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Badener Zeitung. Nr. 4, Baden (Niederösterreich), 12.01.1898.

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Nr. 4. Mittwoch Badener Zeitung 12. Jänner 1898.

[Spaltenumbruch]

Würde zu wahren und alles ferne zu halten, wodurch
Feindschaft und Gehässigkeit eintritt. Sie wissen ja
alle, so gut wie ich, dass das für eine Gemeinde-
vertretung die einzig richtigen Grundsätze sind;
lassen Sie mich hoffen, dass Sie nach diesen Grund-
sätzen auch dann handeln werden, wenn es Selbst-
verleugnung kosten sollte. Dann werden die guten
Früchte Ihrer Thätigkeit sich zeigen und Sie können
sicher sein, dass die Bevölkerung das mit Dauk ent-
gegennimmt. Was mich betrifft, wird es mir stets
Freude und Genugthuung sein, Hand in Hand mit
Ihnen zusammenzuwirken zum Wohle der Stadt
Baden. (Lebhafter Beifall im Saale und auf der
Gallerie.) Das ist vor allem in meiner Stellung eine
selbstverständliche Pflicht, es entspricht aber auch den
Wünschen und der Sympathie, die ich für Baden
hege. (Beifall.)

Sie, verehrter Herr Bürgermeister, begrüße ich
als das neugewählte Oberhaupt der Stadt Baden.
Ich bin überzeugt, dass Sie Ihre ganze Kraft
daran setzen werden, die schwierige Aufgabe, die
Ihrer harrt, zu erfüllen, und dass Sie es als Ihre
erste und vornehmste Pflicht betrachten, in Ihrer
Amtsthätigkeit als Bürgermeister gerecht und un-
parteiisch zu sein gegen jedermann, wer es auch sei,
ohne Unterschied des Ranges und der Parteistellung.
Sie werden sich nicht darauf beschränken, nur jene
Pflichten zu erfüllen, welche als die zunächst liegenden
erscheinen, als da sind, Missständen nachzugehen, die
Aufträge, die Sie von der politischen Behörde
erhalten, zu erfüllen, die laufenden Geschäfte ge-
wissenhaft zu erledigen. Der Bürgermeister einer
Stadt wie Baden muss sich sein Ziel weiter stecken.
Ich bin also überzeugt, dass Sie Ihren Ehrgeiz
dareinsetzen werden, unter gleichzeitiger Bedachtnahme
auf die localen Verhältnisse und die vorhandenen
Mittel vorwärts zu schreiten, auf dem Wege des
gesunden Fortschrittes nützliches zu schaffen, Ver-
säumtes nachzuholen, aber auch aus eigener Initiative
neues anzuregen und zielbewusst und ohne Ihren
Wirkungskreis zu überschreiten, durchzuführen. Welch'
reiches Feld der Thätigkeit Ihrer harrt, wissen wir
ja alle: Verbesserung der Bäder, Wasserversorgung,
Assanierung der Stadt, Schlachthaus, Theater, alle
diese Fragen müssen dringend und bald gelöst
werden, wenn anders Baden als Curort trotz seiner
reichen natürlichen Hilfsmittel nicht noch weiter
zurückbleiben, wenn es als Stadt nicht von Nachbar-
orten geradezu überflügelt werden will, und ich als
Bezirkshauptmann werde auch mit Ernst darauf
dringen, dass diese Fragen bald gelöst und nicht
auf die lange Bank geschoben werden. Ich weiß sehr
gut, dass die Lösung dieser Fragen leider sehr viele
Opfer und Lasten kostet, aber Sie werden nicht
wollen, dass Baden zurückbleibt, Sie werden wollen,
dass es sich entwickelt, und wer den Zweck will, muss
auch die Mittel wollen. Und dann wissen Sie ja,
dass die Nachtheile reichlich überwogen werden durch
die großen Vortheile, die sich einstellen, wenn Handel
und Wandel sich heben, der Fremdenzuzug zunimmt,
reiche Curgäste herbeiströmen. Dadurch werden die
Einnahmen gehoben und Baden wird wieder das
werden, was es war und eigentlich jetzt nicht ist, ein
Weltcurort. Für alles, was geschieht und was nicht
geschieht, trifft freilich die Verantwortung die Gemeinde-
vertretung, aber in erster Linie immer Ihre Person;
also da heißt es, die Zügel, ohne Ihren Wirkungs-
kreis zu überschreiten, fest in der Hand haben. Ich
habe gar keine Angst, dass Sie das nicht thun
werden. Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass Sie
nicht auch die Meinungen und Rathschläge dritter
Personen hören, ihnen ein williges Ohr leihen, und
wenn Sie finden, dass die Ansichten anderer
besser sind, dass Sie die Ihrigen unter Umständen
aufopfern. Seien Sie überzeugt, dass ich Sie ganz
gewiss in allem und jedem auf das thatkräftigste
unterstützen werde, insbesondere in allen Ihren Be-
strebungen um die Hebung der allgemeinen Wohlfahrt,
und ich rechne darauf, dass im dienstlichen Verkehre
das gute Einvernehmen mit der Gemeinde gewahrt
werde. Darauf lege ich ganz besonderes Gewicht,
sowohl im Interesse des Dienstes wie des persönlichen
Verkehres.

Sie, meine Herren Gemeinderäthe, sind berufen,
Ihren Bürgermeister zu unterstützen, pflichteifrig und
gewissenhaft, so dass er das Gefühl hat, dass er sich
auf Sie verlassen kann. Zweitens sind Sie unter
Umständen berufen, den Bürgermeister zu ersetzen und
seine Stelle einzunehmen. Dieselben Pflichten treffen
dann auch Sie, und ich bin überzeugt, dass auch Sie
Ihre Pflicht treu erfüllen werden.

Der Bezirkshauptmann schreitet hierauf zur
Angelobung und erinnert zunächst daran, dass die
Angelobung die Stelle des Eides vertritt. Der
[Spaltenumbruch] Bürgermeister und nach ihm sämmtliche Gemeinde-
räthe leisteten hierauf mit Handschlag die folgende
Angelobung: "Ich gelobe als .... der Stadt
Baden, Treue und Gehorsam dem Kaiser, Beobachtung
der Gesetze und gewissenhafte Erfüllung meiner
Pflichten."

Der Bezirkshauptmann ersucht sodann, das An-
gelobungsprotokoll zu unterschreiben und gibt bekannt,
dass hiemit die Bestellung der neuen Gemeinde-
vertretung gesetzlich vollzogen sei und die Amts-
wirksamkeit des Regierungscommissärs Dr. v. Galatti
damit ihren Abschluss gefunden habe. Die Übergabe
der Agenden findet sofort statt und die Wirksamkeit
der neuen Gemeindevertretung beginnt. (Lebhafter
Beifall.)

Der Vorsitzende ersucht hierauf den neu-
gewählten Bürgermeister, seinen Ehrensitz einzunehmen.

Bürgermeister Dr. Hora: Meine Herren!
Bevor ich auf die äußerst liebenswürdigen Worte,
mit welchen der Herr Bezirkshauptmann uns in unser
Amt einzuführen die Güte hatte, antworte, möchte ich
einige Worte an Sie richten. Sie haben mich ein-
stimmig zum Bürgermeister gewählt; Sie haben mich
dadurch in eine Pflichtencollision gegenüber meiner
Familie und jener Verpflichtungen, welche der Ein-
zelne gegenüber der Allgemeinheit hat, gebracht. Sie
haben mich gewählt und damit den früheren Gebrauch
durchbrochen, welcher dahin geht, einen Mann zu
wählen, dessen Verhältnisse es ihm gestatten, sich voll
und ganz dem Gemeindewohle zu widmen. Das ist
bei mir nicht der Fall, weil ich als Einer, der im
täglichen Leben sich das Brod für sich und seine
Familie verdienen muss, das nicht thun kann. Es
wird nun an Ihnen sein, darauf Rücksicht zu nehmen,
dass es mir möglich wird, meinen Pflichten gegen-
über meiner Familie nachzukommen und dass Sie
mir freundlichst entgegenkommen; um das bitte ich
Sie inständigst.

Sie haben aber, meine Herren, durch Ihre ein-
stimmige Wahl noch etwas anderes kundgegeben. Sie
haben mir eine schwere Aufgabe gestellt, große Ehren
verliehen, Sie haben aber durch Ihre Wahl auch zum
Ausdrucke gebracht, dass Sie trotz der politischen
Gegensätze, die zwischen uns herrschen mögen, sich
dessen bewusst sind, dass die Gemeindevertretung und
ihr Bürgermeister Eins sein müssen, sollen sie etwas
wirken können. (Lebhafter Beifall). Eins in dem Sinne,
dass Bürgermeister und Ausschuss zusammenhalten,
wie ein Kitt und dass, wenn der Mantel fällt, auch
der Herzog fallen muss, das heißt, dass, wenn von
irgend einer Seite die Gemeindevertretung angegriffen
wird an ihrem Oberhaupte, der Ausschuss wissen
muss, dass er zu seinem Bürgermeister zu stehen hat
und mit ihm steht oder fällt. Meine Herren! Dessen
müssen Sie sich bewusst sein; wir können in mate-
rielle Differenzen kommen, das ist naturgemäß und
trägt bei zur ruhigen, sachlichen Erwägung der Fragen.
Allein der Bürgermeister muss wissen, dass wenn
er sein Wort in irgend einer Sache verpfändet hat,
er es einlösen können wird, dass der Ausschuss hinter
ihm steht, und in diesem Sinne rechne ich auf Ihre
Unterstützung. Ich glaube mich nicht getäuscht zu
haben, und es ist dies ein wichtiger Moment, in dem
ich Sie frage: Ist Jemand nicht meiner Auffassung
und kann ich mich auf den Ausschuss verlassen, dass
er mein Wort, das ich entweder im bejahenden oder
verneinenden Sinne, selbstverständlich unter meiner
Verantwortung abgebe, einlösen wird? Ich glaube,
ich kann es. Nachdem Sie mir nicht widersprochen
haben, glaube ich jetzt dem Herrn Bezirkshauptmann
entgegnen zu können.

Wir haben Treue gelobt und Gehorsam, das
werden wir halten. Wir werden thun, was in unseren
Kräften steht, um unser Baden in die Verfassung zu
bringen, die ihm entspricht; wir werden berücksichtigen
die Mittel, die uns zu Gebote stehen und trachten,
nach bestem Wissen und Gewissen vorzugehen. Ich
muss aber, Herr Bezirkshauptmann, der Sie einige
Fragen bereits gestreift haben, an Sie die Bitte
richten, dass Ihre Thätigkeit und Beihilfe, die Sie
uns versprochen haben, uns nicht nur in diesen
Fragen, sondern auch in anderen wichtigen Fragen
zutheil werde, und zwar in Fragen, die es uns er-
möglichen, die Mittel für das herbeizu-
schaffen, was Sie uns empfohlen haben.

Ich verweise da nur auf einige Punkte: es ist dies
die Frage der Hauszinssteuer, die Gewährung
der Steuerfreiheit bei Neubauten und die
Fragen, welche mit dem Regulierungsplane
zusammenhängen. Alles das liegt in der Hand der
Regierung. Ich will weiter gar nicht darauf hinweisen,
wie Sie geeignet sind, als Bezirkshauptmann zu
wirken; ich bin überzeugt, dass Sie die besten Ab-
sichten haben, für Baden zu wirken, und werde gewiss
[Spaltenumbruch] nichts unterlassen, um im persönlichen Verkehre mit
Ihnen alle diese Fragen zu besprechen und ich bitte,
Hand in Hand mit der Gemeinde uns zu helfen,
diesen Weg zu betreten, den zu weisen Sie die Güte
hatten. (Lebhafter Beifall.)

Und jetzt etwas für Sie, meine Herren, und
für unsere Wähler. Haben Sie Geduld mit mir und
ich bitte unsere Wähler und Mitbürger, auch Geduld
mit uns allen zu haben. Es ist eine so große Menge
von Fragen, die der Erledigung zugeführt werden
müssen, dass es nicht möglich ist, sie im Handum-
drehen zu bewältigen. Ich erkläre, dass die Thätigkeit
des Ausschusses in der nächsten Zeit in erster Linie
eine sehr unangenehme sein wird und Sie werden
schon in der nächsten Sitzung Gelegenheit haben,
diese unangenehme Seite unserer Thätigkeit kennen
zu lernen. Wir werden uns für unsere Thätigkeit
vorerst die Mittel verschaffen müssen; zu erwarten,
dass wir sofort mit weiß Gott was für einem Feuer-
werk brillieren werden, ist unmöglich, und ich bitte
daher jedermann, er möge mit uns Geduld haben.

Es ist auch auf eine frühere Zeit hingewiesen
worden; ich will das nur insoferne streifen, als ich
einer Persönlichkeit aus dieser Zeit gedenke. Es ist
dies der frühere Bürgermeister, Herr Witzmann, der
heute in unserer Mitte sitzt und sich als einfaches
Mitglied in die Armee eingereiht hat. (Lebhafter
Beifall.) Ohne den Entschließungen des löbl. Ge-
meindeausschusses vorzugreifen, glaube ich, dass es
meine Pflicht ist, Ihnen, Herr Witzmann, heute für
Ihre bisherige Thätigkeit den Dank auszusprechen.
Sie haben unter äußerst schwierigen Verhältnissen
Ihres Amtes gewaltet, Sie sind ein Ehrenmann vom
Scheitel bis zur Sohle. (Stürmischer Beifall.) Ich
erachte es als meine Pflicht, Ihnen den Dank dafür
auszusprechen, dass Sie sich stets bemüht haben,
im Interesse der Gemeinde zu handeln und zu wirken.
Ich bin nicht befugt, in der Öffentlichkeit darüber
Mittheilung zu machen, aber ich bin überzeugt und
jeder, der mich kennt, wird mir glauben, wenn ich
sage, was Sie hintangesetzt haben, um Ihren
Pflichten nachzukommen, dürfte nicht sobald jemand
gethan haben. Gestatten Sie, dass ich Ihnen hiefür
vor dem versammelten Ausschusse und vor der
ganzen Bevölkerung den Dank ausspreche. (Lebhafter
Beifall Der Bürgermeister geht auf Herrn Witz-
mann zu und schüttelt ihm kräftig die Hand.)

Nach der Amtsthätigkeit des früheren Aus-
schusses ist die Thätigkeit des kaiserlichen Commissärs
und der Beiräthe eingetreten. Ich glaube, es obliegt
uns, auch diesen Männern und insbesondere Herrn
v. Galatti gegenüber die Pflicht, ihnen unseren Dank
auszusprechen. Es ist eine große Menge von Arbeit
vollendet und theilweise in Fluß gebracht worden,
deren Lösung uns als Gemeindeausschuss vielleicht
nicht so leicht geworden wäre. Ich glaube daher, Sie
ermächtigen mich, auch diesen Herren den Dank aus-
zusprechen. (Beifall.)

Nun noch ein Moment, über welches ich nicht
hinweggehen möchte. Wir haben in dieser Gemeinde-
stube seit Jahren auf alles verzichtet im Laufe der Zeit,
und in den Kämpfen, die wir durchgemacht haben, nicht
Zeit gehabt, an unsere Nation zu denken.
Wir sind in Baden, in einer deutschen Stadt
(stürmischer Beifall), wir fühlen gewiss mit allen
unseren Brüdern, die derzeit in Österreich kämpfen
um ihre Existenz, und ich glaube, dass ich im Namen
des Ausschusses und der ganzen Bevölkerung spreche,
wenn ich sage: Heil und Sieg allen Deut-
schen und ihren Bestrebungen, das Deutsch-
thum zu erhalten und deutsch zu bleiben!

(Stürmischer Beifall im Saale und auf der Gallerie.)

Und nun, nachdem ich Ihnen meine Meinung
über die Stellung, die ich einzunehmen gesonnen bin,
auseinandergesetzt habe, nachdem wir gelobt haben,
unsere Pflicht zu erfüllen, nachdem wir die Pflicht
des Dankes in erster Linie abgestattet haben, möchte
ich Sie bitten, mir noch zu einigen Worten zu folgen.
Wir befinden uns im Jahre 1898, in einem Jahre,
welches für die Völker Österreichs von hoher Be-
deutung ist. An das Jahr 1898 knüpft sich die Er-
innerung an die Person unseres Monarchen, eines
Monarchen, der, abgesehen von der Frage der Pflicht
und der Liebe gegenüber dem Monarchen, sich durch
seine persönliche Thätigkeit, durch das innige Ver-
knüpfen seines Schicksales mit dem Schicksale seiner
Völker, überall in und außerhalb Österreichs Liebe
und Bewunderung erworben hat. Ich bitte Sie, in
diesem Jahre und beim Beginne unserer Thätigkeit,
welche wir der Gemeinde widmen wollen, mit mir
einzustimmen in den Ruf: "Seine Majestät der
Kaiser, er lebe hoch! hoch! hoch!" (Die Versammlung
erhebt sich und stimmt begeistert in die Hochrufe ein.)


Nr. 4. Mittwoch Badener Zeitung 12. Jänner 1898.

[Spaltenumbruch]

Würde zu wahren und alles ferne zu halten, wodurch
Feindſchaft und Gehäſſigkeit eintritt. Sie wiſſen ja
alle, ſo gut wie ich, daſs das für eine Gemeinde-
vertretung die einzig richtigen Grundſätze ſind;
laſſen Sie mich hoffen, daſs Sie nach dieſen Grund-
ſätzen auch dann handeln werden, wenn es Selbſt-
verleugnung koſten ſollte. Dann werden die guten
Früchte Ihrer Thätigkeit ſich zeigen und Sie können
ſicher ſein, daſs die Bevölkerung das mit Dauk ent-
gegennimmt. Was mich betrifft, wird es mir ſtets
Freude und Genugthuung ſein, Hand in Hand mit
Ihnen zuſammenzuwirken zum Wohle der Stadt
Baden. (Lebhafter Beifall im Saale und auf der
Gallerie.) Das iſt vor allem in meiner Stellung eine
ſelbſtverſtändliche Pflicht, es entſpricht aber auch den
Wünſchen und der Sympathie, die ich für Baden
hege. (Beifall.)

Sie, verehrter Herr Bürgermeiſter, begrüße ich
als das neugewählte Oberhaupt der Stadt Baden.
Ich bin überzeugt, daſs Sie Ihre ganze Kraft
daran ſetzen werden, die ſchwierige Aufgabe, die
Ihrer harrt, zu erfüllen, und daſs Sie es als Ihre
erſte und vornehmſte Pflicht betrachten, in Ihrer
Amtsthätigkeit als Bürgermeiſter gerecht und un-
parteiiſch zu ſein gegen jedermann, wer es auch ſei,
ohne Unterſchied des Ranges und der Parteiſtellung.
Sie werden ſich nicht darauf beſchränken, nur jene
Pflichten zu erfüllen, welche als die zunächſt liegenden
erſcheinen, als da ſind, Miſsſtänden nachzugehen, die
Aufträge, die Sie von der politiſchen Behörde
erhalten, zu erfüllen, die laufenden Geſchäfte ge-
wiſſenhaft zu erledigen. Der Bürgermeiſter einer
Stadt wie Baden muſs ſich ſein Ziel weiter ſtecken.
Ich bin alſo überzeugt, daſs Sie Ihren Ehrgeiz
dareinſetzen werden, unter gleichzeitiger Bedachtnahme
auf die localen Verhältniſſe und die vorhandenen
Mittel vorwärts zu ſchreiten, auf dem Wege des
geſunden Fortſchrittes nützliches zu ſchaffen, Ver-
ſäumtes nachzuholen, aber auch aus eigener Initiative
neues anzuregen und zielbewuſst und ohne Ihren
Wirkungskreis zu überſchreiten, durchzuführen. Welch’
reiches Feld der Thätigkeit Ihrer harrt, wiſſen wir
ja alle: Verbeſſerung der Bäder, Waſſerverſorgung,
Aſſanierung der Stadt, Schlachthaus, Theater, alle
dieſe Fragen müſſen dringend und bald gelöst
werden, wenn anders Baden als Curort trotz ſeiner
reichen natürlichen Hilfsmittel nicht noch weiter
zurückbleiben, wenn es als Stadt nicht von Nachbar-
orten geradezu überflügelt werden will, und ich als
Bezirkshauptmann werde auch mit Ernſt darauf
dringen, daſs dieſe Fragen bald gelöst und nicht
auf die lange Bank geſchoben werden. Ich weiß ſehr
gut, daſs die Löſung dieſer Fragen leider ſehr viele
Opfer und Laſten koſtet, aber Sie werden nicht
wollen, daſs Baden zurückbleibt, Sie werden wollen,
daſs es ſich entwickelt, und wer den Zweck will, muſs
auch die Mittel wollen. Und dann wiſſen Sie ja,
daſs die Nachtheile reichlich überwogen werden durch
die großen Vortheile, die ſich einſtellen, wenn Handel
und Wandel ſich heben, der Fremdenzuzug zunimmt,
reiche Curgäſte herbeiſtrömen. Dadurch werden die
Einnahmen gehoben und Baden wird wieder das
werden, was es war und eigentlich jetzt nicht iſt, ein
Weltcurort. Für alles, was geſchieht und was nicht
geſchieht, trifft freilich die Verantwortung die Gemeinde-
vertretung, aber in erſter Linie immer Ihre Perſon;
alſo da heißt es, die Zügel, ohne Ihren Wirkungs-
kreis zu überſchreiten, feſt in der Hand haben. Ich
habe gar keine Angſt, daſs Sie das nicht thun
werden. Deshalb iſt nicht ausgeſchloſſen, daſs Sie
nicht auch die Meinungen und Rathſchläge dritter
Perſonen hören, ihnen ein williges Ohr leihen, und
wenn Sie finden, daſs die Anſichten anderer
beſſer ſind, daſs Sie die Ihrigen unter Umſtänden
aufopfern. Seien Sie überzeugt, daſs ich Sie ganz
gewiſs in allem und jedem auf das thatkräftigſte
unterſtützen werde, insbeſondere in allen Ihren Be-
ſtrebungen um die Hebung der allgemeinen Wohlfahrt,
und ich rechne darauf, daſs im dienſtlichen Verkehre
das gute Einvernehmen mit der Gemeinde gewahrt
werde. Darauf lege ich ganz beſonderes Gewicht,
ſowohl im Intereſſe des Dienſtes wie des perſönlichen
Verkehres.

Sie, meine Herren Gemeinderäthe, ſind berufen,
Ihren Bürgermeiſter zu unterſtützen, pflichteifrig und
gewiſſenhaft, ſo daſs er das Gefühl hat, daſs er ſich
auf Sie verlaſſen kann. Zweitens ſind Sie unter
Umſtänden berufen, den Bürgermeiſter zu erſetzen und
ſeine Stelle einzunehmen. Dieſelben Pflichten treffen
dann auch Sie, und ich bin überzeugt, daſs auch Sie
Ihre Pflicht treu erfüllen werden.

Der Bezirkshauptmann ſchreitet hierauf zur
Angelobung und erinnert zunächſt daran, daſs die
Angelobung die Stelle des Eides vertritt. Der
[Spaltenumbruch] Bürgermeiſter und nach ihm ſämmtliche Gemeinde-
räthe leiſteten hierauf mit Handſchlag die folgende
Angelobung: „Ich gelobe als .... der Stadt
Baden, Treue und Gehorſam dem Kaiſer, Beobachtung
der Geſetze und gewiſſenhafte Erfüllung meiner
Pflichten.“

Der Bezirkshauptmann erſucht ſodann, das An-
gelobungsprotokoll zu unterſchreiben und gibt bekannt,
daſs hiemit die Beſtellung der neuen Gemeinde-
vertretung geſetzlich vollzogen ſei und die Amts-
wirkſamkeit des Regierungscommiſſärs Dr. v. Galatti
damit ihren Abſchluſs gefunden habe. Die Übergabe
der Agenden findet ſofort ſtatt und die Wirkſamkeit
der neuen Gemeindevertretung beginnt. (Lebhafter
Beifall.)

Der Vorſitzende erſucht hierauf den neu-
gewählten Bürgermeiſter, ſeinen Ehrenſitz einzunehmen.

Bürgermeiſter Dr. Hora: Meine Herren!
Bevor ich auf die äußerſt liebenswürdigen Worte,
mit welchen der Herr Bezirkshauptmann uns in unſer
Amt einzuführen die Güte hatte, antworte, möchte ich
einige Worte an Sie richten. Sie haben mich ein-
ſtimmig zum Bürgermeiſter gewählt; Sie haben mich
dadurch in eine Pflichtencolliſion gegenüber meiner
Familie und jener Verpflichtungen, welche der Ein-
zelne gegenüber der Allgemeinheit hat, gebracht. Sie
haben mich gewählt und damit den früheren Gebrauch
durchbrochen, welcher dahin geht, einen Mann zu
wählen, deſſen Verhältniſſe es ihm geſtatten, ſich voll
und ganz dem Gemeindewohle zu widmen. Das iſt
bei mir nicht der Fall, weil ich als Einer, der im
täglichen Leben ſich das Brod für ſich und ſeine
Familie verdienen muſs, das nicht thun kann. Es
wird nun an Ihnen ſein, darauf Rückſicht zu nehmen,
daſs es mir möglich wird, meinen Pflichten gegen-
über meiner Familie nachzukommen und daſs Sie
mir freundlichſt entgegenkommen; um das bitte ich
Sie inſtändigſt.

Sie haben aber, meine Herren, durch Ihre ein-
ſtimmige Wahl noch etwas anderes kundgegeben. Sie
haben mir eine ſchwere Aufgabe geſtellt, große Ehren
verliehen, Sie haben aber durch Ihre Wahl auch zum
Ausdrucke gebracht, daſs Sie trotz der politiſchen
Gegenſätze, die zwiſchen uns herrſchen mögen, ſich
deſſen bewuſst ſind, daſs die Gemeindevertretung und
ihr Bürgermeiſter Eins ſein müſſen, ſollen ſie etwas
wirken können. (Lebhafter Beifall). Eins in dem Sinne,
daſs Bürgermeiſter und Ausſchuſs zuſammenhalten,
wie ein Kitt und daſs, wenn der Mantel fällt, auch
der Herzog fallen muſs, das heißt, daſs, wenn von
irgend einer Seite die Gemeindevertretung angegriffen
wird an ihrem Oberhaupte, der Ausſchuſs wiſſen
muſs, daſs er zu ſeinem Bürgermeiſter zu ſtehen hat
und mit ihm ſteht oder fällt. Meine Herren! Deſſen
müſſen Sie ſich bewuſst ſein; wir können in mate-
rielle Differenzen kommen, das iſt naturgemäß und
trägt bei zur ruhigen, ſachlichen Erwägung der Fragen.
Allein der Bürgermeiſter muſs wiſſen, daſs wenn
er ſein Wort in irgend einer Sache verpfändet hat,
er es einlöſen können wird, daſs der Ausſchuſs hinter
ihm ſteht, und in dieſem Sinne rechne ich auf Ihre
Unterſtützung. Ich glaube mich nicht getäuſcht zu
haben, und es iſt dies ein wichtiger Moment, in dem
ich Sie frage: Iſt Jemand nicht meiner Auffaſſung
und kann ich mich auf den Ausſchuſs verlaſſen, daſs
er mein Wort, das ich entweder im bejahenden oder
verneinenden Sinne, ſelbſtverſtändlich unter meiner
Verantwortung abgebe, einlöſen wird? Ich glaube,
ich kann es. Nachdem Sie mir nicht widerſprochen
haben, glaube ich jetzt dem Herrn Bezirkshauptmann
entgegnen zu können.

Wir haben Treue gelobt und Gehorſam, das
werden wir halten. Wir werden thun, was in unſeren
Kräften ſteht, um unſer Baden in die Verfaſſung zu
bringen, die ihm entſpricht; wir werden berückſichtigen
die Mittel, die uns zu Gebote ſtehen und trachten,
nach beſtem Wiſſen und Gewiſſen vorzugehen. Ich
muſs aber, Herr Bezirkshauptmann, der Sie einige
Fragen bereits geſtreift haben, an Sie die Bitte
richten, daſs Ihre Thätigkeit und Beihilfe, die Sie
uns verſprochen haben, uns nicht nur in dieſen
Fragen, ſondern auch in anderen wichtigen Fragen
zutheil werde, und zwar in Fragen, die es uns er-
möglichen, die Mittel für das herbeizu-
ſchaffen, was Sie uns empfohlen haben.

Ich verweiſe da nur auf einige Punkte: es iſt dies
die Frage der Hauszinsſteuer, die Gewährung
der Steuerfreiheit bei Neubauten und die
Fragen, welche mit dem Regulierungsplane
zuſammenhängen. Alles das liegt in der Hand der
Regierung. Ich will weiter gar nicht darauf hinweiſen,
wie Sie geeignet ſind, als Bezirkshauptmann zu
wirken; ich bin überzeugt, daſs Sie die beſten Ab-
ſichten haben, für Baden zu wirken, und werde gewiſs
[Spaltenumbruch] nichts unterlaſſen, um im perſönlichen Verkehre mit
Ihnen alle dieſe Fragen zu beſprechen und ich bitte,
Hand in Hand mit der Gemeinde uns zu helfen,
dieſen Weg zu betreten, den zu weiſen Sie die Güte
hatten. (Lebhafter Beifall.)

Und jetzt etwas für Sie, meine Herren, und
für unſere Wähler. Haben Sie Geduld mit mir und
ich bitte unſere Wähler und Mitbürger, auch Geduld
mit uns allen zu haben. Es iſt eine ſo große Menge
von Fragen, die der Erledigung zugeführt werden
müſſen, daſs es nicht möglich iſt, ſie im Handum-
drehen zu bewältigen. Ich erkläre, daſs die Thätigkeit
des Ausſchuſſes in der nächſten Zeit in erſter Linie
eine ſehr unangenehme ſein wird und Sie werden
ſchon in der nächſten Sitzung Gelegenheit haben,
dieſe unangenehme Seite unſerer Thätigkeit kennen
zu lernen. Wir werden uns für unſere Thätigkeit
vorerſt die Mittel verſchaffen müſſen; zu erwarten,
daſs wir ſofort mit weiß Gott was für einem Feuer-
werk brillieren werden, iſt unmöglich, und ich bitte
daher jedermann, er möge mit uns Geduld haben.

Es iſt auch auf eine frühere Zeit hingewieſen
worden; ich will das nur inſoferne ſtreifen, als ich
einer Perſönlichkeit aus dieſer Zeit gedenke. Es iſt
dies der frühere Bürgermeiſter, Herr Witzmann, der
heute in unſerer Mitte ſitzt und ſich als einfaches
Mitglied in die Armee eingereiht hat. (Lebhafter
Beifall.) Ohne den Entſchließungen des löbl. Ge-
meindeausſchuſſes vorzugreifen, glaube ich, daſs es
meine Pflicht iſt, Ihnen, Herr Witzmann, heute für
Ihre bisherige Thätigkeit den Dank auszuſprechen.
Sie haben unter äußerſt ſchwierigen Verhältniſſen
Ihres Amtes gewaltet, Sie ſind ein Ehrenmann vom
Scheitel bis zur Sohle. (Stürmiſcher Beifall.) Ich
erachte es als meine Pflicht, Ihnen den Dank dafür
auszuſprechen, daſs Sie ſich ſtets bemüht haben,
im Intereſſe der Gemeinde zu handeln und zu wirken.
Ich bin nicht befugt, in der Öffentlichkeit darüber
Mittheilung zu machen, aber ich bin überzeugt und
jeder, der mich kennt, wird mir glauben, wenn ich
ſage, was Sie hintangeſetzt haben, um Ihren
Pflichten nachzukommen, dürfte nicht ſobald jemand
gethan haben. Geſtatten Sie, daſs ich Ihnen hiefür
vor dem verſammelten Ausſchuſſe und vor der
ganzen Bevölkerung den Dank ausſpreche. (Lebhafter
Beifall Der Bürgermeiſter geht auf Herrn Witz-
mann zu und ſchüttelt ihm kräftig die Hand.)

Nach der Amtsthätigkeit des früheren Aus-
ſchuſſes iſt die Thätigkeit des kaiſerlichen Commiſſärs
und der Beiräthe eingetreten. Ich glaube, es obliegt
uns, auch dieſen Männern und insbeſondere Herrn
v. Galatti gegenüber die Pflicht, ihnen unſeren Dank
auszuſprechen. Es iſt eine große Menge von Arbeit
vollendet und theilweiſe in Fluß gebracht worden,
deren Löſung uns als Gemeindeausſchuſs vielleicht
nicht ſo leicht geworden wäre. Ich glaube daher, Sie
ermächtigen mich, auch dieſen Herren den Dank aus-
zuſprechen. (Beifall.)

Nun noch ein Moment, über welches ich nicht
hinweggehen möchte. Wir haben in dieſer Gemeinde-
ſtube ſeit Jahren auf alles verzichtet im Laufe der Zeit,
und in den Kämpfen, die wir durchgemacht haben, nicht
Zeit gehabt, an unſere Nation zu denken.
Wir ſind in Baden, in einer deutſchen Stadt
(ſtürmiſcher Beifall), wir fühlen gewiſs mit allen
unſeren Brüdern, die derzeit in Öſterreich kämpfen
um ihre Exiſtenz, und ich glaube, daſs ich im Namen
des Ausſchuſſes und der ganzen Bevölkerung ſpreche,
wenn ich ſage: Heil und Sieg allen Deut-
ſchen und ihren Beſtrebungen, das Deutſch-
thum zu erhalten und deutſch zu bleiben!

(Stürmiſcher Beifall im Saale und auf der Gallerie.)

Und nun, nachdem ich Ihnen meine Meinung
über die Stellung, die ich einzunehmen geſonnen bin,
auseinandergeſetzt habe, nachdem wir gelobt haben,
unſere Pflicht zu erfüllen, nachdem wir die Pflicht
des Dankes in erſter Linie abgeſtattet haben, möchte
ich Sie bitten, mir noch zu einigen Worten zu folgen.
Wir befinden uns im Jahre 1898, in einem Jahre,
welches für die Völker Öſterreichs von hoher Be-
deutung iſt. An das Jahr 1898 knüpft ſich die Er-
innerung an die Perſon unſeres Monarchen, eines
Monarchen, der, abgeſehen von der Frage der Pflicht
und der Liebe gegenüber dem Monarchen, ſich durch
ſeine perſönliche Thätigkeit, durch das innige Ver-
knüpfen ſeines Schickſales mit dem Schickſale ſeiner
Völker, überall in und außerhalb Öſterreichs Liebe
und Bewunderung erworben hat. Ich bitte Sie, in
dieſem Jahre und beim Beginne unſerer Thätigkeit,
welche wir der Gemeinde widmen wollen, mit mir
einzuſtimmen in den Ruf: „Seine Majeſtät der
Kaiſer, er lebe hoch! hoch! hoch!“ (Die Verſammlung
erhebt ſich und ſtimmt begeiſtert in die Hochrufe ein.)


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&#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändliche Pflicht, es ent&#x017F;pricht aber auch den<lb/>
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Aufträge, die Sie von der politi&#x017F;chen Behörde<lb/>
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&#x017F;äumtes nachzuholen, aber auch aus eigener Initiative<lb/>
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Bezirkshauptmann werde auch mit Ern&#x017F;t darauf<lb/>
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Weltcurort. Für alles, was ge&#x017F;chieht und was nicht<lb/>
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&#x017F;trebungen um die Hebung der allgemeinen Wohlfahrt,<lb/>
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Angelobung die Stelle des Eides vertritt. Der<lb/><cb/>
Bürgermei&#x017F;ter und nach ihm &#x017F;ämmtliche Gemeinde-<lb/>
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Baden, Treue und Gehor&#x017F;am dem Kai&#x017F;er, Beobachtung<lb/>
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Unter&#x017F;tützung. Ich glaube mich nicht getäu&#x017F;cht zu<lb/>
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[3/0003] Nr. 4. Mittwoch Badener Zeitung 12. Jänner 1898. Würde zu wahren und alles ferne zu halten, wodurch Feindſchaft und Gehäſſigkeit eintritt. Sie wiſſen ja alle, ſo gut wie ich, daſs das für eine Gemeinde- vertretung die einzig richtigen Grundſätze ſind; laſſen Sie mich hoffen, daſs Sie nach dieſen Grund- ſätzen auch dann handeln werden, wenn es Selbſt- verleugnung koſten ſollte. Dann werden die guten Früchte Ihrer Thätigkeit ſich zeigen und Sie können ſicher ſein, daſs die Bevölkerung das mit Dauk ent- gegennimmt. Was mich betrifft, wird es mir ſtets Freude und Genugthuung ſein, Hand in Hand mit Ihnen zuſammenzuwirken zum Wohle der Stadt Baden. (Lebhafter Beifall im Saale und auf der Gallerie.) Das iſt vor allem in meiner Stellung eine ſelbſtverſtändliche Pflicht, es entſpricht aber auch den Wünſchen und der Sympathie, die ich für Baden hege. (Beifall.) Sie, verehrter Herr Bürgermeiſter, begrüße ich als das neugewählte Oberhaupt der Stadt Baden. Ich bin überzeugt, daſs Sie Ihre ganze Kraft daran ſetzen werden, die ſchwierige Aufgabe, die Ihrer harrt, zu erfüllen, und daſs Sie es als Ihre erſte und vornehmſte Pflicht betrachten, in Ihrer Amtsthätigkeit als Bürgermeiſter gerecht und un- parteiiſch zu ſein gegen jedermann, wer es auch ſei, ohne Unterſchied des Ranges und der Parteiſtellung. Sie werden ſich nicht darauf beſchränken, nur jene Pflichten zu erfüllen, welche als die zunächſt liegenden erſcheinen, als da ſind, Miſsſtänden nachzugehen, die Aufträge, die Sie von der politiſchen Behörde erhalten, zu erfüllen, die laufenden Geſchäfte ge- wiſſenhaft zu erledigen. Der Bürgermeiſter einer Stadt wie Baden muſs ſich ſein Ziel weiter ſtecken. Ich bin alſo überzeugt, daſs Sie Ihren Ehrgeiz dareinſetzen werden, unter gleichzeitiger Bedachtnahme auf die localen Verhältniſſe und die vorhandenen Mittel vorwärts zu ſchreiten, auf dem Wege des geſunden Fortſchrittes nützliches zu ſchaffen, Ver- ſäumtes nachzuholen, aber auch aus eigener Initiative neues anzuregen und zielbewuſst und ohne Ihren Wirkungskreis zu überſchreiten, durchzuführen. Welch’ reiches Feld der Thätigkeit Ihrer harrt, wiſſen wir ja alle: Verbeſſerung der Bäder, Waſſerverſorgung, Aſſanierung der Stadt, Schlachthaus, Theater, alle dieſe Fragen müſſen dringend und bald gelöst werden, wenn anders Baden als Curort trotz ſeiner reichen natürlichen Hilfsmittel nicht noch weiter zurückbleiben, wenn es als Stadt nicht von Nachbar- orten geradezu überflügelt werden will, und ich als Bezirkshauptmann werde auch mit Ernſt darauf dringen, daſs dieſe Fragen bald gelöst und nicht auf die lange Bank geſchoben werden. Ich weiß ſehr gut, daſs die Löſung dieſer Fragen leider ſehr viele Opfer und Laſten koſtet, aber Sie werden nicht wollen, daſs Baden zurückbleibt, Sie werden wollen, daſs es ſich entwickelt, und wer den Zweck will, muſs auch die Mittel wollen. Und dann wiſſen Sie ja, daſs die Nachtheile reichlich überwogen werden durch die großen Vortheile, die ſich einſtellen, wenn Handel und Wandel ſich heben, der Fremdenzuzug zunimmt, reiche Curgäſte herbeiſtrömen. Dadurch werden die Einnahmen gehoben und Baden wird wieder das werden, was es war und eigentlich jetzt nicht iſt, ein Weltcurort. Für alles, was geſchieht und was nicht geſchieht, trifft freilich die Verantwortung die Gemeinde- vertretung, aber in erſter Linie immer Ihre Perſon; alſo da heißt es, die Zügel, ohne Ihren Wirkungs- kreis zu überſchreiten, feſt in der Hand haben. Ich habe gar keine Angſt, daſs Sie das nicht thun werden. Deshalb iſt nicht ausgeſchloſſen, daſs Sie nicht auch die Meinungen und Rathſchläge dritter Perſonen hören, ihnen ein williges Ohr leihen, und wenn Sie finden, daſs die Anſichten anderer beſſer ſind, daſs Sie die Ihrigen unter Umſtänden aufopfern. Seien Sie überzeugt, daſs ich Sie ganz gewiſs in allem und jedem auf das thatkräftigſte unterſtützen werde, insbeſondere in allen Ihren Be- ſtrebungen um die Hebung der allgemeinen Wohlfahrt, und ich rechne darauf, daſs im dienſtlichen Verkehre das gute Einvernehmen mit der Gemeinde gewahrt werde. Darauf lege ich ganz beſonderes Gewicht, ſowohl im Intereſſe des Dienſtes wie des perſönlichen Verkehres. Sie, meine Herren Gemeinderäthe, ſind berufen, Ihren Bürgermeiſter zu unterſtützen, pflichteifrig und gewiſſenhaft, ſo daſs er das Gefühl hat, daſs er ſich auf Sie verlaſſen kann. Zweitens ſind Sie unter Umſtänden berufen, den Bürgermeiſter zu erſetzen und ſeine Stelle einzunehmen. Dieſelben Pflichten treffen dann auch Sie, und ich bin überzeugt, daſs auch Sie Ihre Pflicht treu erfüllen werden. Der Bezirkshauptmann ſchreitet hierauf zur Angelobung und erinnert zunächſt daran, daſs die Angelobung die Stelle des Eides vertritt. Der Bürgermeiſter und nach ihm ſämmtliche Gemeinde- räthe leiſteten hierauf mit Handſchlag die folgende Angelobung: „Ich gelobe als .... der Stadt Baden, Treue und Gehorſam dem Kaiſer, Beobachtung der Geſetze und gewiſſenhafte Erfüllung meiner Pflichten.“ Der Bezirkshauptmann erſucht ſodann, das An- gelobungsprotokoll zu unterſchreiben und gibt bekannt, daſs hiemit die Beſtellung der neuen Gemeinde- vertretung geſetzlich vollzogen ſei und die Amts- wirkſamkeit des Regierungscommiſſärs Dr. v. Galatti damit ihren Abſchluſs gefunden habe. Die Übergabe der Agenden findet ſofort ſtatt und die Wirkſamkeit der neuen Gemeindevertretung beginnt. (Lebhafter Beifall.) Der Vorſitzende erſucht hierauf den neu- gewählten Bürgermeiſter, ſeinen Ehrenſitz einzunehmen. Bürgermeiſter Dr. Hora: Meine Herren! Bevor ich auf die äußerſt liebenswürdigen Worte, mit welchen der Herr Bezirkshauptmann uns in unſer Amt einzuführen die Güte hatte, antworte, möchte ich einige Worte an Sie richten. Sie haben mich ein- ſtimmig zum Bürgermeiſter gewählt; Sie haben mich dadurch in eine Pflichtencolliſion gegenüber meiner Familie und jener Verpflichtungen, welche der Ein- zelne gegenüber der Allgemeinheit hat, gebracht. Sie haben mich gewählt und damit den früheren Gebrauch durchbrochen, welcher dahin geht, einen Mann zu wählen, deſſen Verhältniſſe es ihm geſtatten, ſich voll und ganz dem Gemeindewohle zu widmen. Das iſt bei mir nicht der Fall, weil ich als Einer, der im täglichen Leben ſich das Brod für ſich und ſeine Familie verdienen muſs, das nicht thun kann. Es wird nun an Ihnen ſein, darauf Rückſicht zu nehmen, daſs es mir möglich wird, meinen Pflichten gegen- über meiner Familie nachzukommen und daſs Sie mir freundlichſt entgegenkommen; um das bitte ich Sie inſtändigſt. Sie haben aber, meine Herren, durch Ihre ein- ſtimmige Wahl noch etwas anderes kundgegeben. Sie haben mir eine ſchwere Aufgabe geſtellt, große Ehren verliehen, Sie haben aber durch Ihre Wahl auch zum Ausdrucke gebracht, daſs Sie trotz der politiſchen Gegenſätze, die zwiſchen uns herrſchen mögen, ſich deſſen bewuſst ſind, daſs die Gemeindevertretung und ihr Bürgermeiſter Eins ſein müſſen, ſollen ſie etwas wirken können. (Lebhafter Beifall). Eins in dem Sinne, daſs Bürgermeiſter und Ausſchuſs zuſammenhalten, wie ein Kitt und daſs, wenn der Mantel fällt, auch der Herzog fallen muſs, das heißt, daſs, wenn von irgend einer Seite die Gemeindevertretung angegriffen wird an ihrem Oberhaupte, der Ausſchuſs wiſſen muſs, daſs er zu ſeinem Bürgermeiſter zu ſtehen hat und mit ihm ſteht oder fällt. Meine Herren! Deſſen müſſen Sie ſich bewuſst ſein; wir können in mate- rielle Differenzen kommen, das iſt naturgemäß und trägt bei zur ruhigen, ſachlichen Erwägung der Fragen. Allein der Bürgermeiſter muſs wiſſen, daſs wenn er ſein Wort in irgend einer Sache verpfändet hat, er es einlöſen können wird, daſs der Ausſchuſs hinter ihm ſteht, und in dieſem Sinne rechne ich auf Ihre Unterſtützung. Ich glaube mich nicht getäuſcht zu haben, und es iſt dies ein wichtiger Moment, in dem ich Sie frage: Iſt Jemand nicht meiner Auffaſſung und kann ich mich auf den Ausſchuſs verlaſſen, daſs er mein Wort, das ich entweder im bejahenden oder verneinenden Sinne, ſelbſtverſtändlich unter meiner Verantwortung abgebe, einlöſen wird? Ich glaube, ich kann es. Nachdem Sie mir nicht widerſprochen haben, glaube ich jetzt dem Herrn Bezirkshauptmann entgegnen zu können. Wir haben Treue gelobt und Gehorſam, das werden wir halten. Wir werden thun, was in unſeren Kräften ſteht, um unſer Baden in die Verfaſſung zu bringen, die ihm entſpricht; wir werden berückſichtigen die Mittel, die uns zu Gebote ſtehen und trachten, nach beſtem Wiſſen und Gewiſſen vorzugehen. Ich muſs aber, Herr Bezirkshauptmann, der Sie einige Fragen bereits geſtreift haben, an Sie die Bitte richten, daſs Ihre Thätigkeit und Beihilfe, die Sie uns verſprochen haben, uns nicht nur in dieſen Fragen, ſondern auch in anderen wichtigen Fragen zutheil werde, und zwar in Fragen, die es uns er- möglichen, die Mittel für das herbeizu- ſchaffen, was Sie uns empfohlen haben. Ich verweiſe da nur auf einige Punkte: es iſt dies die Frage der Hauszinsſteuer, die Gewährung der Steuerfreiheit bei Neubauten und die Fragen, welche mit dem Regulierungsplane zuſammenhängen. Alles das liegt in der Hand der Regierung. Ich will weiter gar nicht darauf hinweiſen, wie Sie geeignet ſind, als Bezirkshauptmann zu wirken; ich bin überzeugt, daſs Sie die beſten Ab- ſichten haben, für Baden zu wirken, und werde gewiſs nichts unterlaſſen, um im perſönlichen Verkehre mit Ihnen alle dieſe Fragen zu beſprechen und ich bitte, Hand in Hand mit der Gemeinde uns zu helfen, dieſen Weg zu betreten, den zu weiſen Sie die Güte hatten. (Lebhafter Beifall.) Und jetzt etwas für Sie, meine Herren, und für unſere Wähler. Haben Sie Geduld mit mir und ich bitte unſere Wähler und Mitbürger, auch Geduld mit uns allen zu haben. Es iſt eine ſo große Menge von Fragen, die der Erledigung zugeführt werden müſſen, daſs es nicht möglich iſt, ſie im Handum- drehen zu bewältigen. Ich erkläre, daſs die Thätigkeit des Ausſchuſſes in der nächſten Zeit in erſter Linie eine ſehr unangenehme ſein wird und Sie werden ſchon in der nächſten Sitzung Gelegenheit haben, dieſe unangenehme Seite unſerer Thätigkeit kennen zu lernen. Wir werden uns für unſere Thätigkeit vorerſt die Mittel verſchaffen müſſen; zu erwarten, daſs wir ſofort mit weiß Gott was für einem Feuer- werk brillieren werden, iſt unmöglich, und ich bitte daher jedermann, er möge mit uns Geduld haben. Es iſt auch auf eine frühere Zeit hingewieſen worden; ich will das nur inſoferne ſtreifen, als ich einer Perſönlichkeit aus dieſer Zeit gedenke. Es iſt dies der frühere Bürgermeiſter, Herr Witzmann, der heute in unſerer Mitte ſitzt und ſich als einfaches Mitglied in die Armee eingereiht hat. (Lebhafter Beifall.) Ohne den Entſchließungen des löbl. Ge- meindeausſchuſſes vorzugreifen, glaube ich, daſs es meine Pflicht iſt, Ihnen, Herr Witzmann, heute für Ihre bisherige Thätigkeit den Dank auszuſprechen. Sie haben unter äußerſt ſchwierigen Verhältniſſen Ihres Amtes gewaltet, Sie ſind ein Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle. (Stürmiſcher Beifall.) Ich erachte es als meine Pflicht, Ihnen den Dank dafür auszuſprechen, daſs Sie ſich ſtets bemüht haben, im Intereſſe der Gemeinde zu handeln und zu wirken. Ich bin nicht befugt, in der Öffentlichkeit darüber Mittheilung zu machen, aber ich bin überzeugt und jeder, der mich kennt, wird mir glauben, wenn ich ſage, was Sie hintangeſetzt haben, um Ihren Pflichten nachzukommen, dürfte nicht ſobald jemand gethan haben. Geſtatten Sie, daſs ich Ihnen hiefür vor dem verſammelten Ausſchuſſe und vor der ganzen Bevölkerung den Dank ausſpreche. (Lebhafter Beifall Der Bürgermeiſter geht auf Herrn Witz- mann zu und ſchüttelt ihm kräftig die Hand.) Nach der Amtsthätigkeit des früheren Aus- ſchuſſes iſt die Thätigkeit des kaiſerlichen Commiſſärs und der Beiräthe eingetreten. Ich glaube, es obliegt uns, auch dieſen Männern und insbeſondere Herrn v. Galatti gegenüber die Pflicht, ihnen unſeren Dank auszuſprechen. Es iſt eine große Menge von Arbeit vollendet und theilweiſe in Fluß gebracht worden, deren Löſung uns als Gemeindeausſchuſs vielleicht nicht ſo leicht geworden wäre. Ich glaube daher, Sie ermächtigen mich, auch dieſen Herren den Dank aus- zuſprechen. (Beifall.) Nun noch ein Moment, über welches ich nicht hinweggehen möchte. Wir haben in dieſer Gemeinde- ſtube ſeit Jahren auf alles verzichtet im Laufe der Zeit, und in den Kämpfen, die wir durchgemacht haben, nicht Zeit gehabt, an unſere Nation zu denken. Wir ſind in Baden, in einer deutſchen Stadt (ſtürmiſcher Beifall), wir fühlen gewiſs mit allen unſeren Brüdern, die derzeit in Öſterreich kämpfen um ihre Exiſtenz, und ich glaube, daſs ich im Namen des Ausſchuſſes und der ganzen Bevölkerung ſpreche, wenn ich ſage: Heil und Sieg allen Deut- ſchen und ihren Beſtrebungen, das Deutſch- thum zu erhalten und deutſch zu bleiben! (Stürmiſcher Beifall im Saale und auf der Gallerie.) Und nun, nachdem ich Ihnen meine Meinung über die Stellung, die ich einzunehmen geſonnen bin, auseinandergeſetzt habe, nachdem wir gelobt haben, unſere Pflicht zu erfüllen, nachdem wir die Pflicht des Dankes in erſter Linie abgeſtattet haben, möchte ich Sie bitten, mir noch zu einigen Worten zu folgen. Wir befinden uns im Jahre 1898, in einem Jahre, welches für die Völker Öſterreichs von hoher Be- deutung iſt. An das Jahr 1898 knüpft ſich die Er- innerung an die Perſon unſeres Monarchen, eines Monarchen, der, abgeſehen von der Frage der Pflicht und der Liebe gegenüber dem Monarchen, ſich durch ſeine perſönliche Thätigkeit, durch das innige Ver- knüpfen ſeines Schickſales mit dem Schickſale ſeiner Völker, überall in und außerhalb Öſterreichs Liebe und Bewunderung erworben hat. Ich bitte Sie, in dieſem Jahre und beim Beginne unſerer Thätigkeit, welche wir der Gemeinde widmen wollen, mit mir einzuſtimmen in den Ruf: „Seine Majeſtät der Kaiſer, er lebe hoch! hoch! hoch!“ (Die Verſammlung erhebt ſich und ſtimmt begeiſtert in die Hochrufe ein.)

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 4, Baden (Niederösterreich), 12.01.1898, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener004_1898/3>, abgerufen am 21.11.2024.