſtimmig bejaht.
6. Ueber das Anſuchen des Herrn Wilhelm Ad.
Hanſt um Genehmigung des von ihm vorgelegten
Theilregulierungsplanes für die zwiſchen der Mühl-,
Schweglergaſſe, der Lieſinger und Perchtoldsdorfer
Grenze und der Südbahn gelegenen Gründe wird
nach eingehender Berathung, an welcher ſich viele der
Herren Gemeindevertreter betheiligten, mit über-
wiegender Majorität beſchloſſen, vorerſt einen Koſten-
voranſchlag über die nächſt der Eisfabrik projectierte
Straße ausarbeiten zu laſſen und ſodann ſicher zu
ſtellen, welche Beiträge hiezu von den Intereſſenten
geleiſtet werden.
Bei dieſem Anlaſſe theilt der Herr Bürgermeiſter
mit, daſs der bisher fertiggeſtellte Theil des neuen
General-Regulierungsplanes, Aufnahme des Terrains,
bei Herrn Profeſſor Zajicek in Mödling zur Einſicht
aufliege, und ladet die Bau-Section zur Beſichtigung
desſelben ein.
7. Der Bericht der Bau-Section über den infolge
des letzten Sitzungsbeſchluſſes abgehaltenen Local-
augenſchein wegen Feſtſtellung des Ausmaßes der
unbedingt nothwendigen Regulierungsarbeiten des
Schirgenbaches und der zu dieſem Behufe ausge-
arbeitete Koſtenvoranſchlag wird zur Kenntnis ge-
nommen.
Nach längerer Debatte über dieſen Gegenſtand
wurden folgende Anträge angenommen:
Die Regulierung des Schirgengrabens hat, weil
dringend nothwendig, noch heuer zu erfolgen, und
iſt zu dieſem Behufe vor allem ſowohl dieſer Graben,
als auch die Grenzen der anrainenden Gemeinde-
parzelle Nr. 1804 durch den Geometer Friedrich
Zajicek feſtzuſtellen und auszupflöckeln.
Die auszuführenden Arbeiten ſind im Offert-
wege zu vergeben und der Termin für die Ein-
bringung der Offerte bis 1. November 1900, vor-
mittags 9 Uhr, feſtzuſetzen. Die Entſcheidung über
die einlaufenden Offerte wird dem Gemeinderathe
übertragen.
Sämmtliche Arbeiten ſind unter Aufſicht der
Bau-Section durchzuführen.
Zu den Koſten der Regulierung ſind die Anrainer
mit ein Drittheil heranzuziehen und diesbezüglich die-
ſelben zu einer Beſprechung einzuberufen.
Die Koſten der Regulierung ſind bei Feſtſtellung
des Präliminares für das nächſte Jahr in Betracht
zu ziehen und können demgemäß erſt im nächſten
Jahre zur Verrechnung gelangen.
8. Der Obmann der Bau-Section, Herr GA.
Johann Marz, berichtet, daſs die Bau-Section behufs
Feſtſtellung des der Firma Meysgeier & Comp. in
der letzten Sitzung, im Gemeindewalde bewilligten
Schurfrechtes einen Localaugenſchein an Ort und
Stelle vorgenommen und hiefür 2 Stellen in Ausſicht
genommen hat, an welchen dem Gemeindewalde kein
namhafter Schaden zugefügt würde.
Nachdem aber die Bau-Section nicht dafür iſt,
daſs der Gemeindewald durch Eröffnung eines neuen
Bruches noch mehr devaſtiert wird, wurden gleichzeitig
mit Herrn Polſterer und dem Vertreter der Firma
Meysgeier & Comp. Verhandlungen gepflogen, um
zwiſchen beiden einen Ausgleich herbeizuführen,
wodurch der Beſtand des alten Schotterbruches ge-
ſichert werden ſollte.
Der Bürgermeiſter ſtellt nunmehr den Antrag,
es ſei dem Antrage der Bau-Section beizuſtimmen
und der Firma Meysgeier & Comp. ab 1. Jänner
Dichter der „Fredegundis“ nach langen und aben-
teuerlichen Irrfahrten geſtern Abend plötzlich in Wien
aufgetaucht ſei, beim Director zu Gaſt weile und
der Premiere beiwohnen werde. Auch habe er dem
Director ein zweites Stück, „Frühlingshoffen“, über-
geben, das dieſer im Manuſcript angenommen babe
und noch in dieſer Spielzeit zur Aufführung
bringen werde.
„So wird man berühmt!“ murmelte der Dichter.
„Jetzt bin ich ſchon zum ‚Ranreißer‘ avanciert! —
Einerlei“, fügte er hinzu, „ich hab’s erreicht! Jetzt
kann ich ſchreiben, was ich will — jetzt —“. Ein
furchtbarer Huſtenanfall durchſchütterte ſeinen ganzen
Körper. Als das vorüber war, ſank Neumeiſter in
den Stuhl zurück, ſeine Lippen waren blutlos, ſeine
Augen ſtarr und ſeine Wangen erdfahl. So fand
ihn der Director, der nach einer halben Stunde
hereinſtürmte.
„Es geht gut, lieber Meiſter“, rief er trium-
phierend. „Das Publicum ſtürmt die Caſſe, ſchlägt
ſich um die Billets, für fünf Vorſtellungen iſt das
Haus im voraus ausverkauft! — Und dies“, ſagte
er, einen blauen Schein aus ſeiner Brieftaſche nehmend
und ihn Neumeiſter aufdrängend, „nehmen Sie
freudlichſt als Vorſchuſs. Doch nun kommen Sie,
wir wollen Ihren äußeren Menſchen in Ordnung
bringen!“
Wohl oder übel muſste der Dichter dem Director
folgen, der ihn in einen Wagen ſchob, von Geſchäft
zu Geſchäft ſchleppte und ihn von Kopf bis zu Fuß
neu einkleidete. Alles bezahlte der ſtrahlende Bühnen-
leiter mit funkelndem Golde oder verheißungsvollen
blauen und grünen Scheinen und raunte ſeinem Gaſt
dabei vertraulich ins Ohr:
„Alles Vorſchuſs!“
Ganz erſchöpft vor Aufregung gelangte der
Dichter gegen zwei Uhr mit dem Director in deſſen
Wohnung an und muſste ſich nach dem Eſſen ſofort
niederlegen. Wiederum dieſer ſchwere bleierne Schlaf,
wiederum nach dem Erwachen der entſetzliche Huſten!
Gegen 7¼ Uhr entſchloſs er ſich endlich, ob-
gleich ihm ſchrecklich zumuthe war, mit dem Director
ins Theater zu fahren.
Das Haus war bis auf das letzte Gallerie-
plätzchen ausverkauft, und durch das Publicum gieng
jenes erwartungsvolle Murmeln, das jedem Premieren-
beſucher ſo wohlbekannt iſt. Endlich gieng der Vor-
hang empor, und von ſeinem Logenplatze aus, von
dem er, ſelbſt ungeſehen, das ganze Haus überblicken
konnte, nahm der Autor, als ſein Auge ſich an das
Dämmerlicht im Zuſchauerraume gewöhnt, mit Genug-
thuung wahr, daſs das Publicum bereits nach den
erſten Scenen der Expoſition mit Aufmerkſamkeit
folgte. Als der Vorhang gefallen, regte bereits ein
großer Theil der Zuſchauer die Hände, während eine
kleine Minderheit mit dem Applaus noch erwartungs-
voll zurückhielt. Nirgends aber meldete ſich auch nur
der geringſte Widerſpruch. Nach dem zweiten Acte
folgte bereits lebhafter Hervorruf des Dichters.
„Kommen Sie“, ſagte der Director zu dem
neben ihm Sitzenden.
„Ich kann nicht“, erwiderte Neumeiſter, „mir
wird ſo übel, bitte gehen Sie vor — vielleicht nach-
her“. Matt lehnte er ſich in den Fauteuil zurück,
dicke Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn.
Der Director trat vor und dankte im Namen
des Autors, der ſich nachher noch perſönlich bedanken
werde. Dieſer ſaß wie betäubt, wie geiſtesabweſend
in ſeiner Loge. Vor ſeinen Augen lag es wie ein
Nebel und gedankenlos ſtarrte er ins Leere.
Auch nach dem dritten Acte, deſſen machtvoller
Schluſs zu allgemeiner Begeiſterung hinriſs, gab ſich
das Publicum mit dem erſten Beſcheide zufrieden.
Aber am Schluſſe des Stückes war kein Halten mehr,
frenetiſcher Jubel durchbrauste das Haus und immer
lauter verlangte man nach Neumeiſter. Da durfte
dieſer nicht länger zaudern.
„Kommen Sie, kommen Sie“, ſagte der Director,
und zog den Dichter, der aus tiefem Schlafe zu er-
wachen ſchien, auf die Bühne. „Aber kommen Sie
mit — mir iſt ſo elend! Man kann nicht wiſſen“.
Beide erſchienen vor der Gardine, immer wieder
muſste ſich der Dichter verbeugen, während der Di-
rector beſcheiden zur Seite trat. Ein rieſiger Lorbeer-
kranz ſenkte ſich zu Theobald’s Füßen nieder — eine
Spende des Directors. Das Auge des Dichters
ſtrahlte im Fieberglanz, ſeine bleichen Züge verklärte
ein ſeliges Lächeln.
„Erreicht!“ flüſterten ſeine blutleeren Lippen.
Aber während er ſich bückte, um den Kranz aufzu-
heben, wieder dieſe krampfhafte Huſtenanfall — und
— was war das! — Ein dicker Blutſtrom brach
aus ſeinem Munde, ein pfeifender Laut drang ans
ſeiner Kehle, ſeine gekrampften Hände fuhren nach
der Bruſt, er taumelte. Beſtürzt ſprang der Director
hinzu, fieng ihn auf und zog ihn hinter die Gar-
dine zurück. Zwei Theaterarbeiter betteten den leb-
loſen Körper auf einen Divan.
Schon nach wenigen Minuten erſchien der
Theaterarzt, aber er konnte nur noch conſtatieren,
daſs der Dichter Theobald Neumeiſter verſchieden war.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |