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Badener Zeitung. Nr. 26, Baden (Niederösterreich), 30.03.1904.

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Nr. 26 Mittwoch Badener Zeitung 30. März 1904.

[Spaltenumbruch] in der Sektion sowohl als auch im Gemeinderate
nicht alle Stimmen für sich hatte, denn sowohl die
Sektions- als auch die Gemeinderatssitzung wurde
vor der Beschlußfassung beschlußunfähig, indem ein
Teil der Herren sich entfern[t]e. Vielleicht erleben wir
es doch noch, daß dieses engherzige Vorgehen der
Kaufmannschaft von Baden gegenüber einem toleran-
tenen Entgegenkommen weicht.




Lokal-Nachrichten.
-- Personalnachricht.

Landesgerichtsrat
Baron Handel-Mazetti, der Vorstand des hies.
Bezirksgerichtes, wird demnächst aus seinem Amte
scheiden, da er nach Wien übersetzt wurde. Baron
Handel, der durch volle 10 Jahre dem hiesigen
Bezirksgerichte vorstand, erfreute sich durch seine
trefflichen Charaktereigenschaften und sein freundliches
Entgegenkommen sowohl als Vorstand wie auch als
Richter allgemeiner Beliebtheit und wir sehen ihn
ungern scheiden. Sein Nachfolger ist bis zur Stunde
nicht bekannt.

-- Todesfälle.

Sonntag vormittags starb
hier der Privater und ehemalige Buchdruckereibesitzer
Herr Jakob Grätz im 74. Lebensjahre. Der Ver-
storbene war Gründer und Ausschußmitglied der
Badener Sparkasse. Montag, den 28. d., ist hier Herr
Josef Zant, Privatier und Schwiegervater des
Dr. Lantin, nach längerer Krankheit im hohen Alter
von 84 Jahren gestorben.

-- Kirchengesang.

Am Charfreitag wird
in der hierortigen evangelischen Kirche in dem um
10 Uhr vormittags beginnenden Gottesdienste Herr
Robert Stühlinger aus Wiener-Neustadt Gounod's
"Golgatha" singen.

-- Eine Versammlung.

Der christlichsoziale
Wahlverein hielt vor etlichen Tagen in einem Mödlinger
Gasthofe eine Versammlung ab, von der wir wegen
der unten folgenden Bemerkungen des aus Wien
gekommenen Gastes Dr. Geßmann Notiz nehmen.
Es wurde vor allem festgestellt, daß der Wahl-
verein seine Thätigkeit über 54 Orte in Nieder-
österreich erstreckt und 400 Mitglieder zählt. Bei den
Ausschußwahlen ergaben sich folgende Resultate; Zum
Obmann wurde der bekannte pensionierte Oberst
Heinzel, zu dessen Stellvertreter Herr Geyregger,
dann Dr. Scholz, Professor Kainz und Herr
Raab gewählt; als Ausschüsse die Abg. Thoma,
Kern, Jukel
und Schütz. Der Landesausschuß
Dr. Geßmann besprach zuerst die kriegerischen Ereig-
nisse im Orient und knüpfte an dieses aktuelle Thema
die Bemerkung, daß darin auch für andere Länder
eine Kriegsgefahr läge. Dann kam er auf das öster-
reichische Abgeordnetenhaus zu sprechen, bezeichnete die
Situation desselben als trostlos und sagte, daß neben
der Partei der Christlichsozialen nur noch wenige
Parteien gegen die Obstruktion eingenommen seien.
Die wirtschaftliche Lage ist dementsprechend eine
beklagenswerte, viele Existenzen werden durch der-
artige Zustände untergraben und es zeige sich ein
greller Unterschied gegen Deutschland, das seine Krise
längst überwunden habe und gedeihe. Nur einen lichten
Ausblick gewähren die großen Unternehmungen in
Niederösterreich. Schließlich fand es Geßmann für
opportun, Mödling und dessen Bürgermeister zu
beglückwünschen, weil dort glückliche Zustände herr-
schen und eine Menge Neuerungen eingeführt worden
seien, die dem Wohle der Bevölkerung dienten. Des-
halb sei es kein Unglück, daß die Fort-
schrittlichen in Baden ihren Sitz hätten,
-- in Baden, das mit seinen Schuldver-
bindlichkeiten einen scharfen Gegensatz zu
Mödling bietet!

-- "Der Herr Professor",

die Operette
unseres heimischen Komponisten B. v. Ujj, gelangt
Mitte Juni in Berlin zur Aufführung. Vorher soll
dieselbe auf den Bühnen einiger größerer deutscher
Städte aufgeführt werden.

-- Schluß der Theatersaison.

Mit der
montägigen Vorstellung der Oper "Der Waffenschmied"
zum Besten des Chorpersonales fand die letzte Vor-
stellung in der diesjährigen Wintersaison bei gut-
besuchtem Hause statt. Nach der Overture trat Regisseur
Herr Maschek an die Rampe und machte die Mitteilung,
daß wegen gänzlicher Heiserkeit des Herrn Gerold
Direktor Heißiger dessen Partie übernommen habe,
was von dem Publikum mit Händeklatschen aufge-
nommen wurde. Auch auf offener Szene sowie nach
Schluß des ersten Aktes wurde Direktor Heißiger
mit demonstrativem Beifall ausgezeichnet. -- Die
neue Saison, welche bekanntlich am 1. Mai eröffnet
werden muß, dürfte völlig neue Verhältnisse bringen,
da im Personalstande durchgreifende Neuengagements
[Spaltenumbruch] stattfinden werden. Ob auch die beabsichtigte Erhöhung
der Preise bewilligt werden wird, bleibt freilich eine
andere Frage.

-- Dürerverein Baden.

Mit dem dritten
intimen Abend fanden die Vortragsabende des
Vereines für diese Saison ihren Abschluß. Und daß
der Abschluß ein so würdiger, ein ganz den Inten-
tionen des für die Hebung des Kunstverständnisses
kämpfenden Dürervereines entsprechender war, ist dem
trefflichen von Frau Frieda v. Becher-Rüden-
hof
gehaltenen Vortrag "John Ruskin, der Aesthetiker"
zu danken, den die Leser im heutigen Feuilleton
abgedruckt finden. Dem Verein muß man dazu gra-
tulieren und er darf stolz darauf sein, daß er so
opferfreudige Mitarbeiter unter seinen Mitgliedern
besitzt, wie es Frau v. Becher-Rüdenhof ist und wie
es ja auch Frau Helene Littmann und die Herren
Dr. Plattensteiner und Jos. Aug. Lux sind.
Nach dem Vortrage folgten noch einige musikalische
und deklamatorische Darbietungen. Fräulein Erna
Hanisch, als tüchtige Klavierspielerin schon gelegent-
lich der Besprechung der Konzert-Akademie mit vollstem
Recht gewürdigt, gab Teile aus Grieg's "Peer
Gynt"-Suite zum besten. Herr Forbelsky las
mit bester Wirkung Rosegger's steirische Geschichte
"Hextens 50.000 fl.", bei der allerdings gerade die
Pointe, auf die sie zugespitzt ist, recht schwach ist,
während sie sich sonst vollkommen eignet, die Ro-
segger'sche Gestaltungskraft zu zeigen. Zum Schlusse
trug Herr Kürti den von ihm aus deutschen Lyrikern
gewählten Gedichtezyklus "vita somnium breve" (Das
Leben ein kurzer Traum" vor, um zu versuchen, ob
dann, wenn man die Gedichte so in einen Cyklus
ordnet, daß durch die Aneinanderreihung Spannung
und Interesse erweckt wird und man beispielsweise
ein Menschenschicksal vorüberziehen läßt, tiefere
Wirkung zu erzielen sei, als sonst beim Vortrag
einzelner lyrischer Dichtungen. Dem Zyklus "vita
somnium breve",
bei dem man wohl an das gleich-
namige Bild Böcklins denken darf, dient gewisser-
maßen als Motto Rosegger's:

"Drei himmlische Schreine
Stehen hinieden:
Eine Wiege voll Träume,
Ein Bett voll Wonnen,
Ein Sarg voll Frieden".

Dann folgte Fontane's "Die Frage bleibt" als
Einleitung. Hierauf begleiten Gedichte von Hebbel,
Keller, Mörike, Storm, Heyse, Jensen, Avenarius u. a.
das Menschenleben von der sorgenlosen Kindheit über
das Jünglinsalter, über Liebesglück und Liebesschmerz,
nach vielem Sehnen, nach manch herbem Verluste ins
Mannesalter, in die Ehe und weiter über Freud'
und Leid ins Alter hinein, bis das Leben leise ver-
klingt mit Liliencron's

"Gutmütig legt der alte Herr (der Tod) die Hand
Auf meine Augen, die sich öffnen wollen,
Und sagt ein Wiegenlied, die Worte langsam,
Sehr langsam sprechend:
Nicht bange sein -- --
So, so -- -- so --
So, so, so -- -- --"

Mit Fontane's

"Halte dich still, halte dich stumm,
Nur nicht forschen: warum -- warum?"

und Rosegger's "Drei himmlische Schreine" schließt
der Zyklus. Allerdings, "Zerstreuung", nach der das
Publikum im allgemeinen verlangt, bot dieser Versuch
nicht, er forderte im Gegenteil vollste Sammlung
der Aufmerksamkeit. Wem dies aber gelang und wer
wirklich ein Menschenleben vor seinem geistigen Auge
vorüberziehen sah, der muß ihm vollste Anerkennung
zollen.

-- Strakosch-Vorlesung.

Wie wir bereits
gemeldet, wird Professor Strakosch Samstag, den
9. April d. J., hier wieder eine seiner berühmten
Vorlesungen halten. Das Programm enthält drama-
tische Vorträge (Demetrius und Tell von Schiller),
epische ("Frau Judith" von Kis und "Belsazar" von
Heine), humoristische ("Der Meistertrunk von Rothen-
burg" von A. Wechle). Befonders müssen wir her-
vorheben, daß auch Dichtungen von Herrn Alfred v.
Ehrmann zu Gehör gebracht werden.

-- Gesangverein Baden.

Anläßlich der
Chaawoche entfällt die dieswöchentliche Gesangsprobe
am Mittwoch den 30. März. Die nächste Probe
findet dagegen am Mittwoch, den 6. April l. J., um
1/28 Uhr abends im Hotel "Schäferin" statt. Da
bereits fleißig für die Sommerliedertafel geprobt
wird, so werden alle Mitglieder um pünktliches und
bestimmtes Erscheinen dringend gebeten.

-- Im Stadtpark

wurde am 28. d. M.,
um die Mittagsstunde, der 18jährige, in Berndorf
[Spaltenumbruch] wohnhafte Fabriksarbeiter Ludwig Frank von
e[p]ileptischen Krämpfen befallen. Er wurde durch die
Rettungsgesellschaft in das Rath'sche Spital überführt.

-- Selbstmordversuch?

Die bei einem
hiesigen Großfuhrmann bedienstete Dienstmagd H.
stellte sich am 28. d. M., um halb 7 Uhr früh, in
der Wilhelmstraße einem herannahenden Motorwagen
entgegen, wobei sie dem Lenker desselben fortwährend
zurief, er möge nicht aufhalten. Als der Wagen zum
Stehen gebracht wurde und man sich des Mädchens
bemächtigte, zeigte sich bei ihm ein derart aufgeregtes
Benehmen, daß sie behufs weiterer Beobachtung
in das Rath'sche Spital gebracht werden mußte. Wie
man uns mitteilt, äußerte sich das Mädchen zu ihren
Dienstgebern wiederholt, daß sie sich das Leben
nehmen werde.

-- Badener Schulküch[e].

Ausweis der für die unter
dem Protektorate Ihrer kais. und königl. Hoheit der Durch-
lauchtigsten Frau Erzherzogin Maria Rainer stehenden Schul-
küche eingelaufenen Spenden: Frau Fanny Hansy 5 Kr., Un-
genannt 5 Kilo Fett. Indem hiemit den P. T. Spendern
der wärmste Dank ausgesprochen wird, diene zur Kenntnis,
daß weitere gütige Spenden Herr Adolf Grimus v. Grimburg
(Heiligen-Geist-Apotheke), Hauptplatz 6, sowie Frau Katharina
Hallenstein, Grabengasse 26, und Frau Katharina Schwarz,
Hauptplatz (Apotheke) entgegennehmen.




Von nah und fern.
Feuersichere Verglasung.

Am 26. März
l. J. fand in Wien auf dem Boden des II. städt.
Strombades in der Brigittenau eine interessante
Brandprobe mit "Elektroglas" statt. Dieselbe wurde
über Ersuchen der Firma F. L. Kepler, Bodenbach
a. E., seitens des Wiener Stadtbauamtes abgehalten
und waren zu derselben die Spitzen verschiedener
Bauämter und viele Fachleute geladen. -- In einem
gemauerten Häuschen von zirka 6 Quadratmeter
Fläche waren auf 3 Seiten Glasfenster, in Eisen-
rahmen montiert, eingemauert. -- Die Stärke des
vollkommen durchsichtigen Glases variierte zwischen
6 und 20 Millimeter. -- Die Fenster waren aus
Glasscheibchen von 8--12 Zentimeter Seitenlänge
hergestellt und waren die einzelnen Scheibchen unter-
einander mit Kupfersprossen aus metallisch reinem
Kupfer auf elektrolytischem Wege verbunden. -- Im
Inneren waren, von außen sichtbar, Probekörperchen
mit verschiedenen Schmelzpunkten aufgestellt, um die
Temperatur im Inneren zu kontrollieren. -- Nachdem
nach ungefähr einem halbstündigen lebhaften Feuer
eine Temperatur von 1000 Grad erreicht war, rich-
tete die Feuerwehr kräftige Wasserstrahlen auf die
Fenster. Nachdem sich der Dampf verzogen hatte,
konnte festgestellt werden, daß den Fenstern in ihrem
Verbande nichts geschehen war, daß auch nicht ein
Täfelchen zersprungen und herausgefallen war. --
Allerdings wies das Glas eine spinnwebartige Struk-
tur auf, doch leisteten diese Verglasungen dem leb-
haften Feuer erfolgreichen Wi[d]erstand. -- Diese
neue Erfindung hat den Zweck, in Feuermauern etc.
feuersichere Verglasungen herzustellen und dürfte die-
felbe nach erfolgter Erklärung der Zulässigkeit durch
das Wiener Stadtbauamt eine beachtenswerte Neu-
erung auf dem Gebiete des Hochbaues bedeuten. --
Insbesondere werden durch diese Erfindung das
sogenannte "Fensterrecht" und viele Grundrißlösungen
einer gedeihlichen Erledigung zugeführt werden können.
-- Der Prospekt dieser Firma zeigt die vielseitige
Verwendung dieser Verglasungsweise und ist es für
Fachkollegen wohl der Mühe wert, sich mit dieser
Neuerung zu beschäftigen. --

Die Brünner städt. Kindergärten im
Schulmuseum.

Zum Zwecke eines einheitlichen
Vorgehens auf dem Gebiete des Kindergartenwesens
haben die Herren Bezirksschulinspektor Schulrat Dr.
Heinrich Sonnek und der städtische Kindergarten-
inspektor Bürgerschuldirektor Wilhelm Fritsch eine
mustergiltige Ausstellung im Schulmuseum (9. Bezirk,
Grünetorgasse 11) arrangiert. Wir neunen vor allem
die reizenden Märchendarstellungen, die von außer-
ordentlichem Geschicke und feinem Empfinden zeugen.
Vorzüglich sind namentlich Proben über das Thon-
formen (Schwämme und Gebäck). Die 21 städtischen
Kindergärten müssen -- nach den Proben zu schließen
-- musterhaft geleitet sein. Brünn ist auch bekannt
als die Stadt der Kindergärten. Die Ge-
meindevertretung hat keine Mittel gescheut, den
Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechend, deutsche
Kindergärten zu errichten. Die Aufnahme der Kinder
erfolgt unentgeltlich. Schulärzte haben die sanitären
Verhältnisse zu überwachen und die Kinder monatlich
einmal zu untersuchen. In den Kindergärten befindet
sich je ein Badezimmer für die Zöglinge. An jedem
Kindergarten wirken 3--6 "Tanten" (Kindergärt-

Nr. 26 Mittwoch Badener Zeitung 30. März 1904.

[Spaltenumbruch] in der Sektion ſowohl als auch im Gemeinderate
nicht alle Stimmen für ſich hatte, denn ſowohl die
Sektions- als auch die Gemeinderatsſitzung wurde
vor der Beſchlußfaſſung beſchlußunfähig, indem ein
Teil der Herren ſich entfern[t]e. Vielleicht erleben wir
es doch noch, daß dieſes engherzige Vorgehen der
Kaufmannſchaft von Baden gegenüber einem toleran-
tenen Entgegenkommen weicht.




Lokal-Nachrichten.
Perſonalnachricht.

Landesgerichtsrat
Baron Handel-Mazetti, der Vorſtand des hieſ.
Bezirksgerichtes, wird demnächſt aus ſeinem Amte
ſcheiden, da er nach Wien überſetzt wurde. Baron
Handel, der durch volle 10 Jahre dem hieſigen
Bezirksgerichte vorſtand, erfreute ſich durch ſeine
trefflichen Charaktereigenſchaften und ſein freundliches
Entgegenkommen ſowohl als Vorſtand wie auch als
Richter allgemeiner Beliebtheit und wir ſehen ihn
ungern ſcheiden. Sein Nachfolger iſt bis zur Stunde
nicht bekannt.

Todesfälle.

Sonntag vormittags ſtarb
hier der Privater und ehemalige Buchdruckereibeſitzer
Herr Jakob Grätz im 74. Lebensjahre. Der Ver-
ſtorbene war Gründer und Ausſchußmitglied der
Badener Sparkaſſe. Montag, den 28. d., iſt hier Herr
Joſef Zant, Privatier und Schwiegervater des
Dr. Lantin, nach längerer Krankheit im hohen Alter
von 84 Jahren geſtorben.

Kirchengeſang.

Am Charfreitag wird
in der hierortigen evangeliſchen Kirche in dem um
10 Uhr vormittags beginnenden Gottesdienſte Herr
Robert Stühlinger aus Wiener-Neuſtadt Gounod’s
„Golgatha“ ſingen.

Eine Verſammlung.

Der chriſtlichſoziale
Wahlverein hielt vor etlichen Tagen in einem Mödlinger
Gaſthofe eine Verſammlung ab, von der wir wegen
der unten folgenden Bemerkungen des aus Wien
gekommenen Gaſtes Dr. Geßmann Notiz nehmen.
Es wurde vor allem feſtgeſtellt, daß der Wahl-
verein ſeine Thätigkeit über 54 Orte in Nieder-
öſterreich erſtreckt und 400 Mitglieder zählt. Bei den
Ausſchußwahlen ergaben ſich folgende Reſultate; Zum
Obmann wurde der bekannte penſionierte Oberſt
Heinzel, zu deſſen Stellvertreter Herr Geyregger,
dann Dr. Scholz, Profeſſor Kainz und Herr
Raab gewählt; als Ausſchüſſe die Abg. Thoma,
Kern, Jukel
und Schütz. Der Landesausſchuß
Dr. Geßmann beſprach zuerſt die kriegeriſchen Ereig-
niſſe im Orient und knüpfte an dieſes aktuelle Thema
die Bemerkung, daß darin auch für andere Länder
eine Kriegsgefahr läge. Dann kam er auf das öſter-
reichiſche Abgeordnetenhaus zu ſprechen, bezeichnete die
Situation desſelben als troſtlos und ſagte, daß neben
der Partei der Chriſtlichſozialen nur noch wenige
Parteien gegen die Obſtruktion eingenommen ſeien.
Die wirtſchaftliche Lage iſt dementſprechend eine
beklagenswerte, viele Exiſtenzen werden durch der-
artige Zuſtände untergraben und es zeige ſich ein
greller Unterſchied gegen Deutſchland, das ſeine Kriſe
längſt überwunden habe und gedeihe. Nur einen lichten
Ausblick gewähren die großen Unternehmungen in
Niederöſterreich. Schließlich fand es Geßmann für
opportun, Mödling und deſſen Bürgermeiſter zu
beglückwünſchen, weil dort glückliche Zuſtände herr-
ſchen und eine Menge Neuerungen eingeführt worden
ſeien, die dem Wohle der Bevölkerung dienten. Des-
halb ſei es kein Unglück, daß die Fort-
ſchrittlichen in Baden ihren Sitz hätten,
— in Baden, das mit ſeinen Schuldver-
bindlichkeiten einen ſcharfen Gegenſatz zu
Mödling bietet!

„Der Herr Profeſſor“,

die Operette
unſeres heimiſchen Komponiſten B. v. Ujj, gelangt
Mitte Juni in Berlin zur Aufführung. Vorher ſoll
dieſelbe auf den Bühnen einiger größerer deutſcher
Städte aufgeführt werden.

Schluß der Theaterſaiſon.

Mit der
montägigen Vorſtellung der Oper „Der Waffenſchmied“
zum Beſten des Chorperſonales fand die letzte Vor-
ſtellung in der diesjährigen Winterſaiſon bei gut-
beſuchtem Hauſe ſtatt. Nach der Overture trat Regiſſeur
Herr Maſchek an die Rampe und machte die Mitteilung,
daß wegen gänzlicher Heiſerkeit des Herrn Gerold
Direktor Heißiger deſſen Partie übernommen habe,
was von dem Publikum mit Händeklatſchen aufge-
nommen wurde. Auch auf offener Szene ſowie nach
Schluß des erſten Aktes wurde Direktor Heißiger
mit demonſtrativem Beifall ausgezeichnet. — Die
neue Saiſon, welche bekanntlich am 1. Mai eröffnet
werden muß, dürfte völlig neue Verhältniſſe bringen,
da im Perſonalſtande durchgreifende Neuengagements
[Spaltenumbruch] ſtattfinden werden. Ob auch die beabſichtigte Erhöhung
der Preiſe bewilligt werden wird, bleibt freilich eine
andere Frage.

Dürerverein Baden.

Mit dem dritten
intimen Abend fanden die Vortragsabende des
Vereines für dieſe Saiſon ihren Abſchluß. Und daß
der Abſchluß ein ſo würdiger, ein ganz den Inten-
tionen des für die Hebung des Kunſtverſtändniſſes
kämpfenden Dürervereines entſprechender war, iſt dem
trefflichen von Frau Frieda v. Becher-Rüden-
hof
gehaltenen Vortrag „John Ruskin, der Aeſthetiker“
zu danken, den die Leſer im heutigen Feuilleton
abgedruckt finden. Dem Verein muß man dazu gra-
tulieren und er darf ſtolz darauf ſein, daß er ſo
opferfreudige Mitarbeiter unter ſeinen Mitgliedern
beſitzt, wie es Frau v. Becher-Rüdenhof iſt und wie
es ja auch Frau Helene Littmann und die Herren
Dr. Plattenſteiner und Joſ. Aug. Lux ſind.
Nach dem Vortrage folgten noch einige muſikaliſche
und deklamatoriſche Darbietungen. Fräulein Erna
Haniſch, als tüchtige Klavierſpielerin ſchon gelegent-
lich der Beſprechung der Konzert-Akademie mit vollſtem
Recht gewürdigt, gab Teile aus Grieg’s „Peer
Gynt“-Suite zum beſten. Herr Forbelsky las
mit beſter Wirkung Roſegger’s ſteiriſche Geſchichte
„Hextens 50.000 fl.“, bei der allerdings gerade die
Pointe, auf die ſie zugeſpitzt iſt, recht ſchwach iſt,
während ſie ſich ſonſt vollkommen eignet, die Ro-
ſegger’ſche Geſtaltungskraft zu zeigen. Zum Schluſſe
trug Herr Kürti den von ihm aus deutſchen Lyrikern
gewählten Gedichtezyklus „vita somnium breve“ (Das
Leben ein kurzer Traum“ vor, um zu verſuchen, ob
dann, wenn man die Gedichte ſo in einen Cyklus
ordnet, daß durch die Aneinanderreihung Spannung
und Intereſſe erweckt wird und man beiſpielsweiſe
ein Menſchenſchickſal vorüberziehen läßt, tiefere
Wirkung zu erzielen ſei, als ſonſt beim Vortrag
einzelner lyriſcher Dichtungen. Dem Zyklus „vita
somnium breve“,
bei dem man wohl an das gleich-
namige Bild Böcklins denken darf, dient gewiſſer-
maßen als Motto Roſegger’s:

„Drei himmliſche Schreine
Stehen hinieden:
Eine Wiege voll Träume,
Ein Bett voll Wonnen,
Ein Sarg voll Frieden“.

Dann folgte Fontane’s „Die Frage bleibt“ als
Einleitung. Hierauf begleiten Gedichte von Hebbel,
Keller, Mörike, Storm, Heyſe, Jenſen, Avenarius u. a.
das Menſchenleben von der ſorgenloſen Kindheit über
das Jünglinsalter, über Liebesglück und Liebesſchmerz,
nach vielem Sehnen, nach manch herbem Verluſte ins
Mannesalter, in die Ehe und weiter über Freud’
und Leid ins Alter hinein, bis das Leben leiſe ver-
klingt mit Liliencron’s

„Gutmütig legt der alte Herr (der Tod) die Hand
Auf meine Augen, die ſich öffnen wollen,
Und ſagt ein Wiegenlied, die Worte langſam,
Sehr langſam ſprechend:
Nicht bange ſein — —
So, ſo — — ſo —
So, ſo, ſo — — —“

Mit Fontane’s

„Halte dich ſtill, halte dich ſtumm,
Nur nicht forſchen: warum — warum?“

und Roſegger’s „Drei himmliſche Schreine“ ſchließt
der Zyklus. Allerdings, „Zerſtreuung“, nach der das
Publikum im allgemeinen verlangt, bot dieſer Verſuch
nicht, er forderte im Gegenteil vollſte Sammlung
der Aufmerkſamkeit. Wem dies aber gelang und wer
wirklich ein Menſchenleben vor ſeinem geiſtigen Auge
vorüberziehen ſah, der muß ihm vollſte Anerkennung
zollen.

Strakoſch-Vorleſung.

Wie wir bereits
gemeldet, wird Profeſſor Strakoſch Samſtag, den
9. April d. J., hier wieder eine ſeiner berühmten
Vorleſungen halten. Das Programm enthält drama-
tiſche Vorträge (Demetrius und Tell von Schiller),
epiſche („Frau Judith“ von Kis und „Belſazar“ von
Heine), humoriſtiſche („Der Meiſtertrunk von Rothen-
burg“ von A. Wechle). Befonders müſſen wir her-
vorheben, daß auch Dichtungen von Herrn Alfred v.
Ehrmann zu Gehör gebracht werden.

Geſangverein Baden.

Anläßlich der
Chaawoche entfällt die dieswöchentliche Geſangsprobe
am Mittwoch den 30. März. Die nächſte Probe
findet dagegen am Mittwoch, den 6. April l. J., um
½8 Uhr abends im Hotel „Schäferin“ ſtatt. Da
bereits fleißig für die Sommerliedertafel geprobt
wird, ſo werden alle Mitglieder um pünktliches und
beſtimmtes Erſcheinen dringend gebeten.

Im Stadtpark

wurde am 28. d. M.,
um die Mittagsſtunde, der 18jährige, in Berndorf
[Spaltenumbruch] wohnhafte Fabriksarbeiter Ludwig Frank von
e[p]ileptiſchen Krämpfen befallen. Er wurde durch die
Rettungsgeſellſchaft in das Rath’ſche Spital überführt.

Selbſtmordverſuch?

Die bei einem
hieſigen Großfuhrmann bedienſtete Dienſtmagd H.
ſtellte ſich am 28. d. M., um halb 7 Uhr früh, in
der Wilhelmſtraße einem herannahenden Motorwagen
entgegen, wobei ſie dem Lenker desſelben fortwährend
zurief, er möge nicht aufhalten. Als der Wagen zum
Stehen gebracht wurde und man ſich des Mädchens
bemächtigte, zeigte ſich bei ihm ein derart aufgeregtes
Benehmen, daß ſie behufs weiterer Beobachtung
in das Rath’ſche Spital gebracht werden mußte. Wie
man uns mitteilt, äußerte ſich das Mädchen zu ihren
Dienſtgebern wiederholt, daß ſie ſich das Leben
nehmen werde.

Badener Schulküch[e].

Ausweis der für die unter
dem Protektorate Ihrer kaiſ. und königl. Hoheit der Durch-
lauchtigſten Frau Erzherzogin Maria Rainer ſtehenden Schul-
küche eingelaufenen Spenden: Frau Fanny Hanſy 5 Kr., Un-
genannt 5 Kilo Fett. Indem hiemit den P. T. Spendern
der wärmſte Dank ausgeſprochen wird, diene zur Kenntnis,
daß weitere gütige Spenden Herr Adolf Grimus v. Grimburg
(Heiligen-Geiſt-Apotheke), Hauptplatz 6, ſowie Frau Katharina
Hallenſtein, Grabengaſſe 26, und Frau Katharina Schwarz,
Hauptplatz (Apotheke) entgegennehmen.




Von nah und fern.
Feuerſichere Verglaſung.

Am 26. März
l. J. fand in Wien auf dem Boden des II. ſtädt.
Strombades in der Brigittenau eine intereſſante
Brandprobe mit „Elektroglas“ ſtatt. Dieſelbe wurde
über Erſuchen der Firma F. L. Kepler, Bodenbach
a. E., ſeitens des Wiener Stadtbauamtes abgehalten
und waren zu derſelben die Spitzen verſchiedener
Bauämter und viele Fachleute geladen. — In einem
gemauerten Häuschen von zirka 6 Quadratmeter
Fläche waren auf 3 Seiten Glasfenſter, in Eiſen-
rahmen montiert, eingemauert. — Die Stärke des
vollkommen durchſichtigen Glaſes variierte zwiſchen
6 und 20 Millimeter. — Die Fenſter waren aus
Glasſcheibchen von 8—12 Zentimeter Seitenlänge
hergeſtellt und waren die einzelnen Scheibchen unter-
einander mit Kupferſproſſen aus metalliſch reinem
Kupfer auf elektrolytiſchem Wege verbunden. — Im
Inneren waren, von außen ſichtbar, Probekörperchen
mit verſchiedenen Schmelzpunkten aufgeſtellt, um die
Temperatur im Inneren zu kontrollieren. — Nachdem
nach ungefähr einem halbſtündigen lebhaften Feuer
eine Temperatur von 1000 Grad erreicht war, rich-
tete die Feuerwehr kräftige Waſſerſtrahlen auf die
Fenſter. Nachdem ſich der Dampf verzogen hatte,
konnte feſtgeſtellt werden, daß den Fenſtern in ihrem
Verbande nichts geſchehen war, daß auch nicht ein
Täfelchen zerſprungen und herausgefallen war. —
Allerdings wies das Glas eine ſpinnwebartige Struk-
tur auf, doch leiſteten dieſe Verglaſungen dem leb-
haften Feuer erfolgreichen Wi[d]erſtand. — Dieſe
neue Erfindung hat den Zweck, in Feuermauern ꝛc.
feuerſichere Verglaſungen herzuſtellen und dürfte die-
felbe nach erfolgter Erklärung der Zuläſſigkeit durch
das Wiener Stadtbauamt eine beachtenswerte Neu-
erung auf dem Gebiete des Hochbaues bedeuten. —
Insbeſondere werden durch dieſe Erfindung das
ſogenannte „Fenſterrecht“ und viele Grundrißlöſungen
einer gedeihlichen Erledigung zugeführt werden können.
— Der Proſpekt dieſer Firma zeigt die vielſeitige
Verwendung dieſer Verglaſungsweiſe und iſt es für
Fachkollegen wohl der Mühe wert, ſich mit dieſer
Neuerung zu beſchäftigen. —

Die Brünner ſtädt. Kindergärten im
Schulmuſeum.

Zum Zwecke eines einheitlichen
Vorgehens auf dem Gebiete des Kindergartenweſens
haben die Herren Bezirksſchulinſpektor Schulrat Dr.
Heinrich Sonnek und der ſtädtiſche Kindergarten-
inſpektor Bürgerſchuldirektor Wilhelm Fritſch eine
muſtergiltige Ausſtellung im Schulmuſeum (9. Bezirk,
Grünetorgaſſe 11) arrangiert. Wir neunen vor allem
die reizenden Märchendarſtellungen, die von außer-
ordentlichem Geſchicke und feinem Empfinden zeugen.
Vorzüglich ſind namentlich Proben über das Thon-
formen (Schwämme und Gebäck). Die 21 ſtädtiſchen
Kindergärten müſſen — nach den Proben zu ſchließen
— muſterhaft geleitet ſein. Brünn iſt auch bekannt
als die Stadt der Kindergärten. Die Ge-
meindevertretung hat keine Mittel geſcheut, den
Bedürfniſſen der Bevölkerung entſprechend, deutſche
Kindergärten zu errichten. Die Aufnahme der Kinder
erfolgt unentgeltlich. Schulärzte haben die ſanitären
Verhältniſſe zu überwachen und die Kinder monatlich
einmal zu unterſuchen. In den Kindergärten befindet
ſich je ein Badezimmer für die Zöglinge. An jedem
Kindergarten wirken 3—6 „Tanten“ (Kindergärt-

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&#x017F;cheiden, da er nach Wien über&#x017F;etzt wurde. Baron<lb/>
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[3/0003] Nr. 26 Mittwoch Badener Zeitung 30. März 1904. in der Sektion ſowohl als auch im Gemeinderate nicht alle Stimmen für ſich hatte, denn ſowohl die Sektions- als auch die Gemeinderatsſitzung wurde vor der Beſchlußfaſſung beſchlußunfähig, indem ein Teil der Herren ſich entfernte. Vielleicht erleben wir es doch noch, daß dieſes engherzige Vorgehen der Kaufmannſchaft von Baden gegenüber einem toleran- tenen Entgegenkommen weicht. Lokal-Nachrichten. — Perſonalnachricht. Landesgerichtsrat Baron Handel-Mazetti, der Vorſtand des hieſ. Bezirksgerichtes, wird demnächſt aus ſeinem Amte ſcheiden, da er nach Wien überſetzt wurde. Baron Handel, der durch volle 10 Jahre dem hieſigen Bezirksgerichte vorſtand, erfreute ſich durch ſeine trefflichen Charaktereigenſchaften und ſein freundliches Entgegenkommen ſowohl als Vorſtand wie auch als Richter allgemeiner Beliebtheit und wir ſehen ihn ungern ſcheiden. Sein Nachfolger iſt bis zur Stunde nicht bekannt. — Todesfälle. Sonntag vormittags ſtarb hier der Privater und ehemalige Buchdruckereibeſitzer Herr Jakob Grätz im 74. Lebensjahre. Der Ver- ſtorbene war Gründer und Ausſchußmitglied der Badener Sparkaſſe. Montag, den 28. d., iſt hier Herr Joſef Zant, Privatier und Schwiegervater des Dr. Lantin, nach längerer Krankheit im hohen Alter von 84 Jahren geſtorben. — Kirchengeſang. Am Charfreitag wird in der hierortigen evangeliſchen Kirche in dem um 10 Uhr vormittags beginnenden Gottesdienſte Herr Robert Stühlinger aus Wiener-Neuſtadt Gounod’s „Golgatha“ ſingen. — Eine Verſammlung. Der chriſtlichſoziale Wahlverein hielt vor etlichen Tagen in einem Mödlinger Gaſthofe eine Verſammlung ab, von der wir wegen der unten folgenden Bemerkungen des aus Wien gekommenen Gaſtes Dr. Geßmann Notiz nehmen. Es wurde vor allem feſtgeſtellt, daß der Wahl- verein ſeine Thätigkeit über 54 Orte in Nieder- öſterreich erſtreckt und 400 Mitglieder zählt. Bei den Ausſchußwahlen ergaben ſich folgende Reſultate; Zum Obmann wurde der bekannte penſionierte Oberſt Heinzel, zu deſſen Stellvertreter Herr Geyregger, dann Dr. Scholz, Profeſſor Kainz und Herr Raab gewählt; als Ausſchüſſe die Abg. Thoma, Kern, Jukel und Schütz. Der Landesausſchuß Dr. Geßmann beſprach zuerſt die kriegeriſchen Ereig- niſſe im Orient und knüpfte an dieſes aktuelle Thema die Bemerkung, daß darin auch für andere Länder eine Kriegsgefahr läge. Dann kam er auf das öſter- reichiſche Abgeordnetenhaus zu ſprechen, bezeichnete die Situation desſelben als troſtlos und ſagte, daß neben der Partei der Chriſtlichſozialen nur noch wenige Parteien gegen die Obſtruktion eingenommen ſeien. Die wirtſchaftliche Lage iſt dementſprechend eine beklagenswerte, viele Exiſtenzen werden durch der- artige Zuſtände untergraben und es zeige ſich ein greller Unterſchied gegen Deutſchland, das ſeine Kriſe längſt überwunden habe und gedeihe. Nur einen lichten Ausblick gewähren die großen Unternehmungen in Niederöſterreich. Schließlich fand es Geßmann für opportun, Mödling und deſſen Bürgermeiſter zu beglückwünſchen, weil dort glückliche Zuſtände herr- ſchen und eine Menge Neuerungen eingeführt worden ſeien, die dem Wohle der Bevölkerung dienten. Des- halb ſei es kein Unglück, daß die Fort- ſchrittlichen in Baden ihren Sitz hätten, — in Baden, das mit ſeinen Schuldver- bindlichkeiten einen ſcharfen Gegenſatz zu Mödling bietet! — „Der Herr Profeſſor“, die Operette unſeres heimiſchen Komponiſten B. v. Ujj, gelangt Mitte Juni in Berlin zur Aufführung. Vorher ſoll dieſelbe auf den Bühnen einiger größerer deutſcher Städte aufgeführt werden. — Schluß der Theaterſaiſon. Mit der montägigen Vorſtellung der Oper „Der Waffenſchmied“ zum Beſten des Chorperſonales fand die letzte Vor- ſtellung in der diesjährigen Winterſaiſon bei gut- beſuchtem Hauſe ſtatt. Nach der Overture trat Regiſſeur Herr Maſchek an die Rampe und machte die Mitteilung, daß wegen gänzlicher Heiſerkeit des Herrn Gerold Direktor Heißiger deſſen Partie übernommen habe, was von dem Publikum mit Händeklatſchen aufge- nommen wurde. Auch auf offener Szene ſowie nach Schluß des erſten Aktes wurde Direktor Heißiger mit demonſtrativem Beifall ausgezeichnet. — Die neue Saiſon, welche bekanntlich am 1. Mai eröffnet werden muß, dürfte völlig neue Verhältniſſe bringen, da im Perſonalſtande durchgreifende Neuengagements ſtattfinden werden. Ob auch die beabſichtigte Erhöhung der Preiſe bewilligt werden wird, bleibt freilich eine andere Frage. — Dürerverein Baden. Mit dem dritten intimen Abend fanden die Vortragsabende des Vereines für dieſe Saiſon ihren Abſchluß. Und daß der Abſchluß ein ſo würdiger, ein ganz den Inten- tionen des für die Hebung des Kunſtverſtändniſſes kämpfenden Dürervereines entſprechender war, iſt dem trefflichen von Frau Frieda v. Becher-Rüden- hof gehaltenen Vortrag „John Ruskin, der Aeſthetiker“ zu danken, den die Leſer im heutigen Feuilleton abgedruckt finden. Dem Verein muß man dazu gra- tulieren und er darf ſtolz darauf ſein, daß er ſo opferfreudige Mitarbeiter unter ſeinen Mitgliedern beſitzt, wie es Frau v. Becher-Rüdenhof iſt und wie es ja auch Frau Helene Littmann und die Herren Dr. Plattenſteiner und Joſ. Aug. Lux ſind. Nach dem Vortrage folgten noch einige muſikaliſche und deklamatoriſche Darbietungen. Fräulein Erna Haniſch, als tüchtige Klavierſpielerin ſchon gelegent- lich der Beſprechung der Konzert-Akademie mit vollſtem Recht gewürdigt, gab Teile aus Grieg’s „Peer Gynt“-Suite zum beſten. Herr Forbelsky las mit beſter Wirkung Roſegger’s ſteiriſche Geſchichte „Hextens 50.000 fl.“, bei der allerdings gerade die Pointe, auf die ſie zugeſpitzt iſt, recht ſchwach iſt, während ſie ſich ſonſt vollkommen eignet, die Ro- ſegger’ſche Geſtaltungskraft zu zeigen. Zum Schluſſe trug Herr Kürti den von ihm aus deutſchen Lyrikern gewählten Gedichtezyklus „vita somnium breve“ (Das Leben ein kurzer Traum“ vor, um zu verſuchen, ob dann, wenn man die Gedichte ſo in einen Cyklus ordnet, daß durch die Aneinanderreihung Spannung und Intereſſe erweckt wird und man beiſpielsweiſe ein Menſchenſchickſal vorüberziehen läßt, tiefere Wirkung zu erzielen ſei, als ſonſt beim Vortrag einzelner lyriſcher Dichtungen. Dem Zyklus „vita somnium breve“, bei dem man wohl an das gleich- namige Bild Böcklins denken darf, dient gewiſſer- maßen als Motto Roſegger’s: „Drei himmliſche Schreine Stehen hinieden: Eine Wiege voll Träume, Ein Bett voll Wonnen, Ein Sarg voll Frieden“. Dann folgte Fontane’s „Die Frage bleibt“ als Einleitung. Hierauf begleiten Gedichte von Hebbel, Keller, Mörike, Storm, Heyſe, Jenſen, Avenarius u. a. das Menſchenleben von der ſorgenloſen Kindheit über das Jünglinsalter, über Liebesglück und Liebesſchmerz, nach vielem Sehnen, nach manch herbem Verluſte ins Mannesalter, in die Ehe und weiter über Freud’ und Leid ins Alter hinein, bis das Leben leiſe ver- klingt mit Liliencron’s „Gutmütig legt der alte Herr (der Tod) die Hand Auf meine Augen, die ſich öffnen wollen, Und ſagt ein Wiegenlied, die Worte langſam, Sehr langſam ſprechend: Nicht bange ſein — — So, ſo — — ſo — So, ſo, ſo — — —“ Mit Fontane’s „Halte dich ſtill, halte dich ſtumm, Nur nicht forſchen: warum — warum?“ und Roſegger’s „Drei himmliſche Schreine“ ſchließt der Zyklus. Allerdings, „Zerſtreuung“, nach der das Publikum im allgemeinen verlangt, bot dieſer Verſuch nicht, er forderte im Gegenteil vollſte Sammlung der Aufmerkſamkeit. Wem dies aber gelang und wer wirklich ein Menſchenleben vor ſeinem geiſtigen Auge vorüberziehen ſah, der muß ihm vollſte Anerkennung zollen. — Strakoſch-Vorleſung. Wie wir bereits gemeldet, wird Profeſſor Strakoſch Samſtag, den 9. April d. J., hier wieder eine ſeiner berühmten Vorleſungen halten. Das Programm enthält drama- tiſche Vorträge (Demetrius und Tell von Schiller), epiſche („Frau Judith“ von Kis und „Belſazar“ von Heine), humoriſtiſche („Der Meiſtertrunk von Rothen- burg“ von A. Wechle). Befonders müſſen wir her- vorheben, daß auch Dichtungen von Herrn Alfred v. Ehrmann zu Gehör gebracht werden. — Geſangverein Baden. Anläßlich der Chaawoche entfällt die dieswöchentliche Geſangsprobe am Mittwoch den 30. März. Die nächſte Probe findet dagegen am Mittwoch, den 6. April l. J., um ½8 Uhr abends im Hotel „Schäferin“ ſtatt. Da bereits fleißig für die Sommerliedertafel geprobt wird, ſo werden alle Mitglieder um pünktliches und beſtimmtes Erſcheinen dringend gebeten. — Im Stadtpark wurde am 28. d. M., um die Mittagsſtunde, der 18jährige, in Berndorf wohnhafte Fabriksarbeiter Ludwig Frank von epileptiſchen Krämpfen befallen. Er wurde durch die Rettungsgeſellſchaft in das Rath’ſche Spital überführt. — Selbſtmordverſuch? Die bei einem hieſigen Großfuhrmann bedienſtete Dienſtmagd H. ſtellte ſich am 28. d. M., um halb 7 Uhr früh, in der Wilhelmſtraße einem herannahenden Motorwagen entgegen, wobei ſie dem Lenker desſelben fortwährend zurief, er möge nicht aufhalten. Als der Wagen zum Stehen gebracht wurde und man ſich des Mädchens bemächtigte, zeigte ſich bei ihm ein derart aufgeregtes Benehmen, daß ſie behufs weiterer Beobachtung in das Rath’ſche Spital gebracht werden mußte. Wie man uns mitteilt, äußerte ſich das Mädchen zu ihren Dienſtgebern wiederholt, daß ſie ſich das Leben nehmen werde. — Badener Schulküche. Ausweis der für die unter dem Protektorate Ihrer kaiſ. und königl. Hoheit der Durch- lauchtigſten Frau Erzherzogin Maria Rainer ſtehenden Schul- küche eingelaufenen Spenden: Frau Fanny Hanſy 5 Kr., Un- genannt 5 Kilo Fett. Indem hiemit den P. T. Spendern der wärmſte Dank ausgeſprochen wird, diene zur Kenntnis, daß weitere gütige Spenden Herr Adolf Grimus v. Grimburg (Heiligen-Geiſt-Apotheke), Hauptplatz 6, ſowie Frau Katharina Hallenſtein, Grabengaſſe 26, und Frau Katharina Schwarz, Hauptplatz (Apotheke) entgegennehmen. Von nah und fern. Feuerſichere Verglaſung. Am 26. März l. J. fand in Wien auf dem Boden des II. ſtädt. Strombades in der Brigittenau eine intereſſante Brandprobe mit „Elektroglas“ ſtatt. Dieſelbe wurde über Erſuchen der Firma F. L. Kepler, Bodenbach a. E., ſeitens des Wiener Stadtbauamtes abgehalten und waren zu derſelben die Spitzen verſchiedener Bauämter und viele Fachleute geladen. — In einem gemauerten Häuschen von zirka 6 Quadratmeter Fläche waren auf 3 Seiten Glasfenſter, in Eiſen- rahmen montiert, eingemauert. — Die Stärke des vollkommen durchſichtigen Glaſes variierte zwiſchen 6 und 20 Millimeter. — Die Fenſter waren aus Glasſcheibchen von 8—12 Zentimeter Seitenlänge hergeſtellt und waren die einzelnen Scheibchen unter- einander mit Kupferſproſſen aus metalliſch reinem Kupfer auf elektrolytiſchem Wege verbunden. — Im Inneren waren, von außen ſichtbar, Probekörperchen mit verſchiedenen Schmelzpunkten aufgeſtellt, um die Temperatur im Inneren zu kontrollieren. — Nachdem nach ungefähr einem halbſtündigen lebhaften Feuer eine Temperatur von 1000 Grad erreicht war, rich- tete die Feuerwehr kräftige Waſſerſtrahlen auf die Fenſter. Nachdem ſich der Dampf verzogen hatte, konnte feſtgeſtellt werden, daß den Fenſtern in ihrem Verbande nichts geſchehen war, daß auch nicht ein Täfelchen zerſprungen und herausgefallen war. — Allerdings wies das Glas eine ſpinnwebartige Struk- tur auf, doch leiſteten dieſe Verglaſungen dem leb- haften Feuer erfolgreichen Widerſtand. — Dieſe neue Erfindung hat den Zweck, in Feuermauern ꝛc. feuerſichere Verglaſungen herzuſtellen und dürfte die- felbe nach erfolgter Erklärung der Zuläſſigkeit durch das Wiener Stadtbauamt eine beachtenswerte Neu- erung auf dem Gebiete des Hochbaues bedeuten. — Insbeſondere werden durch dieſe Erfindung das ſogenannte „Fenſterrecht“ und viele Grundrißlöſungen einer gedeihlichen Erledigung zugeführt werden können. — Der Proſpekt dieſer Firma zeigt die vielſeitige Verwendung dieſer Verglaſungsweiſe und iſt es für Fachkollegen wohl der Mühe wert, ſich mit dieſer Neuerung zu beſchäftigen. — Ingenieur und Stadtbaumeiſter Franz Kraif. Die Brünner ſtädt. Kindergärten im Schulmuſeum. Zum Zwecke eines einheitlichen Vorgehens auf dem Gebiete des Kindergartenweſens haben die Herren Bezirksſchulinſpektor Schulrat Dr. Heinrich Sonnek und der ſtädtiſche Kindergarten- inſpektor Bürgerſchuldirektor Wilhelm Fritſch eine muſtergiltige Ausſtellung im Schulmuſeum (9. Bezirk, Grünetorgaſſe 11) arrangiert. Wir neunen vor allem die reizenden Märchendarſtellungen, die von außer- ordentlichem Geſchicke und feinem Empfinden zeugen. Vorzüglich ſind namentlich Proben über das Thon- formen (Schwämme und Gebäck). Die 21 ſtädtiſchen Kindergärten müſſen — nach den Proben zu ſchließen — muſterhaft geleitet ſein. Brünn iſt auch bekannt als die Stadt der Kindergärten. Die Ge- meindevertretung hat keine Mittel geſcheut, den Bedürfniſſen der Bevölkerung entſprechend, deutſche Kindergärten zu errichten. Die Aufnahme der Kinder erfolgt unentgeltlich. Schulärzte haben die ſanitären Verhältniſſe zu überwachen und die Kinder monatlich einmal zu unterſuchen. In den Kindergärten befindet ſich je ein Badezimmer für die Zöglinge. An jedem Kindergarten wirken 3—6 „Tanten“ (Kindergärt-

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 26, Baden (Niederösterreich), 30.03.1904, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener026_1904/3>, abgerufen am 25.11.2024.